Leimen

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Horst Hohoff
Beiträge: 56
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Leimen

Beitrag von Horst Hohoff »


Hallo!
Ich bin ein Hobbyschreiner und -drechsler, der bisher hauptsächlich mit einem Maschinenpark arbeitet, interessiere mich aber auch brennend für die "Neander-
talermethoden". In diesem Zusammenhang möchte ich daher mal fragen, wie Ihr es mit dem Leimen haltet. Gibt es da auch "Vorschriften" bezüglich des zu verwendenden Leimes, sprich ist Ponal ( und seine Verwandten ) erlaubt, oder muß es Heißleim oder Kaseinleim sein? Und wer hat konkrete Erfahrung mit Heiß- bzw. Kaseinleimen?
Welche Sorte(n) benutzt Ihr ( Knochen-, Haut-, Hausenblasenleim ) ?
Gruß Horst Hohoff

Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Re: Leimen

Beitrag von Christof Hartge »


Hallo Horst,
ich nehme Ponal - bisher - trotz Neanderthaler-Fertigung. Aber es hat auch Nachteile: Mit gerbsäurehaltigen Hölzern dafst du nicht arbeiten, dann bekommt der Leim eine eklige Farbe und überhaupt: Man beppt Kunststoff auf das schöne Holz. Nach langen Zögern ist jetzt endlich eine Sendung Knochenleim unterwegs und ich werde in den nächsten Wochen damit experimentieren, denn ich habe gerade Fügearbeiten vor mir.

Viele Grüeß, Christof.

reinhold ege

Re: Leimen

Beitrag von reinhold ege »


hallo,
ich arbeite meist mit Ponal bei allgemeinen Schreinerarbeiten.
Allerdings baue ich auch Musikinstrumente, bei denen es auf Schallleitfähigkeit einerseits und wieder lösbare Verbindungen andererseits ankommt. Da verwende ich Hautleim.
Der nächste Einsatzbereich ist das Verleimen mit Papierzwischenlage bei Drechslerarbeiten. Ponal geht da nicht, weil beim Abbinden die Feuchtigkeit frei wird und die Papierzwischenlage durchfeuchtet, die dann nicht hält.Auch da ist Hautleim gut geeignet. Ebenso beim Aufleimen von Schalenrohlingen auf einen Zwischenträger, der nach Fertigstellung wieder abgelöst werden muss.
Ich habe aus einer Kunsttischlerwerkstatt, die aufgelöst wurde, einen Vorrat an Leimplatten und -perlen erhalten, sodass ich auf Jahre versorgt bin, weiss aber, dass bei Dick derartige Leime noch erhältlich sind. Ganz billig sind sie nicht und das korrekte Erwärmen will gelernt sein ( bei Spannagel nachschauen!).
Gruss
reinhold


Norbert Wilkens

Re: Leimen

Beitrag von Norbert Wilkens »

[In Antwort auf #94865]
Hallo Horst,

ist zwar schon ein paar Tage her seit Du Deine Anfrage gestellt hast, doch die sehr positiven Erfahrungen mit Kaseinleim wollte ich den lesern nicht vorenthalten. Bis dahin habe ich gelegentlich mit Ponal geklebt, aber das Interesse hat mich bewogen es mal mit Kaseinleim zu versuchen. Die Herstellung ist kinderleicht (500g Magerquark + 3 gehäufte Esslöffel [Weiss]Kalkhydrat) gut verrühren - fertig! Nach ca. 5-10 min. ist der Stoff einsatzbereit und klebt genial. Habe nach mehreren Tests Sperrholzfurnier auf ein Türblatt geklebt und war begeistert. Wahrscheinlich ist das Zeug so harmlos, dass man es notfalls sogar verschlucken könnte ohne dauerhaften Schaden zu nehmen (nicht zur Nachahmung empfohlen!). Wahrscheinlich werde ich sogar Parkett(stäbe) auf eine entsprechende Unterkonstruktion aus Spanplatten kleben, da Kaseinleim auch unempfindlich gegenüber Feuchtigkeit sein soll.

Viele Grüße und Erfolg,
Norbert



Ralf E
Beiträge: 261
Registriert: Mi 6. Feb 2013, 18:21

Re: Leimen

Beitrag von Ralf E »


Hallo Norbert,

diese Mixtur hört sich klasse an. Eine Frage zu den Dem Kalkhydrat, woher bekommst du denn?

Wie haltbar ist Kaseinleim und wie verwahrt man diesen Leim?
Bin totaler Anfänger auf dem Gebiet. :-(
Gruß

Ralf

reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Leimen

Beitrag von reinhold »


hallo Horst,
ich würde das Zeug nicht schlucken ! Kalkhydrat ätzt !

Aber mich interessieren Deine Erfahrungen mit diesem Leim.

Bindet er ab, indem er Wasser abgibt, also durch Trocknen ?
Oder wird er wie die 2k Kleber nach einer gewissen Zeit einfach fest?

