Gestellsäge contra Japansäge

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Philipp
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Re: Japansäge schieben

Beitrag von Philipp »


Was bin ich beruhigt, daß nicht nur ich so manches Problem mit den Japanern in puncto Verlaufen in Hartholz und bei dicken Querschnitten habe...

Themenverfehlung: Daß aber sogar "echte" Schreiner die Japansäge ritze-ratze hin- und herschieben, kann man bei Bruno Ganz als schrullinger Schreiner im wunderschönen Film "Vitus" (= Empfehlung!) sehen. Merkwürdig, auf was man so, je nach Interessenschwerpunkt, u.a. in Filmen achtet, auch wenn es nichts mit der Handlung zu tun hat...

Gruß
Philipp


Friedrich Kollenrott
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Re: Gestellsäge contra Japansäge

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #114366]
Hallo Marc und die anderen,

es hat mir keine Ruhe gelassen mit dem Sägenvergleich. Ich habe mir eine alte 600er Ulmia mit Absetzblatt besorgt (leider waren weder die Säge noch das Blatt in sonderlich guten Zustand). Dieses Blatt (3mm Zahnteilung) habe ich auf Längsschnitt (rip, Schlitz)umgefeilt und nur leicht geschränkt..

Die Säge habe ich etwas hübschgemacht, vor allem aber die Sägenangeln mit den Hörnchen verschraubt (um die Wackligkeit der Blattführung an dieser Stelle zu beseitigen, ich bin überzeugt davon, dass es so besser ist als die Originalkonstruktion mit dem durchgesteckten Nägeln).

Und dann habe ich damit ein paar Schwalbenschwänze gesägt (24 mm hoch, in Birke, das geht besonders gut, ich weiss).

Ergebnis: s. Bild (das war der zweite Versuch).



Ich bin platt. Das hätte ich einer Spannsäge nicht zugetraut. Die Schnitte sind linealgerade, in sich völlig eben, auf der Rückseite exakt so wie vorn. Es machte auch kein Problem, den Schnitt an der Stirnseite (am Kopf der Schwalben) exakt rechtwinklig anzusetzen. Gewöhnungsbedürftig beim Zinkensägen ist nur, dass man an einer Spannsäge nicht rechts und links in gleicher Weise vorbeisehen kann. Aber das ist wohl wirklich nur eine Gewohnheitssache.

Also: Zinken (wenn sie denn nicht zu fein sind, natürlich) lassen sich offenbar auch mit einer Spannsäge sehr gut herstellen.

Friedrich



Bernhard
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Re: Gestellsäge contra Japansäge

Beitrag von Bernhard »


Hallo Friederich,

das sieht wirklich überzeugend aus. Ich hatte ja schon mehrmals über meine positiven Erfahrungen mit der Gestellsäge berichtet. Ebenfalls über Tage Fried, der alles mit der Gestellsäge macht. Allerdings habe ich das Zinkensägen noch nicht hinbekommen. Vermutlich liegt es an der groben Schränkung des neuen Blatts. Diese ist zwar zum Zapfenschneiden ok, aber für eine Zinkung noch zu grob. Ich werde es wohl noch einmal überarbeiten müssen.

Dein Ergebnis überzeugt mich, es noch einmal mit der Gestellsäge zu versuchen. Generationen von Schreinern können sich nicht irren.

(Allerdings habe ich gerade eine neue Zinkensäge in Übersee bestellt.....)

Gruß Bernhard


Marc Waldbillig
Beiträge: 1247
Registriert: So 6. Okt 2013, 21:41

Re: Gestellsäge contra Japansäge

Beitrag von Marc Waldbillig »


Hallo Friedrich,

Du bringst eine Sache, die mir schon länger aufgefallen ist, auf den Punkt, wenn du sagst, dass die Schnitte hinten genauso gerade rauskommen wie vorne. Das erlebe ich nur bei Sägen mit relativ dicken Blättern, die auf Stoß arbeiten. Die Japansägen verlaufen gerade beim Blatteintritt, also hinten, ganz schnell, wenn man sie nicht locker genug hält.

