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Hand- vs. E-Werkzeug

Verfasst: Sa 31. Aug 2002, 22:17
von Christian Aufreiter

Hallo Holzwerker,

die ist ja ein Forum für HANDholzwerker, also nehme ich an, dass viele von euch tatsächlich bevorzugt mit Handwerkzeugen arbeiten.

Meine bisherigen Projekte habe keine riesen Werkzeugausrüstung erfordert, da es sich bisweilen um kleinere, meist aus Sperr- oder Leimholz gefertigte Gegenstände handelte.

Wenn ich mich in Zukunft einmal an ein richtiges Möbelstück wagen will, werde ich um Werkzeuge wie Grat-, Grund-, Nuthobel, ... nicht herum kommen. Beim Schmökern in den diversen Katalogen ist mir aufgefallen, dass diese Werkzeuge alle nicht billig sind, in Summe könnte ich mir eine - vielleicht vielseitiger einsetzbare - Oberfäse auch leisten.
Gibt es dennoch Gründe, diese klassischen Hobel der Fräse vorzuziehen?

Ganz allgemein, ich habe schon festgestellt, dass sich viele Arbeiten mit Handwerkzeugen besser erledigen lassen, es ist ja auch ein tolles Gefühl mit einem scharfen Hobel einen hauchdünne Span abzuhobeln, doch ob auch das händische Besäumen von Bretten so viel Freude bereiten kann?

Letztlich wir die Entscheidung Hand- oder E-Werkzeug wohl ein Kompromis bleiben, den jeder mit und für sich selbst schließen muss.
Ich würde mich aber trotzdem sehr freuen, eure Meinung zu diesem Thema zu hören.

Fröhliches Werken

Christian


persönliche Gegebenheiten

Verfasst: Mo 2. Sep 2002, 10:24
von Oliver Montué

Hallo Christian,

die Werkzeugwahl ist sicherlich abhängig von den persönlichen Gegebenheiten. Je enger, lärm- und staubempfindlicher diese sind, desto eher fällt die Wahl auf Handwerkzeuge. Ich würde Dir z.B. dringend davon abraten in einem Wohnraum einen Elektrohobel anzustellen, wobei der Handhobel da nicht so kritisch ist. Ein weiterer Punkt ist die Gefährdung. Kennst Du jemand, der sich mit einer Handsäge den Finger abgesägt hat? Aber auch ich verwende gelegentlich Elektrowerkzeuge. Die Bohrmaschine ist nach wie vor im Einsatz, da sie im Verhältnis nicht mehr Dreck und auch unwesentlich mehr Lärm produziert. Die Handkreissäge verwende ich z.B. zum Besäumen. Auch die Stichsäge findet noch hin und wieder Verwendung. Bei der Oberfräse mußt Du übrigens die Kosten der Fräsköpfe in Betracht ziehen, die auch ganz schön ins Geld gehen können. Je nachdem kostet der Kopf schon so viel wie das Handwerkzeug.

Ein anderer Aspekt ist der Spaß bei der Arbeit. Als Hobby-Holzwurm kommt es weniger auf das Endprodukt, sondern vielmehr auf den Spaß am Basteln an. Ich habe keinen Spaß bei der Benutzung der Handkreissäge, sonder vielmehr Schi...ß. Hobeln dagegen ist ein Genuß, besonders wenn alles stimmt.

Ein Wort zu den Kosten: Auch bei Handwerkzeugen gibt es Spezialisten, die eine bestimmte Tätigkeit beschleunigen, aber es geht auch ohne sie. Der Grathobel ist ein gutes Beispiel. Ein Grat läßt sich auch mit dem Stechbeitel und einem Führungsklotz herstellen. Ebenso trifft dies auf den Nuthobel zu. Deshalb lohnt es sich eher in Universal-Werkzeug zu investieren und bei den Spezialisten genau zu sondieren. Soweit zur Theorie - aber wer wird nicht schwach, wenn er ein wunderschönes Werkzeug sieht? Es gibt Werkzeug, das ist so schön anzusehen und anzufühlen, daß der Verstand schnell beiseitegelegt wird. Das trifft insbesondere auf Handwerkzeug und nur sehr selten auf Maschinen zu.

