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Erfahrungsbericht Jap. Kanna

Verfasst: So 25. Apr 2004, 10:21
von ronald.maly@freenet.de

Hallo zusammen,

in meinen letzten Beiträgen habe ich ja mehrmals angekündigt, daß ich mir einen Hobel bauen möchte. In der jetzigen Planfase der Infosammlung hielt ich es für angebracht, vorweg meine Defizite duch fachtheoretischen Unterricht zu minimieren. Die Tage habe ich ein 2-Tageseminar über den Japanischen Kanna- Schlichthobel besuchen können. Nun, der Teilnehmerkreis war sehr interessant und bunt; vom Profi bis zum Hobbyhobler, von "alt bis jung, Mann und Frau und schlußendlich waren auch zwei Lehrlinge mit im Boot. Der Dozent war sehr fachkompetent und für jede Frage offen. Dies lies auch die Gruppenstärke mit ca. 12 recht gut zu. Man beansprucht ja dann den Dozenten doch gerne auch für sich, so wie eben jeder andere auch. Das klappte recht gut. Ein Profi, und das muß ich gleich vorwegschicken, wird man in zwei Tagen natürlich nicht. Man lernt jedoch ungemein viel, der Kurs ist sehr intensiv; das brachte mich ein ordentliches Stück weiter. Auf den Erfahrungsschatz des Dozenten, selbst Kanna-Schreiner, konnte man sehr gut zurückgreifen. Es waren somit recht gute Rahmenbedingungen geschaffen.
Zunächst wurden die wesentlichen Unterschiede zw. europ. und jap. Werkzeugen etwas erörtert, und die Besonderheiten dargestellt. Nun, Japaner haben u.a. eine sehr exakte Vorstellung vom Ergebnis ihres Werkstückes ( Umgebung, Einsatz, Anforderungen...), wonach sich die Auswahl der Werkzeuge richtet. In aller Regel wird nicht die Oberfläche lackiert. Es soll der Stoff Holz noch sichtbar bleiben. Es wurde davor entsprechend ausgewählt. Meist wird die Top Hobeloberfläche nur geölt. Denn, im Vergleich zum Schleifen, bei der die Faser an der Oberfläche zerkratzt, aufgerissen usw. wird, hat die feingehobelte eine geschlossene Fläche und wurde geschnitten. Es richten sich auch keine Fasern auf, was ich selbst getestet habe am Wochenende. Aber, vor der Freude kommt der Fleiß:-) Denn mit Ausnahme von Lie-Nielsen, müssen andere Hobel- wie auch der Kanna erst massiv bearbeitet werden, ehe Sie gebrauchsfertig sind. Dies bezieht sich auf Eisen und Körper, sowie beim Kanna noch dem Eisensitz. Manch Anwender stößt sich daran, ich fand das bis vor dem Seminar auch befremdend. Aber man lernt dadurch ja erst die Feinheiten seines Werkzeuges kennen! Und davon lebt ja gerade so ein Kurs.
Zuerst wird, und das ist das mühsigste, das Eisen vorbereitet. Hierzu wird die Spiegelseite solange geschliffen, bis diese absolut plan ist. Hier kann man wenn man aufmerksam ist, gleich die ersten Vorteile verbuchen. Die Härte, und als zweites - und das kann überraschen wenn man in der Metallurgie nicht so belesen ist ( ich hörte in meiner Werkzeugmacherausbildung schon einiges)- die leichte Schärfbarkeit. Auch muß nicht die gesamte Fläche geschliffen werden, denn der schlaue Japaner hat die Mitte ausgehöhlt. Alles Eigenschaften, die der Nutzer ja haben will. Und ich will hierzu gleich anmerken, bei der Nachschärfbarkeit schnitt der Primus nicht so gut ab. In den letzten Stunden machten wir hierzu einen Vergleich.
Beim nächsten Arbeitsgang ist die Klappe ebenso zu schleifen. Da muß alles super dicht sein, denn mein Span war beim Hobeltest zum Schluß, nur ca.0,06 - 0,08mm dick! Das entspricht in etwa einem Haar. Man kann sich vorstellen, das auch nur kleine Zugeständnisse an der Vorbereitung, den Test zum Scheitern aufgrund Spanstaus verurteilt. Die Vorbereitung bis hier hin ist nicht zu unterschätzen da das alles Handarbeit nach Tradition ist, und wir ja keinen Stilbruch begehen wollten. War schon 'ne Herausforderung:-)
Erst danach erfolgt das eigentliche Schärfen.Wir verwendeten jap. Wassersteine was recht gut klappte. Eine Batterie von Körnung 200 bis 8000. Hierbei auch eine Anmerkung an alle von Hand Schleifer: Je größer die Anzahl der vorliegenden Steine, desto besser das Ergebnis. Auch wenn die Anschaffung erst mal Geld kostet. Aber, es geht schneller, weil die Schleifzeit je Stein sinkt. Je kürzer die Zeit je Stein, desto geringer die Abnutzung. Je geringer die Abnutzung, desto genauer das Ergebnis und desto weniger muß abgerichtet werden. Das klingt jetzt vielleicht geschwollen oder gar wie nur zitiert weil ich gar kein Schreiner bin; aber, es ist Fakt und meine tatsächliche Erfahrung da ich mittlerweile einige Eisen geschliffen habe. Auch hatte ich für mich den Eindruck nicht ablegen können, das man einen guten Unterschie zwischen 6000 und 8000 im Ergebnis sieht. Obschon wir allesamt Einsteiger waren. Der Dozent meinte aber auch ganz klar, daß gerade beim Schleifen jeder so seine Philosophie hat, nach der er letztlich auch glücklich werden soll.
Mein Fazit bis hier:
Die Mühe hat sich gelohnt. Ob nun Disziplin, Aufmerksamkeit, genaues Arbeiten... Wer da durch ist, wird Freude an seinem Werkzeug haben.
So, das war jetzt der erste Teil,
Fortsetzung folgt.
Freundliche Grüße
Ronald




