Stecheisen fürs Feine *MIT BILD*
Verfasst: So 16. Mai 2004, 15:15
Für feinere Nacharbeiten an Holzverbindungen kann man natürlich auch seine Stemmeisen (die, auf die man mit dem Hammer draufhaut) nehmen. Sie sind aber nicht sehr handlich, und man kommt nicht gut in Ecken, weil sie relativ dick sind (sein müssen!) und seitlich wenn überhaupt dann nur leicht angefast.
Es gibt spezielle Stecheisen fürs Feine, die ein für den reinen Handbetrieb ergonomisch günstigeres Heft haben, relativ dünn und seitlich stark angefast sind. Ideal beispielsweise für das Nachstechen von Zinkenverbindungen, und realtiv kostspielig.
Ich habe mir gedacht, sowas müsste auch durch Umarbeitung von anderen Eisen herstellbar sein-(steckt nicht in jedem dicken Eisen ein dünnes Eisen, wenn man nur geduldig schleift?)
Den ersten Versuch habe ich mit einem Chinesischen HSS- Stecheisen (Dick) gemacht. Diese Eisen haben eine leicht ausgestellte Klinge (vorn etwas breiter als am Heft), keine Seitenfasen und sind geradezu lächerlich billig. Ich sah bei diesem Eisen auch den Vorteil, dass das notwendige Umschleifen wegen der bekannten thermischen Unempfindlichkeit von HSS maschinell möglich sein sollte. Hab ich dann auch so gemacht, mit Schleifbock und Bandschleifer, ganz vorsichtig und ständig zwischendurch gekühlt.
Das anschließend notwendige Schleifen und Abziehen von Spiegelseite und Fase auf dem Wasserstein war äußerst mühsam, eine leicht apfelsinenschalenartige Struktur der Spiegelseite (unter der Lupe kleine Poren in regelmäßigem Abstand) bleib bis zum Schluss. Fase/ Mikrofase habe ich auf 22/25° geschliffen bzw. abgezogen, für einen leichten Schnitt und weil HSS doch so widerstandsfähig ist.
Pustekuchen! Die Schneide verbog sich merkwürdigerweise nur an einer Stelle, aber es war kein Nagel oder Ast im Holz- beim ersten Einsatz auf Hartholz. HSS in dem Sinne wie ich es z. B. von einem alten Kunz- Hobeleisen kenne, also schlecht zu schleifen aber dann unverwüstlich, ist das nicht. Damit war das chinesische Experiment beendet, zur Fortsetzung oder Ursachenforschung hatte ich keine Lust mehr. Fort mit Schaden!
Zweiter Versuch: Drei Bildhauereisen von Kirschen (Dieter), Stich 1 (gerade), einseitig angeschliffen wie ein normales Stecheisen, ohne Seitenfasen. Breiten 8, 12 und 20 mm. Die Breite 8mm ergab sich aus der kleinsten zu erwartenden Lückenbreite bei Schwalbenschwänzen. Einen eng gestuften Satz wie bei Stemmeisen (wo für jede benötigte Nut- oder Zapfenlochbreite ein genau passendes Eisen vorhanden sein sollte) braucht man natürlich nicht.
Die wollte ich mir umschleifen. Von Hand, denn an meine (trockene) Schleifmaschine wollte ich damit natürlich nicht.
1. Schritt: Spiegelseite planschleifen auf 800er Stein. Puh! Man merkt schon, dass diese Bildhauereisen wohl irgendwie freihand in Form geschliffen werden - die Politur deckt dann die Wahrheit zu. Die Spiegelseiten waren alle drei ziemlich krumm, am schlimmsten bei dem 20er Eisen, da dauerte das Planschleifen eine volle Stunde.
Kleine Anmerkung am Rande (bezieht sich auf Kirschen- Eisen): Ähnliches habe ich auch bei meinen Lochbeiteln erlebt; die Standard- Stecheisen waren dagegen besser, richtig plan aber auch nicht. Manchmal wird man richtig neidisch,wenn man im Baumarkt Billig- Stecheisen mit sauberemTopfschliff der Spiegelseite sieht. Die Kirschen- Eisen sind wirklich schön, aber bis man sie soweit hat
2. Schritt: Seitenfasen anschleifen. Das habe ich auf einem groben, ziemlich agressiven Bankstein gemacht. Beim 8er musste ich ganz oben an der Angel etwas am Schleifbock nachhelfen, die beiden anderen sind komplett von Hand abgeschliffen, Alle drei sind seitlich auf den ersten etwa 30mm fast scharfkantig. Dauer: Am 20er etwa eine halbe Stunde pro Seite.
3. Schritt: Aufkleber von den Heften puhlen, Lack von den Heften abschleifen und vom Eisen mit Stahlwolle + Nitroverdünnung entfernen. Verbliebene Flächen am Eisen mit 400er Schleifpapier entpolieren. Hefte mehrfach warm mit Firnis behandeln, zuletzt noch mit Stahlwolle abziehen und mit Leinöl (kein Firnis mehr, damits nicht klebt) abreiben. Wenn man nass schärft, muss ein gewisses Mass an Abwaschbarkeit gegeben sein, sonst sieht das Werkzeug schnell aus wie Sau.
4. Schritt: Ganz normal schärfen. Ich habe die Fase auf 25° geschliffen, die Mikrofase auf 30° abgezogen, Spiegelseite natürlich auch abgezogen.
Bild unten: So sehen sie aus.
Das 8er ist fast zu dünn (an der Schneide nur 1,5 mm!) und leicht. Das 12er (2mm) ist perfekt. Das 20er (2,5 mm) ist schon ganz schön klotzig verglichen mit den beiden anderen, ein etwas schmaleres (16 oder 18 mm ) hätte auch genügt.
Erste Gebrauchsversuche: Sehr angenehm und handlich. Schwalbenschwänze stehen im Moment nicht an, aber ich bin sicher: Es wird eine Freude damit.
Friedrich
