Hobeln von Tanne

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Bernhard Loos

Hobeln von Tanne

Beitrag von Bernhard Loos »


Hallo allerseits!

Vorgestern habe ich meine Hobelbank abgerichtet, was auch sehr gut funktioniert hat (Hochpunkte abgetragen; größtenteils mit dem Doppelhobel über Zwerch gehobelt; dann mit Rauhbänken Zwerch und mit der Faser; zum Schluß mit dem Putzhobel in Längsrichtung, dann die Zangen beigehobelt.

Gestern habe ich dann alle Eisen die in Gebrauch waren, geschärft. Zum Einstellen der Hobel habe ich nach einem Reststück Tannenholz, mit ganz kleinen Ästen (kaum sichtbar), gegriffen. Die Hobelrichtung die ich zuerst ausgewählt habe, hat sich prima hobeln lassen, wunderbar glatt und seidig-glänzend. Den Putzhobel hatte ich auf 7/100 eingestellt, dann habe ich das Stück Holz von der anderen Seite gehobelt und habe hinter zwei kleinen Ästen Ausrisse produziert, wie ich sie überhaupt nicht erwartet hätte - tief und ca. 6 cm lang (die Faseranstiege zu den "Ästchen" sahen eigentlich harmlos aus).

Danach hab' ich dann einige Versuche gemacht; Ergebnis: Die Ausrisse ließen sich nur mit einem extrem eng eingestellten Hobelmaul (ECE-Reformputzhobel) und minimalem Span vermeiden (Klappe zurückgestellt). Die Hobelklappe hat in diesem Fall nichts gebracht - ein superenges Hobelmaul und ein knapp gestellte Klappe vertragen sich auch nicht - der (Holz)Hobel stopft. Hilfreich ist es, mit ziehendem Schnitt zu arbeiten.

Dann noch ein Versuch mit einem Schlichthobel (13/100), Hobelmaul 2 mm: Der Hobel hat sich so reingezogen, dass ich hängengeblieben bin.

Wenn man eine größere Fläche (Leinholz) aus so einem Holz, mit einem hohen Anspruch an die Oberflächengüte, zu hobeln hat, kann dass leicht zum Horror werden - nicht nur relativ kurze Ausrisse wie bei Makore´ z.B. , sondern zentimeterlange, tiefe Späne.
Man bekommt das Holz glatt, aber nur mit geringsten Spanabnahmen. Fatal wenn man beim Schruppen und Schlichten Ausrisse produziert, die auch später beim Putzen nicht wegzubekommen sind.

Was habt Ihr für Erfahrungen gemacht?

Gruß, Bernhard



Ulrich Bergmann

Re: Hobeln von Tanne

Beitrag von Ulrich Bergmann »


Hallo Bernhard, wegen der Birke von neulich bin ich gerade in Schwung. Ich hab ganz ähnliche Erfahrungen (surprise surprise). Enges Hoblemaul ist sehr hilfreich, gleichzeitig mit fein eingestellter Klappe funktioniert am besten beim Ulmia Reform Putzhobel, Eisenhobel (nicht Flachwinkel) von Stanley oder Veritas verstopfen grausamst (Klappe zu rund?). In Problemfällen geht die Spandicke auf 2/100 oder so. Um Tempo zu machen, 45 grad zur Faser hobeln. Ziehender Schnitt (skewing) hat auch noch den Effekt, den tatsächlichen Anstellwinkel zu vergrössern. Dabei werden natuerlich lange Hobel etwas unpraktisch.
Gruss Uli


Marcus Nohr
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Re: Hobeln von Tanne

Beitrag von Marcus Nohr »


Hallo Ulrich,

ich dachte immer skewing verringert den "gefühlten" Anstellwinkel, d.h. die Kraft zum schieben wird geringer.
Ich weis jetzt nicht mehr wo ich das gelesen habe, aber vieleicht fällt jemand anders eine Quelle ein.

Viele Grüße

Marcus



Rolf Richard
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Re: Hobeln von Tanne

Beitrag von Rolf Richard »


Skewing führt vor allem auch dazu, dass sich der effektive Schnittwinkel verkleinert. Daher wird die benötigte Kraft kleiner.

Leonard Lee hat in "The Complete Guide to Sharpening" ziemlich ausführlich darüber geschrieben.

Gruss

Rolf



Pedder
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skewing

Beitrag von Pedder »

[In Antwort auf #118200]
Hallo Ulrich,

so wie ich das verstanden habe, liegt der Vorteil beim ziehenden Schnitt doch darin, dass die Fasern durch das Vorbeiziehen des Messers abgeschnitten werden. Dadurch wirkt weniger Kraft auf die Faser und das führt zu weniger Ausrissen. Oder mache ich da einen Denkfehler?

Gruß nach Norden
Pedder


Bernhard Loos

Re: skewing

Beitrag von Bernhard Loos »


Hallo Pedder,

so sehe ich das auch.
Man kann z.B. ein Messer drückend oder schiebend durch eine Zwiebel bewegen, bei einem Brot mit starker Kruste oder bei einem frischen Brötchen wird es mit Drücken nicht getan sein. Die Sache mit dem Schnittwinkel sehe ich eher zweitrangig.

Nicht umsonst haben Grat-, Falzhobel und Plattbank, wo auch quer zur Faser gehobelt wird, schräg eingesetzte Messer, ebenso wie ein historischer Stanley-Hirnholzhobel (Chute Board Plane), wo es vor allem um ein weiches und nicht ruckartiges anhobeln geht - also gewissermaßen schälend:

http://www.supertool.com/StanleyBG/stan7.htm

Gruß, Bernhard



Ulrich Bergmann

Re: skewing

Beitrag von Ulrich Bergmann »


Liebe Schräghobler, es muss der ziehend schneidende Schnitt sein, mit dem Winkel hab' ich mir das wohl falsch ausgedacht, der wird nämlich tatsächlich kleiner. Auf jeden Fall funktioniert's.
Gruss Uli


florian witt

Re: skewing

Beitrag von florian witt »


Hallo allerseits,

ich glaube der Haupteffekt des Schräghobelns ist nicht eine Veränderung des Eisenwinkels, sondern die Verringerung der Schneidenbelastung. Wenn man den Hobel schrägstellt wird der Span schmaler und der Hobel schiebt sich leichter. Da sich diese geringere Hobelkraft auf die gleiche Eisenbreite verteilt, wird's nicht so schnell stumpf. Warum man dadurch weniger Ausrisse bekommt, ist mir aber noch nicht endgültig klar ... ich schlaf noch mal drüber.

Bis denn,

Florian



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