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Künstliches Altern von Messingbeschlägen

Verfasst: So 11. Jan 2004, 17:44
von Stefan Hintzen

Liebe Holzwerkergemeinde, meine Frage richtet sich diesmal an diejenigen, welche sich etwas besser mit Chemikalien auskennen als ich.
Also, ich habe das große Glück, in meiner Freizeit bei einem alten Möbeltischler arbeiten zu dürfen ( und mir einiges von seinem über die Jahre angesammeltem Fachwissen anzueignen, und das ist bei seinen 72 Jahren eine ganze Menge geworden, vor allem, was die alten Techniken angeht).
Diesmal geht es um einen alten Nußbaumschrank, welchen wir beide fachmännisch aufgearbeitet haben. Da einige Messingteile verschwunden waren, konnte ich diese auf der Drehmaschine nachfertigen. Jetzt möchte ich eben diesen Neuteilen zu einer antiken Patina verhelfen, und ich stelle es mir so vor, daß die Teile einfach in eine Art Saeurebad eingelegt werden, so daß sie altern und den "neuen" Glanz verlieren, ja fast schwarz anlaufen.
Bloß welche Art von Säure ist angesagt, bevor ich von Pontius zu Pilatus laufen muß, frage ich mal lieber hier im Forum nach, es gibt doch einen hier, der im Hauptberuf Chemiefachwerker ist. Komme nicht mehr auf den Namen,war es Bernhard Dirr ? aber vielleicht kann der Eine oder Andere mir helfen.

In Voraus vielen Dank

Steff,

der übrigens im Moment an einer "Erfindung" rumtueftelt, mit Hilfe einer 0815-Heißklebepistole (aus einem nicht sonderlich geliebten Baumarkt für 2,99 Euros) Wachskitt zu erhitzen und diesen dann in die Wurmlöcher einzubringen. Brauche dann das Wachs nicht mehr mühsam per Hand in die vielen Löcher einzuquetschen. Erste Versuche laufen demnächst an. Werde dann berichten, wenn Interesse besteht.


Re: Künstliches Altern von Messingbeschlägen

Verfasst: So 11. Jan 2004, 22:11
von Urs Eschmann

Lieber Steff

Das habe ich vor Jahren auch mal gemacht. Mein Messingteil (die Abdeckung eines Schlüsselloches bei einem geerbten Apothekerschränkchen, das ich restauriert und in ein Münzschränkung umgebaut habe) war das ursprüngliche, aber durch fleckige starke Korrosion verunstaltet (ursprünglich war das Messing lackiert und dann wurde der Lack an einigen Stellen beschädigt) . Ich habe dann mit feinem Sandpapier den Lack etc. entfernt und für die verbleibenden Verfärbungen zu einem Kupferreinigungsmittel gegriffen (ich weiss - banausenhaft) aber eben: Es glänzte wie neu.

Ich hatte damals noch starke Säuren im Haus sowie Glasbehälter. Ich legte das Messingplättchen natürlich nicht in die Säure sondern daneben und alles unter eine Glasglocke. Ich weiss nicht mehr, ob es Salz- oder Schwefelsäure war. Aber es scheint, dass diese Säuren von den Fälschern von Antiquitäten auch heute noch verwendet werden. Zumindest schliesse ich dies aus einem Zitat aus einer Website, die sich mit Echtheitsprüfungen auseinandersetzt:

"Weiterhin muß die Anwesenheit von nichtmetallischen Bestandteilen (wie etwa Chlor, Phosphor und Schwefel) und/oder Stoffen zur Oberflächenbehandlung als Hinweis auf künstliche Erzeugung, aber auch auf nachträgliche Veränderungen der Patina, z.B. durch Reinigungsvorgänge in Betracht gezogen werden."
Zitat aus

http://www.a-analytics.de/de/arbeitsfelder/bronzen.shtml

Bei mir hat's jedenfalls funktioniert (wobei ich als nicht-Fachmann auch nicht allzu hohe Ansprüche stellte). Resultat: Putzglanz weg, einige Stellen nachgedunkelt Richtung schwarz.

