Stecheisen fürs Feine *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Friedrich Kollenrott
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Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Stecheisen fürs Feine *MIT BILD*

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Für feinere Nacharbeiten an Holzverbindungen kann man natürlich auch seine Stemmeisen (die, auf die man mit dem Hammer draufhaut) nehmen. Sie sind aber nicht sehr handlich, und man kommt nicht gut in Ecken, weil sie relativ dick sind (sein müssen!) und seitlich wenn überhaupt dann nur leicht angefast.

Es gibt spezielle Stecheisen fürs Feine, die ein für den reinen Handbetrieb ergonomisch günstigeres Heft haben, relativ dünn und seitlich stark angefast sind. Ideal beispielsweise für das Nachstechen von Zinkenverbindungen, und realtiv kostspielig.

Ich habe mir gedacht, sowas müsste auch durch Umarbeitung von anderen Eisen herstellbar sein-(steckt nicht in jedem dicken Eisen ein dünnes Eisen, wenn man nur geduldig schleift?)

Den ersten Versuch habe ich mit einem „Chinesischen HSS- Stecheisen“ (Dick) gemacht. Diese Eisen haben eine leicht ausgestellte Klinge (vorn etwas breiter als am Heft), keine Seitenfasen und sind geradezu lächerlich billig. Ich sah bei diesem Eisen auch den Vorteil, dass das notwendige Umschleifen wegen der bekannten thermischen Unempfindlichkeit von HSS maschinell möglich sein sollte. Hab ich dann auch so gemacht, mit Schleifbock und Bandschleifer, ganz vorsichtig und ständig zwischendurch gekühlt.

Das anschließend notwendige Schleifen und Abziehen von Spiegelseite und Fase auf dem Wasserstein war äußerst mühsam, eine leicht apfelsinenschalenartige Struktur der Spiegelseite (unter der Lupe kleine Poren in regelmäßigem Abstand) bleib bis zum Schluss. Fase/ Mikrofase habe ich auf 22/25° geschliffen bzw. abgezogen, für einen leichten Schnitt und weil HSS doch so widerstandsfähig ist.

Pustekuchen! Die Schneide verbog sich –merkwürdigerweise nur an einer Stelle, aber es war kein Nagel oder Ast im Holz- beim ersten Einsatz auf Hartholz. HSS in dem Sinne wie ich es z. B. von einem alten Kunz- Hobeleisen kenne, also schlecht zu schleifen aber dann unverwüstlich, ist das nicht. Damit war das chinesische Experiment beendet, zur Fortsetzung oder Ursachenforschung hatte ich keine Lust mehr. Fort mit Schaden!

Zweiter Versuch: Drei „Bildhauereisen“ von Kirschen (Dieter), Stich 1 (gerade), einseitig angeschliffen wie ein normales Stecheisen, ohne Seitenfasen. Breiten 8, 12 und 20 mm. Die Breite 8mm ergab sich aus der kleinsten zu erwartenden Lückenbreite bei Schwalbenschwänzen. Einen eng gestuften Satz wie bei Stemmeisen (wo für jede benötigte Nut- oder Zapfenlochbreite ein genau passendes Eisen vorhanden sein sollte) braucht man natürlich nicht.

Die wollte ich mir umschleifen. Von Hand, denn an meine (trockene) Schleifmaschine wollte ich damit natürlich nicht.

1. Schritt: Spiegelseite planschleifen auf 800er Stein. Puh! Man merkt schon, dass diese Bildhauereisen wohl irgendwie freihand in Form geschliffen werden - die Politur deckt dann die Wahrheit zu. Die Spiegelseiten waren alle drei ziemlich krumm, am schlimmsten bei dem 20er Eisen, da dauerte das Planschleifen eine volle Stunde.
Kleine Anmerkung am Rande (bezieht sich auf Kirschen- Eisen): Ähnliches habe ich auch bei meinen Lochbeiteln erlebt; die Standard- Stecheisen waren dagegen besser, richtig plan aber auch nicht. Manchmal wird man richtig neidisch,wenn man im Baumarkt Billig- Stecheisen mit sauberemTopfschliff der Spiegelseite sieht. Die Kirschen- Eisen sind wirklich schön, aber bis man sie soweit hat…

2. Schritt: Seitenfasen anschleifen. Das habe ich auf einem groben, ziemlich agressiven Bankstein gemacht. Beim 8er musste ich ganz oben an der Angel etwas am Schleifbock nachhelfen, die beiden anderen sind komplett von Hand abgeschliffen, Alle drei sind seitlich auf den ersten etwa 30mm fast scharfkantig. Dauer: Am 20er etwa eine halbe Stunde pro Seite.

