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Bildhauerbeitel: Anspruchund Realität!

Verfasst: Sa 28. Aug 2004, 11:42
von Christoph Roßdeutscher

Hallo Leute,
nach einigen Versuchen mit der Restaurierung älterer Möbel wollte ich nun auch mal selbst ein wenig Schnitzen (zum Anfang v.a. Kerbschnitzen). Das Handwerkliche war mit einiger Übung "relativ" leicht" (eine Schwalbenschwanzverbindung kostet wesentlich mehr Schweiß!!). ABER, was mich total entsetzte, war die Qualität der gelieferten Stubai Eisen. Egal bei welchem Händler ich sie bestellte, KEINES war in Ordnung. ALLE hatten einen Winkel von 170-160 Grad zwischen Angel und Schaft. Beim Blumeneisen war die Klinge so geschmiedet, dass sie auf der einen Seite ca. 5mm vor Klingenende parallel zum Schaft verlief (eigentlich sollte ein spitzer Winkel enstehen). ALLE Klingen mußten nicht nur geschärft (worauf ausdrücklich hingewiesen wird), sondern um mindestens 2 mm abgeschliffen werden, weil sie "wellig" waren, d.h. man keine gerade Schneide erzielen konnte, weil die Schneide entweder konkav oder konvex war. Die Eisenqualität war jedoch absolut überzeugend. Pye schreibt in seinem Buch, dass auch er regelmäßig ca.2/3 seiner Bestellungen zurück geben muß. Da ich zunächst nur kleine Arbeiten gemacht habe, stört mich die mangelnde Präzsion nicht so sehr. Was mich ärgert, ist einfach die Tatsache, dass ich für teures Geld Eisen kaufe, die erst einmal erheblich verändern werden müssen, um mit ihnen arbeiten zu können (das Blumeneisen hatte eine Breite von 8mm, jetzt von ca. 6mm!!). Nun meine Frage: Liegt dass nur an Stubai oder ist das generell so?? Auch von Pfeil (die ich Ende Oktober bekommen werde) habe ich so etwas gehört. Welche Erfahren habt ihr mit Kirschen oder gar Ashly Iles. Letztere sind rund doppelt bis 3x so teuer, sind diese Eisen auch soviel besser??
Mit Hoffnung auf rege Antwort und viele Erfahrungen Christoph


Re: Bildhauerbeitel: Anspruchund Realität!

Verfasst: Mo 30. Aug 2004, 07:46
von Wolfgang Peter

Hallo Christoph,
ich habe mir kürzlich einen Satz von 12 kurzen Bildhauereisen von Pfeil gekauft und habe absolut keinen Grund zur Beanstandung. Die Klingen waren sogar geschärft.
Vielleicht habe ich aber auch einfach nur Glück gehabt...
Grüsse von
Wolle


Re: Bildhauerbeitel: Anspruchund Realität!

Verfasst: So 28. Sep 2008, 18:53
von Sven Hofmann

Hallo Christoph,

ich wohne da, wo die Pfeil-Eisen hergestellt werden – in Langenthal, Schweiz und habe meine Eisen direkt ab Werk dort gekauft. Hier ist alles Handarbeit, vom Herstellen der Hefte bei einem örtlichen Schreiner bis zum Schmieden der Eisen. Auch meine Erfahrung ist, dass die Qualität der Eisen ausser Frage steht. So arbeitet z.B. die bekannte Schnitzerschule in Brienz, Schweiz sowie auch die Schnitzerschule in Österreich, als auch eine in England mit Pfeil-Eisen. Pfeil-Eisen werden grundsätzlich gebrauchsfertig, d.h. geschliffen ausgeliefert, da ist keine Nachbearbeitung notwendig, um endlich mit der Arbeit anfangen zu können.

Ich habe vor einer viertel Stunde zuletzt die Eisen aus der Hand gelegt und habe auch Erfahrung mit anderen Eisen – ich bleibe bei Pfeil und kann sie nur empfehlen. Vergleicht man die Preise, so ist man mit Pfeil-Eisen mehr als gut bedient.

Gruss,

Sven
Langenthal/Schweiz




Re: Bildhauerbeitel: Anspruchund Realität!

