Schellack

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Harald
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Re: Schellack

Beitrag von Harald »

[In Antwort auf #110990]
Hi zusammen,

mache ich eigentlich etwas grundlegendes falsch?

Ich bin gerade mit der Resataurierung einer alten Jazzgitarre beschäftigt. Zuerst den alten Lack abgeschlffen, das Holz sehr glatt gearbeitet und eine erste Schicht Schellack mit dem Pinsel aufgetragen.

Ich habe zwar die Plättchen gekauft, aber dann den Schellack doch nicht angesetzt sondern ein fertigprodukt genommen - die vor allem deswegen, weil mir das Trennen der im Natur-Schellack enthaltenen Wachsanteile durch längeres Stehenlassen zu zeitaufwändig war.

Möglicherweise sind diese Wachsanteile für einige der hier diskutierten Probleme mitverantwortlich.

Weiter: nach jeder Schicht (immer per Pinsel) habe ich diese trocknen lassen und mit 320 er Papier nachgeschliffen. Nachdem das ganze Gefüge etwas stärker deckend war, habe ich dann ohne Zwischenschliff 4 weitere Lagen mit dem Pinsel aufgetragen (man sollte bei der Pinselarbeit ein wenig Übung und Gefühl mitbringen, denn der Lack wird recht schnell viskos).
Auf zusätzlichen Spiritus/Alkohol, auf Bimsmehl, Öl und Ballen habe ich bisher vollständig verzichtet.

Das bisherige Ergebnis sieht sehr gut aus, ist ohne Flecken, Trübungen etc, glänzt und entspricht meinen Erwartungen.
Jetzt lasse ich das Ganze etwa 7-10 Tage aushärten und hoffe damit fertig zu sein.

Meine Frage: kann ich damit rechnen, daß die Oberfläche nach entsprechender Austrocknung und polieren mit Stoffscheibe oder Lammfell genügend kratzfest ist, oder muß ich noch härten, eine Ballenpolitur drauflegen oder ähnliches?

beste Grüße

Harald


Ottmar
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Re: Schellack

Beitrag von Ottmar »


HalloHarald & Forumsfreunde,

Aus eigenen Erfahrungen (nicht mit Jazzgitarren), kann ich nur sagen dass Schellack, sehr kratzempfindlich ist. Dazu kommt noch dass die Lichtbrechung die Eigenfarbe des Schellacks hervorhebt und die Kratzer noch verstaerkt.

Die Geigenbauer (vor 1850) verwendeten Mischungen aus verschiedenen Harzen, Benzoe,Damar, Drachenblut, Kopal, Masktix, Sandarak, Schellack und andere. Durch die Verwendung von Harzmischungen wurden die gewuenschten Eigenschaften erreicht. Leider sind kaum nachvollziehbare Rezepte ueberliefert.

Ich kenne einige Gitarrenbauer hier in den USA, von einem weiss ich er verwendet bei akustischen Gitarren DD-lack und bei elektrischen Epoxydharz-Lack.

Wie schon eingangs erwaehnt, habe ich keine Erfahrung mit Gitarren, doch verwende ich Schellack fuer mehr als vierzig Jahre. Eine auspolierte Schellackoberflaeche, zeigt schon Kratzer wenn man mit einem trockenen Stueck Leinenstoff darueber reibt.

Als Gedankenanstoss fuer dein Projekt.

mfg

Ottmar



Wilhelm Kuehs
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Re: Schellack

Beitrag von Wilhelm Kuehs »


Hallo Zusammen,

ich habe mir das jetzt alles durchglesen. Vielleicht kann meine kurze Zusammenfassung der Schellackpolitur ein wenig weiterhelfen. Der Text ist aus verschiedenen englischen Quellen zusammengestellt und durch eigene Erfahrungen ergänzt. Ich gehe so vor wie auf meiner Seite beschrieben und habedamit die besten Erfahrungen.

http://members.aon.at/wilhelmkuehs/holzschellack.htm

Kritik und Anregungen erwünscht.

