Hobelhalterung

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Friedrich Kollenrott
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Flachwinkelhobel

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Edi,

Du hast selbstverständlich recht. Ob ich einen Schnittwinkel von z.B. 50° mit einem Hobel mit Fase unten und entsprechend steil gebettetem Eisen oder mit einem Flachwinkelhobel mit 12° Bettung und 38° Keilwinkel an der Schneide erzeuge, kann eigentlich keinen Unterschied machen, der Schneidvorgang ist der gleiche. Ich würde auch nie behaupten, dass allein durch den 12°- Winkel das Hobelergebnis besser wird.

Der Vorteil durch den flachen Bettungswinkel selbst könnte (wenn überhaupt) darin liegen, dass die am Hobeleisen angreifende Schnittkraft (die vermutlich leicht nach unten geneigt ist) nur einen flachen Winkel zum Eisen hat, darum ist das Biegemoment am Eisen kleiner. Bei 45°- Bettung ist es sicher größer. Das könnte zur Folge haben, dass ein steiler gebettetes Eisen eher dazu neigt, durch Hineinbiegen in das Holz zu rattern. Das ist aber nur meine Vermutung, Marc W. würde es bestreiten, der ist mit seinen Lie- Nielsen- Bedrocks mit dicken Eisen so zufrieden wie ich mit meinen Flachmännern.

Ein klarer Vorteil der Flachwinkelhobel im Gebrauch ist die Möglichkeit, das Maul viel schneller und müheloser einzustellen als bei anderen Hobeln. Man stellt darum in der praktische Anwendung das Maul tatsächlich bei Bedarf enger und braucht wirklich keinen Spanbrecher. Das wiederum macht einerseits den Schärfvorgang einfacher, andererseits kommt es kaum zu Verstopfen des Hobels.

Die immer wieder hervorgehobene Möglichkeit, mit verschiedenen Keil- und damit Schnittwinkeln zu arbeiten, nutze ich kaum. Meine 12°- Bankhobel (Raubank, Putzhobel, Einhandhobel) haben alle auf 40° geschärfte Eisen (38°, um genau 50° Schnittwinkel zu erreichen, fand ich albern). Eisen mit flacherem Winkel (ich habe welche) stehen derzeit nur rum. Mit einem 25°.- Eisen hatte ich ab und zu doch Probleme mit Ausrissen, mit 40° auch auf schwierigem Holz nicht mehr. Und das Verhalten auf Hirnholz ist mir mit 40° gut genug, da wechsle ich nicht das Eisen. Jedenfalls nicht bei Hartholz. Wenn mal wieder Fichte oder sowas anliegt, könnte sich das ändern.

Mir selbst gefällt an den Flachwinkelhobeln auch der sehr einfache Aufbau ohne Frosch.

Ob ein qualitiv vergleichbarer 45°- Hobel (z. B. von Veritas oder Lie- Nielsen) "genausogut" hobelt wie ein Flachwinkler? Ich vermute, ich würde keinen Unterschied im Ergebnis feststellen, ich habe aber nie mit einem gearbeitet. Meine persönlichen Metallhobel- Erfahrungen beziehen sich auf die klassischen Bailey- Hobel mit den immer relativ dünnen Eisen und auf moderne Flachwinkler, überwiegend von Veritas.

Ganz sicher ist: Wichtiger als der Bettungswinkel sind Schärfe des Eisens und korrekte Einstellung des Hobels.

Friedrich



Marc Waldbillig
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Re: Flachwinkelhobel

Beitrag von Marc Waldbillig »


Hallo Friedrich, Edi,

Zum Unterschied zwischen Flachwinkel und Bedrock kann ich was sagen, ich hab beide. Zuerst einmal gibt's kein Rattern bei den Bedrocks. Das kenn ich einfach nicht. Ich spekulier mal, dass das durch das dicke Eisen kommt. Den Flachwinkler hab ich noch auf 25° stehen, so wie er aus dem Karton kam, nur mit Mikro- und Rückenfase. Ich hab noch nicht umgeschliffen, weil ich mir noch nicht im Klaren bin, was ich anfangen soll mit dem FW.

Auf Nussbaum ist der Bedrock mit HAF (50°) und Mikro- sowie Rückenfase (etwa 5° zusätzlich) auf 55° Schnittwinkel das Beste, das ich mir vorstellen kann. Richtig scharf, kann ich Knoten ohne Ausrisse hobeln. Der FW hingegen macht schon Schwierigkeiten mit Ausrissen in normalem Holz, nicht zu sprechen von Knoten. Ich nehm aber an, dass das mit steigendem Winkel besser wird. Erle (weicher) putzt er wunderbar.

