Elch und Pferd

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Christof Hartge
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Elch und Pferd

Beitrag von Christof Hartge »


Liebe Freunde, es hat geklappt: mein erster Profilhobel und hier steht er und ich bin glücklich, weil er funktioniert:



Zur Geschichte: Am Dienstag vor einer Woche hatte ich die Küchenarbeitsplatte von Ikea für den Spülenschrank fertig zugeschnitten. Dabei fiel eine Menge gutes Buchen-Leimholz als Abfall an. Als ich mir die langen Blöckchen so anschaute,fiel mir auf, daß so manches Stück gerade richtig lang ist für eine Profilholzsohle. Warum nicht einen ganzen Hobel-Korpus aus Buche-Leimholz machen? Profilhobel sind meist schmaler als die 28mm Arbeitsplatte, keine Leimfuge müßte also in der Sohle zu sehen sein. Das ist der Hobelkorpus aus Schweden, Marke Elch.

Dann fiel mein Blick auf meine alte Baumarkfeile der Marke „Pferd“, die nicht mehr sehr scharf ist. Eisensäge heraus und die Angel war ab. Dann habe ich sie im Keller in eine Feilkluppe von Tibor Kund gespannt und mit einer Propanflamme hübsch erwärmt bis der Stahl gebläut war. Das war zuwenig wie ich feststellen mußte. Die Zähne meiner Eisensäge zerkrümelten nach drei- vier Zügen. Also noch einmal in den Keller und jetzt habe ich die Feile richtig glühen lassen. Mit neuem Sägeblatt ging es jetzt viel leichter. Hier eine Frage an die Metaller: Wie werden eigentlich parallele Risse in Stahl angerissen? Ich habe mich da so durchgewurstelt.
Danach habe ich meine große breite Mühlsägenfeile, Hieb 1 herausgeholt und dem grob geformten Eisen die Riffel ausgefeilt.

Dann ging es mit dem Hobelkorpus weiter. Für den Anfang habe ich mich entschieden einfach das Gegenstück Hobel zu einem alten englischen „Round“, Breite 15 mm zu bauen. Hier wird das Bett von unten gesägt und von oben gestemmt. Ein 2mm Stecheisen wäre hier besser gewesen, so mußte ich das Hobelmaul mit meinem 4mm Eisen doch etwas weiter machen, um wirklich alles entfernen zu können. Das Keilloch läßt sich ohne Vorbohren, mußte ich erfahren, nicht stemmen. Durch die zulaufenden Wagen des Loches läßt sich nach etwa1,5 cm der Abfall nicht mehr nach oben Hebeln. Es geht nicht anders, er muß nach unten durchgestoßen werden. Die Präzision der alten Hobelbauer habe ich dabei nicht erreicht, aber nun ja, es hat gereicht. Mit einer Nadelraspel und dem 4mm Stecheisen habe ich Bett und Keilwiderlage geputzt und begradigt.

Danch habe ich mich an den Keil gemacht später habe ich gemerkt, es wäre besser gewesen erst den Keil zu machen und dann das Keilloch zu stemmen. Der Keil ist die natürliche Schablone um das Keilloch zu prüfen.

Den vorhanden „Round“ habe ich benutzt um die Sohle zu formen. Nun konnte ich mit eingekeiltem Eisen, das Profil auf dem Stahl anreißen und dann ging es weiter mit der Feile. Wie Wolfgang zu recht vermutet hatte ist der Radius der Feile gar nicht so kritisch . Es ist ja ein um 50° gestrecktes Kreisprofil und das ergibt einen ziemlich großen Radius. Es geht mit fast jeder Halbrundfeile. Allerdings wurde mir schon in diesem Stadium klar, daß ich mit dem Nachschärfen der Fase per Feile wohl nicht zurecht kommen werde. Die Feilspuren sind wirklich viel zu grob. Warum das dann früher so gemacht werden konnte kann ich jetzt auch nicht einordnen.

Am Dienstag abend habe ich dann das Eisen gehärtet. Dazu hatte ich mir das Eisen im Keller nach unten hängend eingespannt, daneben stand ein Würstchen-Glas mit Sonnenblumenöl und ein Magnet. Dann habe ich die Feile erhitzt bis auf Rotglut erhitzt, so ein richtiges 70-er Jahre Orange. Daß war der Punkt wo der Magnet das Eisen nicht mehr anzog, ein Test für die richtige Temperatur. Das Glas habe ich mit dem Öl über das Eisen gezogen. es roch wie in der Fischbraterei. Nur: Das Eisen war nicht hart, meine stumpfeste Schlüsselfeile hat es noch angegriffen. Ein zweiter Test mit demselben Ergebnis. Dann bin ich Wasser umgestiegen und dann war Schluß mit der Schlüsselfeile: Die hat nur noch ‚squiek‘ gesagt und dann war sie stumm.

