Frage an die Experten: Was ist "Yellow Glue"

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Antworten
alexander

Frage an die Experten: Was ist "Yellow Glue"

Beitrag von alexander »


Hallo zusammen!
Ich erbitte eure Hilfe bei einer Frage, bei der ich nicht so recht weiterkomme. In amerikanischen Büchern zum Thema Holzbearbeitung ist fast immer von yellow glue im Gegensatz zu white glue (PVA-Leim) die Rede. Er wird dort und auch auf einschlägigen Internetseiten als Universalleim bezeichnet für alle Arten von Verleimungen. Er wird auch als aliphatic resin glue bezeichnet. Meine Frage: Was ist das? Entspricht das einem der Leime, die auch bei uns erhältlich und gängig sind, oder ist das etwas wirklich anderes. Wenn ja, warum gibt es das bei uns nicht und welche Eigenschaften hat dieser Leim (soweit ich in Erfahrung bringen konnte, bindet er sehr rasch, klebt stärker als white glue und wird ganz hart). Auf deutschsprachigen Seiten habe ich lediglich auf einer Seite (www.titebond.de)etwas über amerikanischen Leim gefunden, der vermutlich yellow glue ist (oder auch nicht?). Wird in Europa offensichtlich vor allem im Gitarrenbau verwendet.
Wer kennt sich auf diesem Gebiet aus? Welche Erfahrungswerte habt ihr damit (insb. beim Furnieren).
In den USA ist dieser Typ von Leim offensichtlich sehr weit verbreitet und ein Standardleim. Gibt es den bei uns auch bzw. etwas Vergleichbares?
Ist yellow glue wirklich so gut, wie er angepriesen wird, oder brauche ich ihn so dringend wie amerikanisches fast food oder ein Auto mit 40Liter Benzinverbrauch? :)
Bin gespannt auf eure Antworten.
Schöne Grüße
Alexander


Ottmar
Beiträge: 321
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Frage an die Experten: Was ist "Yellow Glue"

Beitrag von Ottmar »


Hallo Alexander - Forumsfreunde.

Yellow glue, White glue, Alipatic resin glue, sind im Grunde genommen alle PVA (Polyviniln Acetat) Leime, der Unterschied besteht in der offenen Zeit(Verarbeitungszeit) und Wasserbestaendigkeit. Alle diese Leime liefern dauerhafte Verbindungen. Die verschiedenen Firmen liefern diese Leime fuer vielfaeltige Anwendungen. Es gibt hier einen PVA Leim fuer das Fournieren welcher eine laenger offene Zeit anbieted und dem UVreflektierendes Material beigemischt ist, so dass man mit einer UVlampe Leimdurchschlaege sofort erkennen kann. Ob es jedoch diesen Leim ausserhalb der industriellen Anwendung zu kaufen gibt entzieht sich meinen Kenntnissen.

Alle diese Leime binden durch Verdunstung des Wasseranteils ab und sind nur bei einer Holzfeuchte von maximal 12 % anwendbar. Hoehere Holzfeuchte fuehrt zu sehr langen Spann/Presszeiten und geschwaechten Verbindungen.

Unterschiede:

White glue (im Allgemeinen) offene Zeit ca 15 Minuten, Verbindungen nicht Wasserbestaendig. Fuer Formverleimungen nicht geeignet, da der Leim kriecht (die Leimverbindung neigt zum Verschieben).Die Leimverbindung kan bei Erwaermung auf ca 90°/C wieder geloest werden. Der Leim laesst sich schlecht schleifen (zu flexibel), er fasert an den Leimfugen aus und zeichnet sich beim Beizen ab.

Yellow glue, die offene Zeit liegt je nach Hersteller zwischen 5 und 10 Minuten. Die Verbindungen sind wasserbestaendig, Der Leim kriecht nicht (nicht so stark) die Verbindung laesst sich bei ca 200°/C wieder loesen, Abhaengig vom Zeitpunkt der Verarbeitung, er schleift sich besser.

Cross linked Glue. (kann sowohl weiss als auch gelb sein) ist eine Leimform welche fuer Verbindungen verwendet wird die im groesseren Umfang Feuchtigkeit ausgesetzt ist.

Ich wuerde keinen dieser Leime fuer Tischplatten (Masivholz allgemein) und Laminieren empfehlen, die Leimfugen zeichnen sich immer ab und bei Formverleimungen aendern sich die Radien mit der Zeit(z.B.Waermeinwirkung durch Sonnenbestrahlung.

Fuer die Verwendung bei Saiteninstrumenten rate ich unbedingt ab, die Restflexibilitaet dieser Leimart, wirkt Resonanzdaempfend. Aus mir zugaenglicher Literatur, fuer Restauratoren, wird von Fehlschlaegen/Schaeden bei der Verwendung von PVA Leimen geschrieben.

