Bohrwinde: eiernder Bohrkopf

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Philipp
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Registriert: Mi 21. Nov 2012, 14:14

Bohrwinde: eiernder Bohrkopf

Beitrag von Philipp »


Liebe Kolleschen,

kennt Ihr das auch, daß der Kopf eurer Bohrwinde ein wenig Spiel hat, daher eiert und der Bohrer bei gerade gehaltener Winde einen Kegel beschreibt, man also, um den Bohrer durchwegs senkrecht zu halten, die halteung der Winde stets ein wenig korrigieren muß?
Ich habe mittlerweile 5 Winden (gestern kam wieder so ein mächtiges Teil mit Vierbackenfutter bei mir an), von denen min. zwei einen etwas gelockerten Kof besitzen und daher eiern (es handelt sich hier ausnahmslos um Bohrwinden mit Ratsche).
Dieses Wackeln der Winde hat zur Folge, daß ich eigentlich am liebsten mit meinen Winden ohne Ratsche arbeite.

Anscheindend ist ein Teil des Systems verschlissen, was für das Spiel verantwortlich ist, und mich würde nun natürlich interessieren, welche Abhilfe zu leisten möglich ist. Ich habe schon mal versucht, den gesamten Bohrkopf abzunehmen, um der Sache auf den Grund zu gehen, bin aber jedes Mal gescheitert. Anscheinend ist dieser mit der Winde (zerstörungsfrei) unlösbar vernietet.

Bedanke mich jetzt schon mal für Eure Tips.

Gruß
Philipp


Andreas N.
Beiträge: 652
Registriert: Do 20. Feb 2014, 19:13

Re: Bohrwinde: eiernder Bohrkopf

Beitrag von Andreas N. »


Was bei mir eine eiernde Bewegung des Bohres verursacht ist immer nur das Schlecht sitzende Maul. Ich hab bei allen schon den Kopf soweit auseinander geschaubt das ich die Federn der Backen nachbiegen konnte. Bei einer geht das allerdings nicht da die Backen mit der Feder aus einem Stück, anscheinend aus Tempergus, sind und beim ersten Zusammenbau ungleich lang gerieten. Da ich mich nicht traue deises Teil grade zu biegen und reneut zu einem U zu vormen muß ich eben "miteiern" wenn ich diese Winde benutzen will (was ich kaum noch tue da ich mittlerweile fünf Stück hab). Der Kopf bei den Winden mit Ratschenfunktion ist meist durch zwei Stifte gesichert die überschliffen sind und nur an der unterschiedlichen (Rost-) Farbe zu erkennen sind). Es mag auch vernietete Exemplare geben, aber die ich hab, besitzen diese Stifte die die Drehachse an einer Nut(in der Achse) in dem Kopf Halten.



reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Bohrwinde - Bohrer passen nicht

Beitrag von reinhold »


hallo,

bei mir passen die Bohrer-Vierkant-Schäfte nicht in das Bohrfutter der Winde. Das Bohrfutter hat zwei Backen, die jeweils eine Kerbe haben, sodass theoretisch 4 Anlageflächen entstehen. Meine alten Bohrer passen, aber nicht neu gekaufte. Diese sind eine Spur zu dick.

Nun könnte ich leicht den Vierkant an den Bohrern abschleifen, aber ich fürchte, das ist irgend so ein neumodisches Material, das aussen sehr hart ist und inwendig weich wie Butter; manche der neueren Schraubenzieher sind so, wenn man die nachschleift, verbiegen sie sich beim nächsten Einsatz.

Hat jemand Erfahrungen? Kann man statt dessen die Kerbe in den Bohrfutterbacken nachfeilen ?

Gruss
reinhold



Andreas N.
Beiträge: 652
Registriert: Do 20. Feb 2014, 19:13

Re: Bohrwinde - Bohrer passen nicht

Beitrag von Andreas N. »


Das hab ich auch, deshalb die verschiedenen Winden. An den Backen würd ich nichts ändern eher am Bohrer, da der am Schaft nun wirklich nicht hart sein muß. Es scheind auch bei den Alten Bohren mindestens zwei Schaftformen in Vierkant gegeben zu haben + eine rechteckige Schaftart.



Hutmacher Beat
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Registriert: Mo 21. Apr 2014, 18:40

Re: Bohrwinde : praktische Versuche !

Beitrag von Hutmacher Beat »

[In Antwort auf #114404]
Guten Tag alle zusammen,

Phillip, ich erinnere mich, wir hatten doch vor etwa 2 Jahren eine interessante Diskusion zum Thema Bohrwinden. Ich freue mich, dass Du scheinbar diesem tollen Werkzeug, die Treue hältst !

Nun zu Deinem aktuellen Beitrag. Du schreibst, dass Deine Brace mit Ratschenkopf "eiert". Leider schreibst Du nicht, was die Folgen dieses eierns am gebohrten Loch sind. Man ist versucht, zu vermuten, dass das Loch "wesentlich" grösser als der Bohrer-Ø wird !

Ich habe mit entsprechenden Brace's und Bohrern einige Versuche angestellt :

- 1. - Mit einer Ratschenkopf-Brace und einem etwas krummen Schlangen-Bohrer, mit exakt 8 mm Ø, in Tannenholz 50 mm dick, einige Löcher durchgehend gebohrt. Anschliessend in diese Löcher herkömmliche 8er Buchedübel eingesetzt.