Eine andere Website behandelt das künstliche Altern von kupferhaltigen Metallteilen an Schiffsmodellen. Bei Messing funktioniere das nicht, es wird demgegenüber Kupferammonium in Ammoniak empfohlen.

http://www.igminisail.de/ttt/ttt-02-11/ttt-02-11.htm

Vielleicht helfen Dir die Hinweise

Gruss
Urs




Re: Künstliches Altern von Messingbeschlägen

Verfasst: Mo 12. Jan 2004, 08:20
von reinhold

hallo,
ein Bad in einer wässrigen Lösung aus Schwefelleber gibt eine ganz tolle Patina und ist ungefährlich. Ich habe das früher mal gemacht, mein Drogerist hat mir die Lösung angesetzt.
Da heutige Drogeristen ja oft nur noch Duftwässerchenverkäufer sind, wird es unter Umständen schwer fallen, an die Chemikalie zu kommen. Eventuell kann Dein Apotheker helfen.
viele Grüsse
reinhold


Re: Künstliches Altern von Messingbeschlägen

Verfasst: Mo 12. Jan 2004, 09:10
von Peter Karcher
[In Antwort auf #97652]
Hallo Stefan,
wie so oft auf dieser Erde haben mehrere Menschen zur gleichen Zeit die gleiche Idee. Deiner Èrfindung` geht es ähnlich. Schau mal bei www.weiblen.de nach.
Dort gibt es zwei Heißwachsspritzen für Restaurierungen. Eine Heimwerker und eine Profiausführung mit passenden Wachsstäbchen. Laß Dich jetzt aber nicht von weiteren Forschungen abhalten denn es gibt fast nichts was man nicht noch verbessern könnte.
Gruß aus dem Schwarzwald
Peter


Re: Künstliches Altern von Messingbeschlägen

Verfasst: Mo 12. Jan 2004, 10:48
von Bernhard Dirr
[In Antwort auf #97652]
Hallo Stefan,

Knapp daneben: ich bin Maschinenbauer und habe leider (oder Gott sei Dank) mit Chemie reichlich wenig zu tun - wenn man davon absieht, dass ich mit einer Chemikerin verheiratet bin.

Aber ich denke, Du hast hast schon gute Tipps bekommen. Viel Erfolg damit!

Bernhard Dirr


Re: Künstliches Altern von Messingbeschlägen

Verfasst: Mo 12. Jan 2004, 11:07
von Volker Hansen
[In Antwort auf #97652]
Hallo Stefan, ich habe eine Namenszug aus Messing hergestellt. Um eine Patina zu erreichen habe ich die Oberfläche mit einem Dremel und eine Drahtbürste behandelt. Durch die Drahtbürste wird die Oberfläche wunderbar rau und erhält einen matten Glanz. Zum Schutz habe ich die Oberfläche mit Zaponlack überzogen.

Gruß Volker


Re: Künstliches Altern von Messingbeschlägen

Verfasst: Mo 12. Jan 2004, 11:37
von Albert Erz
[In Antwort auf #97652]
Hallo Stefan,

der Tip von Reinhold mit der Schwefelleber ist goldrichtig. Schwefelleber in
Wasser gelöst wirkt bei allen kupferhaltigen Materialien. Vorraussetzung ist
eine blanke absolut fettfreie Metalloberfläche. Bei längerer Einwirkzeit färbt
sich das Metall gleichmäßig blauschwarz. Mit feiner Stahlwolle läßt sich die
schwarzblaue Verfärbung wieder abschwächen bzw. entfernen. Dadurch lassen sich
interessante Effekte erziehlen. Erhabene Stellen hell und blank, Vertiefungen
dunkel bis schwarz. Also richtig "antik". Eine Versiegelung mit Klarlack zum Schluß
ist empfehlenswert, sozusagen als erneuter Anlaufschutz.
Übrigens Schwefelleber gibt es in jeder Apotheke.

Grüße aus dem Rheinland und viel Erfolg.

