Herstellung Sägegriff *VIELE BILDER* Teil 1

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Klaus Kretschmar
Beiträge: 1457
Registriert: Sa 21. Nov 2020, 23:13

Herstellung Sägegriff *VIELE BILDER* Teil 1

Beitrag von Klaus Kretschmar »


Hallo Werkzeugfreunde,

aus unserem Rückensägen-Projekt möchte ich euch heute eine Fotodokumentation zeigen, wie die Griffe hergestellt werden. Nachdem einige gemacht waren, wollte ich wissen, ob es gelingt, einen zur Hand passenden Griff herzustellen. Ich wusste von Friedrich, dass er einige Rückensägen mit den Originalgriffen hat und fragte ihn, ob er eine seiner Sägen und seine "Hand" als Versuchskaninchen zur Verfügung stellt. Friedrich schickte mir eine seiner Sägen und eine Risszeichnung seiner rechten Hand (seine Hand ist Gott sei Dank noch dran):



Er suchte sich auf Ray Gardiners Seite backsaw.net, die eine Fülle von historischen Griffen zeigt, einen geschlossenen aus, den ich in der zu Friedrichs Hand passenden Grösse ausdruckte und ausschnitt:



Der Griff sollte aus Mahagoni werden, so übertrug ich die Schablone auf ein Stück Mahagoni:





Hiernach wurden zuerst die Innenrundungen mit Forstnerbohrern ausgebohrt und der Rohling dann mit der Stichsäge ausgesägt (zwischenzeitlich nehme ich hierfür die kleine Flott Bandsäge, die sich sehr gut eignet):









Danach stelle ich mit der Feile zuerst eine saubere Kontur her (vermutlich geht es auch ohne aber ich fühle mich damit für das spätere Formen besser gerüstet):



Jetzt sind die Bohrungen für die Schrauben zu machen. Man kann sie allerdings auch erst nach dem heiklen Sägen des Blattschlitzes machen, weil der manchmal misslingt und man dann die Bohrungen nicht umsonst gemacht hat - ich komm drauf zurück). Zuerst werden die Bohrungen des Sägeblattes auf den Rohling übertragen:



Dann werden Pilotbohrungen mit 2 mm gemacht. Diese erfüllen 2 Zwecke. Zum einen werden damit die Bohrungspositionen auf die andere Griffseite übertragen, zum anderen dienen die kleinen Bohrungen für alle weiteren als Führung der Zentrierspitzen der Bohrer.



Dann die weiteren Bohrungen entsprechend der Masse der verwendeten Säge-Schrauben:









Probe: sie passen ...





Auch mit dem Blatt wird eine Probe gemacht, passt auch:



Nunmehr ist die Rückenaussparung dran (auch die kann man nach dem Blattschlitz machen). Die Seiten säge ich von Hand soweit wie möglich, der Rest wird mit dem Beitel erledigt:



So, jetzt kommt der spannende Teil, der Blattschlitz. Zuerst zeichne ich mithilfe des aufgelegten Blattes den Riss für die Tiefe an:



Dann kommt das Sägen. Freihändig klappt das bei mir nicht, ich habs verschiedentlich probiert, es geht einfach nicht. Wenn der Blattschlitz nicht präzise ist, kann man den Rohling wegwerfen.

Bei Alf sah ich dann eine Methode, die mir sofort zusagte:





Ein Sägeblatt wird parallel und im richtigen Abstand zu einer planen Fläche (bei mir eine Granitplatte) eingespannt und so der Schnitt angefertigt. Zuerst säge ich mit geringem Überstanmd des Blattes, weil das Blatt flexibler ist je weiter es heraussteht. Wenn erst mal ein exakter Schnitt von 1 cm da ist, dient der als Führung für grössere Tiefen:



Der Schnitt gelingt nicht immer. Abhängig vom Holz, der Faserrichtung, der Tagesform und was weiss ich noch gelingen mir ca. 70% der Schnitte.
Hmmm .... der bis jetzt gezeigte Griffrohling gehörte zu den anderen 30%! Er verzog das Blatt leicht "$§$=?)! Jetzt wisst ihr auch, warum ich zwischenzeitlich Schraubenbohrungen und Rückenaussparung nach dem Blattschlitz anfertige. Was solls, ich machte einen neuen, der zu den 70% gehört. Den seht ihr im weiteren.



Dafür beginnt jetzt der schöne Teil der Griffherstellung, das Formen. Die grobe Form des Handstücks wird mit der Raspel hergestellt und in diesem Fall, weil es ein geschlossener Griff ist, der Anschluss der "Lämmerzunge" an die Wangen mit dem Schnitzwerkzeug.

Beim Fotographieren habe ich leider keine Unterstützung. Da ich auch keine 3 Hände habe, kann ich von den nächsten Schritten nur Ergebnisse zeigen.



