Ist das die Zukunft des Schreinerns???

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Detlef Fallisch
Beiträge: 418
Registriert: Fr 5. Apr 2019, 10:24

Ist das die Zukunft des Schreinerns???

Beitrag von Detlef Fallisch »


Wir alle hier schreinern ja mal mit mehr, mal mit weniger Maschinenhilfe. Ich zum Beispiel baue gerne Boxen. Häufig mit Fingerzinken, da steckt so etwas von alter Schreinertradition drin :-) Natürlich habe ich es zuerst versucht mit der Hand die Fingerzinken herzustellen. Aber da klaffte Theorie und Praxis und auch Wollen und Können auseinander.

Also habe ich das Fingerzinken mit der Kreissäge und mit der Oberfräse versucht. Die Ergebnisse fand ich ganz brauchbar und ihr habt die Bilder der Werkstücke gesehen. Aber was ich dann heute im Netz gefunden habe, hat mich dann doch sehr nachdenklich gemacht. Innerhalb einer Minute und 50 Sekunden wird dort eine kleine Box mit Fingerzinken produziert. Der Zusammenbau dauert länger -weil Handarbeit- als das Schneiden der Bretter.

Hier könnt ihr das Video live bewundern: http://youtube.com/watch?v=X7aOCw4j18g

Mal angenommen man könnte sich so einer "Laser-Superfräse" leisten, könntet ihr euch vorstellen damit zu arbeiten? Dem fertigen Teil oder Möbel sieht man ja eh nicht mehr an, mit welcher Maschine man es bearbeitet hat. Und schneller und präziser als mit den gegenwärtigen Oberfräsen ist man ganz sicherlich.

Die Frage ist nur: Wollen wir das?

Ich muß gestehen, daß ich sehr zwiegespalten bin. Einerseits ist es nur eine weitere neue Maschine, die es uns erlaubt den Werkstoff Holz zu bearbeiten, andereseits scheint es, dass damit nun auch die Hitec endgültig in unserem Hobbybereich einzieht.

Was bleibt da noch vom Schreinern? Von der Freude mit einem selbst geschärften Hobel einen dünnen Holzspan vom Brett zu trennen? Von dem Gefühl den Werkstoff mit den eigenen Händen bearbeitet zu haben?

Oder ist der Prozess des Herstellens wirklich nicht wichtig und das Erreichte sollte im Vordergrund stehen. Schließlich wollen wir uns alle an dem fertigen Stück erfreuen. Es spielte ja auch kein Rolle ob ich einen Hartmetallfräser oder einen HSS-Fräser in der Oberfräse hatte als ich das Holz bearbeitete.

Was denkt ihr darüber?

Gruß

ein nachdenklicher Detlef


Christian Meseberg
Beiträge: 177
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Ist das die Zukunft des Schreinerns???

Beitrag von Christian Meseberg »


Hallo Detlef,

es geht darum, möglichst authentisch mit tradioneller Handwerkskunst Möbel oder andere Gebrauchsgegenstände herzustellen. Zumindest werden mit so hochmodernen Maschinen die traditionellen Verbindungselemente in preiswerter Arbeitsweise hergestellt. Kein Hobbyhandwerker würde auf die Idee kommen, eine solche Maschine anzuschaffen. Jeder Gewerbsschreiner muss kalkulieren, ob es für seinen Betrieb eine rentable Investition sein wird. Das hat doch dann nichts mehr mit Glaubensfragen zu tun, sondern ist eine rein marktwirtschaftliche Angelegenheit. Die Hergestellten Produkte haben doch die gleichen Eigenschaften, wie die von Hand hergestellten, nur eben billiger.

Beste Grüße

Christian



Edi Kottmair
Beiträge: 1054
Registriert: Sa 5. Jul 2014, 08:30

Re: Ist das die Zukunft des Schreinerns???

Beitrag von Edi Kottmair »


Hallo Detlef,

die Technik ist natürlich faszinierend, aber mir gefallen die schwarzen, verbrannten Kanten nicht. Man müsste auch wissen, wie groß die Spalten zwischen den Zinken beim Laserbrennen werden, um beurteilen zu können, ob die Zinken dann überhaupt noch stramm sitzen können.

Viele Grüße von
Edi



Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3189
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

nein, das ist nicht die Zukunft des Schreinerns

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #26934]
weil das kein Schreinern mehr ist. Das ist vielleicht die Zukunft der Fertigung von Teilen aus Holz.

Wie man leicht sieht, ist das Laserschneiden als Ersatz für die konventionelle Bearbeitung nur bedingt geeignet (wegen der angekokelten Schnitfläche): Es kann aber durchaus sein, dass eines Tages ein andersartiges Strahlschneiden (Wasserstrahl, oder was es sonst noch so gibt) wirklich auch in diesem Bereich konkurrenzfähig wird. NC- gesteuerte Fertigungsmaschinen, die aber noch konventionell schneiden, gibt es für Holz ja schon lange.