Zweitens fällt mir auf, dass man bei einer ordentlich gefeilten Säge eine ganz schön grobe Bezahnung wählen kann. Ich könnte bei meiner neuen Wenzloff auch problemlos Zinken mit 9 tpi sägen, das entspricht auch deiner Gestellsäge.

Bei Gelegenheit arbeite ich die eine oder andere Gestellsäge auch auf deine verschraubte Halterung um. Danke für den Erfahrungsbericht.

Gruß, Marc



pedder

Gestellsägen

Beitrag von pedder »

[In Antwort auf #114670]
Hallo Friedrich,

klasse Test. Vielen Dank, dass Du Deine Erkenntnisse mit uns teilst und sie sichtbar machst. Und jetzt, wo Du Deine Disston-Rückensäge ja nicht mehr brauchst ..... (nur Spaß)

Könnte es eventuell noch besser gehen, wenn man die Zahnweite verringert? 3mm also ca 8 1/2 tpi klingen mir zu grob für Schwalbenschwänze.

"Gewöhnungsbedürftig beim Zinkensägen ist nur, dass man an einer Spannsäge nicht rechts und links in gleicher Weise vorbeisehen kann." ???

Zu Beginn meines Holzwerkens habe ich mal einen Kurs bei der örtlichen VHS besucht. Der "Lehrer" ließ uns die ersten zwei Abende klassische Handwerkzeuge ausprobieren, alles stumpf. Bis ich wieder mal eine Hobel in die Hand nehme, wird es noch einige Threads brauchen. Aber zum Kern: Wir sollten unsere Zinken mit einer Gestellsäge ausführen.

Es wurde mir als Vorteil dieser Sägen verkauft, dass man, wenn man das Blatt schräg zur Säge stellt, freie Sicht auf den Schnitt hat, weil kein Sägerücken die Sicht versperrt. (Nicht, dass der Rücken der vorhandenen Feinsägen dies vermocht hätte, es war so Blechdinger.)

Mein Problem war dann auch nicht, den Riss zu erkennen, sondern mit einer schrägen Säge dran entlang zu sägen. So schulmäßig eingestellt arbeitet das Gewicht der Säge nämlich nicht für einen, sondern man muss es ausgleichen. Man muss also mit der Säge einen Bewegung beschreiben, die einerseits parallel zum Schnitt läuft, andererseits auch einen gewissen Druck in Richtung Schnitttiefe ausübt.

Ob das anders zu lernen ist, als einfach die ersten drei Wochen (oder die zweiten drei) der Lehre nur zu sägen, ich weiß es nicht. Mir hat es keinen Spaß gemacht und darauf kommt es mir beim Holzwerken an. Daher bleibe ich bei meinen neuen Freundinnen, den alten englischen Damen, da arbeitet der schwere Rücken für mich.

Viele Grüße
Pedder



Christoph Schmitz
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Re: Gestellsäge contra Japansäge

Beitrag von Christoph Schmitz »

[In Antwort auf #114367]
Hallo allerseits,

ich möchte mich zunächst Gerhards Bericht anschließen - bevor ich auf den Rat eines Freundes hin eine Japansäge anschaffte, wäre ich gar nicht auf die Idee gekommen, daß man von Hand überhaupt irgendwie geradeaus sägen kann, angesichts der Baumarktfuchsschwänze und -feinsägen in der Werkzeugkiste.

Nach den Diskussionen in diesem Forum in den letzten Wochen allerdings mußte ich mir dann doch mal eine englische "alte Dame" beschaffen (eine Zinkensäge mit schwerem Stahlrücken), und selbst meine allerersten (bestimmt dilettantischen) Schärfversuche überführten sie schon in einen Zustand, mit dem ich - ohne viel Übung - saubere, streichholzdicke Scheibchen von einem Reststück runterschneiden konnte. Ich bin begeistert!

Schade nur, daß es augenscheinlich diesseits von Adria, Thos. Flinn usw. solche Sägen nicht einfach neu zu kaufen gibt. Eine Adria würde man mir sowieso sofort wegnehmen ;-), bleibt also nur der Gebrauchtmarkt...