Viele Grüße

Wilhelm Kuehs


Ottmar
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Re: Schellack Anmerkungen

Beitrag von Ottmar »


Hallo Wilhelm,

Ich habe den gelinkten Artikel mehrfach durchgelesen und bin dabei auf verschiedene Ungereimtheiten gestossen.

Als einen Ausdruck deiner persoenlichen Meinung kann ich deinen Artikel im Rahmen der Meinungsfreiheit akzeptieren. Vom fachlichen/sachlichen Standpunkt empfehle ich diesen zurueckzuziehen und sorgfaeltig zu Ueberarbeiten. Die Gesetze der Physik, welche auch in der Anwendung von Schellack gelten, stehen im Wiederspruch zu deinen Angaben.

Bitte sehe dies nicht persoenlich, sondern in der Gemeinsamkeit uns gegenseitig zu helfen. Ich selbst wurde in meiner mehr als vierzig jaehrigen Berufslaufbahn von falschen Angaben/Behauptungen in Buechern und Ratschlaegen in die Irre gefuert, davor moechte ich die Forumsfreunde bewahren.

mfg

Ottmar



Andreas
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Re: Schellack Anmerkungen

Beitrag von Andreas »


Guten Abend Ottmar,
könntest Du konkreter werden? Welche Punkte sind falsch dargestellt?

Gruss
Andreas (der sehr an der Schellackmethode interessiert ist)


Ottmar
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Re: Schellack Anmerkungen II

Beitrag von Ottmar »


Hallo Andreas & Forumsfreunde,

Meine Antwort war an Wilhelm gerichtet, welcher in seinem Beitrag http://members.aon.at/wilhelmkuehs/holzschellack.htm um Kritik und Hinweise bat.

Um von vorneherein Klarzustellen, ich arbeite seit 40+ Jahren mit Schellack, bin jedoch kein Spezialist in der Anwendung desselben. Nach vielen Fehlversuchen (trial and error) habe ich die noetigen Kenntnisse und Fertigkeiten erworben um meine Leistungen hier verkaufen zu koennen. Da ich relativ selten mit Schellack arbeite brauche ich meist eine Woche bis ich mich eingearbeitet habe und alles von der Lackmischung bis zum Einarbeiten des Ballens stimmt. Zum Handpolieren eines Spieltisches von ca 1750, benoetigte ich 4 Monate. Die Tischplatte (120x120 bzw 120x60cm) liess sich aufklappen und ruhte auf einem ausschwenkbarem Bein. Es waren ein und einhalb Platten zu polieren Einen Zylinderdamenschreibsekretaer, konnte ich wegen der hohen Luftfeuchtigkeit ( hier November bis Januar) erst nach ca sechs Monaten auspolieren (war in der Zwischenzeit beim Kunden) Ich will niemandem meine Metoden einreden und jeder sollte das was ich schreibe mit Vorbehalt lesen. Ich schreibe nur ueber meine Erfahrungen(auch Miss) und mein Schreiben kann Fehler enthalten, allein schon daher dass Ausfuehren und Beschreiben zwei verschiedene Sachen sind, koennen Schritte welche auf Grund von Erfahrung automatisch ablaufen uebersehen oder vergessen werden.

Nun moechte ich einige Fakten anfuehren, welche in Wilhelms Artikel uebersehen wurden oder Falsch sind.

Nicht jedes Holz ist polierfaehing. Grobporige Hoelzer und Weichholz lassen sich mit Schellack mattieren, jedoch nicht polieren.

