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Vielleicht habt Ihr ja doch Recht!

Verfasst: So 8. Aug 2004, 01:41
von Martin Krenzer

Hallo,
ich gebe es zu: bisweilen habe ich euch Handwerkzeugnutzer ein klein wenig belächelt und als bekennender Elektro-Werkzeug-Nutzer gedacht: "Meine Güte: wo leben die denn?" Vor ca. zwei Monaten habe ich einen guten Fuchsschwanz geschenkt bekommen und dann eine gute Rückensäge gekauft, eigentlich nur, um Holzdübel-Meterware sauber abzuschneiden. Inzwischen merke ich, dass ich diese beiden Handwerkzeuge, natürlich neben anderen , immer häufiger benutze und die elektrische Stichsäge oder Handkreissäge einfach liegen lasse. Es lohnt sich einfach nicht, die Stichsäge aus der Kiste zu holen. Erstens scheint mir das Ergebnis wesentlich genauer zu sein, ohne dass die Arbeit oder der Kraftaufwand wesentlich größer wäre (insbesondere bei der Herstellung von Schlitz- und Zapfenverbindungen), zweitens sind die "Nebenwirkungen" wesentlich geringer: ich störe keine Nachbarn, unsere Kinder können problemlos schlafen, die Geräusch- und Staubentwicklung ist wesentlich geringer; und drittens ist der vermeintliche Einspareffekt mit Elektro-Werkzeugen bei manchen Arbeiten eigentlich gar nicht so groß.
Ich werde sicherlich nicht eine Wandlung vom "Saulus zum Paulus" durchmachen. Dafür gibt es meines Erachtens zu viele Tätigkeitsfelder, bei denen es einfach wenig Nutz bringend ist, nur aus "Anschauungsgründen" auf Elektro-Werkzeuge zu verzichten. Hierzu gehören z.B. die ermüdenden Schleifarbeiten.
Vielleicht ist es ja möglich, beide Arbeitsweisen einfach miteinander zu verknüpfen, je nach Bedarf die eine oder die andere zu nutzen und sich nicht an "ideologischen Anschauungen" festzubeißen.
Für diesen Beitrag gibt es keine akute Veranlassung (außer meinen persönlichen Erfahrungen mit einem Fuchsschwanz), ich hatte dennoch das Bedürfnis, meine Meinung kund zu tun. In diesem Sinne hoffe ich auf weiterhin gute Zusammenarbeit zwischen den beiden Foren.

Gruß

Martin


Danke! Apropos: Schleifarbeiten....

Verfasst: So 8. Aug 2004, 10:24
von Friedrich Kollenrott

Hallo Martin,

über Deinen Beitrag hab ich mich gefreut. Es kommt, denke ich, wirklich nicht darauf an, Elektrowerkzeuge zu verdammen, sondern eher drauf, die Qualitäten der verdrängten Handwerkzeuge wiederzuentdecken.

Du schreibst von den "ermüdenden Schleifarbeien". Da hab ich auch gerade ein kleines Aha- Erlebnis gehabt. Ich hab, bevor ich richtig hobeln konnte, auch alles geschliffen. Schwingschleifer, Bandschleifer, Schleifklotz (der macht bei weitem die beste Qualität). Jetzt hoble ich fast nur noch. Vor ein paar Tagen hab ich Reste von Fichten- Leimholz zu einer Arbeitslampe für den Handarbeitstisch meiner Frau verarbeitet (2 Rasterleuchten in einem Holzrahmen). Dieses Fichtenholz war so minderwertig, da hatte ich mit Hobeln echt Probleme. Hab ich halt wieder (mit dem Klotz) geschliffen.

Ich muss sagen, es war ekelhaft (der Staub). Ich hab mich schon so an das weitgehend holzstaubfreie Arbeiten mit Hobeln gewöhnt, und wusste gar nicht mehr richtig wie staubig es vorher war.

Will sagen: Schön, dass Du nicht alles mit Maschinen machst. Und probier weiter.

Friedrich


Re: Danke! Apropos: Schleifarbeiten....

Verfasst: So 8. Aug 2004, 22:53
von Martin Krenzer

Hallo Friedrich,
danke für deinen Zuspruch.
Ja, Schleifarbeiten empfinde ich als sehr unangenehm, nicht nur wegen des Staubes, sondern das Schleifen von Hand ist anstrengend. Den "letzten Schliff" mache ich, sei es nun nach dem Abbeizen von Möbeln oder auf jeden Fall beim Zwischenschliff bei der Oberflächenbehandlung, immer mit der Hand und habe damit die besten Ergebnisse.
Was ich mir bei meinen bisherigen geringen Hobelerfahrungen nicht vorstellen kann, ist, dass man mit Hobeln gänzlich auf das Schleifen verzichten kann. Was ist mit den sich aufstellenden Holzfasern beim Grundieren, Lasieren oder Ölen von rohem Holz? Hier könnte ich mir vielleicht noch die Bearbeitung mit einer Ziehklinge statt Schleifen vorstellen, aber mit einem Hobel?