Die meisten Sägenmacher, die im Netz veröffentlichen, machen vor dem Formen Hilfslinien auf den Rohling, um zu wissen, wie weit zu raspeln/feilen ist. Ich verzichte hierauf bewussst, weil mich das eher behindert. Das Raspeln erledige ich mit Augenmass und und dem Bemühen, den Winkel mit der Raspel/Feile beizubehalten. Eine grosse Hilfe ist bei dieser Arbeit ein kleiner Schraubstock mit Kugelgelenk (Entschuldigung für das unterirdische Foto!)Damit muss man viel weniger umspannen:



Nach dem Feilen:





Uuups, die Wangenfase hatte ich noch vergessen. Mit einer Rundfeile wird bündig zum Ende der Rückenaussparung im 45°-Winkel ein Halbrundprofil hergestellt. Danach mit dem Stechbeitel die Fasen bis zum Halbrundprofil:



Nach dem Schleifen:



Jetzt wird er noch geölt (ich nehme Mohnöl), poliert und montiert:











Ausser Friedrichs Mahagoni habe ich noch etliche weitere Griffe gemacht, von denen ich zum Abschluss ein paar zeigen möchte.

Zunächst ein Bild mit Friedrichs Säge und einem geschlossenen Birnbaum-Griff, den ich gleichzeitig machte:



Von dem noch 2 Fotos vor dem Finish:





Ein weiterer geschlossener Mahagoni für einen Forumsfreund:



Ein offener Nussbaum:



Wengé offen (mit von Pedder gefertigten Griffschrauben):



Bubinga:



Zebrano:





Friedrich schrieb mir, dass der Griff passe und schickte mir auch ein Foto, das seine Hand im Griff zeigt. Ich hätte es gerne zum Abschluss gezeigt. Leider bekomme ich es nicht hochgeladen oder geöffnet ... keine Ahnung, warum. Aber vielleicht hat Friedrich ein Einsehen und zeigt es uns :-)

So, ich hoffe, dass ich eure Zeit nicht zu lange in Anspruch nahm und ihr Freude an der Foto-Session hattet.

Viele Grüsse
Klaus



Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Meine Säge mit Griff von Klaus

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


ja, da hab ich mal Glück gehabt!

Ich durfte für Klaus und seine Griffbauaktivitäten das Versuchskaninchen machen. Ich habe einige ältere Rückensägen ganz verschiedener Herkunft, darunter drei von Spear & Jackson:



die so richtig den Charme der 60er Jahre ausstrahlen. Ordentliche Sägen, aber wie die aussehen! Die obere mit dicken Messingrücken und 12 inch (300mm) Blattlänge hatte es Klaus angetan, die wollte er mit einem neuen Griff bestücken. Ich habe mir einen Griff nach "London pattern" gewünscht, das ist die Form mit flacher Unterseite, sowas gibt es heute gar nicht mehr, aber ich finde es passt gut zu einer robusten Gebrauchssäge. Ich habe meine Hand abgezeichnet und los gings.

Was dann bei Klaus passierte hat er beschrieben. Ich habe die Säge mit dem neuen Griff bekommen. An den Hörnchen oben und unten hat er absichtlich noch etwas mehr Fleich gelassen als unbedingt erforderlich, das habe ich dann auch benutzt und ein klein bißchen (vielleicht zwei mm) mehr Raum geschaffen. Außerdem habe ich festgestellt, dass offenbar der bei eigentlich allen alten Sägen zu findende Bogen in der Griffkontur vorne direkt über dem Rücken offenbar zum Herumgreifen mit dem letzten Glied des Zeigefingers gedacht ist (war mir vorher nie aufgefallen). Da habe ich die Kante minimal abgerundet. Und jetzt passt das Ding wie angegossen:



Man glaubt es nicht. Der Griff erzwingt eine korrekte Haltung (drei Finger im Griffloch, der Zeigefinger seitlich am Griff) und passt wirklich perfekt an meine Hand. Macht einfach Spass, mit einem solchen Werkzeug zu arbeiten.

Ich habe zum Vergleich mal meine gleichgrosse Rückensäge Disston #4 in meiner Hand fotografiert:



Das ist ja nun auch eine ausgezeichnete Säge. Aber der Griff ist zu dünn und vor allem das Griffloch für mich viel zu gross. Ich kann mit vier Fingern rein (das ist dann von der Führung der Säge her nicht so gut), drei Finger schlackern in dem viel zu großen Loch. Aufgefallen war mir das vorher nie, jetzt merke ich es deutlich und es stört schon ein bißchen. So ist das Bessere eben der Feind des Guten.

Wenn Klaus von seinen Sägegriffen leben müsste, würde ich ihn jetzt heftig empfehlen. Muss er aber nicht, da hat er Glück. Ob man irgendwann einen Griff bei ihm bestellen kann weiss ich nicht. Ich freu mich dass ich einen habe.

Vielen Dank, Klaus!

Frdrich



Marc Waldbillig
Beiträge: 1247
Registriert: So 6. Okt 2013, 21:41

Re: Herstellung Sägegriff

Beitrag von Marc Waldbillig »


Hallo Klaus,

Das ist eine tolle Dokumentation. Die Geschichte mit allen ihren Details und die Griffe haben mir aussergewöhnlich gut gefallen. Ich drücke Euch beide Daumen für Euer Projekt.