3. Schritt: Aufkleber von den Heften puhlen, Lack von den Heften abschleifen und vom Eisen mit Stahlwolle + Nitroverdünnung entfernen. Verbliebene Flächen am Eisen mit 400er Schleifpapier entpolieren. Hefte mehrfach warm mit Firnis behandeln, zuletzt noch mit Stahlwolle abziehen und mit Leinöl (kein Firnis mehr, damits nicht klebt) abreiben. Wenn man nass schärft, muss ein gewisses Mass an Abwaschbarkeit gegeben sein, sonst sieht das Werkzeug schnell aus wie Sau.

4. Schritt: Ganz normal schärfen. Ich habe die Fase auf 25° geschliffen, die Mikrofase auf 30° abgezogen, Spiegelseite natürlich auch abgezogen.

Bild unten: So sehen sie aus.

Das 8er ist fast zu dünn (an der Schneide nur 1,5 mm!) und leicht. Das 12er (2mm) ist perfekt. Das 20er (2,5 mm) ist schon ganz schön klotzig verglichen mit den beiden anderen, ein etwas schmaleres (16 oder 18 mm ) hätte auch genügt.

Erste Gebrauchsversuche: Sehr angenehm und handlich. Schwalbenschwänze stehen im Moment nicht an, aber ich bin sicher: Es wird eine Freude damit.

Friedrich


Christof Hartge
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Re: Wow

Beitrag von Christof Hartge »


Hey Friedich,
justament gestern beim betrachten der Kirchen-Schnitzbeitel kam mir die gleiche Idee, ganz ehrlich. Super Arbeit hast du geleistet und dich an den Kirschen-typischen Schwächen der Werkzeuge tapfer abgearbeitet (als da wären: Spiegelseite und dieser eklige Lack). Erstmal beneide ich dich um deine schönen neuen Beitel.

Viele Grüße, Christof.

Jürgen Müller

Re: Stecheisen fürs Feine

Beitrag von Jürgen Müller »


Bin auf der Such nach chinesischen Bildhauereisen auf Ihren Bericht gestoßen.
Toll. Vielen Dank für solch gute und ausführliche Information.

Claus Schmidt

Re: Stecheisen fürs Feine

Beitrag von Claus Schmidt »

[In Antwort auf #100457]
Hallö Friedrich
Donnerwetter,hast du dir arbeit gemacht.Wäre es nicht besser gewesen du hättest die Zeit anders genutzt?Zum Beispiel Säge in Ordnung bringen und lernen Ordentlich zu sägen.Dann brauchst du solche Fummelstecheisen bei Eckverbindungen nicht.Wir mußten Zinkverbindungen mit der Absetzsäge herstellen.Klappt auch.Nacharbeiten mit dem Stecheisen war verboten.Es war hart, hat aber den Vorteil das ich heute noch am Riß schneiden kann.Wenn ich mir mal kurz ein Brett abschneiden will muß ich nicht immer erst zur Kreissäge rennen.Auch auf dem Bau wo mitunter kein Strom ist kann ich mir helfen.
Ich wollte dich nicht persöhnlich angreifen,aber es ist auch eine Sache die mir am Herzen liegt.Ich habe oft bei uns in der Werkstatt gesehen das wegen jeden kleinen Schnittes bis zur Kreissäge gelaufen wird.Auf dem Bau wird extra die Elu aufbebaut bloß wegen 2-3 Winkelschnitte.Die meisten haben überhaupt keine Handsäge mehr oder sie liegt unbrauchbar in der Ecke.Schade,man könnte sich viel unnötige Arbeit sparen.
Mit Freundlichen Grüßen Claus

Christof Hartge
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Re: Stecheisen fürs Feine

Beitrag von Christof Hartge »


Hallo Claus,
daß das eine harte Schule war glaube ich unbesehen. Ich finde heute noch, daß das Beherrschen der Handsägen noch mal mehr Übung verlangt als das Hobeln. Ich bin mir aber ziemlich sicher, daß es eine Frage der häufigen Wiederholung ist und das ist nun heutzutage gar nicht so einach zu erlangen. Trotzdem wenn es dann geklappt hat, ist es ein erhebendes Gefühl. U(nd in der Tat, die vielen kleinen Aufgaben lassen sich mit einer gut gschärften und geschränkten Säge oft schneller erledigen als mit der Maschine.