Schellackpolierte Oberflaechen zaehlen zu den empfindlichsten, sie sind weder rauhen Beanspruchungen gewachsen, noch Wasserbestaendig. Kernseifenlauge ist ein Abbeizmittel fuer in Alkohol geloeste Harze(Firnisse). Dass sich Schellackflocken als solche nicht in Wasser aufloesen ist auch ein Fakt. Wenn diese also aufs Holz gestreut wuerden, werden sie durch Wasser nicht auf sondern abgeloest. Genauso verhaelt es sich jedoch bei Schellackueberzuegen auf Alkohol oder Boraxloesungsbasis Das Wasser loest den Schellack nicht auf sondern setzt sein Haftvermoegen herab bzw zerstoert es.

Kratzfest, Schellack ist durch seine Sproedigkeit und auf Grund seiner Eigenfarbe (auch gebleichte Sorten) nicht kratzfest, Durch die veraenderte Lichtbrechung der Schellackraender heben sie sich deutlich von der Umgebung ab. Um die (nicht) Kratzfestigkeit des Schellackes zu erhoehen wurde dieser mit anderen Harzen wie Benzoe, Damar, Drachenblut, Kolophonium Kopal, Mastix, Sandarak usw vermischt. Diese Mischungen verbessern die Eigenschaften, das Endergebnis ist immer noch empfindlich.

Die sogenannten Kratzfesten Lacke der Industrie bestehen aus Harzen welche sehr hell sind und der Lichtbrechungsfaktor, die Kratzerraender wenig oder nicht hervorhebt. Im Gegenlicht sind sie jedoch jederzeit als Stoerungen der Lichtbrechung auf der Oberflaeche zu sehen. Ich habe bis jetzt noch keinen Kratzfesten Lack/Farbueberzug kennen gelernt.

[Handhabung]. Ich moechte die Handhabung von Schellack mit dem Geigenspiel vergleichen und dies so Erklaeren, mann muss nur die Finger der linken Hand auf den Geigenhals und die Saiten legen, die Geige mit dem Kopf am Hals/Schulter anpressen, dann mit dem von der rechten Hand gefuehrten Bogen hin und herfahren (Bei Linkshaendern umgekehrt). So einfach ist dies Sophie-Ann Mutter gib acht!

Die Anmerkung man kann eine Schellackpolitur in zwei bis drei Tagen ausfuehren ist genauso treffend Wie der welcher ein Handwerk erlernen wollte und dies wirklich gruendlich auch wenn der ganze Vormittag dabei draufgeht.

Raps oder Olivenoel, habe ich noch nicht probiert, noch sonst von Kollegen gehoert oder darueber gelesen. (grosses Geheimnis????) Ich verspreche ich werde es nicht ausprobieren und bei Parafinoel bleiben!

[Bimsstein](???) Ob sich aus Bimsstein mit einer Rasierklinge oder dem Mixer eine Feinheit herstellen laesst, welche sich zum Porenfuellen eignet bezweifle ich stark. Ueber die Feiheitsgrade des in Deutschland angebotenen Bimssteinpulvers habe ich im Moment keine Unterlagen. Eine der hiesigen (USA) Firmen vertreibt Bimsstein in ca 20 Koernungen. Die Firmen garantieren die gleiche Korngroesse und durch Spezialverfahren, Sieben und Schlaemmen werden alle anderen Beimischungen entfernt. Fuer die Restaurierung brauchbaren Sorten sind mit F bezeichnet, wobei 1F die groebste und 4F (FFFF) die feinste Sorte ist.(Wird in manchen Zahnpasten[extra weiss] verwendet) Ich verwende zum Porenfuellen 4F. Das Wichtigste beim Porenfuellen, dass jedes Pimspartikel, vollkommen mit Schellack getraenkt ist. Auch die FFFF-Koernchen sind als solche poroes und sind nur unsichtbar wenn auch jede Pore gefuellt ist. Nichtgefuellte Poren oder schlecht gefuellte Koerner sind spaeter nach Durchtrocknung der Lackschicht als stecknadelspitzengrosse weisse oder graue Puenktchen zu sehen. Kommt mir immer wieder vor. Diese Fehler behebe ich nach Durchtrocknung der Zwischenpolitur(Zeit zwei Wochen) mit einem Aquarellpinsel (einer mit den meisten Nullen und wenigsten Haaren) Ich arbeite dabei mit einer Kopflupe und tupfe schwarze in Akohol geloeste Anilinbeize auf. Keine Angst dieser kleine Schwarze Punkt ist nahezu unsichtbar. Die anschliesende Deckpolitur macht die Reparatur dauerhaft. Bimsmehl loest sich nicht auf