Spiegelseite mit Naßschleifpapier auf Klinkerstein und poliert und es ging an anlassen. Ein sattes Goldbraum habe ich der Schneide gegönnt, dann mußte sie wieder ins Würstchen-Glas. Geschliffen habe ich die Schneide auf einem Kiefernrundstab, den ich mit Schleifpapier überzogen hatte, auch das ist bei diesen kleinen Eisen unkritischer als man meinen sollte.

Das erste Hobeln war ein Glückserlebnis. und der Hollow hat jetzt ein Schwesterchen:



Viele Grüße, Christof.



Wolfgang Jordan
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Re: Elch und Pferd

Beitrag von Wolfgang Jordan »


Hallo Christof,

ich bin vollkommen begeistert. Das Glücksgefühl beim ersten Hobeln kann ich nachvollziehen, wenn ich auch noch keinen Hobel selbst gebaut habe. Nicht zuletzt die fehlende Erfahrung mit der Metallverarbeitung hält mich davon ab. Du hast durch deinen geglückten Versuch anscheinend einiges darüber gelernt.

Hattest du Literatur über den Bau von Hobeln oder hast du es einfach mal probiert? Am schwierigsten scheint mir das Stemmen des Keillochs und das Anpassen des Keils zu sein. Würdest du in diesem Punkt einen Putzhobel für einfacher oder für schwieriger halten?

Vergiß nicht, den neuen Hobel mit deinem Namen oder Zeichen zu markieren. Wenn ich mich recht erinnere hast du irgendwo noch eine ausgeglühte Feile liegen für einen Grundhobel. Laß dir also gleich einen richtigen Schlagstempel machen, wenn die Hobelproduktion in Serie geht;-)

Gruß, Wolfgang

Thomas Jacobi
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Re: Elch und Pferd

Beitrag von Thomas Jacobi »


Hallo Christof,

Dein Bericht ist grossartig. Ich habe ihn mit wirklich viel Freude gelesen.
Kann mir gut vorstellen was es fuer ein Gefuehl ist mit dem neuen Schwesterchen zu arbeiten. Ein Werkzeug selber zu schaffen hat find ich etwas richtiggehend Magisches. Auch allein schon ein neues Heft fuer ein altes schon dem Schrotthaendler zugedachtes Stemmeisen richten und schliesslich ein neues zum Leben wiederauferstandenes Werkzeug haben, das nach einem selbst vielleicht noch Andere benutzen und mit Anerkennung in der Hand wiegen werden..., ich komme ins Schwaermen.
Wieviel mehr erst wenn es von A bis Z durch Deinen Willen und Geduld entstanden ist und sich einem alten schoen patinierten Recken dazugesellen kann.

Also nochmals ein grosser Schulterklopf und danke fuers Mit-Teilen
Thomas Jacobi

Stefan Hintzen
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Re: Elch und Pferd

Beitrag von Stefan Hintzen »


Hallo Christof,

Deinen Bericht habe ich foermlich aufgesogen, und mir ganz fest vorgenommen, das einmal alleine (!) ohne die Hilfe von gestandenen Metallern auszuprobieren. Mein großes Problem ist das Wuerstchenglas.

Jetzt darf erst einmal gelacht werden.

Also, bei den ersten Malen hattest Du es mit dem Sonnenblumenoel im Wuerstchenglas versucht, um das Eisen abzuschrecken, aber das hatte nicht das gewuenschte Resultat gebracht. Also mit Wasser abgeschreckt - und schon war´s merklich haerter.

Beim nachfolgenden Anlassen kam wieder das ominoese Wuerstchenglas ins Spiel, aber was war diesmal drin, Oel oder Wasser, laß mich bitte nicht dumm sterben. Ich tendiere mal dazu, daß es Oel war, was Du Schlußendlich benutzt hast, um den Anlaßvorgang nicht allzu abrupt zu beenden, sondern ihn eher ganz langsam auslaufen zu lassen, quasi die "letzte Oelung " .
Liege ich mit meiner Vermutung richtig ?

Frohes Oelen

Steff

Christof Hartge
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Über Würstchengläser und ihren Inhalt

Beitrag von Christof Hartge »


Hallo Stefan,

also du du schlägst deiner Famile vor, doch mal wieder Bockwürstchen zu essen. Mit dem geleerten Glas verschwindest du im Keller und füllst es mit Wasser wieder auf. Der Keller ist deshalb gut weil er leicht abzudunkeln ist. Gut um die Farben des Eisens zu beobachten.

Ich kann jetzt nicht erklären warum Wasser besser war. Es soll ja öl- wasser- und lufthärtende Stähle geben. Wie sich nun meine Feilenstahl verhalten wußte ich ja nicht im voraus. Ich hab mit Öl angefangen, weil ich dachte, daß Öl schonender sein würde und die Gefahr des Verziehens und des Zerpringens geringer sein würde. Zu bedenken ist, daß vielleicht die Ölsorte für das Härten nicht richtig gewesen sein könnte. Nachdem es dann aber mit Wasser funktionierte, habe ich auch Wasser zum Anlassen benutzt.