Du schreibst, er ist nach 5 - 10 min. verarbeitungsfähig. MUSS er dann sofort verarbeitet werden, oder hat er eine längere Topfzeit? Ist er angerührt lagerfähig?

Woher ist das Rezept ?

viele Grüsse
reinhold



Rupert Rudolph
Beiträge: 24
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Leimen

Beitrag von Rupert Rudolph »


Hallo zusammen!
Sehr interessant mit dem Kaseinleim. Ist er wirklich feuchteunempfindlich? Verträgt er sich mit Gerbsäure (Eiche etc.)?
Ich arbeite überwiegend mit Weißleim, störe mich aber daran, daß er nicht völlig aushärtet, möchte deswegen demnächst einmal titebond ausprobieren.
Wie sind Eure Erfahrungen damit?
Ich baue unter anderem Trommeln, es fallen also immer wieder Rinderhautreste an.
Winters über betreibe ich dann gelegentlich auf dem Holzofen meine kleine Leimsiederei: Reste mit ordentlich Wasser ansetzen und dann ca. 10 Stunden knapp unter Kochtemparatur halten. Irgendwann kann festgestellt werden, daß deren Konsistenz von anfangs sehr zäh und zugfest in gelatineartig übergeht. Wenn dieser Zeitpunkt erreicht ist, kann die Flüssigkeit, eine noch sehr dünne Leimbrühe, abgesiebt werden. Im Gegensatz zur späteren, wesentlich niedrigeren Verarbeitungstemparatur am Holz geht hier unter 90 Grad eigentlich gar nichts. Die Leimbrühe gebe ich auf das Abtropfblech des E-Herdes, dort geliert sie dann irgendwann (erstaunlicherweise erst, wenn sie sich schon lauwarm anfühlt) und wird im ganz kalten Zustand zu einer Schwabbelplatte (letztes Mal ca.15 mm dick), die schon mächtig fest ist, man kann kaum den Finger durchbohren.
Die Platte lege ich auf einen verchromten Gitterrost, schneide sie in kleine Teile und lasse das ganze eine Woche bis 10 Tage trocknen. Das Ergebnis sind kleine Plättchen, am Rand 3-4 mm stark, in der Mitte nur noch 1-2 mm, die eine völlig unglaubliche Festigkeit haben, mit Brechen von Hand ist da nichts drin, will man sich die Finger nicht verknacksen. Bei Gebrauch weiche ich dann welche ein und erhitze sie.
Festigkeit: Holz bricht neben der Fuge.
Zum Einsatz kommt er leider relativ selten, vor allem bei meinen Saiteninstrumenten habe ich solche komplexen Leimflächen, daß ich schon einmal eine viertel Stunde lang nur bestreiche und Zulagen anlege, hier ist die offene Zeit einfach zu kurz. Ich mag dieses Material aber trotzdem sehr.
Vielleicht hat der ein- oder andere ja eine Gerberei in der Nähe, die haben immer Reste, meine sind gerade aufgebraucht.
Ein weiterhin frohes Werken wünscht
Rupert

Horst Hohoff
Beiträge: 56
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Leimen

Beitrag von Horst Hohoff »


Hallo Reinhold!
Ich habe zwar vor langer Zeit dieses Thema gestartet, der Experte für Kaseinleim ist jedoch Norbert Wilkens. Ich könnte so einige Fakten im "Glue Book" nachschauen, habe es im Moment aber nicht verfügbar. Das einzige, was ich sicher weiß ist, daß das Zeug angerührt nicht lagerfähig ist.
Gruß
Horst Hohoff

Andreas N.
Beiträge: 652
Registriert: Do 20. Feb 2014, 19:13

Re: Leimen

Beitrag von Andreas N. »


Ich hab mal Quark mit Kalk, aus dafür gemahlenden Muschelschalen, angerührt, und auch das Klebte sehr fest; (man kann wohl jede Art von Kalk nehmen und muß nicht dehydrierten benutzen. Das Rezept (Magerquark mit Kalk) kahm auch mal in der Sendung mit der Maus, wo die zwei sich gleichende, gleichschenklige Kreuze aus Holz, damit flächig verklebten und ein Auto daran hoch hoben. Mit einem kurzen Beitrag (Beispiel) über Deckengemälde aus dem 8ten Jahrhundert, die auf Basis von solchem Kaseinleim hergestellt wurden und Möbeln aus einer Ägyptischen Grabkammer die immernoch hielten.
Damit der Leim Wasserfester wird, kann man Leinöl beimischen (weis nicht wieviel möglich ist) so, dass die damit hergestellten Farben Abwaschbar werden.Ich glaub, ein Esslöfel, auf einen Liter Farbe.
Schöne Grüße
Andreas N.

Gero Meyhoefer
Beiträge: 983
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Leimen *MIT BILD*

Beitrag von Gero Meyhoefer »


Und hier gibt es das Bild dazu. Das Video ist als Sachgeschichte beim WDR erhältlich.

Beste Grüße

Gero

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