Aufloesen des Schellacks in Alkohol, die von Wilhelm praktizierte Methode, hat bei mir nur dazu gefuehrt dass sich der Schellack am Boden verklumpt hat.

Ueber die Vorbereitung der Oberflaeche mit dem Hobel ueberlasse ich Euch das Urteil

Schleifpapier: Unbehandeltes Holz mit einer Koernung hoeher als 180/220 zu schleifen macht keinen Sinn. Da Holz als solches poroes ist, kann man schleifen so lange man will wenn die Poren groesser sind als das Schleifkorn erreicht man keine groessere Glaette/Feinheit hoechstens feineres Schleifmehl.

Die Herrichtung und Anwendung des Ballens ueberspringe ich, da es trotz wiederholtem Lesen keinenen Sinn ergibt.

[Leinoel und Schellack] Leinoel braucht zum Durchtrocknen als Grundierung fuer Schellack mindestens 4 Wochen. Da das Leinoel durch Oxydation mit dem Sauerstoff der Luft und nur zum kleineren Teil durch Polymersiation trocknet, faengt die Trocknung auf der Oberflaeche an und setzt sich langsamer darunter fort. Leinoelfirnis geht schneller dauert aber auch Wochen. Beim Leinoel schwillt irgendwie der sich bildente Film,am Anfang des Prozesses und zieht dann im Laufe des Aushaertens ein. Wird das nicht beachtet sinkt spaeter die darueber befindliche Schellackschicht ein, das kann bis zum runzeligen Aussehen der Oberflaeche fuehren. Ist mir in meiner Anfaengerzeit passiert. Eine geoelte und durchgetrocknete Flaeche laesst sich schneller aufbauen, da der Schellack nicht so tief einsinkt und den Untergrund abdichten muss.

[Schwarz beizen faerben] Mann kann ohne weiteres eine deckende Farbe auf Schellackbasis herstellen. Ich benutze dazu das Farbmaterial von meinem Nachbarn einer Karosseriewerkstatt das Produkt komt aus D von der Firma Spiess-Hecker(?) 50 ml auf einen Liter Schellack ergibt eine gut deckende Farbe welche sich auch polieren laesst. Allerdings spritze ich in diesem Fall, da ja nur die Deckschicht poliert wird im Gegensatz zur normalen Politur bei welcher durch den Schichtaufbau die Druchsichtigkeit erzielt wird.

Dies ist meine Meinung nicht Kritik, zu dem Artikel von Wilhelm,dazu moechte ich den Rat meines Grossvaters zitieren, welcher mir empfahl nie ein noch so gutes Haarwuchsmittel von einem Klatzkopf zu kaufen.

Ich wuensche allen Forumsfreunde allezeit herrliche klare Schellackflaechen.
mfg

Ottmar
PS: Fuer den Spieltisch habe ich etwas ueber 3000US$ verlangt und bekommen, mache mir jedoch keine Sorgen dass ich durch eine Schnellmethode brotlos werde. Auch wenns mir noch so pressier trocknet mein Lack nicht schneller!

PPS: Ich habe einer jungen Frau vor einigen Jahren gezeigt wie ich es mache und sie hat mir dabei zugesehen. Heute ist sie mit Ihrem Koennen mir weit voraus, sie hat fuer mich einige Arbeiten ausgefuehrt. Sie hat sich eine eigene Methode erarbeited und da sie laufend dies ausuebt ist sie wesentlich schneller wie ich um es ehrlich zu sagen auch besser! Auch in Amerka gilt Uebung macht den Meister!



