Seite 1 von 1
Gusstahl
Verfasst: Mi 12. Nov 2003, 20:53
von Andreas Winkler
Hallo allerseits,
ich habe einige Hobeleisen, auf denen u.a. "Gusstahl" eingeprägt ist.
Heißt das, das die Eisen gegossen worden sind ? Ich dachte immer, Hobeleisen werden wie Stemmeisen usw. geschmiedet.
Wer weiß Rat ?
Gruß, Andreas
Re: Gusstahl
Verfasst: Mi 12. Nov 2003, 23:42
von Friedrich Kollenrott
Hallo Andreas,
das ist schon in Ordnung. Hobeleisen werden aus gewalztem Stahlblech (das ist heute üblich und nicht schlecht) oder aus durch Schmieden gebreiteten Stahlrohlingen hergestellt. Aber der Stahl war irgendwann mal flüssig bevor er zu Brammen oder (heute eher) stranggegossenen Blechen gegossen und dann weiterverarbeitet wurde.
Die Bezeichnuung Gussstahl war früher mal gängig, vermutlich sollte sie das Erzeugnis absetzen von solchen, die nach einem (uralten, heute schon längst nicht mehr angewendeten Verfahren)unter Umgehung des Gussprozesses durch Schmieden hergestellt wurden.
Also keine Sorge, "Gussstahl" ist nach heutigem Verständnis ganz normaler Stahl.
Friedrich
Re: Gusstahl
Verfasst: Do 13. Nov 2003, 23:26
von Boris Dorau
Hallo Andreas,
es ist, wie Friedrich schon gesagt hat. Die Fomulierung Gussstahl oder "cast steel" ist eine alte Bezeichnung. In Michael Dunbars Buch über Restauration und Tuning alter Handwerkzeuge steht glaube ich sogar, daß der Prägestempel mit dieser Bezeichnung auf ein Herstellungsjahr vor 1914 hinweist. Wenn Hobel und Eisen offensichtlich wirklich zusammen gehören und beide in guter Verfassung sind, dann hast du ein schönes Schätzchen ;)
Grüße Boris
Re: Gußstahl
Verfasst: Fr 14. Nov 2003, 08:24
von Wolfgang Jordan
Hallo Boris,
ich bin mir nicht sicher, ob diese Datierung auch für Deutschland gilt. Siehe z. B. diese Katalogseite der Firma FWE (heute ECE) von 1932, wo es heißt: 'mit feinstem Spezial-Werkzeug-Gußstahl verstähltem Hobeleisen'.
http://www.holzwerken.de/museum/hersteller/kataloge/fwe02.jpg
Ich verstehe das so, daß es sich um laminierte Hobeleisen handelt, denen auf der Spiegelseite eine Platte aus Gußstahl aufgeschmiedet wurde. Das war früher die übliche Art, wie ein Hobeleisen hergestellt wurde. Von den Amerikanern höre ich, daß solche laminierten Eisen schon sehr früh ersetzt wurden durch solche, die ganz aus Stahl bestanden. In Deutschland haben sich die laminierten Eisen deutlich länger gehalten.
Gruß, Wolfgang
Re: Gußstahl
Verfasst: So 16. Nov 2003, 23:07
von Boris Dorau
Hallo Wolfgang,
Du hast wohl recht. Ganz so eindeutig ist das auch bei Dunbar nicht, ich hab zwischenzeitlich nochmal nachgesehen. Er schreibt:"You will often find the words Cast Steel on many tools made before World War I".
Das sagt natürlich nix aus, ob das nicht später auch noch der Fall war. Habe ich wohl beim ersten Lesen damals falsch verstanden. Wenn man übrigens "Gussstahl" oder "Cast steel" in einer Suchmaschine eingibt, kriegt man unzählige Treffer. Das Material wir auch heute noch im Maschinenbau verwendet.
Gruß, Boris
Re: Gußstahl
Verfasst: Mo 17. Nov 2003, 18:46
von Andreas Winkler
Danke für die Antworten.
Hab´ mir die Eisen nochmal genau angeschaut. Bei zweien ist es tatsächlich so, wie Wolfgang es beschreibt - sie haben ein Stahlstück als Schneide auflaminiert.
Sind beide "Kirschen"-Eisen.
Ich habe noch zwei andere Gußstahl-Eisen. Eines von der Firma "FR OTT" und eines, wo kein Markenname eingeprägt ist, sondern nur "GUSSSTAHL GARANTIE". Diese sind jedoch nicht laminiert.
