Schnittwinkel 37° beim Bestoßen- eine Sage? *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Bernd Zimmermann
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Registriert: Mi 15. Apr 2015, 20:15

Re: Schnittwinkel 37° beim Bestoßen- eine Sage? *MIT BILD*

Beitrag von Bernd Zimmermann »

[In Antwort auf #136462]
Hallo Friedrich,
es ist zwar schon 3 Tage her, seit Du das Thema Hirnholz bestoßen angesprochen hast, aber ich bin erst heute Nachmittag in die Werkstatt gekommen um was auszuprobieren.

In meinem Hobelfundus befindet sich ein ULMIA Hirnholzbestoßhobel. Den habe ich aber nicht „bewusst“ gekauft, sondern im Rahmen einer Schreinereiauflösung vor ein paar Jahren, zusammen mit einigen anderen Hobeln, mitgenommen. Ich wusste lange Zeit nicht, was das für ein Spezialhobel ist (Eisenbreite 45 mm, klassischer Holzhobelkörper und als Hobelsohle eine aufgeschraubt 3mm Stahlplatte, 220 mm x 60 mm Hobelkörper und ca. 1300 g schwer, Sohle und Wangen absolut rechtwinklig, Bettungswinkel des Eisens 49-Grad) bis ich einen ULMIA-Katalog auf der Suche nach einem Eisen für diesen Hobel durchgeblättert habe.




Heute mittag nun folgendes probiert:

* Original ULMIA-Eisen mit 25-Grad Hauptfase und 30-Grad Mikrofase sowohl „freihändig“ als auch in der Stoßlade: Man braucht ganz schön Kraft zum Schieben des Hobels und statt Spänen gibt’s eher „Holzgries“ (Kiefer und Kirsche), die Schneide hat sich relativ schnell „umgelegt“
* Ein 45 mm ECE-Eisen (ist ca. 0,5 mm dicker als das ULMIA) mit 25-Grad Hauptfase, 30-Grad Mikrofase und ca. 13-Grad Rückenfase: Wesentlich weniger Kraftaufwand zum Schieben des Hobels und „echte“ Späne (Kirsche), kein „umlegen“ der Schneide feststellbar
* Zum Vergleich dazu mein ANANT Blockhobel (12-Grad Bett) mit STANLEY-Eisen (25-Grad Hauptfase und 50-Grad Mikrofase), allerdings nur „freihändig“: läuft sehr gut und willig übers Hirnholz

Das ECE-Eisen mit den oben angegeben Winkeln verwende ich in besagten Hirnholzbestoßhobel seit einiger Zeit zum bearbeiten „schwieriger“ Hölzer (da bin ich drauf gekommen, als Du auf eine Frage meinerseits bezüglich Bearbeitung solcher Hölzer gesagt hast, dass Du am Flachwinkler zu diesem Zweck eine größere Mikrofase anschleifst!)

Gruß
Bernd


Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
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Lie- Nielsen vs Fritsche *MIT BILD*

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #136462]
So, jetzt weiss ich mehr (der thread ist schon einige Wochen alt, bei Interesse bitte dort nachlesen).

Mein Problem war die mangelnde Schnitthaltigkeit von LN- A2- Eisen im #9 beim Bestoßen von Nadelholz mit der Stoßlade. Mit 25° Keilwinkel (bei 20° Bettungswinkel also 45° Schnittwinkel) ging da gar nichts, die Schneide klappte um. Ich benutze den jetzt mit 25° geschliffen, 30° Mikrofase, 5° 2. Fase von der Rückseite. Das sind immerhin 35° Keilwinkel, und damit geht es, bei allerdings unbefriedigender Standzeit (immer auf Nadelholz bezogen!).

Gerd Fritsche war optimistisch, dass seine Eisen das besser könnten. Ich habe mir eines bei ihm gekauft. Das GF- Eisen war mit 25° geschliffen und auch abgezogen. Es versagte beim Bestoßen von Kiefernholz genauso schnell wie das LN- Eisen mit 25°, aber nicht durch Umbiegen, sondern durch Ausbrüche. Ich habe es dann mit einer 30°- Mikrofase versehen, also 30° Keilwinkel. Ergebnis: Erheblich besser, aber immer noch kleine Ausbrüche. Es ist deutlich härter als das LN- Eisen, man merkt das beim Schärfen. Es schärft sich aber gut.