Edi Kottmair
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Re: Schellack Anmerkungen II

Beitrag von Edi Kottmair »


Hallo Ottmar,

vielen Dank für diesen umfang- und aufschlussreichen Beitrag. Kann man Deine Arbeiten irgendwo im Internet anschauen? Das würde mich stark interessieren, denn Du hast mich jetzt auf Deine restaurierten Möbel neugierig gemacht.

Viele Grüße von
Edi



Michael Formanek
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Registriert: Di 27. Dez 2016, 18:58
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Re: Schellack Anmerkungen II

Beitrag von Michael Formanek »


Hallo Ottmar!

Wusste garnicht, dass wir auch Restauratoren im Forum haben. Ich würde mich auch sehr für deine restaurierten Kostbarkeiten interessieren (liegen sicher einige Dokumentationen bei dir herum).

Zu deiner Ausführung kann ich auch nur sagen, dass sie sehr präzise und auch sehr sachlich ist.

Ein paar Fragen hab ich trotzdem.

Du schreibst:

"Da das Leinoel durch Oxydation mit dem Sauerstoff der Luft und nur zum kleineren Teil durch Polymersiation trocknet,..."

Die Trrglyceride des Leinöls werden doch an den Doppelbindungen durch radikalische Reaktionen (mit Luftsauerstoff, Sikkativen, etc.) "angegriffen" und vernetzen (sprich polimerisieren) anschließend. Also wäre doch das Oxidieren gleichzusetzen mit dem Vernetzen (bitte um Korrektur sollte ich mich irren).

Weiters:

"Beim Leinoel schwillt irgendwie der sich bildente Film,am Anfang des Prozesses und zieht dann im Laufe des Aushaertens ein."

Ich kenne diesen Effekt bis jetzt nur von Gemälden die ich mit sehr fetten Ölfarben gemalt habe. Dass das Leinöl schwillt könnte durchaus etwas mit der Vernetzung zu tun haben (durch die Einlagerung des Sauerstoffs vergrößert sich das Volumen des Öls ja). Am Anfang der Trocknung könnte das Holz kurzzeitig gesättigt sein, dass Leinöl anschließend aber durch Kapilarwirkung "einsaugen"; kommt mir zumindest plausibel vor.

Zu guter letzt habe ich noch eine Frage zu deinem pigmentierten Schellack. Hast du eventuell den Schellackfilm unter UV-Licht betrachtet? Falls dies der Fall ist würde ich gerne wissen, ob man die orange Fluoreszenz des Schellacks in üblicher Weise beobachten kann.

So das wars jetzt mit meinen Fragen. Ich hoffe ich werde nicht zu nervig ;-) aber ich befinde mich gerade in der Ausbildung zum "Holz-Restaurator", deshalb das Interesse an deinen Ausführungen.

Gruß Michael

PS.: es kann sich auch gerne ein Forums-Chemiker zu meinen Fragen äußern [ich will ja Edis Namen nicht nennen, nehme aber an, dass er weiß wen ich meine ;-)]

Grüße aus Wien

Michael



Edi Kottmair
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Re: Leinöl

Beitrag von Edi Kottmair »


Hallo Michael,

zum Leinöl steht vieles im Wiki und Ottmar hat auch einiges dazu gesagt. Hier noch ein Auszug aus dem Römpp Chemielexikon: "Von allen Fetten u. Ölen weist das Leinöl die höchste Iod-Zahl auf. An der Luft kommt es daher leicht zur Autoxidation, die über die Zwischenstufe von Hydroperoxiden zu festen, polymeren Produkten (Linoxyn) führt. Hierbei handelt es sich um ein Harz-artiges, in Wasser langsam quellendes, Kautschuk-artiges Prod., das in dünner Schicht durchsichtige, dünne, klare Filme bildet. Linoxyn stellt den wesentlichen Bestandteil aller Ölfarbenanstriche u. des Linoleums dar. Dieser Oxid.- u. Polymerisationsvorgang kann durch Verw. geeigneter Autoxid.-Inhibitoren, z.B. bestimmter Amine od. Phenole, verlangsamt oder umgekehrt durch UV-Licht od. Spuren von Übergangsmetall-Ionen beschleunigt werden."