Viele Grüße

Martin


Re: Danke! Apropos: Schleifarbeiten....

Verfasst: Mo 9. Aug 2004, 02:47
von Thomas Jacobi

hallo Martin,

Superbeitrag, hat auch mich gefreut. Genau so machen sie Spass. Ein aus dem Leben gegriffenes Aha- Erlebnis, Freunden mitgeteilt. Auch mir ging es so, vor noch nicht allzulanger Zeit. Mittlerweile ist das einzige E-Werkzeug das ich noch ab und an benutze der Schrauber. Und zwar aus Freude an den Handwerkzeugen. Dabei wird Arbeit zur Entspannung, Konzentrationsuebung, letztlich etwas das einen reizt ueber sich hinauszuwachsen und hinzuzulernen. Etwa mehr ueber die Pflege von Handwerkzeugen, da aus gut immer noch besser werden moechte. Natuerlich gilt das in einem gewissen Grad auch fuer E-Wkzg, doch offen gestanden habe ich dabei nie, selbst nicht bei O-Fraese oder schoenem Bandschleifer dieses freundschaftliche, ja zaertliche Gefuehl entwickelt wie zu meiner Maebiki-Nokogiri (ja Kinders, ich hab sie endlich, eine echte alte Lady aus Japan, ca 80 lang und vorne 30cm breit, ein Wonnestueck), meinem ersten Kanna oder natuerlich allen Saegen, den Buchsbaum-Schweifhobeln, etc.

Zum Schleifen und Fasern aufrichten : auch ich bin dazu gekommen das ein Schneidwerkzeug, (so scharf gehalten als die Umstaende es nur erlauben) immer einem ueberlegen ist welches schabt oder gar reisst. Und wenn eine Faser sauber getrennt wird wie von einem scharfen Hobel, gibt es auch fast nichts mehr das sich aufrichtet wenn befeuchtet. Einmal mit etwa 240-er drueber, perfekt. Ziehklinge ist halt nur was fuer dichte harte Hoelzer, sonst liesse sich auf das Schleifpapier noch mehr verzichten. Doch Du hast recht, was nuetzt die reine Lehre wenn eine Kombination aus verschiedenem gutem Hand- und E-werkzeug, verschiedenen Techniken und Experimentierfreude fuer bestimmte Arbeitsgaenge die besten Ergebnisse bringt?
Fuer mich ist mittlerweile die Freude und Harmonie die ich beim Arbeiten empfinde fast das wichtigste Kriterium ueberhaupt geworden. Wichtiger jedenfalls als 'schnell schnell' und wie 'andere das machen' u. Ae. Denn genau dies ist der unerhoerte Luxus den Holzwerken als Hobby bietet und was sich so gut wie kein heutiger Handwerker mehr erlauben kann weil vor lauter Sachzwaengen, Rentabilitaetsgedanken, etc jedweder Spieltrieb aufgezehrt wird.
Und generell wenn es da (beim Harmoniebeduerfnis) stimmt, gefaellt es im Endeffekt auch den Betrachtern hinterher.

Und zum Naschen hab ich Dir sogar ein paar Orthographie-fehler uebriggelassen, ist das keine Geste der Versoehnung?

Gruezi aus Athen
thomas


Re: Danke! Apropos: Schleifarbeiten....

Verfasst: Mo 9. Aug 2004, 08:44
von Christof Hartge

Hallo Martin,
herzlichen Glückwunsch auch von mir.
Jetzt aber zum Thema Finish mit dem Hobel: Das ist gerade das Gute, daß die gehobelte Oberfläche nur wenig Nacharbeit braucht, viel weniger als mit dem Schleifpapier. Da stellt sich nichts auf, kein Härchen und keine Faserchen alles bleibt schön glatt. Soweit zur Theorie. In der Praxis ist es natürlich so, daß der eine oder andere Hobelstoß eben doch stehen bleibt, oder hier oder dort daß Hobeleisen eine ganz leichte Kante hinterlassen hat. Sieht man nur gegen das Licht, aber dann sieht man es. Je größer die Oberflächen werden, desto schwerer wird es. Und da kommt bei mir die Ziehklinge zum Einsatz, auch bei Nadelholz. Irgendwann habe ich mal festgestellt, daß die erste Schicht Leinölfirnis, die Fasern offenbar so härtet, daß die Ziehlinge auch bei Nadelholz eingesetzt werden kann. Mit der hole ich dann nach der ersten Grundierung das Letzte raus. Noch zweimal ölen wachsen und fertig. Kein Sandpapier, null.

Viele Grüße, Christof.