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3000 Eichen

Verfasst: Mo 12. Jul 2004, 09:21
von Christof Hartge

Hallo liebe Freunde,
mein Sohn (6) braqchte mir unverhoffter Weise aus der Stadtbücherei ein Stück Fachliteratur mit: "So lebten sie an Bord der großen Segelschiff". Der Eingangskapitel zeigen sehr ausführlich wie im 18. Jahrhundert Segelschiffe gebaut wurden. Die Herausgeber hatten offenbar vorher gründlich recherchiert, nicht gerade generell üblich bei Kindersachbüchern. So gibt es Klobsägen in Aktion zu sehen und viele Details zum Holzschiffbau werden berichtet. Gegen den Schiffbau wirkt der Fachwerkhausbau wie Spielkram.

Eines hat mich erstaunt: 3000 Eichen waren zum Bau eines 120 Kanon Schiffes nötig, 3000!

Und das Holz wurde, so heißt es dort naß verarbeitet. Dazu hätte die Helling in Nord-Süd Richtung gelegen damit die Sonne beide Seiten gleichmäßig bestrahlt. Ich frage mich nur: Wenn ich ein nasses Stück Holz direkter Sonneneinstrahlung aussetze, dann wirft es sich und reißt, daß es nur so seine Art hat. Oder haben die alten Schiffbauer eine Methode gefunden, das Holz kontrolliert im eingebauten Zustand herunterzutrocknen?

Viele Grüße, Christof.

PS: Gibt es noch mehr Fachliteratur zum Schmökern


Batavia-Werft

Verfasst: Mo 12. Jul 2004, 09:35
von Berthold Cremer

Hallo Christof!

Vor ein paar Jahren waren wir in Lelystad (Holland). Dort baut man Segelschiffe nach alten Vorbildern. Es ist beeidruckend, wie viel Holz so ein Bau verschlingt, wie stark die verwendeten Hölzer sind, . . . Es ist alles hoch interessant.

Ein Segelschiff ist bereits fertig – die Batavia. Ein anderes Schiff ist gerade in Bau. Als wir 1999 dort waren war der Kiel gelegt und das Fachwerkgerippe aufgestellt. Bis heute ist das Schiff immer noch nicht fertig.
Es lohnt sich wirklich die Werft zu besuchen – alle Liebhaber von Holz, Handwerk und Schiffen kommen mit Sicherheit auf ihre Kosten.

Gruß
Berthold

http://www.bataviawerf.nl




Re: 3000 Eichen

Verfasst: Mo 12. Jul 2004, 10:04
von Marc Waldbillig

Hallo Christof,

Frische Eichebalken verziehen sich nicht, wenn sie korrekt geschnitten werden, will heißen, dass das Herz nicht herausgeschnitten wird, also wenn man Vollholz verarbeitet. Außerdem muss das Holz nass gehalten werden. So hat man es mir im Sägewerk erklärt.

Meine Eichebalken - Querschnitt 16 x 16 - lagen über sechs Wochen in der Sonne und haben sich nicht verzogen. Jetzt steht die Konstruktion, ein schnöder Balkon - 3 m hoch, 12 m lang und 3,2 m tief - im Vergleich zu solch einem imposanten Schiff und es hat sich bis dato nichts verzogen. Die Längsbalken - Halbholz: 24 x 10 ; war von Anfang an geschüsselt in 2 Richtungen - hat sich mit Hilfe der Zangenkonstruktion gerade gezogen. Daraus schließe ich, dass in die Konstruktion eingebundene Hölzer ihre Form bewahren. Was ich mich frage: Wie sind die damals mit den Rissen umgegangen, die beim jahrelangen Trocknen entstehen? Vielleicht kennt ja jemand hier die Antwort.

Auch ich wäre dankbar über weitere Literatur zum Thema Schiffbau.

Gruß an alle,

Marc W.


Re: Batavia-Werft *MIT BILD*

Verfasst: Mo 12. Jul 2004, 11:43
von Berthold Cremer

...
habe auch noch ein schönes Bild von der Werft gefunden.