Re: Erfahrungsbericht Jap. Kanna

Verfasst: So 25. Apr 2004, 20:03
von André Schwarz

Hallo Ronald,

wirklich interessant, also lass uns nicht allzu lange warten.

Viele Grüße, André


Re: Erfahrungsbericht Jap. Kanna

Verfasst: So 25. Apr 2004, 21:24
von Friedrich Kollenrott

interessiert mich auch, wie es weiter geht!

Fredrich


Re: Erfahrungsbericht Jap. Kanna

Verfasst: Mo 26. Apr 2004, 08:50
von Christof Hartge
[In Antwort auf #100128]
Hallo Rnoald vielen Dank für deinen ausführlichebn Bericht von einem Werkzeug von dem wir noch nicht so viel wissen.

Soll ein werkzeug nun gebrauchsfertig sein oder nicht? Offenbar kreuzen sich da zwei Marketingstrategien: Kauft man japanisches Werkzeug, wird einem eben das als besonderer Vorteil angepriesen. Kauft man Lie-Nielsen oder Lee-Valley so sind die Firmen sehr stolz darauf, daß Werkzeug im Unterschied zu anderen perfekt hergerichtet ist.
Irgendwie hat die japanische Argumentation für sich, daß jedes werkzeug ohnehin irgendwann hergerichtet werden muß, einfach weil es stumpf ist. Da kommt keiner drumrum. Bei den Spiegelseiten frage ich mich allerdings, ob das nicht in der Tat zu den Aufgaben des Produzenten gehört. (Siehe Friedrichs Bericht von dem Lee-Valley Eisen.

Zu den Schärfsteinen: hast du im Gedächtnis: Welche Abstufung der Dozent benutzt hat?

Was mich immer bewegt, wenn ich mir die Bilder von japanischen Hobeln anschaue: Wie ist es denn mit der Ergonomie?

Toll finde ich, daß nach 2 Tagen schon ein echter Putzhobelspan herauskam. Dazu habe ich im stillen Kämmerlein länger gebraucht. Herzlichen Glückwunsch.

Viele Grüße, Christof.


Re: Erfahrungsbericht Jap. Kanna

Verfasst: Mo 26. Apr 2004, 18:05
von Marc Waldbillig
[In Antwort auf #100128]
Hallo Ronald,

Dein Bericht ermutigt schon sehr, einen Kanna auszuprobieren. Mich hat das Ziehen des Hobels bis jetzt abgeschreckt. Deshalb hab ich mir Metallhobel angeschafft, will aber nicht heißen, dass ich mir nicht mal einen Kanna gönnen werde.