- 2. - Mit einer "Spofford-Brace", (das ist die, bei welcher der Bügel und der Kopf aus einem Stück sind. Der Kopf ist mit konischem Vierkantloch, längs geschlitzt, und mit Klemmschraube versehen. Hier kann also nichts wackeln !) die selbe Übung wie bei Pkt.1. wiederholt.

- 3. - Mit der Ratschenkopf-Brace und einem Zentrier-Bohrer, Ø 18 mm, in 40 mm Buche ein Loch gebohrt.

- 4. - Mit der Spofford-Brace, die selbe Übung wie bei Pkt.3. wiederholt.

- 5. - Mit der Ratschenkopf-Brace und Schnecken- bzw. Spitzbohrern bis 14 mm, in Tannenholz 50 mm dick, einige Löcher durchgehend gebohrt.

- 6. - Mit der Spofford-Brace, die selbe Übung wie bei Pkt.5. wiederholt.

Beobachtungen bei diesen Versuchen :

- Das "eiern" des wackelnden Bohrkopfes, hebt sich ab einsetzen der Drehbewegung auf, mit oder ohne Benutzung der Ratsche an sich !
- Bei beiden Brace's wurde nur darauf geachtet, dass die Brace in der Bohr-Achse, rund lief. Es wurde also nicht versucht, das "eiern" auszugleichen !
- Die Unterschiede der Löcher von Versuch 1. + 2. sind minimal ! Beim 1. Versuch, sind vielleicht die Löcher in den ersten 3 - 4 mm Tiefe, etwas weiter !
- Beim Einsetzten der Dübel in die Löcher, konnten keine nennenswerten Unterschiede festgestellt werden, also etwa, dass die einen Löcher grösser gewesen wären !
- Bei Versuch 3. + 4. waren alle Löcher wie gestanzt. Keine Unterschiede !
- Überraschung : Bei den Löchern von Versuch 5. + 6. gab es "markante" Unterschiede, von ca. 1/10 mm, im Ø ! :-) Hier waren die Löcher, gemacht mit der Ratschenkopf-Brace, tatsächlich minim kleiner, als die mit der Spofford-Brace gemachten ! Ich vermute, dass hier das Spiel des Ratschenkopfes, das von Natur aus etwas unrunde Laufen, der Schneckenbohrer etwas ausgegelichen haben !

Fazit der Versuche :

Das wackeln, bzw. das eiern des Bohrkopfes mit Ratsche, kann vernachlässigt werden. Die Auswirkungen bei der praktischen Arbeit sind minimal !

Schlussbemerkungen :

- Ich halte es nicht für machbar, das "eiern" praktisch, mit der Hand auszugleichen. Persönlich konzentriere ich mich nur immer darauf, dass die Bohrachse der Brace stimmt !

- Auch ist zu bedenken, das eine Brace, als auch die zugehörigen Bohrer, welcher Bauart auch immer, keine hochpräzisen Instrumente, heutiger Vorstellungen sind ! Mit der Brace wurde schon gearbeitet, da hatte man noch nicht einmal vernünftiges Licht in der Werkstatt, oder auf der Schiffswerft, das muss man sich auch mal vor Augen führen !

- Zu der "Normierung" von Brace & Bohrer : Es war damals wie heute : Jeder Hersteller hat versucht, seine eigene Brace zu "erfinden"! Ihr kennt das doch : "Bitte nur Original-Teile verwenden"! - Man wollte sicherstellen, dass nur eigenes Zubehör dazu gekauft wurde ! Bei den Bohrern waren/sind die Unterschiede noch grösser, hier sicher auch noch durch die damaligen Fertigungsmethoden beeinflusst : Selbst innerhalb des gleichen Hersteller's und des gleichen Bohrer-Modell's, waren die Schäfte nicht immer gleicher Dimension !

- Man ist also gut bedient, wenn man mehrere Brace's hat. So sind bei mir sofort 3 - 5 Stück in Gebrauch, wenn ich bohren, senken und auch noch schrauben will. Das Problem von nicht passenden Brace's & Bohrern hebt sich dann auf !

- Somit ist es auch nicht nötig, Bohrer an irgend eine Brace "anzupassen". Ich bearbeite Bohrerschäfte nur dann nach, wenn sie zu starke Gebrauchsspuren, oder scharfe Kanten aufweisen, die allenfalls beim Gebrauch, z.B. in einer "Six Penny Brace" störend wirken.

- @ Reinhold : Bei manchen Brace's könnte man schon die Zungen etwas nachfeilen, bei manchen geht's durch die Bauform nicht. Tu Dir doch einen Gefallen, und kauf ein, zwei Brace's dazu, dann brauchst Du nicht die Zungen unnötig zu schwächen.

Hoffe gerne, "etwas Licht in den Keller gelassen zu haben" um das schöne Wort von Marc Waldbillig zu benützen ! Hoffentlich durfte ich das ?

Entschuldigt bitte auch, dass ich wieder so ellenlang geworden bin !

Mit besten Grüssen aus der Schweiz,
Beat, ... der halt einfach Fan, der Brace's ist.



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