Rückensäge, "modern" *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3189
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Rückensäge, "modern" *MIT BILD*

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo,

wir hatten hier vor einigen Wochen eine Diskussion um die Griffformen bei Sägen, in der ich beklagt hatte, dass (meiner Meinung nach) viele Sägenmacher immer nur die Formen des 19. Jahrhunderts reproduzieren, und das müsse doch auch anders gehen.

Jetzt kann ich meine erste selbstgemachte Rückensäge zeigen. Basis sind ein 12- Zoll- Blatt sowie ein geschlitzter Messingrücken von Dieter (Blackburn). Das Ergebnis:







Der Griff ist aus Esche (find ich schön) und passend für meine Handgröße bei 3- Finger- Griff, der Zeigefinger hat eine Fläche zur Anlage und kann sich mit dem oberen Fingerglied etwas um die gebogene Kontur oben vorn legen.

Oberflächenbehandlung: Leinölfirnis.

Die Schrauben sind handelsübliche Flachkopfschrauben und Hülsenmuttern M6, Außendurchmesser 8mm, beide mit Innensechskant. Die sind leider gelb verzinkt, ich hätte gern Gleichartige in Messing oder Niro gehabt. Vielleicht senke ich die Köpfe noch etwas ein.

Das Blatt ist mit Epoxidharzkleber in den Rücken eingeklebt, am Rücken nur etwas Kanten gebrochen und abgeschmirgelt.

Zum Bau habe ich keine Dokumentation, beantworte aber gern Fragen. Für mich waren einige Hinweise, die mir Klaus Kretschmar von TLT gegeben hat, sehr hilfreich. Dafür vielen Dank, Klaus!

Jetzt hab ich eigentlich eine Säge zu viel ;-))

Friedrich

Klaus Kretschmar
Beiträge: 1457
Registriert: Sa 21. Nov 2020, 23:13

Gratulation!

Beitrag von Klaus Kretschmar »


Lieber Friedrich,

meine Gratulation dafür, dass Du der Versuchung widerstanden hast, mit einer modernen Griffform die Ergonomie eines Sägegriffes neu definieren zu wollen. Alle wesentlichen Kriterien, die einem Sägegriff bequem machen und zu einer guten Werkzeugkontrolle führen, hast Du bei Deinem Griff beachtet. Es fängt mit dem richtigen Griffwinkel an, der sich in erster Linie über die Rückseite des Griffstücks definiert, der aber auch den richtigen Winkel der Fingeröffnung erfordert. Ich würde sagen auch ohne die Säge jemals in Händen gehalten zu haben: perfekt getroffen. Weiterhin hat die Hinterseite des Griffstücks den "Buckel", den ich für unverzichtbar halte. Er füllt die Höhlung der Handfläche aus, wenn die Finger gebogen sind. Auch die Position des Fingerloches im Verhältnis zur Hinterseite des Griffstücks ist sehr gut getroffen. Auch das ist von Wichtigkeit. Ist die Öffnung zu weit unten, hat der kleine Finger keinen Kontakt mehr mit der Unterseite des Fingerloches. Resultat: ein wenig Griffkontrolle für das "Feintuning" beim Sägen geht verloren. Sitzt es zu hoch, wird der kleine Finger in die Rundung gepresst, was nicht nur unbequem ist, sondern zu einer unnnatürlichen Handhaltung führt. Das Fingerloch Deines Griffes sitzt richtig und führt zu bequemer Handhaltung und sehr guter Kontrolle.

Die Rundung für den Zeigefinger werden diejenigen schätzen, die nicht mit ausgestrecktem Zeigefinger sägen. Ich gehöre allerdings zu den letzteren. Was die Form selbst betrifft, haben wir unterschiedliche Auffassungen. Aber das war ja der Grund Deines Eigenbaus :-) Das ist zum großen Teil reine Geschmacksache, kann aber auch Auswirkungen auf die Balance der Säge haben. Die moderne Form führt nach meinem Empfinden zu einer optischen Grifflastigkeit. Ob es die funktionale Balance beeinflusst, hängt natürlich vom Griffholz und von den Rückendimensionen ab. Letztlich kann man das nicht vom Bild her beurteilen, dazu muß man die Säge in der Hand gehalten haben. Die Esche mit perfekt stehenden Jahren sieht nicht nur gut aus sondern dürfte auch allen künftigen Belastungen gut gewachsen sein. Das optisch relativ schlichte Holz passt für mein Auge gut zu der klaren und relativ "fleischigen" Griffform.

