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"Odelgruben-gefärbtes Schwarzholz"
Verfasst: Fr 5. Mär 2004, 03:34
von Michl
Ich hör immer mal wieder davon, daß früher bestimmte Hölzer in Odelgruben eingelegt wurden und sich dann schwarz färbten.
Von meiner Nachbarin bekam ich eine alte schwarze Schmiege. Ich hab sie abgeschliffen, weil ich dachte, sie sei dreckig, aber das Holz ist durchgehend schwarz. Es handelt sich um eine selbstgebaute Schmiege und man kann sicher davon ausgehen, daß sich der "Selbstbauer" keine schwarzen Edelhölzer für den bau seiner Werkzeuge gekauft hat.
Ich hab den Eindruck, daß sie aus Zwetschge ist.
Habt ihr auch schon mal von der Sache gehört? Wer hat noch `ne Grube und will´s mal ausprobieren?
Re: "Odelgruben-gefärbtes Schwarzholz"
Verfasst: Fr 5. Mär 2004, 03:43
von Dieter Macher
Hallo Michl -
habe von dieser Art der Holzfärbung noch nie etwas gehört - klingt aber interessant. In einer meiner Nachbarortschaften gibt es noch solche
"Sickergruben" bzw. Odelgruben wie man hier in Franken sagt. Aber so ganz ohne Anhaltspunkte hinsichtlich der Verweildauer des Holzes in der Brühe "is des hal a soa Sach!"
Du schreibst, du hast die Schmiege abgeschliffen - hat der Schleifstaub noch unangenehm gerochen?
Denkt man an den Entstehungsprozeß von sog. Mooreichen ( z.B. aus dem Bitterfelder Kohlerevieren )klingt das mit dem Odelgruben-geschwärzten Holz schon irgendwie logisch - nur.....die Mooreichen brauchten über 4000 Jahre bis sie " fertig" waren. Wer von uns hat schon soviel Zeit, sein zu verarbeitendes Holz so lange in der Jauche zu tränken?
Interessanter Denkanstoß.......
Gruss Dieter M.
Re: "Odelgruben-gefärbtes Schwarzholz"
Verfasst: Fr 5. Mär 2004, 07:13
von Edi Kottmair
Habe die Ehre,
man könnte sich das folgendermaßen vorstellen: In Odelgruben entsteht Ammoniak und von diesem ist bekannt, dass er zumindest Eiche dunkel färbt (das wurde in diesem Forum schon mal behandelt). Ich habe ein Eichenstück 3 Wochen lang in Ammoniak-Gas gelagert, wobei es sich teilweise dunkelbraun färbte, aber nicht vollständig. Ansonsten können natürlich die braunen, gelösten Bestandteile des Odels das Holz wie eine Beize färben.
Es gibt aber angenehmere Beizen.
Viele Grüße von Edi
Re: Sickergruben - Odelgruben - Sinkgruben
Verfasst: Fr 5. Mär 2004, 19:42
von Jörg Ed. Hartge
Lieber Dieter, "Sickergruben" und "Odelgruben" sind durchaus nicht dasselbe.
Sickergruben sind unten undicht, damit das Wasser im Boden versickern kann. Die haben früher alles mögliche an Abwasser aufgenommen. Eigentlich waren sie für Regenwasser da, aber es liefen gelegentlich auch andere Hausabwässer (Waschwasser) rein. Heute ist das nur noch für Regenwasser zulässig (und auch vielfach üblich).
"Odelgruben" sind identisch mit "Jauchegruben". Die sind dicht (oder sollten es zumindest sein). Dort läuft der Urin (natürlich vermischt mit weggespültem Kot) aus den Ställen rein und meist war früher auch die Toilette angeschlossen, beziehungsweise als "Herzhäuschen" direkt darüber gebaut. Der Inhalt dieser Gruben gehörte zum festen Nährstoffkreislauf in der Landwirtschaft. Ich vermute, nur diese Gruben waren zur "Holzveredelung" geeignet.
Dann gab es auch noch "Sinkgruben" oder "Klärgruben" - ebenfalls dicht, aber mit Überlauf. Sie nahmen die Abwässer jeglicher Art von Wohnhäusern auf, als es noch keine öffentliche Kanalisation gab. Feststoffe setzten sich am Boden ab und das so mechanisch geklärte Wasser wurde über den Überlauf in den nächsten Bach oder sonst irgendeinen Abfluss geleitet. Oft waren zur besseren Klärung zwei bis drei solcher Gruben hintereinander geschaltet. Sie mussten regelmäßig (alle ein bis zwei Jahre) wegen der sich ansammelnden Feststoffe geleert werden. Unser Haus von ca. 1895 war, bis wir es 1997 übernommen und renoviert haben, noch zur Hälfte (Regenwasser und Küchenabfluss) an eine solche Grube angeschlossen, die im Garten unter dem Rasen angelegt war. Der Überlauf lief einfach in die umgebende abschüssige Wiese.
Soviel zur "fäkalischen Grubenkunde".
Gruß
Jörg
Re: Sickergruben - Odelgruben - Sinkgruben
Verfasst: Sa 6. Mär 2004, 05:15
von Dieter Macher
Guten Morgen, lieber Jörg,
Danke für deine " fäkalische Feinaufklärung " - man lernt eben nie aus.
Gruß Dieter M.
Re: "Odelgruben-gefärbtes Schwarzholz"
Verfasst: Sa 6. Mär 2004, 05:44
von Dietrich
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In Antwort auf #99183]
Hallo,
in Schweden findet man entlang den alten Binnenschiff-Kanälen oft tiefliegende Holzläger mit einem Schleusentor, dort wurden Schiffe trockengelegt, aber auch Holz unter Wasser gelagert.
