Seite 1 von 3

Restaurierung einer Schellack-Oberfläche

Verfasst: Mo 21. Jul 2003, 19:20
von Jörg Janssen

Hallo,

ich habe kürzlich ein Musikinstrument erworben mit Holzrahmen, deren Furnier mit Schellack überzogen ist und schöne Perlmutt-Intarsien trägt. Leider hat das Instrument Nässe abbekommen, so daß an ungeschützten Stellen -- an den Rändern der Intarsien und an einigen Poren im Schellack -- das Holz unter dem Schellack aufquoll und die Oberfläche dadurch rauh wurde. Außerdem ist die Oberfläche an einigen Stellen sehr zerkratzt.

Ich habe mich entschieden, diese Schäden auzubessern und würde gerne Meinungen hören zu folgendem Plan:

1. Zunächst werden die Flächen mit den Nässeschäden abgeschliffen, und zwar naß. Dies mache ich mit der Hand, um Schäden an den Intarsien zu vermeiden. Ich weiß, daß ich dabei das eigentliche Problem des aufgequollenen Holzes nicht löse, mir fällt jedoch kein gangbarer Weg hierzu ein.

2. Die naß abgeschliffenen Oberflächen abreiben mit 10prozentiger alkoholischer Lösung von wachsfreiem, blondem Schellack. Ein paar Tage trocknen lassen und noch einmal naß abschleifen.

3. Wie Punkt 2., aber mit 5prozentiger Schellacklösung.

4. Hier bin ich mir unsicher: Abreiben mit Öl, um -- wie beim Schuhepolieren -- durch leichtes auflösen und wieder-Auftragen des Schellacks eine gleichmäßige Oberfläche zu erzielen. Frage: welches Öl nehme ich dafür? Sauberes Parrafinöl (Nähmaschinenöl) oder ein mildes pflanzliches Öl (Walnußöl)?

5. Wiederum trocknen lassen (wie lange?) und mit einem Velours-Leder nachpolieren.

Für Kommentare wäre ich sehr dankbar.



Re und OT Restaurierung einer Schellack-Oberfläche

Verfasst: Mo 21. Jul 2003, 20:31
von Christian Otto

Hallo !

Sorry, dass ich hier nicht weiterhelfen kann, aber mich beschäftigt doch sehr die Frage: Woher nimmst Du die Ideen zum restaurieren der Instrumente, wenn Du nicht Vollprofi bist? Bist Du es, und es ist so ein schwieriger Fall? Oder liest man sich so etwas an? Sorry nochmal für meine Unfachmännische Frage, aber ich brenne auf eine Antwort!

Christian


Re: Restaurierung einer Schellack-Oberfläche

Verfasst: Mo 21. Jul 2003, 21:52
von Edi Kottmair

Hallo Jörg,

warum nass schleifen? Warum nicht zuerst Schellack mit 96 %igem Alkohol abwaschen? So fängt man eigentlich an. Wenn Du die erhabenen Stellen abschleifst, wird das Furnier dünner, aber nicht das darunterliegende Blindholz.
Man könnte versuchen, nach dem Entfernen des Schellacks vorsichtig über die gequollene Stelle zu bügeln. Ist das Furnier mit einem Knochenleim befestigt, geht er auf und das Furnier löst sich. Dann könnte das Blindholz trocknen und geschliffen werden, und anschließend kann man das selbe Furnierstück wieder aufleimen. Ein moderner Weißleim dagegen geht nicht auf und das Blindholz könnte durch das Furnier hindurch trocknen.
Diese Methoden habe ich vor 2 Wochen in einem Restaurierungskurs gelernt. Uns wurde das Buch "Oberflächenbehandlung alter Möbel" von Ellinor Schnaus, ISBN-Nr. 3332009346, empfohlen. Dort sind alle diese Methoden beschrieben. Es ist auch genau die Vorgehensweise bei der Schellack-Handpolitur erklärt (auf 12 Seiten).

Viele Grüße von Edi


Re: Restaurierung einer Schellack-Oberfläche

Verfasst: Di 22. Jul 2003, 07:19
von Klaus Pogadl
[In Antwort auf #95699]
Hallo Jörg!

