alte Schubkästen restaurieren
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alte Schubkästen restaurieren
Hallo Leute.
Ich hätte da mal ne kleine Frage :-).
Wie Kann man die Probleme beheben? Klemmen, drohendes Auseinandergehen, Starker Abrieb der Auflageflächen.
Ich hab bei uns in Institut Magazin-Schränke gesehen, deren Schubkasten Böden so geschrumpft sind (Baujahre 1895-1910), dass sie sehr locker sind und um ca. 1cm zukurz (seit 30 Jahren wohl die Zentralheizung, vorher KEINE Heizung).
Ist Zustand (Etwas ausführlicher damit man nen Eindruck bekommt.): Die Böden (Masiv) sind nicht mehr in der Nut der Vorderseite. Jemand hat einige Kästen "repariert" und ein weiter herausrutschen verhindert, in dem je 2 Drahtstiftchen von unten durch den Boden, in den hinteren Rahmen geschlagen wurden. Das hat zur Folge das der Boden mit der Rückseite bündig ist, aber vorn 1cm zu kurz und aus der Nut. Die Fronten sind mit halbverdekten Schwalbenschwänzen befestigt, während die Rückseiten mit Fingerzinken und einem Schwalbenschwanz pro Verbindung versehen sind. Sind aus Nadelholz. Die Führungsschienen im Schrank aus Eiche. Ich glaube das die Kästen diese Belastung nicht mehr die nächsten 30 Jahre aushalten, sind zum Teil schon etwas wackelig. Die Schienen sind stark gerieft und im jeweils darunter liegenden Kasten liegt immer ein haufen Holzspähne. Die Kästen sind mit ca. 20-45 kg Steinen belastet, die sich regelmäßig beim herausziehen verklemmen. Gesteinsmehl auf den Schienen ein weiteres Problem. Die Schienen sind gerieft und um 1-2mm abgenutzt, die Wangen (oder wie sagt man dazu) der Kästen auch. Kästen werden regelmäßig aus dem Schrank genommen um die Sammlung durchs Gebäude zu tragen.
Andere Schränke, die aus Angst vor Beschädigung nicht mehr beladen sind und im Museum stehen (vielleicht etwas älter): Aus Nadelholz mit gespiegeltem (Birnen? sehr helles Nuß?) Funir, das verkratzt und an manchen (kleinen) Stellen gewellt ist. Schubladen so abgenutzt, das die Wangen in dem Funier der Front der einzelnen Laden (horizontalgewölbt, schwarze Knöpfe), schon Rifen gegraben haben und zum Schleßen angehoben werden müssen. An den Ecken der Schränke sind Schwarze, dreiviertel, runde Säulen, Kapitelle gedrechselt, nicht geschnitzt.
Ich wolte dem Kustos mal rettungsvorschläge machen. Es sind übrigens so mindestens 200 Kästen betroffen, in anderen Gebäudeteilen wohl noch mehr, die Nummern auf den Kästen gehen bis über Nr.800.
(Weitere Probleme gibt es mit Vitrienen (Nußfunier und andere, massive Kiefer)
Tühren, Fenster.... und sogut wie kein Geld und verschlimmbessernde Handwerker).
Schöne Grüße
Andreas N.
Re: alte Schubkästen restaurieren
Hallo Andreas,
Bezueglich Schubkaestenboeden. Dieses Schrumpfen des Schubladenbodens ist bei Moebeln dieses alters normal. Der Boden hat auch die Aufgabe den Schubladen am verziehen zu hindern. Wenn der Boden dieser Funktion nicht mehr gerecht wird, geht der Schubladen aus dem Leim. Die Folge sind die Schwalbenschwanzverbindungen loesen sich und beim auf und zuziehen verklemmt sich dann der Schubladen. Die Schaeden welche sich an den Seitenteilen unten oft auch oben und auf den Laufleisten der Schraenke/Komoden usw zeigen sind alters und gebrauchsbedingt anzusehen. Die normalen Schaeden werden oft noch durch "Reparaturen" mit vielen Naegeln, welche die Zinken sprengen, vergroessert.
Als erste Hilfe wuerde ich die Naegel welche den Kastenboden festhalten, entfernen.