Du schreibst:
"Denn, im Vergleich zum Schleifen, bei der die Faser an der Oberfläche zerkratzt, aufgerissen usw. wird, hat die feingehobelte eine geschlossene Fläche und wurde geschnitten. Es richten sich auch keine Fasern auf, was ich selbst getestet habe am Wochenende."

Ich hab gestern einen Tisch mit einer Wachsbeize behandelt und ich bekam den Rat, den Tisch vorher mit Wasser abzupinseln, und anschließend zu schleifen, um die aufgerichteten Fasern dann wieder zu schleifen. Zu meinem Erstaunen gestern hat sich nichts aufgerichtet. Ich weiß jetzt dank deinem Beitrag warum. Hier nun meine Frage, warum richten sich angeschliffene Fasern auf und gehobelte, also geschnittene nicht?

Freundliche Grüße an alle Holzwerker
Marc Waldbillig


Re: Erfahrungsbericht Jap. Kanna

Verfasst: Mo 26. Apr 2004, 21:08
von ronald.maly@freenet.de

Hallo Marc,
hallo zusammen,

vielen Dank für Deinen Beitrag.
Tja, bei Stahl würde ich sagen, müßte ich etwas ausholen und in die Metallurgie einsteigen. Bei Holz tue ich mich etwas schwer, insbesondere mit den Begründungen. Aber ich bin sich ein versierter Schreiner wird noch die passende Antwort finden und mailen.
Ich habe es so verstanden, daß das Gefüge und die Struktur bei einem scharfen Schnitt erhalten bleiben kann; gerade die feine Zellstruktur. Wenn ich meinen feinen Hobelspan in die Sonne halte, könnte ich fast meinen, einzelne Kammern zu sehen. Sicher wohl eine Ansammlung von Holzzellen die in Ihrer Bündelung auch ohne Mikroskop sichtbar sind. Nun, die Grenzen /Stege halten das Material zusammen und "geschlossen".
Nun, beim schleifen zerrupfen die Spitzen der Schleifkarpide diese, und läßt dann wohl die Fasern aufstehen. Öl ist sanft, haftend, diffudierend, emulsiver als Wasser, und so kommt es daß es leicht in die Oberfläche eindringt, aber nicht wirklich tief. Das ist eigentlich ein geeignetes Finish.
So habe ich es verstanden, und bei meiner lumpigen Fichte war es auch so. Aber ich bin wie gesagt kein Fachmann, und andere haben ein besseres Fachwissen oder Erfahrung.
Aber zurück zum Kanna.
Er ist auf jedenfall eine Erfahrung Wert, und ich finde wir sind ja alle hier irgendwo auch einwenig Liebhaber denke ich, oder :-)
Und unter uns, im Vergleich zu manch anderem Spitzenwerkzeug die auch Ihren Preis haben, meine ich, kann der Kanna schon eher beim einen oder anderen auf einen Wunschzettel.

Viel Spaß und freundliche Grüße
Maly Ronald



Re: Erfahrungsbericht Jap. Kanna

Verfasst: Mo 26. Apr 2004, 21:08
von ronald.maly@freenet.de
[In Antwort auf #100148]
Hallo Christof,
hallo zusammen,