Wenn der Rücken gut sitzt und die Zahnlinie gerade ist, sollte das eine sehr gute Säge sein.

Klaus

Pedder
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Eine gute Säge sägt gut.

Beitrag von Pedder »


Hallo Friedrich,

danach bemessen ist das sicher eine gute Säge.

Die Gestaltung des Griffes und die Schrauben entsprechen nicht
meinem Geschmack oder meinen Vorstellungen von modern.
Aber das ist eigentlich auch unwichtig. Dir soll sie gefallen.

Schön, dass Isaac und Dieter die Möglichkeit geschaffen haben,
dass jeder sich eine Säge nach seinem Geschmack bauen kann.

Liebe Grüße
Pedder

Horst Entenmann
Beiträge: 1158
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Re: Rückensäge, "modern"

Beitrag von Horst Entenmann »

[In Antwort auf #143365]
Hallo Friedrich,

Mir gefällt die Form des Griffes ausgesprochen gut.
Die Zippel und Zacken die ich an vielen Sägen immer mit Verwunderung sehe einfach weggelassen.

Irgendwie juckt das gerade so seltsam in den Fingern. Nein, ich fange nicht an Sägen zu bauen. Auf jeden Fall nicht im Winter ;-)

Gruß Horst

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Uwe.Adler
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Re: Rückensäge, "modern"

Beitrag von Uwe.Adler »

[In Antwort auf #143365]
Hallo Friedrich,

das nenn ich einmal eine andere Säge! Sie gibt mir nicht sofort ihre Feinheiten preis, aber wirkt ingesamt sehr stimmig. Was ich aber besonders gelungen finde, dass Du Dich an dieses Thema nicht nur mit einem Kommentar herangemacht hast, sondern es nach Deinen Vorstellungen umgesetzt hast. Dafür ein großes Lob. Wie Klaus es schon beschrieben hat, glaube auch ich, dass sie gut in der Hand liegend, präzise Schnitte liefern wird. Wie immer bei solchen Unikaten kommt mit der Einsatzzeit die weitere Erkenntnis, wie man eine erleichternde Veränderung erreichen kann. Vielen Dank, dass Du uns an Deiner Entwicklung teilhaben lässt. Vielleicht löst Du damit eine neue Ära der Sägegriffgestaltung aus.

Ein toller Beitrag, der mir viel Freude bereitet hat, und Esche ist ein schönes Holz,

herzliche Grüße

Uwe

MarkusB
Beiträge: 1211
Registriert: Mo 15. Mär 2021, 07:21

Re: Rückensäge, "modern"

Beitrag von MarkusB »

[In Antwort auf #143365]
Hallo Friedrich,

eine wirklich schöne Säge hast du da gebaut.
Die Holzwahl finde ich sehr gut.
Alles wirkt sehr harmonisch.
Man erkennt auch sofort, dass die Säge nicht einer Säge aus dem 19. Jahrhundert nachempfunden wurde und für eine spezielle Hand gefertigt wurde.
Toll.

Ich würde aber wie du schon geschrieben hast die Schraubenköpfe noch versenken.
Sieht meiner Meinung nach einfach besser / eleganter aus.

Wenn ich das richtig sehe, hast du den Griff aus einem Brett hergestellt, was, soweit ich informiert bin, auch der gängige Weg ist.
Ich habe letztens auch mal einen Griff hergestellt und mich geärgert, dass das verwendete Brett eigentlich etwas zu dünn war.
Dadurch spürte ich die Kante und mir fehlte etwas Holzmasse für einen richtig durchgehend umschließenden Griff.
Der Griff ist gerade, meine Finger sind aber gewölbt. Ich hoffe, du verstehst mich.

Merkst du auch die Kante?
Müsste der perfekt sitzende Griff nicht etwas rundlicher sein, also etwas bauchiger senkrecht zum Sägeblatt sein?
Die Herstellung eines solchen Griffes ist natürlich dann wesentlich aufwendiger.
Das Brett müsste dicker sein und dann in seiner Breite bearbeitet werden, was sonst nicht notwendig ist.
Im Bereich der Schrauben soll der Griff ja nicht so dick sein.

Oder verrenne ich mich gerade?