Albert




Re: Künstliches Altern von Messingbeschlägen

Verfasst: Mo 12. Jan 2004, 14:41
von Stefan Hintzen

Liebe Holzwerkergemeinde,

an dieser Stelle einmal ein herzliches Dankeschön an alle, welche mich mit guten Tips reichlich überhäuft haben, und dazu dann noch so schnell.
So irgendwie habe ich das Gefühl, daß ich zu Hause noch eine kleine Flasche Schwefelleber rumstehen habe, sie sollte mal entsorgt werden, aber irgendwie hatte es mich davon abgehalten, sie zum Schadstoffmobil zu bringen. Werde es dann in aller Ruhe ausprobieren und mich wieder melden.
Danke

@ Peter Karcher : Ja, Peter, Du hast recht, den Katalog von Weiblen.de habe ich hier auf meinem Schreibtisch rumliegen. Meine Entwicklung ist im Grunde genommen gar keine Neue mehr, das gebe ich zu, aber die Heiß( wurmlochwachs )klebepistole ( schrecklich langes Wort ) von mir ist superklein, eben die kleinste, verfügbare mit 8W Heizleistung und 7.4mm Stiften. Und damit ich hinreichend tief in die Wurmlöcher komme, wurde von vorne die Düsenöffnung etwas aufgebohrt und eine neue, selbstgedrehte Aludüse eingepreßt, so daß ich in der Lage bin, auf eben diese Düsenverlängerung eine handelsübliche Ganz-Metallkanüle aufzustecken. Da die Heißleistung leider nicht ausreichen wollte, sah ich mich gezwungen, die ziemlich lange Kanüle etwas einzukürzen, bedingt durch die Länge wurde sie vorne nicht so richtig heiß. Demnächst werde ich mir eine Gußform herstellen und dann eine Weichwachsstange von CleHo schmelzen und in Rundstäbe gießen. Mal sehen, ob´s klappen wird.

Und dann können die Wurmlöcher verschlossen werden. Vorteil ist auch noch, daß es von CleHo das Wachs in sämtlichen Farbtönen gibt, von Weiblen aber leider nur in ca 7 Holzähnlichen Farbtönen.

@ Bernhard Dirr : Sorry, daß ich dich verwechselt habe. Beim Rumklickern bin ich wieder fündig geworden, es ist Dietrich Bausch, Chemiefachwerker und mittlerweile auch Meister. Vielleicht meldet er sich diesbezüglich auch noch und bestätigt die guten Tips mit der Schwefelleber.

Alles in Allem : Ganz vielen Dank

Stefan Hintzen


Re: Künstliches Altern von Messingbeschlägen

Verfasst: Di 8. Jun 2004, 11:01
von Dirk Warnecke

ISCH BENÖTIGE DRINGEND DIE REZEPTUR ZUM ANSETZEN DER SCHWEFELLEBER MIT WASSER, UM EIN MESSINGGELÄNDER ALZTERN ZU LASSEN !


Re: Künstliches Altern von Messingbeschlägen

Verfasst: Di 8. Jun 2004, 12:53
von Albert

Hallo Dirk,

das Mischungsverhältnis ist nicht so kritisch. Probier es mal mit 10 Gramm auf 1 Liter Wasser oder 5 Gramm auf 1/2 Liter, je nach dem wieviel Du benötigst. Zur Sicherheit Schutzbrille u. Gummihandschuhe tragen. Tauche einen kleinen Ballen feine Stahlwolle in die Lösung und massiere sie mit leichtem Druck und
kreisenden Bewegungen in die Oberfläche der blanken, fettfreien Messingteile
ein bis eine gleichmäßig blauschwarze Verfärbung entsteht. Danach die Teile mit warmem Wasser spühlen und trocknen lassen. Jetzt kannst Du ganz nach Deinem Geschmack mit trockener Stahlwolle die erhabenen Stellen mehr oder weniger blank herauspolieren. Das gibt sehr schöne Effekte. Als letztes solltest Du die Teile mit Zaponlack vor unerwünschtem Anlaufen schützen. Gutes Gelingen und

viele Grüße aus dem Rheinland

Albert