Frage @ Friedrich

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Ulrich Lanz
Beiträge: 613
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Frage @ Friedrich

Beitrag von Ulrich Lanz »


Hallo Friedrich,

ich habe gerade bei meinem Vor-Wochenend-Mittags-Capuccino wieder einmal in deiner hervorragenden Schärfanleitung geblättert - ein dickes Dankeschön an dieser Stelle für deine wahre Ausführungen, die ich leider nicht live bei Volker erleben konnte - und dabei ist mir ein Detail aufgefallen: Du schreibst, dass du den 8000er vor jeder Nutzung über den Abrichtstein ziehst und dass er dann auch griffig ist. Verstehe ich das richtig, dass du auf den Nagura so ganz verzichtest?

Viele Grüße aus dem verregneten Franken (was macht man bei dem Wetter anderes als in die Werkstatt gehen...?)

Uli

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3208
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Frage @ Friedrich

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Uli,

ja, ich benutze keinen Nagura, ich hab es mal ausprobiert aber es hat mich nicht überzeugt. Vuielleicht hab ich es auch nicht richtig gemacht? Es wird ja auch nicht zu jedem Wasserstein so ein Nagurastein dazugeliefert. Ich benutz den Abziehstein ihn so, wie er ist, und er wird dann feiner durch allmähliches Zusetzen ("poliert).

Ich habe angefangen, meine Schärfanleitung zu überarbeiten, und etwas Ausführlicheres zu den Abziehsteinen entworfen, ich häng das jetzt hier mal dran:

11.2 Abziehsteine
Abziehsteine haben die Aufgabe, die an der Schneide erforderliche besonders feine Oberfläche herzustellen. Dazu braucht man ein besonders feines Korn (3000 bis 12000, am häufigsten werden 6000er Steine eingesetzt).

Man muss sich klar machen: Der Abziehstein ist das entscheidende Schärfwerkzeug. Nur er erzeugt die Schneide! Abziehsteine sind sehr empfindliche, fast möchte man sagen: launische Dinger.

Es gibt Abziehsteine, die verhalten sich (abgesehen von ihrem feineren Korn) wie ein Schleifstein, das heißt also: Die Schärfe des Steines bleibt durch Herauslösen stumpfer Körner während der Benutzung erhalten beliebig lange erhalten. Ich habe Abziehsteine, die verhalten sich so, vorausgesetzt man gibt regelmäßig Wasser zum Wegspülen des Abriebs dazu.

Ich habe aber auch Steine, die sind ganz anders. Sie verändern sich während des Abziehvorganges, auch wenn man regelmäßig Wasser zugibt. Man sieht es schon daran, dass der (nach dem Abrichten gleichmäßig gefärbte, meist helle) Stein sich verfärbt: An den benutzten Stellen wird er dunkler. Die Verfärbung zeigt, dass sich Abrieb (Metallabrieb, Reste zerriebener oder stumpfer Schleifkörner) in den Stein einlagert. Der Stein ist nicht mehr „offen“ (was bei einem Schleifstein ein Mangel wäre!). Er bildet eine dunkle, glatte bis speckige Oberflächenschicht und wird dadurch noch „feiner“ als es seiner Körnung entspricht. So kann er (bei einer zuletzt gegen Null gehenden Abtragsleistung) eine wirklich spiegelblanke und auch unter der Lupe kratzerfreie Oberfläche erzeugen. Man sagt: Der Stein poliert. Nur ein solcher polierender Stein kann eine Spiegelfläche erzeugen; dafür wäre auch eine 6000er oder 8000er Korn ansonsten viel zu grob. Um abzutragen (beispielsweise zur Beseitigung tieferer Kratzer) ist das natürlich nicht günstig. Man kann aber die Griffigkeit des Steines wieder herstellen, indem man ihn über das Abrichtwerkzeug, bei mir ein Klinker, zieht.

Manche Abziehsteine beginnen auch zu polieren, wenn man regelmäßig Wasser zugibt, andere kann man durch Wasserentzug (nur anfangs ein kleiner Spritzer, und dann nichts mehr) dazu zwingen.

Das Abziehen mit einem polierenden Stein ist ein Balanceakt: Man fängt normalerweise mit einem frisch abgerichteten Stein an. Der beseitigt die Rauigkeit, die der Schleifstein hinterlassen hat, und mit einsetzendem Poliervorgang werden der Stein und die bearbeitete Fläche immer feiner. Ist der Abziehstein schon anfangs nicht agressiv genug, gelingt die Beseitigung der Schleifrauigkeit nicht oder nicht in akzeptabler Zeit. Ist er zu agressiv (auch das kommt vor!) wird die Mikrofase (bis sie dann poliert ist) unnötig breit, ein nochmaliges Nachschärfen nur mit dem Abziehstein schwieriger. In dem Falle kommt man besser hin, wenn der Stein schon bei Beginn des Abziehens ein bißchen zugesetzt ist, man richtet den Stein also nicht vollständig ab (die Verfärbung nicht vollständig beseitigen) oder zieht vorab die Spiegelseite drüber. Man muss es ausprobieren, mit einem neuen Stein muss man seine Gewohnheiten überprüfen und ggf. anpassen.