Danke jedenfalls für die Anregungen,

Christoph



Friedrich Kollenrott
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links und rechts

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Pedder,

ich will Dir die alten Engländerinnen nicht ausreden, die haben ihre Qualitäten, das weiss ich. Und es gibt sie vor allem mit sehr viel feineren Zahnteilungen als die üblichen Spannsägen.

Wenn ich mal viel Zeit habe, feile ich ein Spannsägenblatt von 5 auf 2,5mm Zahnteilung um. Besser aber, wenn meine Frau nicht zu Hause ist; es bestünde die Gefahr dass sie mich einliefern lässt, bei aller Geduld die sie sonst aufbringt...

Mit dem rechts und links an der Säge vorbeisehen: Als Rechtshänder kippt man die Spannsäge leicht nach rechts, hat dann freie Sicht aufs Blatt und kann wunderbar rechts am Riss entlangsägen. Bei Zinken muss man aber abwechselnd rechts und links am Riss sägen. Und links.. versuch es mal selbst! Vielleicht sollte man erst alle rechten Seiten der Zinken sägen, dann das Blatt umstellen so dass die Säge nach links gekippt wird...ich probier es mal aus. Aber vielleicht gibt es im Forum auch jemanden, der ein erfahrener Spannsägennutzer ist und dazu was sagen kann?

Friedrich



Andreas Winkler
Beiträge: 1137
Registriert: Di 30. Nov 2021, 19:21

Links und rechts schneiden mit der Gestellsäge

Beitrag von Andreas Winkler »


Hallo allerseits,

sicher bin ich nicht `die´ Kapazität, wenn es um Spannsägen geht (jedoch ein großer Freund derselben) - aber trotzdem gebe ich mal meine 5 Pfennige zum Sägen von Schwalbenschwänzen mit einer solchen Säge dazu.

Friedrich hat das Problem ja schon treffend formuliert, die "rechten Flanken" der Schwalben schneiden geht für einen Rechtshänder sehr gut, die "linken" bereiten etwas Probleme.
Auf die Idee, daß man das Sägeblatt umstellt, bin ich noch gar nicht gekommen. Das werde ich mal ausprobieren. Das ständige Umstellen ist aber wahrscheinlich etwas hinderlich.
Da ich die Schwalben meist an beiden Seiten anreiße (leider wesentlich mehr Arbeit), drehe ich das Brett nach dem Sägen aller rechten Flanken um, so daß ich ein zweites mal rechte Flanken zu schneiden habe. Dies mache ich üblicherweise auch, wenn ich die Feinsäge verwende, ebenfalls beim Schlitzen&Zapfen.
Sicher kann man mit entsprechender Übung aber auch die linke Flanke 1a mit einer herkömmlich eingestellten Spannsäge schneiden.

Wenn man die amerikanische Art des Anreißens vornimmt (also die Schwalben zuerst schneidet & als Schablone für die Zinken nimmt) und zugleich weniger Anspruch auf die Gleichförmigkeit der Schwalbenschrägen hat, tut sich mit dem Schneiden der Schwalben von nur einer Seite leichter. Bei dieser Variante ist es ja nicht so schlimm, wenn man etwas neben dem Riß sägt, weil die "leichte Ungenauigkeit" auf die Zinken übertagen wird und die dann nach den Schwalben geschnitten werden.

An Pedder :
Ich verwende zum Zinken entweder eine herkömmliche Absetzsäge mit 3 mm Teilung (also knappe 8 Zähne je Zoll für unsere Angelsachsen ;-) ) oder eine Feinsäge mit ca. 1 - 1,5 mm Zahnteilung (knappe 20 Zähne pro Zoll). Mit der Feinsäge wird es etwas sauberer, dafür geht´s mit der Gestellsäge viel schneller, vorallem das Sägen der Zinkenteile.
Etwas schwierig ist es schon, nach zwei Tagen schon Zinken schneiden zu sollen. Man braucht mit der Gestellsäge etwas Übung und sollte zuerst einiges an Sägemehl in Form von vielen langen, tiefen und vorallem erstmal geraden Probeschnitten am Riß entlang produzieren. Man sollte auch etwas mit der Schrägstellung des Gestells experimentieren, da gibt es verschiedene Vorlieben. Bis man `seine´ Variante gefunden hat, dauert es schon einige Schnitte.
Und richtig stumpf sollte ein Werkzeug niemals sein. Persönlich finde ich es aber als großen Vorteil, wenn man - wie mit der Gestellsäge - freie Sicht auf das Werkstück hat.
Aber alle Übung und gewonnene Erfahrung hilft nix, wenn die Zähne nicht in einer Flucht stehen, das Sägeblatt als verdreht ist. Das muß man immer vor dem Sägen kontrollieren und ggf. nachstellen, sonst kann man keinen geraden Schnitt herbekommen. Auch sollte die Spannung des Drahtes/der Schnurr stimmen. Wenn die zuwenig ist und man beim Sägen recht viel "rumeiert", verstellt sich das Sägeblatt recht leicht wieder.