Gruß, Andreas
Re: Gußstahl
Verfasst: Di 18. Nov 2003, 11:30
von Wolfgang Jordan
Hallo Andreas,
was ist denn auf dem Eisen von 'FR OTT' noch zu sehen (Schrift oder sonstige Markierungen) und wie sieht der zugehörige Hobel aus? Ich habe vor kurzem zwei alte Kataloge der Firma Friedrich Ott in Ochsenfurt bekommen und mich interessiert, wie die Kennzeichen zeitlich einzuordnen sind.
Gruß, Wolfgang
Re: Gußstahl
Verfasst: Mi 19. Nov 2003, 23:08
von Andreas Winkler
Hallo Wolfgang,
Also, auf dem Eisen ist halbkreisförmig (zur Schneide hin offen) eingeprägt (wegen mehr oder weniger starkem Rostbefall teilweise schlecht zu entziffern):
+ FR. OTT A (oder auch ein Dreieck) CO T (oder auch ein Pfeil oder Pik-Zeichen); unter dem Halbkeis steht: GUSSSTAHL GARANTIE; im Halbkreis ist ein Turm bzw. Kirchturm (Ulmia ???) o.ä. eingprägt, der links von einem H und rechts von einem M flankiert wird.
Bei dem Eisen handelt es sich um ein ca. 4,1 cm breites Schlichthobeleisen. Der zugehörige Hobel ist aus Hainbuche hergestellt. Auffallend ist, das er nicht "aus einem Stück" gebaut, sondern aus mehreren Teilen verleimt ist. Sohle, Seitenteile (mit dem Wangenwiderlager) und der eigentliche Hobelkörper sind die Einzelteile, jeweils mehr oder weniger gut an den Fugen zu erkennen. Ansonsten findet sich keine Profilierung oder ähnliches am Hobel - auch kein Schlagknopf, Herstellerzeichen oder Handschutz. Die Nase schaut weder nach ECE oder Ulmia bzw. Steiner aus.
Daß es sich um einen Eigenbau handelt, glaube ich nicht, dazu sind Keil und Eisenauflager viel zu genau gearbeitet.
Ich wohne in Mittelfranken, also nicht allzuweit weg von Ochsenfurt.
Gruß, Andreas
Re: Gußstahl
Verfasst: Do 20. Nov 2003, 08:35
von Wolfgang Jordan
Hallo Andreas,
das 'A' ist wohl ein '&', und dann heißt es 'FR. OTT & CO'. Der Kirchturm, den du beschreibst, paßt zu einem Logo, das ich mal von Eckhard bekommen habe. Es gehört zu Heinrich Müller in Remscheid:

Das Eisen ist also wohl von Heinrich Müller für Friedrich Ott hergestellt worden. Wenn es das Originaleisen ist, sollte der Hobel demnach von Ott sein.
Die Art, wie dein Hobel gebaut ist, verbinde ich mit dem Namen James Krenov. In einem seiner Bücher beschreibt er, wie man aus mehreren Einzelteilen einen Hobel zusammensetzt (
http://www.crfinefurniture.com/1pages/sitelinks/howplane.html ). Ich habe aber noch nie einen industriell gefertigten Hobel gesehen, der so gebaut war.
Gruß, Wolfgang
Re: Gußstahl
Verfasst: Fr 21. Nov 2003, 19:00
von Andreas Winkler
Werde Dir mal Bilder von Eisen und Hobel schicken. Kann allerdings etwas dauern, da ich keine Digitalkamera besitze.
Ich habe mir den Hobel heute noch mal ganz genau angeschaut, weil mir schon Zweifel kamen und ich dachte, die vermeintlichen Leimfugen wären doch etwas anderes (Streichmaßrisse o.ä.). Er ist eindeutig zusammengeleimt ! Vom Prinzip her ist der Hobel genauso aufgebaut, wie in dem Link, den Du geschickt hast. Er besitzt jedoch ein Wangenwiderlager und das Sohlenteil ist wesentlich dicker (ca. 2 cm, wie bei Hobeln mit Nase üblich). Wie schon erwähnt, spricht die viel zu exakte und gleichmäßige Fertigung meiner Meinung nach gegen einen Selbstbau. (Keil passt wirklich exakt usw.)
Habe mir meine anderen Hobel ebenfalls ganz genau angeschaut und nichts Vergleichbares entdecken können (besitze natürlich nicht annähernd soviel Auswahl wie Du ;-) ). Das Ganze ist mir auch ein Rätsel.
Gruß, Andreas