Verfasst: Di 30. Sep 2008, 21:46
von Ingrid

Hallo Christoph,
ich nutze die von Dir genannten Eisen, allerdings je nach Zweck. Vom Preis-Leistungsverhältnis und auch von der Vielfalt der Formen würde ich Dir Pfeil-Eisen empfehlen. Ich bin damit sehr zufrieden und nutze sie hauptsächlich für meinen Gebrauch. Wir haben 1995 in der Schnitzschule in Berchtesgaden als Anfänger mit Sätzen von Stubai-Eisen begonnen, da man im Verhältnis zu den anderen Marken für das gleiche Geld mehrere Eisen bekommt. Sie haben die genannten Probleme, werden schnell stumpf und glühen rasch aus, müssen daher immer überarbeitet (oder aussortiert) werden. Ich schätze zusätzlich die lackierte eckige Grifform nicht. Aber: wenn Du eine Form brauchst, die Du relativ selten zur Hand nimmst und ein anderes Heft machst, finde ich sie ok. Nur dürfen sie bei der Aufbewahrung wirklich nicht mit anderen Eisen aneinanderreiben. Stubai-Eisen nehme ich auch für Kinder her, wo es ums Grobe geht (Figur raushauen). Pfeil-Eisen bieten wie gesagt aus meiner Sicht das beste Preis-Leistungs-Verhältnis. Ich mußte auch noch keines nach einer Bestellung zurückgeben. Die Auswahl an gekröpften und Blumeneisen ist groß, die Hefte liegen gut in der Hand. Ashley Eisen sind hervorragend in der Verarbeitung und auch ein ästhetischer Genuß sowohl beim Anblick wie beim Arbeiten. Das Eisen selbst ist härter (frag mich aber nicht nach rockwell) und hat damit eine höhere Standzeit. Besonders für filigrande Arbeiten gibt es sehr schmale Hohleisen (ab 1,5 mm) und Gaisfüße, mit denen sich hervorragend arbeiten läßt, ohne daß ständig abgezogen werden muß. Hier kommt es auf eine genau gleiche Wandigkeit der Röhre an, die Du bei anderen Herstellern kaum bekommst. Auch für Endarbeiten nehme Ashley-Eisen gern her. Du bekommst sie auch ohne Hefte.
Viele Grüße,
Ingrid




Re: Bildhauerbeitel: Anspruchund Realität!

Verfasst: Mi 1. Okt 2008, 10:56
von Ulrich Bergmann
[In Antwort auf #101830]
Hallo Christoph, als ziemlicher Nichttfachmann, doch mit 2 oder 3 Schubladen voller Schnitzeisen, wage ich mal wieder den Tritt ins Fettnäpfchen und berichte von meinen Eindruecken. Ich schnitze nicht viel, meistens so um die Weihnachtszeit, dann aber auch in harten Hölzern wie Buche, Birke und Vogelbeeren. Stahlqualitäten zu vergleichen traue ich mich eigentlich nicht so richtig, viel ist reine Gefuehlsache und ein etwas unterschiedlicher Anschliff schmeisst alles ueber den Haufen. Dennoch:
meine ersten Werkzeuge war ein Satz von Maples, schön gebeizte Griffe in angenehmer Form, die Klingen aber fuer meinen Geschmakk viel zu klobig und dick, und der Schneidenwinkel zu gross. Aber das muss wohl so sein, da die Stahlqulaität einen schlanken Anschliff nur schlecht verträgt, ich hab's probiert und gleich die Ecken und Kanten abgebrochen.
Das nächste Eisen war von Crown und ist auch eher fuer die Vitrine, schön anzusehender Edelholzgriff bei ziemlich lausiger Stahlqualität. Dann sind da noch drei Sorby Eisen, ich glaub' die sind etwas besser, haben ja auch nur ein Heft aus Esche, möglicherweise ein gelungener Kompromiss Zwischen Nutz-und Schauwert.
Dann kamen ein paar Eisen von Stubai, ueber den Stahl hab' ich nicht gemeckert, aber die Schneidengeometrie versteh' ich bis heute nicht, bei den Röhren steht die Schneide unten vor, und das sieht wie beabsichtigt aus, wie auch immer, die brauchten viel Vorbereitungszeit.
Mein erstes Pfeileisen war das beste, was ich bis dato an Schnitzerkzeug in der Hand hatte, schnitthaltig und stabil bei spitzem Anschliff, und die Griffe liegen gut in der Hand, mittlerweile hab' ich noch ein paar mehr und kann alles Postive nur bestätigen, was bislang darueber gesagt wurde.
Kirschen hab' ich auch ausprobiert und war angenehm ueberrascht. Bei Stemmeisen hat ich mir eingebildet, die Pfeile sind besser und hab' so was auch bei den Schnitzeisen erwartet, aber irgendwie trotzdem vergeblich nach echten Mängeln bei Kirschen gesucht (vielleicht der Preis?) (Fachleute wissen womöglich, dass beide Firmen den gleichen Stahl fuer Stemmeisen und Bildhaueeisen benutzen und mein Vorurteil völlig unsachlich ist). Wie auch immer, Kirschen-Eisen sind scharf und stabil, aber die Griffe,... scharfkantig und lackiert, damit kann man erst arbeiten, wenn der Lack ab ist.
Noch 'was ausser Konkurrenz: es gibt in gewissen Läden handgemachte chinesische Eisen, und fuer mich bieten die das beste Preis-Leistungs-Verhältnis, selbst wenn der Stahl in einer ganz anderen Liga als Kirschen oder Pfeil spielt. Die chinesischen Erzeugnisse haben sehr attraktive, schlanke Formen, der Stahl ist gut und schnell schärfbar, wenn auch etwas bruechig. Das beste daran ist die Form, in der sie geliefert werden; da kommt ein Buendel Altmetall ins Haus das so aussieht, als wenn bei der Schrottentsorgung was verwechelt worden ist. Aber beim Herrichten lernt man zwangsläufig das Schärfen von Grund auf und eventuell auch noch Griffe-Drechseln; seitdem hab' ich nicht mehr versucht, das Schärfen auf die lange Bank zu schieben und mit stumpfen Werkzeug zu stoppeln.

Gruss Uli