Beim Guitarrenbau ist unbedingt die Akustische und Elektrische Guitarre auseinanderzu halten. Bei der akustischen Guitarre ist die trockene(harte) Leimverbindung Voraussetzung fuer einen Resonanz erzeugenden Klang. Bei der elektro Guitarre die ja im Grunde genommen nur aus einem Brett/Klotz besteht, auf welchem die Saiten aufgespannt sind und der Klang von einem speziellen Tonabnehmer/Kontaktmikrophon aufgenommen wird. Hier sind Reonanzen kaum zu erwarten, vielleicht auch unerwuenscht?

Ich fourniere selten, habe in der Vergangenheit jedoch einige Tischplatten und Bueffetplatten neu fourniert. Fuer mich hat sich diese Methode in der Praxis gut bewaehrt (15+ Jahre). Ich trage den Leim (Yellow glue) duenn auf die Fournierunterseite und satt auf das Traegermaterial auf, lasse den Leim trocknen. Nun untersuche ich die Unterseite des Fourniers&Traegerseite und ergaenze die Stellen welche nicht genug Leim aufweisen(mangelnder Glanz). Nun lege ich das Fournier genau passend auf das Traegermaterial (eventuell mit Tesakrepp vom Verrutschen sichern), bedecke das Fournier mit braunem Packpapier (Glanzeite nach unten), mit einem einige Zeit auf Baumwolle vorgeheitztem Buegeleisen, buegele ich nun das Fournier mit Druck unter hin und her fahren auf. Die Geschwindigkeit waehle ich so dass ich genuegend Hitze und Druck erzeuge ohne das Fournier zu verbrennen.

Fuer die Restaurierung von Intarsien/Einlegearbeiten verwende ich zum Einleimen von Ergaenzungen, Haut/Knochenleim. Dieser Leim trocknet so hart auf, dass ueberschuessiger Leim sich Spurenlos mit der Ziehklinge entfernen laesst. Bis heute hatte ich keine Probleme wenn ich Farbunterschiede mit Wasserbeize (Clou/Arti) auszugleichen hatte, der Leim zeichnet sich nicht ab.

Vor meiner Auswanderung habe ich in “D” Ponal verwendet und einen Leim (Wasserfest) welchen ich per Liter von einem Fensterbauer kaufte da nur im 20 Liter Eimer angeboten, (Leimfirma?). Von Henkel Ponal habe ich folgende Webaddresse
http://www.ponal.de/ponal/kontakt/broschuere/index.php3
Fuer das Aufleimen von Leinen, bei Holzrolladen verwendete ich eine Leim von Planatol, den genauen Typ habe ich vergessen
http://www.planatol.de/index1.html

Ich bin ueberzeugt dass die deutschen Leimfabrikanten bessere/(mindestens) gleichwertige Leime fuer jeden Verwendungszweck liefern. So wie ich die Entwicklungen der letzten 18 Jahre beobachte sind die hiesigen Firmen in der Neuentwicklung bei Leimen/Klebern meist einige Jahre hinterher.

Zu den Berichten in amerikanischen Veroeffentlichungen moechte ich nur anmerken, jeder ist froh wenn er Erfolg hat, beschreibt was er verwendete und warum etwas anderes verwenden. “Never change a winning team”!!!! Aus meiner beschraenkten Sicht/Erfahrungen erwaehne ich nur was mir Erfolg brachte und warne bei Fehlschlaegen. Tidebond und Elmer sind die fuehrenden Hersteller von Leimen/Klebern aller Art und je nach Baumarkt/Fachgeschaeft ist die eine oder andere Sorte erhaeltlich. Sogar im Supermarkt gibts Tidebond.

Wuensche gute und haltbare Verleimungen.

mfg

Ottmar

PS: Da ich nicht viel Leim verbrauche und ich ihn nur in 1 Gallonen(3.8L) Flaschen bekomme, kann ich daran die Inflation ablesen, bei einem Neukauf.
1988 1 Gallone 7.98 US$ - 2005 1.Gallone 24.98 US$

PPS: Den “Liquid hide glue” (Haut/Knochenleim aus der Flasche anwendbar) von Tidebond kann ich empfehlen


Edi Kottmair
Beiträge: 1054
Registriert: Sa 5. Jul 2014, 08:30

Re: Frage an die Experten: Was ist "Yellow Glue"

Beitrag von Edi Kottmair »