Diesem Zitat entsprechend kommt das anfängliche Quellen des Leinöls eher von der Feuchtigkeit aus Luft und Holz. Üblicherweise haben Polymerisate ein geringeres Volumen als die monomeren Ausgangsstoffe, was in der Praxis häufig zu Problemen führt wie z.B. bei Kunststoff-Zahnfüllungen (die im Mund mit der UV-Lampe polymerisiert werden), die deshalb nur für kleine Löcher verwendet werden können. Der Einbau von Luftsauerstoff in Leinöl erhöht natürlich das Volumen geringfügig, aber durch die Vernetzung schrumpft die Masse sicher viel stärker, weil dabei die einzelnen Moleküle (oder Teile davon) aneinander gebunden werden. Ohne Vernetzung können sie einen größeren Abstand einnehmen.

Die quellenden, weil schäumenden Polyurethan-Kleber und Montageschäume funktionieren anders.

Viele Grüße von
Edi



Ottmar
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Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Schellack Anmerkungen II

Beitrag von Ottmar »


Hallo Michael,

Gratuliere Dir zu Deiner Berufswahl als Restaurator.

Ich beschreibe unbehandeltes Lackleinoel nach der damals gueltigen DIN 55 933 Dies ist schleimfreies aus Rohleinoel nach DIN 55 930 raffiniertes Leinoel ohne irgendwelche Zusaetze. Ich bezog dieses Oel von der Firma Kreul. Hier in den USA durch die Firma Kremerpigmente.

Mit den genauen chemischen Ablaeufen bezueglich der Trocknung von Leinoel bin ich ueberfordert. Ich habe mich darueber insoweit sachkundig gemacht, um berufsbezogen zu wissen was jeweils vorgeht.
Ich habe das „Schwellen“ des Leinoels zufaellig beobachted und dann spaeter im Versuch festgestellt dass sich irgendwie eine Haut bildet, welche auf der Aussenseite trocken aussieht und nach der Durchtrocknung verschwindet/unsichtbar wird. Das ist dann der Zeitpunkt um mit dem Aufbau einer Schellackpolitur zu beginnen.

Die Literatur vor 1900 ist sehr spaerlich, oft irrefuehrend und manches falsch,. Ich fand in der Zeit nachdem ersten Weltkrieg wurde die Anwendung von Schellack genauer untersucht und beschrieben, ich besitze einen sehr guten Artikel von Jakob Krall aus den 20/30er Jahren darueber. Solltest du keinen Zugang dazu haben, kann ich den heraussuchen.

Schellack habe ich diesbezueglich noch nicht unter UV-licht untersucht. Den gefaerbten Schellack verwende ich hier fuer schwarze amerikanische Moebel aus der Zeit Anfang 1800. Ich habe mir frueher den schwarzen Schellack mit Pigmenten selbst angerieben (grosse Sauerei) und verwende jetzt die Pigmentmischungen der Autolacke (Mixol ist wahrscheinlich gleich oder aehnlich). Da bin ich sicher bezueglich Lichtechtheit. Die kalifornische Sonne kennt da kein Erbarmen.

Wuensche dir weiter Freude an deinem Beruf.

mfg

Ottmar

PS: Ich bin gerne bereit evtl. Fragen zu beantworten, nach meinen Erfahrungen und begrenztem Wissen. Ich dokumentiere meine Arbeiten und halte die einzelnen Schritte im Bild fest, frueher analog heute digital, doch da die Copyrightrechte im Internet undurchschaubar sind halte ich mich diesbezueglich zurueck. Ich moechte manche davon in einem geplanten Buch verwenden.



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