Um welches Instrument handelt es sich? Bist du dir sicher, dass es lediglich eine Schellackpolitur ist und nicht ein besonderer Lack auf Schellackbasis. Wenn es sich zB. um eine Geige handelt, wird der Klang durch den Lack wesentlich beeinflußt!!! Ich kann dir nur zu besonderer Vorsicht raten und würde auch mehrere Fachleute befragen. Es wäre schade, wenn ein wertvolles Stück falsch behandelt wird.

lG
Klaus



Re: Re und OT Restaurierung einer Schellack-Oberfl

Verfasst: Di 22. Jul 2003, 08:54
von Jörg Janssen
[In Antwort auf #95701]
Hallo Christian,

nein, ich bin kein professioneller Instrumentebauer. Es gibt allerdings nur noch zwei Handwerker in ganz Deutschland und einen in Holland, welche Instrumente wie meines bauen und restaurieren. Deren Preise sind allerdings so hoch, daß ich mir gleich ein Ersatz-Intrument dafür kaufen könnte. Das Wissen um diese Instrumente mußte ich mir mühsam zusammensuchen, es gibt über diese Dinger kaum Literatur. Worüber es mehr Literatur gibt ist die Schellackpoiltur. Hierzu finde ich wiederum fast nur Anleitungen darüber, eine von Grund auf neue Politur zu erzeugen und nicht, wie man eine Schellack-Oberfläche mit Intarsien restauriert.

Jörg


Re: Restaurierung einer Schellack-Oberfläche

Verfasst: Di 22. Jul 2003, 08:56
von Jörg Janssen
[In Antwort auf #95702]
Hallo Edi,

vielen Dank für den Literaturhinweis, genau so etwas habe ich gesucht! Ich werde mir das Buch so bald wie möglich bestellen.

Jörg


Re: Restaurierung einer Schellack-Oberfläche

Verfasst: Di 22. Jul 2003, 09:04
von Oliver Montue
[In Antwort auf #95704]
Ich würde auf jeden Fall die Schellackpolitur vorher an einem Abfallstück üben. So einfach ist das nicht und man muß erst einmal ein bischen Gefühl für das Material bekommen. An dem Probestück kannst Du dann auch die Entfernung von Schellack üben/ausprobieren.

Bis dann,
Oliver


Re: Restaurierung einer Schellack-Oberfläche

Verfasst: Di 22. Jul 2003, 09:09
von Jörg Janssen
[In Antwort auf #95704]
Hallo Klaus,

danke für Deine Sorge. Es handelt sich um ein Bandonion aus den 20er Jahren. Es ist wirklich ein schönes Stück und ich habe bereits einiges an Arbeit hineingesteckt (Risse schließen, Stimmen), aber was die Beseitigung besagter Schäden angeht, so habe ich nur eine unklare Vorstellung, wie ich vorgehen soll. Ich bin mir ganz sicher, daß die Oberfläche Schellack ist. Den konnte der Hersteller auch gefahrlos einsetzen, denn die lackierten Rahmen tragen nicht zum Klang bei.

Jörg


Re: Restaurierung einer Schellack-Oberfläche

Verfasst: Di 22. Jul 2003, 09:15
von Jörg Janssen

Hallo Oliver,

ja das wäre wohl sicherer. Danke für die gute Idee. Mir fällt sogar ein Möbelrestaurator in meiner Nähe ein, bei dem ich vielleicht ein Abfallstück bekäme.

Jörg


Re: Restaurierung einer Schellack-Oberfläche

Verfasst: Mi 23. Jul 2003, 00:59
von Henning

Hallo Jörg,
den Einwand gegen das wässrige Schleifen möchte ich unbedingt bestätigen. Weitere Probleme wie zusätzliche Ablösungen der Politur und auch des Furniers/der Perlmuteinlagen sind tatsächlich nicht auszuschliessen. Wenn Du neben der Bespielbarkeit mit möglich originalem Klang auch auf ein möglichst originales Aussehen Wert legen solltest, würde ich versuchen auf das Schleifen im herkömmlichen Sinn ganz zu verzicheten, denn alles Enfernen der gealterten Holzoberfläche legt normaler Weise einen abweichenden Holfarbton frei, der nur durch weitere Bearbeitungsschritte angeglichen werden kann. Da ich den Schaden nicht gesehen habe, fällt es mir nicht ganz leicht einen Rat zu geben. Falls Du Interesse hast, schick' doch ein Foto an meine emailadresse, vielleicht kann ich Dir mit Ideen und Adressen für geeignte Materialien weiterhelfen.

Wegen der "Schellackpolitur":sieht man im Streiflicht eventuell feine Pinselspuren? Das könnte auf ein Lackgemisch hinweisen, dass Harze enthält mit denen man ohne die aufwändige Handpoliermethode (für Schellack)schnell zu einem glänzenden Ergebnis kam. Vergleichbare Gemische sind noch immer im Restaurierungsbedarf erhältlich.

Henning