Berthold




Re: 3000 Eichen

Verfasst: Mo 12. Jul 2004, 12:51
von Carsten Rödiger

Hallo an alle Schiffbauer,
aktuelle, deutsche Literatur zum Thema "Holzschiffbau" gibt es nicht.
Es gibt auch keine aktuelle, englische Literatur darüber.
Es gibt einige (SEHR) alte englische Bücher , die aber fast nicht mehr zu finden sind.
Was es noch gibt, sind Bücher über Holzbootsbau (hier ist das "s" richtig, aber es heißt Schiffbau, ohne "s"), zum Beispiel den "Eichler": Holzbootsbau und den "Brix": Bootsbau. Beide Bücher sind Nachdrucke, beide nicht schlecht.
Es gibt noch die "Lehrhefte für den Holzbootsbau", und im Verlag "Delius Klasing" von Scharping (NICHT der Politiker!!) "Bau und Konstruktion von Yachten", ferner das Buch "Yachtbau". Manfred Curry hat noch ein Buch geschrieben, aber das ist vergriffen...
Es gibt noch "Das große Buch der Schiffe", im ORBIS-Verlag, klingt wie ein Kinderbuch, ist aber eine Enzyklopädie aus dem schwedischen. Da wird nicht so sehr der Schiffbau selbst beschrieben, aber alle Einzelteile der Schiffe werden in übersichtlichen Zeichnungen dargestellt.
Im englischen gibt es (natürlich) viel, viel mehr.
www.chathampublishing.com (oder .co.uk, weiß ich nicht mehr) hat sehr viel, der americanische Verlag "wooden boat" hat einen ganzen Haufen, all die (alten) Bücher der großen Designer (Kemp, Herreshoff, Fox, Steel, Chapell,...)
Wo noch sehr viel zu holen ist, ist Frankreich (besser: die Bretagne).
In Douarnenez ist das "musee de bateau" SEHENSWERT!!!!! und der Verlag "chasse maree" der eine erstklassige Zeitschrift gleichen Namens rausbringt und auch Bücher (auch englische) verkauft.Der "Derwin" ist sehr gut, ganz besonders aber "Restaurer, entretenir les bateau en bois".
Ansonsten mal nach Schiffbaubüchern googlen.

Risse in Schiffbauholz sind kein Problem solange es Längsrisse sind und die Abmessungen von Kiel, Bodenwrange oder Spant groß genug sind. Das achtere Totholz in einem 80-to Schoner hat eine Stärke von etwa 40cm, eine Höhe von etwa 1m und eine Länge von 2-3m (wenn man Krumholz bekommen kann). Das ganze Holz wird mit Leinöl (früher auch noch Bleimenige) konserviert und mit Planken verkleidet (die sind aus Lärche, Pitchpine,...), wen stören da ein paar Risse ?
In den Planke, erst recht in den Decksplanken, dürfen keine Risse sein, deswegen wird hier keine Eiche verwendet.
Meist dauert der Bau eines Holzschiffes lange genug daß das Holz trocknen kann.
Salzwasser konserviert, Süßwasser ist gefährlich !!
Auch in Vollholzmasten trten immer Risse auf, die aber ungefährlich sind, solange kein Wasser in das Holz eindringen kann.
Da ist viel Wissen verlorengegangen, heute wird ja alles mit Epoxy in Sondermüll verwandelt...

Cheerio,
Carsten


Re: 3000 Eichen

Verfasst: Mo 12. Jul 2004, 13:48
von Axel Rogge

Hm, ich finde zumindest bei Dieter einige schöne Bücher unter
http://www.feinewerkzeuge.de/busons.htm
für den Bau von Yachten etc...
Viele Grüße,
Axel.



Re: 3000 Eichen für 120 Kanonen!