Viele Grüße, Christof.

PS: Die Sache mit dem Stemmeisen als Gratzieher für Ziehklingen funktioniert prima.

Friedrich Kollenrott
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Re: Stecheisen fürs Feine

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Claus,
ob ich nicht in der gleichen Zeit besser meine Sägen in Ordnung gebracht hätte? Ich glaub, die sind ganz gut in Ordnung, und bei der Herstellung von Schwalbenschwänzen sauber am Riss sägen klappt auch. Trotzdem passt es nicht immer so gut wie gewünscht, da muss ich sicher noch üben. Vor allem aber: Wie man den Grund zwischen den Zinken und Schwalbenschwänzen (also dort, wo die Fläche des Gegenstückes anliegt) nur mit einer Säge, ohne nachzustechen, ausreichend genau hinkriegt, weiss ich nicht. Verrate es mir.

Friedrich

Christof Hartge
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Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Re: Stecheisen fürs Feine

Beitrag von Christof Hartge »


Richtig Friedrich, deswegen finde ich deine handlichen Stecheisen ja auch so eine gute Sache. Zu denken wäre auch besonders an halbblinde Zinken. An dieser Stele fällt mir noch etwas anderes ein: Für die Innenecken wären auch Stecheisen mit schrägem Anschliff praktisch. Da ließen sich die Schnitzeisen auch entprechend umarbeiten.

Viele Grüße, Christof.

Claus Schmidt

Re: Stecheisen fürs Feine

Beitrag von Claus Schmidt »


Hallo Friedrich
Ich bin davon ausgegangen das der Sägeschnitt mit dem Stecheisen nachgearbeitet wird und nicht der Grund.
Stemnmen bei Zinkverbindungen oder auch allgemein habe ich so gelernt:Erst das Stecheisen in die Hand nehmen und den grund Kräftig anreißen.Dann ca 3mm davon das Holz zum Grund hin so tief wegstechen wie ich angerissen habe. Jetzt kann ich mit dem Stemmen anfangen und zwar 1mm vom Grund weg und dabei das Stecheisen etwas schräg halten so das ich hintersteche.Bis zur Mitte des Werkstückes dann umdrehen und von der anderen Seite nochmal.Wenn das Holz dann soweit herausgearbeitet ist setze ich das Stecheisen genau am Grund an.Diesmal aber gerade.Dann mit einem Schlag wird der Rest vom Grund weggenommen.
So habe ich es gelernt und mann bekommt einen sauber gestochenen Grund.Noch einen Tip.Bei Weichholz(vor allen Fichte)die Stecheisen in Wasser tauchen.
Ich hoffe ich konnte dir helfen und es tut mir leid wenn ich dich beleidigt haben sollte.
Mit freundlichen grüßen Claus

Berthold Cremer
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Stecheisen in Wasser tauchen?

Beitrag von Berthold Cremer »


Hallo Claus!

Du scheinst ja nicht nur über viel Übung, sondern auch über etliche interessante Tipps zu verfügen.

Warum bitte, sollte man bei Weichhölzern (vor allem bei Fichte) die Stecheisen in Wasser tauchen?
Was wird dadurch bewirkt?

Gruß
Berthold


Claus Schmidt

Re: Stecheisen fürs Feine

Beitrag von Claus Schmidt »

[In Antwort auf #100676]
Hallo Berthold
Mit in Wasser tauchen meinte ich auch nur die Schneide und nicht das ganze Eisen.Und auch nur soviel das das Werkstück nicht schwimmt.
Es bewirkt das die Schnittkante und das Material darunter sauberer durchtrennt wird,sich nicht so doll in Schlagrichtung quetscht.Mann kann es wirklich schlecht beschreiben.Mir hat es damals als ich Zinken gelernt habe ein Altgeselle gesagt.Und es hat geholfen.
Mit Freundlichen grüßen Claus

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