Jetzt habe ich eine Arbeit, wo ich in größerem Umfang Nadelholz bestoße: Ein Vorratsschrank für den Hauswirtschaftsraum, mit Apothekerauszug usw. Ich habe mich entschlossen, den aus 28er Fichte- Leimholz zu machen. Ich habe mir Platten von ordentlicher Qualität (durchweg recht feinjährig) besorgt. Da müssen dann Bauteile bis 2000 x 600 (mm) exakt winklig und sauber auf Länge gebracht werden. Auf der Kreissäge geht das nicht, dazu ist zu wenig Platz. Ich säge so gut es geht mit der Stuchsäge und bestoße dann die Schnittfläche auf meiner Stoßlade für große Teile:



Hier kann ich jetzt die beiden Eisen vergleichen, weil genug gleichartige Arbeit vorliegt. Ich habe das zweimal gemacht. Das Ergebnis erscheint mir eindeutig, die Methodik genügt aber wissenschaftlichen Ansprüchen sicher nicht.

Beide Eisen wurden geschärft mit 25° geschliffener Fase, 30° abgezogener Mikrofase, 5° abgezogener 2. Fase

Nach etwa dem gleichen Arbeitsumfang (ca. 40 000 mm³ Fichte- Stirnholz) erscheint unter der 10- fachen Lupe

das LN- Eisen (A2) noch funktionsfähig, aber stellenweise gibt es schon wieder leichtes Umbiegen der Schneide
Das GF- Eisen minimal abgestumpft, aber weder umgeklappt noch ausgebrochen, sicher noch lange voll benutzbar.

Testurteil: Ich empfehle Gerd Fritsches Eisen.

Weitere Schlussfolgerung: 37° Schnittwinkel (beim Bestoßen von Nadelholz mit dem Flachwinkler sind offenbar nicht möglich, jedenfalls nicht wenn das Eisen gerade eingebaut ist. Und, nein, ich probiere jetzt kein pm- Stahl- Eisen aus.

Friedrich

.

Horst Entenmann
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Registriert: So 30. Mär 2014, 20:58

Re: Lie- Nielsen vs Fritsche

Beitrag von Horst Entenmann »


Hallo Friedrich,

Vielen Dank erstmal daß du dir die Arbeit gemacht hast und nicht nur den Test durchgeführt, sondern auch dokumentiert hast.
Eine Frage dazu:
Hast du auch mal eine Gegenfase von 10° ausprobiert?
Ich habe hier einen Anant 9,5 mit ca. 20° Bettungswinkel, das Eisen hat 30° Fase und 10° Gegenfase.
Zu den 10° Gegenfase bin ich eigentlich nur gekommen, weil das Originaleisen eine sehr üble Spiegelseite hatte und einfach nicht plan zu bekommen war.
Für mich funktioniert das bisher sehr gut.
Größere Winkel als 10° habe ich aber nicht ausprobiert, da ich aus Versuchen mit konventionellen Hobeln erfahren musste, daß Freiwinkel unter 10° nicht funktionieren.

Gruß Horst

Friedrich Kollenrott
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2. Fase (Gegenfase) 10°

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Horst,

nein das habe ich nie ausprobiert. Ist eine gute Idee, und funktionieren tut es sicher, bei 20° Bettungswinkel.

Friedrich

Gerd Fritsche
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10° Gegenfase

Beitrag von Gerd Fritsche »

[In Antwort auf #137161]
Hallo Friedrich,
ich freue mich, dass du mit meinem Messer zufrieden bist und vielen Dank für die Mühe die du dir beim Vergleichen der Messer gemacht hast.
Ich benutze die 10° Gegenfase häufig,
1. um den Keilwinkel zu vergrössern und
2. um das Maul, bei Hobeln ohne Maulverstellung, enger zu machen.