Falls dies nicht mit einer Zange moeglich ist, saege ich diese Naegel mit einem Eisensaegeblatt, welches ich zwischen Boden und Schubladenrueckwand schiebe, ab. Nun schiebe ich den Boden nach vorn so dass er satt in der Nute des Frontteils sitzt, dann messe ich wiviel vom Bodenende bis zum Schubladenendstueck fehlt, ich fertige nun ein Stueck Holz mit diesen Abmessungen und verleime dieses mit dem Boden. Dazu verwende ich, wenn vorhanden Holz, von alten Schubkaesten, da dieses Holz dann das gleiche Schwell/Schwindverhalten des Originals hat. An Stelle der Naegel halte ich den Boden mit 2-3 3mmx20 mm(je nach Bodenstaerke) Holzschrauben fest. Damit laesst sich der Schubladen meist wieder einigermassen bewegen. Ist nur eine Nothilfe keine Kur!
Die gesamt Reparatur/Restaurierung von Schublaeden, Laufleisten, Seitenfuehrungen ist sehr Zeitaufwaendig und setzt einige Erfahrungen voraus, da mann die gegebenheiten des Moebels mit in Betracht ziehen muss und nicht immer alles wie bei einer Neuanfertigung ausfuehren kann. Bei der Erneuerung der abgenutzten Unterseiten der Schubladenseitenteile mussen diese of soweit abgesaegt werden, dass die Nut fuer den Boden neu eingefraesst werden muss usw..........
Diese Art Reparaturen, zaehlen mit zu den schwersten und kostentraechtigsten Arbeiten in meinem Beruf.
Mfg
Ottmar
PS: Deiner Beschreibung und der Menge nach ist das eine Lebensaufgabe. Sollten weitere fragen aufkommen, binn ich gerne bereit diese nach meinen Erfahrungen zu beantworten.
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Re: alte Schubkästen restaurieren
Danke, Ottmar, für das Beileid.
Ich hab auch dran gedacht die Böden hinten zu ergänzen, nur gehofft das es einfacher geht (vielleicht mit leicht "rückbaubaren" Metallwinkelchen (mit Langlöchern, in größerer Schtückzahl herstellbar) oder einer Holzleiste, die unter die Rücksiete geschraubt die Böden hält?. Die Böden sind, schätz ich nun mal, um 18mm dick oder etwas mehr und zu den Nuten ausgedünnt. Was klemmt, sind übrigens, meist die unförmigen Gesteine, die sich beim schwungvollen Schließen und Öffnen verschieben und gegen die Unterseite der nächsthöheren Schublade oder die Front drücken.
Ist meine grade aufkommende Idee, wenigstens den weiteren Verschleiß aufzuhalten und zur Verbesserung der Gleiteigenschaften, Bronze oder Messing Streifen (Winkel?) in die ausgenudelten Führungen zu legen und vielleicht mit nur einen Stift (Schraube?) in der Mitte (ist ja ein L Profiel) zu befestigen, frevelhaft? Das würde die Laden anheben und ein Einschneiden in die Front verhindern, und ist leicht wieder zu entfernen.
Wer sich noch gruseln will:
Mir sind gerade noch die Fenster eingefallen (reich profielierte Eiche), die vor einem Jahr gestrichen wurden, (von einem "Meiseterbetrieb") Mit dicker Weißer Farbe die auch gut funktioniert hat, die Fenster und "Fenster im Offenenzustand Feststeller" fest zu kleben, da die Fenster im noch feuchten Zustand geschlossen wurden!?!?. Die Farbe ist aber nicht so schlimm ;-) da sie an der Außenseite, schon fast wieder komplett runterschählt :-)). Die Ergänzten Beschläge (Zinkguß ohne lakierung, für neue Funktionen) wurden übrigens mit Trockenbauschrauben (Philipskopf, gelb verzinkt) ohne vorbohren Verschraubt. Das es nicht vorgebohrt war, konnte man an den dadurch abgespeltenen Fälzen sehen, die aber ganz professionell, durch noch mehr Schrauben (ohne Vorbohren) senkrecht dazu, wieder befestigt wurden. Damit man die genzen Spalten nicht sieht, großzügig mit Farbeverleimt ;-(. Einige lockere ältere Beschläge wurden bei der Gelegenheit mit einigen Holzspähnen in den Löchern neu verschraubt, so das ich sie, beim ersten Versuch die Fenster, wie gewohnt schwungvoll, aufzuklappen in Händen hielt. Da wust ich in dem Moment noch nicht das sie vorsorglich zugeklebt wurden. Die Feststeller hab ich an allen Fenstern an denen ich vorbeikahm wieder Benutzber gemacht, in dem ich die Klebeverbindung mit der Taschenmesserklinge abgesprengt habe. Das ging auch recht einfach und ohne Holzverletzung da unter den Teilen keine Farbe war(sieht wirklich super aus;-/). Übrigens wurden die Entwässerungslöcher im Rahmen, bei der Gelegenheit auch abgedichtet.