Dieses Holz soll eine größere Festigkeit bekommen, hauptsächlich Eiche, sagte man mir.
Außerdem habe ich mal gelesen, das man an Segelschiffen die Holzteile, über die oft Taue gleiten, aus Hölzern fertigte die jahrelang in Jauche lagerten. Offensichtlich ging es dabei nicht um die Farbe, sondern um Festigkeit und Abriebverhalten.
Gruß Dietrich
Re: "Odelgruben-gefärbtes Schwarzholz"
Verfasst: Sa 6. Mär 2004, 08:01
von Stefan Wagner
In Schweden findet man entlang den alten Binnenschiff-Kanälen oft tiefliegende Holzläger mit einem Schleusentor. Dort wurden Schiffe trockengelegt, aber auch Holz unter Wasser gelagert.
Dieses Holz soll eine größere Festigkeit bekommen, hauptsächlich Eiche, sagte man mir.
Auch aus diesem Grunde wurde Holz früher gern geflößt, also im Wasser transportiert. Die Hölzer (Stämme) wurden dann auch bis zum Aufschneiden im Wasser gelassen.
Ich nehme an, dass dadurch die Stämme bis zum Aufschneiden eine gleichmäßige Feuchteverteilung, und damit geringe innere Spannung, bewahrten.
Außerdem habe ich mal gelesen, das man an Segelschiffen die Holzteile, über die oft Taue gleiten, aus Hölzern fertigte die jahrelang in Jauche lagerten. Offensichtlich ging es dabei nicht um die Farbe, sondern um Festigkeit und Abriebverhalten.
Interessant. Dazu habe ich in meiner gesamten Bootsbau-Literatur bislang nie etwas gefunden. Hast Du eine Literaturangabe?
Generell ist die Verwendung "anrüchiger" Dinge zu technischen Zwecken gar nicht so selten gewesen. Man hat z.b. Tierkot verwendet, um Stahl zu nitrieren und aufzukohlen und damit härter zu machen (0). (Womit wir bei den Werkzeugschneiden wären!) Und Dinge, die längere Zeit bei höherer Temperatur (ca. 40 °C) aufbewahrt werden mussten, hat man im Misthaufen eingegraben.
Zurück zum Holz: Durch das Einlegen in Jauche (Odel, Gülle) dringen in die Zellen des Holzes diverse ammoniakalische Salze und Harnstoffverbindungen ein, die dann natürlich mit der Zellulose reagieren. Was im Einzelnen da passiert, dürfte recht komplex sein. Ich nehme aber an, dass die entstehenden Verbindungen recht stabil (chemisch und mechanisch) sein dürften. Zusätzlich erzielt man höchstwahrscheinlich einen nicht zu unterschätzenden Fäulnis- und Holzschädlingsschutz.
Ist schon sehr interessant, der "klassische Holzschutz".
Viele Grüße
Stefan
0) Franz Wever, "Das Schwert in Mythos und Handwerk"; In: Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes NRW, Heft 91; Köln und Opladen, ohne Datierung (ca. 1960).
Re: Grund für das Flößen und Nasslagern
Verfasst: Sa 6. Mär 2004, 23:18
von Jörg Ed. Hartge
Die Lagerung von Stammholz im Wasser (ich meine nicht die Jauchebehandlung) diente nicht dazu, das Holz "härter" zu machen, sondern ist die einfachste Methode der Lagerung über längere Zeit, ohne dass das Holz Schaden nimmt (Schädlingsbefall, Reißen). Dies muss immer dann angewandt werden, wenn ein Aufsägen nicht bald nach dem Einschlag erfolgen kann. Beim Flößen wird diese Nasslagerung gleich mit dem Transport verbunden.
Die Nasslagerung wurde übrigens auch nach dem großen Windbruch Mitte/Ende der achtziger Jahre (Wiebke?) im großen Stil in veränderter Form durchgeführt. Damals fiel plötzlich dermaßen viel Holz an, dass die Sägewerke überfordert waren und außerdem der Holzpreis völlig in den Keller zu fallen drohte. Man konnte damals vielerorts provisorische Holzlagerplätze sehen, wo die Stämme gestapelt und über Jahre ständig mit Wasser besprengt, also nass gehalten, wurden. Das Holz wurde dadurch nicht besser, aber man konnte es schadensfrei aufheben.
Gruß
Jörg
Re: "Odelgruben-gefärbtes Schwarzholz"
Verfasst: Sa 6. Mär 2004, 23:31
von Dietrich
Hallo Stefan,
leider habe ich keine Literaturangabe parat, aber die von Dir aufgelistete Beschreibung scheint plausibel.
Geflösst wird in größerem Stil nur noch im sibierischen Teil von Russland, wurde im TV gemeldet.
Gruß Dietrich
Floessen
Verfasst: So 7. Mär 2004, 11:11
von Thomas Jacobi
... Und nachdem der Thread mittlerweile ziemlich in Richtung Floessen abgedriftet ist erlaube ich mir noch hinzuzufuegen dass das Floessen neben Transport und Lagern des Holzes auch konstruktive Holzschutzmassnahme ist insofern als durch das fliessende Wasser Naehrstoffe, etwa Proteine aus dem Holz geloest, gespuelt werden, dies macht es somit fuer Parasiten weniger interessant.
Ein sich von Holz ernaehrender Parasit ist selektiv genauso wie etwa die Kleidermotte ("wer keine Socken isst kriegt auch keinen Pullover" sagte die Mottenmutter zu den Kindern). Er greift eher dies als das just daneben liegende Holz an. Das mag sicherlich an der jeweiligen chemischen Zusammensetzung liegen, doch wohl auch daran ob es "nahrhaft" genug ist. Aus purer Langeweile an etwas herumkauen tut nur der Mensch.