Der Unterschied: Der FW ist leichter. Nachdem man mit Schrupphobel, Schlichthobel und Raubank schon ziemlich abgekämpft ist, ist es wie wenn man mit Nichts in Händen Späne abheben könnte. Unfair wäre es jetzt zu sagen, der BR hinterließe die schönere Oberfläche, es ist wahr, aber wenn das Eisen des FWs steiler geschliffen wär, dann sind beide wohl nicht weit voneinander entfernt. Ich werd das demnächst mal ausprobieren und davon berichten.

Ich frag mich nur, warum die Dinger (FW) früher keine so große Beliebtheit hatten. Die konnten damals doch auch dicke Eisen herstellen. Interessant wäre ein alter FW von Stanley, um ihn mal näher unter die Lupe zu nehmen.

Gruß, Marc



Edi Kottmair
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Re: Flachwinkelhobel

Beitrag von Edi Kottmair »


Hallo Friedrich,

vielen Dank für die ausführlichen Erläuterungen.

Zu Deiner Vermutung mit dem Rattern: Man müsste einmal einen HNT Gordon Putzhobel mit 60° Schnittwinkel ausprobieren. Das würde mich echt interessieren, welche Ergebnisse der liefert. Aber nur zum Testen kann ich mir keinen bestellen. Hat hier jemand einen?

Oder hat schon mal jemand in einen Zahnhobel ein nicht gezahntes Eisen eingebaut und getestet, wie er dann funktioniert?

Viele Grüße von
Edi



Marc Waldbillig
Beiträge: 1247
Registriert: So 6. Okt 2013, 21:41

Re: Wenn's ums Putzen geht...

Beitrag von Marc Waldbillig »

[In Antwort auf #111007]
liegen beide gleich auf. Hab soeben dem FW eine ungefähr 43° Mikrofase spendiert, den BR geschärft wie oben beschrieben. Beide schenken sich nichts, ich würd sagen, sie liegen gleichauf. Persönlich bevorzuge ich ein Mehr an Gewicht, deshalb geht meine Wahl eher an den BR. Ich werde beide aber noch an anderen Hölzern versuchen.

Gruß, Marc


Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3208
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Danke, Marc!

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Deine Einsatzbereitschaft ist wirklich unübertroffen, nicht nur diesmal. Du bist eine Zierde für den ganzen Verein hier!

Das Ergebnis ist sicher für alle Seiten beruhigend. Auch für mich- ich habe eigentlich meinen Frieden mit meinen Hobeln gemacht und so kann es nun auch erstmal bleiben.

Aber, fast hätt ichs vergessen: Wann bauen wir einen Deiner LN's zum Infill um?

Friedrich


Robert
Beiträge: 203
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Re: Flachwinkelhobel

Beitrag von Robert »

[In Antwort auf #111015]
Hallo Edi,
Ich hab neulich mal versucht, ein normales Eisen (48mm, ca. 4mm stark) vom Ulmia Schlichthobel im Zahnhobel zu verwenden. Hat bei Eiche relativ gut funktioniert, die Oberfläche ist aber nicht so glatt wie nach dem Putzen mit meinem LV-Flachwinkel Putzhobel. Der Vorteil an der steilen stellung des Eisens schien mir eher zu sein, dass es fast egal ist, aus welcher Richtung man hobelt, es gibt quasi keine Ausrisse. Wenn man es also mal mit was wirklich wild gewachsenem zu tun hat, scheint das eine gute Alternnative zu sein. Nur die Oberfläche wird wie gesagt nicht ganz so schön glatt. Vielleicht lässt sich das aber mit einer feineren Einstellung und einem frisch geschärften Eisen noch verbessern.
Gruß
Robert



Edi Kottmair
Beiträge: 1054
Registriert: Sa 5. Jul 2014, 08:30

Re: Schnittwinkel Putzhobel

Beitrag von Edi Kottmair »


Hallo Robert,

danke für die Info. Der Zahnhobel ist auch für diese Anwendung gebaut, also für schwierige Hölzer ohne eindeutigen Faserverlauf in eine Richtung.

Im Endeffekt liegt also der beste Schnittwinkel zum Putzen irgendwo bei 50°, unabhängig von der Bauart des Hobels, was durch Euere Beiträge bestätigt wird. Etwas anderes habe ich auch nicht erwartet, denn die früheren Hobelbauer haben sich mit Sicherheit schon lange vor uns Gedanken darüber gemacht und verschiedene Winkel ausprobiert.