Für meine Freizeitholzbearbeitung ist mir das eine so fern wie das andere.

Friedrich

in deisem


Christian Meseberg
Beiträge: 177
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: nein, das ist nicht die Zukunft des Schreinern

Beitrag von Christian Meseberg »


Hallo Friedrich,

Du hast recht, wenn die gezeigte Technik nicht mehr als Schreinern bezeichnet werden kann. Es ist eine Fertigungstechnik. Sie wird nur dort zum Einsatz kommen, wo die Ergebnisse einen Markt haben werden.

Allerdings könnte es sein, dass etwa in 50-100 Jahren diese Technologie wíeder ganz anders beurteilt wird (Wenn man sich daran noch erinnert). Es ist offen, ob das technisch machbare auch einen Weg in den Markt findet. So habe ich vor kurzem gelsen, dass ein Institut, welche sich auf das Klonen von Haustieren spezialisierte aufgegeben hat, weil innerhalb 3 Jahren nur 2 Katzen a 50T$ verkauft wurden. Ebenso könnte es dem Lasern von Holz gehen. Ich kann mir vorstellen, dass der Aufwand für die manuelle Nachbearbeitung konvetioneller Maschinentechnik unterlegen ist.

Beste Grüße

Christian



Franz Kessler
Beiträge: 2298
Registriert: Mi 27. Nov 2019, 21:09

Re: nein, das ist nicht die Zukunft des Schreinern

Beitrag von Franz Kessler »


Hallo

Detlef, ich denke das ist nicht die Zukunft, sondern das ist oft schon die Gegenwart, ich denke, sollte sich mal die Gelegenheit ergeben, eine heutige Möbelfabrik zu besichtigen, die Überraschung wäre wohl groß, wenn man sehen könnte wo schon überall computergesteuerte CNC-Technik Einzug gehalten hat.

Zugegeben, ich kenne mich wesentlich besser in der Metallverarbeitung aus, aber bei diversen Messebesuchen konnte ich immer wieder erkennen, dass diese Entwicklung natürlich nicht vor der Holzverarbeitung halt macht und die Anfänge liegen schon Jahre zurück.

Was den Spalt angeht, das ist natürlich ein besonderer Trick die Teile zu verschachteln, damit spart er für seine Demonstration einige Sekunden, anders geht es natürlich auch, auf Kosten von etwas mehr Abfall und etwas mehr Programierzeit.

Andererseits scheinen die Teile ja gut zu passen, wie man beim Zusammenstecken erkennen kann.

Ob der Leim etwas gegen die Brandspuren hat? Ich denke die Firma Henkel könnte sich schnell darauf einstellen.

Gruß Franz



helmut hess
Beiträge: 339
Registriert: So 10. Mai 2015, 09:48
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Re: Ist das die Zukunft des Schreinerns???

Beitrag von helmut hess »

[In Antwort auf #26934]
Hi all,

denkt an die alte dampfeisenbahn... aus heutiger, technischer sicht lange geschichte.
aber die echten fans bleiben ihr treu.
das ist es, was den echten hobbyisten auszeichnet, er kann sich dinge leisten, die ihm einfach spass machen ohne auf oekonomische effizienz achten zu muessen.
und beim thema holz lebt einfach die handwerkliche tradition weiter und ich denke, sie wird auch ihre faszination in zukunft nicht verlieren, ehr im gegenteil.
wer kann von sich sagen, dass er nicht schon einmal probieren wollte, ob er ein feuer ohne feuerzeug und streichhoelzer an bekommt? sicher setzt das dann nicht jeder um, aber der reiz war sicher da...
meine beobachtung der letzten jahre zeigt mir, dass ein interesse an traditionellen dingen in deutschland auf dem vormarsch ist. denkt an die rollenspiele der mittelalter-fans, wickinger-fans u.a.
und ein grossteil derer, die arbeit haben, sind vor dem pc versklavt, mit einer kette am fussgelenk und am schreibtischstuhl. nicht alle merken das, aber viele suchen einen ausgleich und wollen etwas bleibendes mit ihren eigenen haenden schaffen, egal ob es dann in holz, filz, weberei oder pudelmuetzen fuer die klopapierrolle im auto endet.
es ist der ausbruch der menschen aus dem gefuehl gelebt zu werden...

und wir brechen ins holz

gruss
helmut



Bernhard
Beiträge: 1088
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Detlef, ich setze dagegen

Beitrag von Bernhard »

[In Antwort auf #26934]
solide Handarbeit, wie gezapfte Verbindung und schwalbenschwanzgezinkte Schubladen:





Die machen mir Spaß und fordern mich. Den Rest werden wir nicht aufhalten können. Wir müssen schon mit Schwalbenschwanzatrappen bei Küchenschubladen leben.