Hallo Alexander,

Titebond Original Wood Glue ist ein yellow aliphatic resin glue. Daten dazu findest Du unter www.titebond.com . Ob es vergleichbare deutsche Leime gibt, weiß ich nicht.
Zu den verschiedenen Leimen ist hier im Forum weitgehend alles gesagt. Wenn Du die Stichworte Titebond, Ponal, Kleiberit, verleimen, Knochenleim, Leim usw. eingibst, findest Du viele Beiträge mit unterschiedlichen Meinungen. Auf der Titebond-Seite gibt es auch eine Tabelle mit Festigkeiten, die geringfügig schwanken.
Die verschiedenen deutschen Weißleime (Ponal www.henkel-holztechnik.de , Kleiberit http://www.kleiberit.de/ , Bindan, Uhu Holz www.uhu.de , Jowacoll www.jowat.de usw.) sind alle vergleichbar gut. Hier im Forum gibt es zu den einzelnen Leimen verschiedene Meinungen (es sind aber häufig eben nur Meinungen).
Alle synthetischen Holzleime bilden bei richtiger Verarbeitung (korrekte Lagerung des Leims, passende Temperatur und Druck beim Verleimen, perfekte Holzkanten oder -Flächen) Leimfugen, die stärker sind als das verleimte Holz. Ob sie z.B. 10 % oder 50 % stärker sind, ist völlig belanglos.
Früher verwendete man zum Furnieren Knochenleim. Manche Restauratoren machen das noch so. Eine mir bekannte Restauratorin und ein mir bekannter Schreiner verwenden für diese Anwendung nur Weißleim. Ich selber habe ein paar Stücke mit Ponal furniert und das funktioniert einwandfrei. In den Fabriken nimmt man Harnstoff- oder Melamin-Formaldehyd-Harze.

Viele Grüße von
Edi

Gerhard
Beiträge: 2465
Registriert: Di 23. Okt 2018, 09:42

Frage zum Bügeleisen

Beitrag von Gerhard »


Hallo Ottmar,

habe ich das richtig verstanden, daß bereits getrockneter PVA Leim durch Hitze wieder anfängt zu kleben ?

Viele Grüße,
Gerhard

Edi Kottmair
Beiträge: 1054
Registriert: Sa 5. Jul 2014, 08:30

Re: Frage an die Experten: Was ist "Yellow Glue"

Beitrag von Edi Kottmair »

[In Antwort auf #108200]
Hallo Alexander,

die aliphatischen Harze sind veränderte Polyvinylacetate, wie auch Ottmar schon bemerkte. Siehe hier: http://www.lowes.com/lowes/lkn?action=howTo&p=BuyGuide/GlueGuide.html .

Viele Grüße von
Edi

Ottmar
Beiträge: 321
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Frage zum Bügeleisen

Beitrag von Ottmar »


Hallo Gerhard - Forumsfreunde,

Ja, beim Aufbuegeln wird durch die Hitze der Leim wieder klebefaehig. Dies ist kein neues Verfahren. Frueher gab es in D einen Leim in Filmform "Tegofilm", welcher in Heisspressen Fournier in sekundenschnelle aufpresste.

Wichtig ist dass die Hitze und der Druck stimmt, am besten mal an einem "Extrastueck" probieren um herauszufinden welcher Leim am besten geht.

Nebenbei bemerkt, Haut/Knochenleim laesst sich auch noch nach Hundert und mehr Jahren wieder Aufbuegeln (durch erhitzen Schmelzen). Dies funktioniert jedoch nur wenn genuegend Leim in der Fehlstelle vorhanden ist.

An antiken Moebeln repariere ich Blasen/loses Fournier in der Flaeche, indem ich einige Schellackflocken(trockener Lack) mittels eines schraegen Skalpellschnittes unter das Fournier bringe und mit heissem Buegeleisen, wichtig braunes Packpapier zwischen legen, aufbuegele.

Frei nach Wilhelm Busch - Schneider Boeck! Oder wie die Schneider frueher bei der Anprobe sagten" keine Angst das buegeln wir schon hin!

In diesem Sinne viel Erfolg.

mfg

Ottmar


Christian Aufreiter
Beiträge: 2209
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Frage an die Experten: Was ist "Yellow Glue"

Beitrag von Christian Aufreiter »

[In Antwort auf #108202]
Hallo, Ottmar,

danke für deinen umfassenden Beitrag. Deine Nachrichten sind meist sehr aufschlussreich.

Als Bemerkung am Rande:
Ich habe meine Zweifel, ob der Leim, den du benutzt, im Warenkorb, der zum Ermitteln der offiziellen Inflationsrate herangezogen wird, enthalten ist. Somit entspricht die Preissteigerung des Leims, die du feststellen kannst, möglicherweise "nur" deiner individuellen Inflationsrate.

Herzliche Grüße

Christian


Antworten