Viele Grüße von
Edi



Christoph Nowag
Beiträge: 838
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Flachwinkelhobel

Beitrag von Christoph Nowag »

[In Antwort auf #111015]
Hallo Edi,

Rolf Schmid hat auf seiner Homepage eine kurze Beschreibung für die Verwendung eines Zahnhobels mit normalem Eisen (ziemlich weit unten in diesem auch ansonsten lesenswerten Beitrag - wie alles auf dieser Homepage).

http://www.hobel-und-eisen.de/Sammlung/schabhobel.htm

Viele Grüße
Christoph



Philipp
Beiträge: 891
Registriert: Mi 21. Nov 2012, 14:14

Re: Schnittwinkel Putzhobel

Beitrag von Philipp »


Ich habe von "Dünn" mehrere dieser Chinahobel und hatte darüber auch schon gelegentlich hier geschrieben. Ein ganz kleiner, eher so ein nützliches Spielzeug mit nur 22 mm Eisenbreite, hat sein Eisen mit 60° gebettet. Man kann sagen, daß er sich schwerer einstellen läßt, weil das gleiche kleine Vorrücken des Eisens in einem stärkeren Austreten über die Sohle resultiert, als bei spitzeren Bettungswinkeln. Auch ist das Hobelchen schwerer zu schieben als sein größeres Geschwister mit 42°, läßt sich allerdings deutlich weniger von wechselndem Faserverlauf beeindrucken. Die erzielte Fläche ist perfekt glatt und glänzt wunderbar. Für meine Begriffe ist ein Eisen mit ca. 60° eine hervorragende Ergänzung in der Hobelfamilie, besonders für zickige Hölzer. Das dürfte sich sicherlich auf die HNT-Hobel übertragen lassen. Ich plane zumindest den Bau eines Hobels mit 55-60° und breiterem Eisen, als es bei meinem Hobelchen der Fall ist.
Bei dem größeren China-Hobel hatte ich kürzlich das frisch geschärfte HSS-Eisen umgekehrt eingespannt, um ihn als Schaber zu verwenden. Das Ergebnis (bei Kirsche) war eine Katastrophe: Fasern zerrissen und Oberfläche total aufgeraut. Mag auch ein Fehler von mir gewesen sein, jedoch werde ich hier keine weitere Forschungsarbeit investieren, weil ich zu ernüchtert war.

Gruß, Philipp


arnd
Beiträge: 148
Registriert: Fr 3. Aug 2012, 00:29

Zusammenfassung und Frage zum Spanbrecher

Beitrag von arnd »

[In Antwort auf #111018]
Hallo,

kann man die Ergebnisse so zusammenfassen?:

Je flacher der Winkel ist, umso leichter ist das Hobeln. Diesen Effekt macht man sich beim Hirnholzhoblen zu Nutze.

Je verworrener der Faserverlauf des Holzes ist, umso steiler muss der Winkel sein.

Aufstellung:
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Low-Angle Blockhobel und Low-Angle Jack Plane: 37° (12° Bett + 25° Fase)
Blockhobel Standard und Lie-Nielsen 9: 45° (20° Bett + 25° Fase)
Die normalen Putzhobel haben einen Durchschnittlichen Winkel von 50°.
HNT Gordon Putzhobel: 60°
Zahnhobel mit normalen Eisen: 75°
Ziehklingenhobel: 95°

Friedrich, du nutzt den Low-Angle Jack Plane mit einer Fase von 40° als einem Schnittwinkel von 52°. Damit hat der Flachwinkelhobel einen steileren Schnittwinkel als ein normaler Putzhobel. Der Vorteil liegt wohl zum einen in dem tieferen Schwerpunkt des Hobels und zum anderen sind Eisen mit einer 40° Fase robuster als mit 25°.

Nun die Frage zu den Spanbrechern:
Nur die Standardputzhobel mit 50° (sowohl hölzerne E.C.E. oder Ulmia als auch eiserne #4 u.a.) besitzen einen Spanbrecher.
Die Flachwinkelhobel mit niedrigeren Winkeln brauchen scheinbar keinen Spanbrecher und die Steilwinkelhobel von HNT Gordon kommen auch ohne Spanbrecher aus. Beide Modelle werden immer über alles gelobt und sind für ausrissfreie Oberflächen berühmt.
Wieso gibt es dann also noch Spanbrecher? Am Winkel von ca 50° kann es nicht liegen, da Friedrich ja mit seinen Flachwinklern auch auf diesem Winkel putzt.

Viele Grüße

Arnd



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