Grusel Ende für Heute
Andreas N.
Re: alte Schubkästen restaurieren
Hallo Andreas,
in deinem Fall wuerde ich mir Streifen aus 16mm Sperrholz vorbereiten und diese ohne Verleimen einschrauben, ist einfacher als mit Stahlwinkeln herumzufummeln.
Das Was bei euch da vorgeht, sind ja die reinsten Schubladenvernichtungsvorrichtungen!
Mit einigen Malern und Polsterern machte ich aehnliche Erfahrung, da galt/gilt Haupsache fertig, "doch wie's da drinnen aussieht geht niemand was an"!!! frei nach der Arie aus dem Land des Laechelns!
Mit herzlicher Anteilnahme.
mfg
Ottmar
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Re: alte Schubkästen restaurieren
Hallo Andreas,
wenn ich das richtig sehe bist Du an der Uni Bonn bei den Geodäten (wegen der Steine und die Bodenkunde der Landwirte ist noch nicht so alt?).
Deine Gruselgeschichte mit den Fenstern wirft die Frage auf, wer solche Arbeiten denn in Auftrag gibt und kontrolliert? Das müßte doch das Staatshochbauamt sein. Sitzen denn da nur noch Amtsschimmel oder sind das Fachidioten, die aber dank Beförderung völlig fachfremd eingesetzt sind??
Wäre nicht ein Hinweis an dieses Amt sinnvoll, denn der "Meisterbetrieb" hat doch auch eine Gewährleistungsfrist!
Schönes Wochenende
Gruß
Heinz
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Re: alte Schubkästen restaurieren
Heinz, es ist die Geologie (aus einer der Ältesten Sammlungen Deutschlands hervorgegangen (Fürstliche Stiftnung und so)).
Der Kustos ist zuständig (hat gerad Gewechseld, bis her ein Professor der bald in Pension geht). Wegen der Gewährleistung wolte ich nun auch mit dem Neuen Sprechen (nur Doktor und mehr im Labor, praktischer veranlagt). Weitere Gruselgeschichten gibt es eigentlich in jedem Raum! grusel
Schöne Grüße
Andreas N.
p.s. Also mit Messing Schienen nicht? Bei den Schubladen keine gute Idee?
Re: alte Schubkästen restaurieren
Hallo Andreas,
von der Uni Greifswald kann ich ähnliche Geschichten erzählen (Fenster und so...z. B. eine alte gußeiserne Höhrsaalbestuhlung wurde vor kurzem rausgerissen, obwohl eine durchgesessene andere 50er Jahre Bestuhlung viel schlechter dran ist, und durch beschichtete Mdf-Platte ersetzt, der Abstand ist so, daß ich (1,65 m) nach ca. 10 min Knieprobleme habe, der optische Anblick grausamm, jetzt, nach knapp zwei Jahren wetzt sich das Plastik-Funier an den Kanten durch). Zu den Messing-Schienen: an sich ist das keine so gute Idee, da Schubladen noch weitere Führungsleisten haben, nicht nur die im Gestell oder Boden des Schrankes. Das hängt vom Typ ab. Grundsätzlich gilt, daß alle Führungsschienen aus dem gleichen Material sein sollten, damit sie sich nicht unterschiedlich abschleifen. Du müßtest also eventuell auch die Unterseite der Schublade mit den dortigen Führungsleisten ersetzen. Dann kannst Du aber gleich überall Buche oder Eiche einnuten. Der Aufwand wäre gleich.
Viele Grüße,
Ingrid
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Re: alte Schubkästen restaurieren
Hallo Ingrid, sprech doch mal mit dem Kustos (lat. Wächter :-)).
Ich werde versuchen mal von den Schränken (die von 1910) Bilder zu machen und versuchen die hier irgendwie hinein zu bekommen. Ich hab mich wegen des Alters der älteren Möbel (die mit den Säulchen und Funier), umgesehen und eine Hausordnung fürs Museum gefunden, welche von 1820 war!. Galaub aber nicht, dass die Teile so alt sind.
Schöne Grüße
Andreas