Ich konnte die PDF Datei nicht richtig hochladen, aber mit einem Klick auf das Symbol öffnet sie sich.
Viele Grüsse
Gerd.

http://traditional-handplanes.com/planeblades.php

Marc Waldbillig
Beiträge: 1247
Registriert: So 6. Okt 2013, 21:41

Re: Lie- Nielsen vs Fritsche *MIT BILD*

Beitrag von Marc Waldbillig »

[In Antwort auf #137161]
Hallo Friedrich,

das ist jetzt allerhand spät, aber...

Nach meinem Empfinden gebe ich Bernhard Recht, du hast zwei Montagseisen erwischt. Mir ist das Eisen bei meinem LN9 nicht durch mangelnde Schnitthaltigkeit aufgefallen. Und ein paar zum Vergleich hängen ja im Schrank. Ich habe mal ein Foto vom 9er Eisen angehängt, man sieht die Mikrofase ganz gut vergrößert. Der helle Streifen vorne ist die Schnittkante, die Ausbrüche aufzeigt und auch umgelegte Abschnitte. Damit hoble ich noch Späne. Hätte ich allerdings eine Arbeit vor mir, würde ich schärfen - jetzt nach gefühlten zwei Jahren. Die Mikrofase ist mehr als 1 mm breit, sie wurde wiederholt angebracht - Tormek sei Dank. Das Eisen hat so Nussbaum, Kirsche und Eiche bestoßen.

Trotzdem Glückwunsch zum neuen Eisen von Gerd. Nichts ist ärgerlicher als weiche Eisen.



Gruß,

Marc

Gerd Fritsche
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Re: Lie- Nielsen vs Fritsche

Beitrag von Gerd Fritsche »


Hallo Marc,
Nussbaum, Kirsche und Eiche machten Friedrich, mit dem Lie Nielsen Messer, keine Probleme, es waren die sehr harten Kiefer Jahresringe, die das Messer umklappen liessen.
Gruss
Gerd.

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
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Re: Lie- Nielsen vs Fritsche

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Marc,

ja, diese Schneide mit dem beginnenden Umbiegen, das kenne ich.

Ich glaube nicht an die zwei Montagseisen. Die sind so, wie LN seine A2- Eisen macht, und sie sind ja gut, mit sogenanntem "Hartholz" haben sie keine Probleme. Das sogenannte "Weichholz" wird einfach unterschätzt, wenn es ans Bestoßen geht. Das Eisen von Gerd hatte Ausbrüche. Ich habe vorher noch nie ein Hobeleisen mit Ausbrüchen gesehen! Mit einem größeren Keilwinkel erreicht es aber dann den Zustand, wo keine Ausbrüche mehr auftreten, die Härte der Verschleissfestigkeit zugute kommt. Beim gleichen Keilwinkel trat am verglichenen LN- Eisen aber immer noch Umbiegen auf.

Heute wieder Fichte - Leimholz bestoßen. Puh, ist Arbeit. Aber Waschbrettbauch und imposanter Bizeps wollen und wollen nicht kommen..

Friedrich

ps. Die weiße Wisteria ist ans Haus gesetzt, dieses Jahr soll sie richtig wachsen

Marc Waldbillig
Beiträge: 1247
Registriert: So 6. Okt 2013, 21:41

Re: Lie- Nielsen vs Fritsche

Beitrag von Marc Waldbillig »


Hallo Friedrich, Gerd

heißt das, dass Weichholz und lasst uns mal konkret von Fichte reden, eine Eigenschaft besitzt, die Hartholz und sprechen wir hier mal von Eiche, nicht so ausgeprägt hat? Diese Eigenschaft bewirkt einen schnelleren Verschleiß des Eisens? Die vergleichsweise harte Eiche stumpft das Eisen nicht so schnell ab wie die relativ weiche Fichte. Umbiegen der Schnittkante und Ausbrechen derselben als Merkmale eines stumpfen Eisens. Wir sprechen vom Hirnholzhobeln, wohlgemerkt. Kann man das so stehen lassen?

Gruß,

Marc

p.s. Friedrich, freut mich, dass die Wisteria schon so weit gediehen ist.



Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

ja, so ist das. *NM - Ohne Text*

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

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