Viele Grüße

Markus



Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3189
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Vielen Dank *MIT BILD*

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #143365]
für die freundlichen Kommentare. Und damit Ihr seht, dass ich guten Ratschlägen zugänglich bin: Hier ist die Säge mit eingesenkten Schraubenköpfen (und die Schrauben etwas nach Schönheit ausgesucht):



Doch, sieht besser aus, denke ich.

@ Klaus: Dass man den klassischen Griff selbst (da, wo die Hand hinfasst) wohl nicht verbessern kann, war mir schon klar

@ Markus: Der brettförmige Griff.... Das hat mich auch beschäftigt. Ich habe verschiedene Griffe an meinen Sägen, auch einen dickeren der tatsächlich elliptischen Querschnitt hat. Aber ich finde den nicht angenehmer als die etwas dünneren mit Seitenflächen. Solltest Du bei Gelegenheit mal anfassen, vielleicht findest Du das dann auch.

Ich stell in den nächsten Tagen u. a. eine Disston #4 in den Marktplatz (die wird durch die neue ersetzt)

Grüße

Friedrich

Wolfgang J
Beiträge: 353
Registriert: Fr 26. Apr 2019, 21:49

Re: Vielen Dank

Beitrag von Wolfgang J »


Hallo Friedrich,
Eine schöne Säge hast du da gebaut. Mich wunderte schon das noch niemand eine aus Dieters Bausatz hier eingestellt hatt.
Meinen, den mir meine Töchter geschenkt haben liegt noch unangefangen herum. Ich bin mir noch nicht im Klaren ob moderner oder klassischer Griff. Beim Holz schwanke ich auch noch, Platane die ich vorm Kamin gerettet hatte oder Nussbaum welches ich kaufen müsste.
So es modern wird werde ich deine als Vorbild nehmen.
Gruß Wolfgang

Rafael
Beiträge: 841
Registriert: Do 6. Jul 2017, 18:43

Re: Vielen Dank

Beitrag von Rafael »


Hallo Friedrich,

tatsächlich, eine schöne Säge. Der Griff erinnert mich etwas an die Spear&Jackson Sägen, aber ist ja egal, ob gewollt oder nicht.
Als ich meine Hobelgriffe gemacht habe, habe ich mir ein zylindrisches Stück Knetmasse genommen und es einfach in der Hand festgehalten, als ob es ein Griff wäre.
Rausgekommen ist, dass ich zumindest für den kleinen Finger den Griff tiefer einschneiden musste (der Griff musste also hier konvex sein). Bei dir sehe ich, dass es mehr oder weniger eine gerade Linie ist. Die Außenseite des Griffes, wo der Handballen liegt, ist bei mir auch so konvex wie bei Dir.
Ich möchte dich fragen, ob Du beim Greifen nicht das Gefühl hast, dass der kleine Finger eigentlich noch etwas mehr richtung Handballen Platz haben müßte?
Wenn ich mir die Vielen Sägengriffe so anschaue, dann ist es bei denen sogar so, dass die Finger gar in die andere Richtung gezwungen werden, also genau andersrum, als bei meinem Knete-Griff.

Gruß,
Rafael

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3189
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Jaaaaaa.. *MIT BILD*

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Rafael,

Dein Post hat mich geärgert (nein, nein, nicht deinetwegen, sondern meinetwegen!). Was Du über die Grifform schreibst ist nämlich eine Beobachtung die ich auch schon gemacht, beim Bau dieses Griffes aber vollständig übersehen habe.

Ich habe, als ich den Griff machte, die an meinen vorhandenen Sägen verglichen und kam so auf eine gerade Vorderkontur, die war am angenehmsten (bei einer Säge von Steigo). Was ich übersehen habe: Ich hatte mal einen Nuthobel, der hatte genau das von Dir beschriebene Merkmal und war sagenhaft angenhm in der Hand:



wobei der hier zu sehende Griff schon selbstgemacht war, das Original war aus Plastik. Und dieser Holzgriff war deutlich zu dick, aber die Kontur am kleinen Finger, dei ich vom Plastikoriginal übernommen hatte, riss alles raus.

Jetzt hab ich meinen Sägengriff schon angesehen, der Sonntag ist ja noch lang... ....

Die Ähnlichkeit zu den Spear- und Jackson Griffen (den älteren, nicht den traurigen letzten) ist nicht gewollt, aber fast zwangsläufig wenn man Schnörkel weglässt. Die S&J (ich hab so einen noch in der Kiste liegen) sind mir aber zu dünn und haben keine Anlage für den Zeigefinger.

Gruß

Friedrich



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