Gruß, Andreas



florian witt

(fast) genauso sehe ich das auch

Beitrag von florian witt »

[In Antwort auf #114368]
Hallo Friedrich, Gerhard und Johannes,

mich beschleicht das Gefühl, dass hier nicht Gestellsägen und Japansägen generell verglichen werden, sondern handgeschärfte Gestellsägen mit Wechselblatt-Japanern. Ganz gerecht ist das nicht ... Ich besitze (leider/noch) keine handgemachte und -geschärfte Japansäge, habe mir aber sagen lassen, dass damit das Sägeerlebnis nocheinmal zur Offenbarung wird. Ein Problem für unsereins ist dabei, dass das Selbstschärfen von Japansägen (gerade mit Querverzahnung) wieder eine Kunst für sich ist. Selbst japanische Zimmerleute machen das wohl nicht selbst, sondern geben ihre Sägen zu einem "Metate-Ya". Besitzt hier jemand eine handgemachte Rip-Dozuki und kann vom Zinkensägen damit berichten?
Meine Erfahrung ist folgende: Japansägen stellen bei ansonsten vergleichbaren Bedingungen höhere Ansprüche an den Benutzer als westliche, sowohl bei der Führung des dünneren Blattes als auch hinsichtlich der Disziplin, so gut wie keinen Druck auszuüben, schon gar nicht beim Wegstoßen der Säge. Nachdem ich das gelernt hatte, konnte ich anfangen Ablängschnitte mit dem Haarwinkel zu kontrollieren (anfänglich mit gemischter Zufriedenheit ;-). Was eine hauchdünne Dozuki in meinen Autodidaktenaugen fürs Zinkensägen überlegen macht, ist die Möglichkeit, das Blatt in den Riss hineinzulegen. So exakt eine Gestellsäge anzusetzen fällt mir außerordentlich schwer. Dieser Text auf der Seite eines amerikanischen Händlers spricht davon:

The April 1998 issue of "Fine Woodworking" notes that: "… a fine Dozuki saw can track a line like a bloodhound…"

Florian

@Friedrich: Bei deinem Ryoba-Fichtenholzbrett-Versuch, kommt da ein Eintauchen der zweiten Zahnreihe in den Schnitt vor? Unter den Bedingungen ist diese Säge ja auf jeden Fall unkontrollierbar. Zeit für die Kataba ...



Pedder
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Re: links und rechts

Beitrag von Pedder »

[In Antwort auf #114674]
Hallo Friedrich,

klar willst Du mir die alten Engländerinnen nicht ausreden, hast sie mir ja eingeredet :o) (Engländerinnen im Übrigen auch nur, weil die Reisekosten nicht so hoch sind, wie bei den Amerikanerinnen)

Für mich gibt es, da ich diese Form der Sägen nun gefunden habe, erstmal keinen Grund, mir eine andere Form anzuschaffen um sie auszuprobieren. Wenn hier aber jemand in der Nähe (Kiel) eine Spannsäge hat, würde ich aber gern mal einen Versuch starten. Meine Rückensägen bringen ich gern zu einem Gegenversuch mit.

Bis jetzt hat mir noch niemand schlüssig erklären können, wieso ich Schnitte, die eine Fläche unter 2 Quadratzentimeter haben, mit dieser Riesensäge schneiden soll. Klar kann ich auch mit dem großen Kochmesser Kartoffeln schälen, sinnvoll ist das aber nicht.

Aber wer weiß ...

Schönen Abend
Pedder



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