Viele Grüße und guten Apetitt, Christof

Ulrich Bergmann

Re: Elch und Pferd

Beitrag von Ulrich Bergmann »

[In Antwort auf #102079]
Hallo Christoff,
herzlichen Gluckwunsch zum eigenen Kehlzeug. Ich habe ähnliche Pläne schon seit geraumer Zeit und bislang stest fleissig zuruckgestellt, doch mit Deiner Anleitung sollte man wirklich nicht mehr länger.... Dabei hatte ich stets im Sinn, die Probleme beim Stemmen des Keillochs zu umgehen, indem ich den Korpus aus zwei Hölzern zusammenklebe, in die ich dann jeweils ein Halbes Keiloch von der Oberfläche einarbeite, was mir einfacher erscheint als die tiefe Stemmerei. Zusammengeklebte Hobel allerdings erscheinen etwas unzunftig, doch wenn Ikea-Leimholz funktioniert, sollte das machbar sein. Was hälst Du von der Idee?

Gruss und Kompliment

Uli

Christof Hartge
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Re: Elch und Pferd

Beitrag von Christof Hartge »

[In Antwort auf #102084]
Hallo Wolfgang,
meine Literturquelle war: John M. Whelan "Making Traditional Wooden Planes" The Astragal Press, New Jersey. Ein Buch daß sich auf jeden Fall lohnt, wenn man Holzhobeln interessiert ist. Der Autor empfiehlt übrigens ständig sich einen passenden alten Hobel als Vorbild zu nehmen. Ich kann diese Empfehlung nur weitergeben.

Ein guter Putzhobel ist schwieriger, vermute ich. Das Bett ist viel breiter und du hast nicht ein sondern zwei Widerlager die angepasst werden müssen. Auch das Hobelmaul ist viel kritischer als bei einem Profilhobel. Ich habe jetzt ein 1mm Weite. Ist nicht weiter schlimm bei diesem Hobel, bei einem Putzhobel müßte man aber einen Flicken setzen.
Einfach ist natürlich das Eisen, weil man problemlos hochwertige Putzhobeleisen bekommst. Hier wäre das selber machen auch viel schwieriger. Eine so große Fläche gleichmäßig zu erhitzen und anzulassen, da müßte man sich schon viel mehr Gedanken machen.

Viele Grüße, Christof.

Christof Hartge
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Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Re: Elch und Pferd

Beitrag von Christof Hartge »


Hallo Ulli,
mm ja, kleben ist ein bißchen unzünftig und ein wenign ein schlechtes Gewissen habe ich wegen des Leimholzes schon. Allerdings habe ich mir gedacht, daß ein Hobelkörper aus vollem Holz auch schnell nachgemacht ist, wenn es sich nicht bewähren sollte. Und überhaupt schließlich funktioniert's und ich wußte nicht so genau, was ich mit dem Restholz anfangen sollte.

Also mach dich ruhig ans Kleben, meinen Segen hast du. Allerdings würde ich nicht den ganzen Korpus aufteilen, denn bekommst du eine Leimfuge in die Sohle und das würde ich vermeiden. Es ginge doch auch so, daß du das Keilloch als konische Nut aussägst und ausstemmst und dann darauf nur eine Platte setzt. Ich meine, das häte ich auch schon mal an alten deutschen Profilhobeln gesehen. Allerdings kann es gut sein, daß du mit dem Abrichten und Leimen genausoviel zu tun hast, als ob du im vollen Holz arbeitest.

Viele Grüße, Christof.

Stefan Hintzen
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Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Über Würstchengläser und ihren Inhalt

Beitrag von Stefan Hintzen »

[In Antwort auf #102090]
Lieber Christof,

Danke fuer die Erklaerung, werde es irgendwann einmal in die Tat umsetzen, wenn Haus und Werkstatt fertig sind, Gruenanlage angelegt ist, Nachwuchs #2 auf die Welt gekommen ist und all die Sachen, welche angefertigt werden muessen, damit man sich im Haus wohl fuehlen kann.

Aber dann werde ich ein Riesenglas Bockwuerste kaufen.....mit Monschauer Senf dazu und wohl gestaerkt anfangen

Frohes Hobelbauen

Steff

Christian Aufreiter
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Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Elch und Pferd

Beitrag von Christian Aufreiter »

[In Antwort auf #102079]
Hallo, Christof,

vielen dank für den hochinteressanten, ausführlichen Bericht. Ich habe ihn mit großem Genuss gelesen.
Sicherlich ist es ein ganz besonderes Gefühl, mit einem selbstgebauten Werkzeug zu arbeiten.

Herzliche Grüße

Christian

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