Gruss ;-)

Marc



Marc Zimmer
Beiträge: 147
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17
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Re: Herstellung Sägegriff

Beitrag von Marc Zimmer »


HAllo Klaus

Sehr schönes Projekt, tolle Griffe.

Danke für die tolle Dokumentation, lädt zum Nachahmen ein.

Wünsche euch viel Glück mit euerem Projekt

Marc Z



Gerhard
Beiträge: 2465
Registriert: Di 23. Okt 2018, 09:42

Re: Herstellung Sägegriff

Beitrag von Gerhard »


Hallo Klaus,

sehr schöne Griffe machst Du da. Und daß sie gut in der Hand liegen kann ich nur bestätigen. Irgendwie "sieht" die Säge den Riß.
Was mich wirklich immer wieder begeistert ist die Perfektion die jemand erreicht, wenn er ein Projekt mit Leidenschaft verfolgt. So eine Säge von Klaus und Pedder ist da ein perfektes Besipiel.

Viele Grüße,
Gerhard


Tonholz
Beiträge: 55
Registriert: Mo 20. Mär 2017, 10:16
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Re: Herstellung Sägegriff

Beitrag von Tonholz »

[In Antwort auf #124485]
Hallo Klaus,

vielen Dank für die tolle Dokumentation. Eine solche Spear & Jackson habe ich auch zerlegt um ihr einen neuen Griff zu verpassen, der Rohling aus Birne wartet auf den Schnitt für das Sägeblatt...

Was fuer ein Sägeblatt verwendest Du? Nimmt man das welches eingebaut werden soll wird der Schnitt wohl zu weit? Auf deinen Bildern sieht das nach dem Blatt einer japanischen Säge aus, ist der Grund die Schnittbreite? Ich habe mir ueberlegt dafür bei einer Feinsäge die Schränkung zu verringern, koennte das klappen? Die Methode mit dem eingespannten Sägeblatt habe ich auch schon mal gesehen, vertraue aber Zwangsführungen in der Regel nicht so gerne, wenn das Sägeblatt verläuft kann man nicht korrigieren.

Deine Griffe sehen alle wirklich perfekt aus!

Grüße,
Axel



Pedder
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Deine Säge mit Griff von Klaus

Beitrag von Pedder »

[In Antwort auf #124486]
Hallo Friedrich,

ja, schöne und bequeme Griffe macht der Klaus. Ich habe unter der Woche erst wieder vier Sägen von drei verschiedenen amerikanischen/Kanadischen Herstellern in der Hand gehabt. Alle sehr schön aber keiner besser als Klaus. Und das sage ich nicht wegen des Projektes. Andersrum wird ein Schuh draus. ;o)

Was für eine BEzahnung hat Deine Säge? 14tpi? Das ist nach meinem Geschmack für ein 30cm Säge zu fein. 12 bis 10 tpi passen besser.

Deine Fingerhaltung mag für Dich passen, ich glaube aber nicht, dass sie der Grund für die Form ist. Dafür haben mir zuviele alte Sägen eine Retoure (wie bei den Sägen mit dem offnene Griff) an der Stelle. Und die Theorie ist ja, mit dem Zeigefinger zu zeigen, wo man hin will.

Liebe Grüße
Pedder


Pedder
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Spear & Jackson

Beitrag von Pedder »

[In Antwort auf #124493]
Hallo Gero,

Spear & Jackson?

Hmmmm eine innige Hassliebe verbindet mich mit deren Sägen. Was die Rückensägen angeht, sind die seit einhundert Jahren kontinuierlich schlechter geworden:

Ich habe eine Säge von denen mit dem Siegel Leap Frog, die gehört zu dem Besten, was ich mir vorstellen kann. Ein unglaublich schwerer Rücken und ein edles Blatt. Sie und ihre Schwester (ist bei Marc W.) dürften so zwischen 80und 110 Jahren alt sein.

Später kamen die Sägen, wie Gerhard sie hat oder man hier von Friedrich sieht. Gute Blätter, wenn auch nicht mehr fein poliert, und ausreichend schwere Rücken. Aber Griffe, die unschön waren, und auch nicht sonderlich bequem.

Und dann haben sie irgendwann die Schrauben abgeschafft und durch Nieten ersetzt. Aus dieser Zeit stammen die Blätter von Deiner Säge und der, die jetzt einen Wengegriff hat. Ich habe einige von diesen Exemplaren bearbeitet. Bei keinem saß der Griff fest. Und eigentlich ist das Blatt für so eine kurze Säge zu stark. Gut wären 0,5mm für kleine Sägen, benutzt wurden in dieser Ära durchgängig 0,7mm. Auch das war früher anders.

Auf der anderen Seite ist das der einzige Sägenhersteller, der seit mehr als 200 Jahren am Markt ist und immer noch Rückensägen anbietet.Bei englischen Versendern gibt es sie so um die 28 Pfund. Bevor ich Klaus kannte, habe ich lange überlegt, mir solche zu kaufen, neu zu begriffen und zu bezahnen. Ich bin froh, dass ich es nicht gemacht habe.

Liebe Grüße
Pedder



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