vielen Dank erst mal für das rege Interesse und die ersten Reaktionen. Vielleicht kann ich mit diesem Projekt endlich auch mal vernünftig was zum Forum beitragen, nach all meinen sonst üblichen Fragen. Letztlich lebt ja diese Plattform von solchen Projektberichten. Es wird in jedem Fall nach und nach noch was kommen. Doch nun zu Deinen Punkten.
Klar, vor dem Genuß hat der Herr die Mühe gesetzt. Auch in Japan. Für mich ist es so, daß ich als gelernter Werkzeugmacher schon etwas mitbringe in diese Hobby. Aber, in erster Linie habe ich natürlich enorme Defizite, die ich versuche mit Fleiß, Lernen und Üben, Interesse, aber auch einer gehörigen Portion Leidenschaft, versuche aufzufangen. Nur so kann ich mein Werkzeug kennenlernen. Es ist schon in Ordnung so. Irgendwie ist der Kanna jetzt auf eine Art MEINER geworden, und nicht mehr einer wie die 20 anderen auf Bestand oder so.
Wir verwendeten wie geschrieben, Toshi's - Japanische Wassersteine fürs Eisen.
Zum Schleifen stand jedem eine Batterie mit sechs Steinen zur Verfügung.
Der 220er wird zum Schruppen verwendet. Er geht recht gut, und trotz der Gröbe ein ordentlicher Schliff. Scharten kosten nun nicht mehr das ganze Wochenende. Der 800er wird schon zum Feinschruppen verwendet. Man sieht am Schleifbild schon recht gut, ob der später notwendige Grat an der Schneide vollständig erzeugt wurde. Mit dem 1200er sind wir schon beim Vorschleifen. Das Schleifbild läßt sich schon recht gut beurteilen. Man sieht sofort wo man herumschleift :-)
Der 4000er zählt sich schon zur feineren Familie. Gute Schleifwirkung und eine feine Paste am Stein zeichnen ihn aus. Nach dem Feinschliff folgt das Abziehen mit dem 6000er. So. Das ist nun ein Punkt, wo sich die Geister scheiden. Ich für mich habe die Erfahrung machen können, daß wenn man die Schneide hernach falsch einschätzt, und der noch nicht fachgerecht abgezogene Grat eine schon vorhandene Schneide vortäuscht und das schon einigermaßen Scharfe Eisen gleich verwendet, daß der Grat beim Hobeln sich ablöst und alles war u.U. umsonst.
Erst der 8000er Stein ( ich weiß der Preis schmerzt ) bringt das gute Ergebnis wie ich meine durchaus auch für einen Anfänger. Wer jetzt das Werk mit ruhe, Konzentration fortführt, wird vom Ergebnis beeindruckt sein. Die Schärfe ist echt unübertroffen. Die schärfste Schneide die ich je zustande brachte.
Alle Vorteile des Eisens und der Steine warten gebündelt. Den wenn man sich mal verschleift, was soll's? Zwei Steine zurück und weiter gehts. Kurz und schmerzlos. Geübt, ist die Klinge in 5 Minuten scharf wie ein Samuraischwert.
Man merkt sicher etwas meine Leidenschaft, aber ich bin noch immer bewegt. Das ist einfach Wahnsinn. Habe im Anschluß auch erfahren wie der Hobel singt, wenn der Span - gleich einer Luftschlange im Fasching - förmlich herausschwebt.
Tja, das muß man erlebt haben, finde ich. Da kannste jede Maschine vergessen!
Und die Ergonomie ist durchaus in Ordnung. Der Körper ist ca. 80mm Breit, das Eisen 64mm Breit. Gerade ausgewogen daß man ihn zum Ziehen schön greifen kann und man was in der Hand hat. Auch vor der Breite des Eisens habe ich keine Angst mehr, im Gegenteil. Der bewegt wenigstens was. Und fügen denke ich ist wäre für Dich nach Deiner "Bändigung" auch kein Thema :-)
Tja, ich werde ihn nicht mehr hergeben, und bin für die Erfahrung dankbar. Auch in der von mir angegangenen Weise. Denn, Papier ist geduldig. Und die eigene Erfahrung ist schwer zu ersetzen. So tat ich einen Schritt nach dem anderen. Und darauf aufbauend werde ich mein Projekt weiter verfolgen. Und wem ich vielleicht den Mund wässrig machen konnte... nur soviel: habt den Mut.
Mein Eigenbau wird aber, und damit will ich schließen, die Punkte des Kannas mit der Wellenform des chinesischen Hobels vereinen; soviel als Vorschau.

Gut Span, und freundliche Grüße
Maly Ronald




Re: Erfahrungsbericht Jap. Kanna

Verfasst: Di 27. Apr 2004, 07:40
von Axel Rogge
[In Antwort auf #100172]
Hallo Marc!

Der Kanna lohnt sich auf alle Fälle! Ich habe "westliche" Holz- und Eisenhobel, aber mit dem Kanna (bei mir in Form eines Putzhobels) zu arbeiten, ist etwas wirklich besonderes. Ich habe aus mangelndem Vertrauen in die eigenen Schärfkünste zwar einen mit auswechselbaren Klingen, aber die Handhabung ist wohl die gleiche wie mit allen anderen Kannas auch. Er wiegt nicht viel und man ist zum Beispiel beim Putzen einer Zinkenverbindung unglaublich schnell damit. Auf der Ebene erzeugt er eine Oberfläche, die ich selbst mit einem LN No. 4 nicht hinbekomme.
Der Kanna ist ein Lehrstück in Einfachheit und Effizienz - finde ich.