In diesem Sinne ein schönes Zinken



Heiko Rech
Beiträge: 2715
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Ist das die Zukunft des Schreinerns???

Beitrag von Heiko Rech »

[In Antwort auf #26934]
Hallo Detlef,

ich arbeite täglich mit verschiedenen CNC Maschinen. Wir sind ein Betrieb, der weder Handwerk, noch Industie ist, sondern so mittendrinn. Wir haben vier CNC Bearbeitungszentren, das fünfte ist bestellt. Einen NC Gesteuerten Plattenzuschnitt, eine Dübelmaschine mit CNC Steuerung, einen Industrieroboter. Wir ferigen Audioanlagen und Gitarrenverstärker.

Die modernen Machinen sichern unsere Arbeitsplätze, das muss man mal ganz klar sagen. Ohne diese Technik wäre unser Betrieb nicht in der Lage der Konkurrenz aus den Billiglohnländern zu trotzen.

Im klassischen Schreinerhandwerk bietet die CNC Technik enorme Vorteile, auch hier können nur durch den Einsatz moderner Maschinen Arbeitslätze gesichert werden. Hinzu kommt noch, dass diese Maschinen Möglichkeiten eröffnen, die es vorher einfach so nicht gab. Die Bearbeitungszentren für kleine und mittlere Betriebe werden auch immer preiswerter. Vor Jahren kostete eine Homag oder Weeke aus deutscher Produktion noch locker 250.000 Euro. Mittlerweile bekomt man sowas schon für die Hälfte. Ich würde mal behaupten, dass diese Maschinen eine ähnliche Revolution im Handwerk bedeuten, wie ihrerzeit die ersten Kreissägen und Hobelmaschinen.

Wenn du dir mal den Markt an Heimwerkermaschinen betrachtest, und hier mal die Fünfzigerjahre mit heute vergleichst, wirst du einen ähnlichen Sprung beobachten. In dieser Zeit hatte der normale Heimwerker eine Bohrmaschine mit Vorsatzgeräten. Heute ist eine Felder oder Hammer Kombi im Keller eines Heimwerkers keine Seltenheit mehr. Vielleicht werden in den Kellern unserer heimwekenden Nachkommen CNC gesteuerte Maschinen stehen.

Natürlich ist es auf der anderen Seite auch schade, wenn niemand mehr weiß, wie man mit einem Handhobel, einer Handsäge oder einer Ziehklinge arbeitet, aber ich glaube kaum, dass man das alles über lange Zeit und über Generationen erhalten kann.

Den besten Weg sehe ich immer noch in der Kombination von moderner Technik mit althergebrachtem. Ein gutes Beispiel finde ich ist im Bereich der Oberflächenbehandlung zu finden. Der Trend zu Ölen und Wachsen ist stetig steigend.

Auch der Sinneswandel bei den verwendeten Holzarten ist zu bebachten. wie zu alten Zeiten geht der Trend wieder zu den einheimischen Hölzern.

Man sollte es also jedem selbst überlassen, wie er seine Holzspäne produziert. Der eine ist eher technikbegeistert und kann sich für einen Laser begeistern, der Andere möchte halt noch höhren, wie der Hobel pfeift.

Es gibt auch wieder eine kleine Zahl von Schreinereien, die traditionelle Möbel mit modernen Maschinen fertigen. Es gibt auch einen kleinen Kundenkreis, der dies zu würdigen weiß und entsprechende Preise bereitwillig zahlt. Auf der anderen Seite gibt es viele Hobbyisten, die Handwerkzeuge verwenden und auf diese Weise die alten Techniken am Leben erhalten.

Auch ich als gelernter Schreiner lerne hier von vielen, die keine Handwerkliche Ausbildung haben noch einiges dazu. Das finde ich immer wieder beeindruckend.

Seit ich nicht mehr im Möbelbau tätig bin, steigt mein Interesse am traditionellen Möbelbau, aber das nötige Wissen muss ich mir teilweise noch selbst aneignen oder habe dies schon getan. So ähnlich geht es vielen Berufskollegen. Immer mehr gelernte Schreiner befassen sich in ihrer Freizeit mit den traditionellen Techniken, weil sie im beruflichen Alltag damit nicht mehr in Berührung kommen.

Soviel mal aus meiner Sicht dazu.

Gruß

Heiko



Heiko Rech
Beiträge: 2715
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: nein, das ist nicht die Zukunft des Schreinern

Beitrag von Heiko Rech »

[In Antwort auf #26940]
Hallo Friedrich,

Du hast geschrieben:
> weil das kein Schreinern mehr ist. Das ist
> vielleicht die Zukunft der Fertigung
> von Teilen aus Holz

Ich finde du übertreibst hier ein wenig. Natürlich ändert sich das Berufsbild des Schreiners, aber nenne mir einen Beruf, in dem das nicht der Fall ist. Warum also soll man das dann nicht mehr "Schreiner" nennen.

Gruß

Heiko


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