Verfasst: Mo 12. Jul 2004, 21:58
von Friedrich Kollenrott
[In Antwort auf #101238]
ja der Holzschiffbau ist eine impusante Sache. Vor ungefähr 30 Jahren habe ich in Dänemark (Hvidesande) gesehen, dass dort noch Fischkutter ganz aus Eichenholz gebaut wurden (übrigens auch die Planken aus Holz, das stimmt also nicht, dass Eiche dafür nicht brauchbar wäre). Ich hab damals auch gute Bilder gemacht, bin aber ehrlich gesagt zu faul zum scannen. Wenns irgendwen wirklich interessieren sollte...

Das Traurige in Christfs Geschichte ist eigentlich, dass die 300 Eichen aufgewendet wurden für ein Kriegsschiff. 3000 Eichen, um möglichst viele Menschen ins Jenseits zu befördern, und den Seeleuten, die darauf Dienst taten, gings oft auch nicht viel besser.

Das mindert natürlich die Leistung der Schiffbauer in keiner Weise.

Friedrich



Re: Das stimmt

Verfasst: Di 13. Jul 2004, 10:32
von Christof Hartge

Tja Friedrich, ähnliche Gedanken habe ich mir auch gemacht. Und wenn man die großen handelsflotten dazu rechnet: Wieviel Rohstoffe, Arbeitskraft und Kenntnisse sind da hinein gewandert und wieviel ist schon nach kurzer Zeit auf dem Grund des Meeres gelandet? Aber offenbar war der Anreiz der Macht und die Möglichkeit Waren zu importieren um alles das aufzuwiegen. Der Mensch ist ein merkwürdiges Wesen.

Viele Grüße, Christof.


Holzverbrauch früherer Zeiten

Verfasst: Di 13. Jul 2004, 12:24
von CHristoph Roßdeutscher
[In Antwort auf #101238]
Hallo Christof,
gerade komm ich aus dem Urlaub zurück und finde gleich Deine "Bootszahlen". Wir waren u.a. im Schwarzwaldmuseum gewesen. Dort sind alte Bauernhöfe wiederaufgebaut worden. Beim GRÖSSTEN Hof auf dem Gelände wurde genau beschrieben, wie er nach und nach aufgebaut und erweitert wurde. Dort wurden insgesamt 400 Tannen verbaut. Was mir schon sehr viel erschien. Ein 120 Kanonon Schiff war eher ein mittelgroßes Schlachtschiff (die größten hatten an die 300). Wenn ich den Dachstuhl noch richtig vor Augen habe, der komplett "bebrettert" war, weil er mit Roggenstroh gedeckt wurde, so sind das bestimmt auch 2x(15m x 40m) gewesen (vom gesamten Fachwerk und der Innengestaltung des Hofes ganz zu schweigen). 3000 Eichen sind mir doch ganz schön viel, selbst wenn ich von einer Bootslänge von 120m ausgehe. Kannst Du noch Näheres sagen, wie die Zahl zustande gekommen sein soll?
Gruß Christoph


Re: 3000 Eichen für 120 Kanonen!

Verfasst: Di 13. Jul 2004, 15:24
von Stefan Wagner
[In Antwort auf #101246]
Vor ungefähr 30 Jahren habe ich in Dänemark (Hvidesande) gesehen, dass dort noch Fischkutter ganz aus Eichenholz gebaut wurden (übrigens auch die Planken aus Holz, das stimmt also nicht, dass Eiche dafür nicht brauchbar wäre). Ich hab damals auch gute Bilder gemacht, bin aber ehrlich gesagt zu faul zum scannen. Wenns irgendwen wirklich interessieren sollte...


Wo du es sagst: Es ist möglich, dass ich im gleichen Jahr in der gleichen Werft war. Es lag, wenn ich mich erinnere, mindestens ein Vollholzbau auf Kiel.

Mein Vater (ich war damals erst 12) hatte auch Fotos (Dias) gemacht. Ich muß mal daran denken, die beim nächsten Besuch meiner Mutter auszuleihen und scannen zu lassen.

Ach ja: Eichler, Brix und noch einiges andere an Literatur zum Holzbootsbau hab ich hier im Regal. Alles sehr lesenswert.

Gruß

Stefan