Hört sich alles sehr kompliziert an, ist es aber nicht, wenn man erst verstanden hat, was der Stein tut. Vielmehr ist es eine außerordentlich elegante Methode, mit begrenztem Aufwand –und das bezieht sich sowohl auf den Zeitaufwand als auch auf die Anzahl unterschiedlicher Steine- zu perfekten Schneiden zu kommen.

Ein wichtiges Kriterium für einen Abziehstein ist auch die Härte im Sinne des Widerstandes gegen Abnutzung (Hohlwerden im Gebrauch) und Einschneiden beim Abziehen der Mikrofase. Es gibt extrem weiche Abziehsteine, die für die Herstellung von Mikrofasen wirklich unbrauchbar sind.

Ich nenne an dieser Stelle keine Fabrikate von Steinen, auch weil ich selbst versuche, unterschiedliche Steine auszuprobieren und sich dadurch mein Informationsstand und meine Präferenzen immer ändern können. Wer wissen will, ob ich zu einem speziellen Stein eine Meinung habe, kann mich direkt dazu anmailen, ich werde weiterhelfen wenn ich kann. Das Problem dabei ist: Abziehsteine sind extrem kostspielig, ich kann beim besten Willen nicht alle durchprobieren.

Friedrich

Jürgen z.H.

Re: Frage @ Friedrich

Beitrag von Jürgen z.H. »


Hallo Friedrich,

ich hatte mir gerade nochmal Deine Schärfanleitung durchgelesen. Da kommt mir die Ergänzung gerade recht. Du beschreibst das unterschiedliche Verhalten von Abziehsteinen. Bislang habe ich einen Arkansasstein mit Petroleum verwendet. Durch die Diskussionen war ich neugierig geworden und habe mir bei Dieter zwei Wassersteine von Cerax (1000 und 6000) gekauft. Mir ist bei meinen ersten zaghaften Versuchen aufgefallen wie weich die Steine sind. Angeregt durch ein Photo vom Nordtreffen habe ich mein Hobelmesser ebenfalls an einem langen Griff befestigt. Die Führung ist gut aber der lange Hebel verführt mich dazu zuviel Druck auszuüben. Der Druck auf den Stein beeinflusst sehr stark das Ergebnis. Man kann den Abrieb auf der Steinoberfläche regelrecht ausschleifen und das Schleifergebnis verfeinern, indem man den Druck während des Schleifens kontinuierlich reduziert. Die Paste, die dabei ensteht erinnert mich an die Schleifpaste mit der ich sonst auf einer Glasplatte gearbeitet habe. Der 6000er ist mir noch zu grob, ich fände es interessant mal mit einem feineren Stein zu schleifen.
Meine Begeisterung hält sich bislang in Grenzen. Ich vermisse die Härte des Arkansassteins. Die Kleierei mit Wasser in der Werkstatt ist gewöhnungsbedürftig und Du hast ja auch darauf verwiesen, dass die Eisen sofort abgetrocknet und eingeölt werden müssen. Ich werde noch weiter rumprobieren und üben. Mal sehen welches Verfahren bei mir das Rennen macht.

Tschüß Jürgen

Rolf Richard
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Beitrag von Rolf Richard »


Hallo!

Natürlich hab ich auch Friedrichs Texte zum Schärfen gelesen. Erst gestern wieder! Weil sich mal wieder was geändert hat und die texte dann immer ziemlich hilfreich sind.

Angefangen hab ich mit hartem und weichen Arkansas auf viel zu kleinen Stücken. Weiter gebracht hat mich eine Diamantplatte fürs Grobe, aber zum Honen gabs immer noch den zu kleinen Arkansas. Alles mit Öl. Die Erfolge waren ganz brauchbar.

Dass sie nicht wirklich gut waren zeigt sich jetzt. Ein (ziemlich billiger) künstlicher 6000er Stein von APA - endlich gross genug! - hat Fortschritt gebracht. Der saugt zwar anfangs das Öl auf wie ein Schwamm, lässt sich aber gut handhaben. Und erstmals kann ich meine Unterarme mit den Eisen rasieren, ohne dass es unangenehm ist.

Alles schneidet besser und mit weniger Kraft. Besonders freut mich mein kleiner Flachwinkel-Hobel (Stanley 60 1/2), der wie nichts durchs Holz geht. Bin ziemlich zufrieden. Ob es die Lösung auf Dauer ist? Mal sehen.

Gruss

Rolf

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