Bis dann,
Oliver


Re: Hand- vs. E-Werkzeug

Verfasst: Mo 2. Sep 2002, 10:27
von Christof Hartge

Hallo Christian,
Wenn es nach dem ersten Gefühl geht, sage ich dir: laß die Oberfräse stehen und kaufe Dir Grat-, Grund und Falzhobel. Der Nuthobel ist von allen mit Abstand der teuerste und läßt sich am ehesten durch entsprechende Arbeitstechniken ersetzen. Die schönsten Möbel des 18. und 19. Jahrhundert sind von Hand unter anderem mit diesen Hobeln gefertigt worden. Du 'mußt' also keinen Maschineneprak haben um deine Fähigkeiten zu erweitern.
Gewiß, eine Oberfräse ist produktiver, aber ob sie wirklich flexibler ist ?: Ich entdecke an den genannten Handwerkszeugen immer noch neue kleine Einsatzmöglichkeiten, die mit Maschinen nicht so leicht zu realisieren sind.
Eine Oberfräse kann billig sein, hält dann aber nicht solange. Auch eine teure Oberfräse, die dann gar nicht mehr soviel billiger ist, wird nicht solange wie die Hobel halten, die du noch deinen Enkeln vererben kannst.
Eine Oberfräse, wie alle Maschinen, wird sich desto mehr rechenen, je mehr du gleiche Arbeitsvorgänge hast.
Eines ist ja auch merkwürdig: Es lassen sich ja so gut wie alle alten Holzverbindungen ebenso gut und besser mit Maschinen herstellen, es ließen sich also auch entsprechende Möbel bauen. Tatsächlich aber führte der Maschinengebrauch zu einer hohen Produktionsgeschwindigkeit, die wiederum die Herstellung schöner Holzmöbel erschwert, weil das Material Holz nun einmal seine Zeit braucht. Handwerkszeuge machen hier also nichts besser, aber sie arbeiten langsamer und führen den/die Holzwerker/in zu einem angemesssenen Werstoffgebrauch.
Fazit: Lege dir zu, was du brauchst, ob elektrnisch oder nicht, beides hat seine Tugenden. Ich selber bin auch mit dem Besäumen von hand zufrieden und glücklich, ein anderer hat gute Gründe eine Kreissäge zu verwenden.
Viele Grüße, Christof.


Hand- vs. E-Werkzeug

Verfasst: Mo 2. Sep 2002, 21:15
von Christian Aufreiter

Hallo Holzwerker,

danke für eure interessanten Kommentare!

Wenn man vor der Entscheidung Hand-/E-Werkzeug steht, wird man sich wohl auch überlegen müssen, welches Material man bearbeiten möchte.
Wenn ich mir zB. eine einfache Unterbringungsmöglichkeit für die Garage oder den Abstellraum anfertigen will, wird normales, billiges Plattenmaterial wie MDF oder Spanplatte vollkommen ausreichen. Diese Werkstoffe wird man allerdings mit den traditionellen Werkzeugen und Methoden kaum bearbeiten können, auch sinnvolle Dinge wie Lochreihen wird man eher schlecht anfertigen können.

Bei einem SCHMUCKMöbelstück wird man eher auf Lochreihen und Plattenwerkstoff verzichten, womit sich die Verwendung von Handwerkzeugen anbietet.

Es ist also zu befürchten, dass zumindest ein Hobbywerker wie wir/ich nie alle seine Werkzeugbedürfnisse (oder zumindest das, was er für sein Bedürfnis hält) stillen werden kann.

Für mich ist das Werkzeug alleine schon ein "begehrenswertes" Objekt. Und da mache ich keine Unterschiede: mit einem LN Hobel einen superfeinen Span zu hobeln, klingt für mich genauso reizvoll, wie mittels Kreissäge und Führungsschiene einen 2m langen, schnurgeraden Schnitt zu machen.

Wahrscheinlich geht es nicht immer nur darum, ein Werkzeug zu haben, weil man es dringend für ein Projekt benötigt, alleine die Tatsache es zu besitzen, kann das Herz eines - wie man im amerikanischen Raum zu sagen plegt - Tooljunkies - höher schlagen lassen.

Ich glaube, dass sich je nach Werkstoff, Verwendungszweck des Möbels, ... Hand- oder E-Werkzeuge unterschidlich gut einsetzen lassen: Wenn ich eine kleine Abschlussleiste exakt einpassen will, werde ich mit Genuss zur Japansäge greifen und wenn ich ein Bücherregal vor dem Lackieren noch schleifen muss (P120, P180, P240) werde ich mit nicht weniger Freude meinen Excenterschleifer auspacken, immer mit der Überzeugung, das für die jeweilige Anwendung beste, mir zur Verfügung stehende Werkzeug zu benutzen.

In diesem Sinn wünsche ich euch allen noch viel Freudem beim Werken, beim Bestaunen und Sammeln von Werkzeug!

Christian


Re: Hand- vs. E-Werkzeug

Verfasst: Mo 2. Sep 2002, 21:30
von Jörg Ed. Hartge
[In Antwort auf #93608]
Ich bin bekennender und praktizierender Unversalist - will heißen: ich besitze sowohl die klassischen Holz-Handwerkszeuge als auch die "handgeführten Elektrowerkzeuge" als auch stationäre Maschinen wie Abrichte/Dickde, Ständerbohrmaschine, und Kreissäge. So gesehen realisiere ich also also die unwirtschaftlichste Lösung. Aber ich bin irgendwie auch ein Werkzeug-Fetischist.

Andererseits hat für mich jede der "Stilrichtungen" ihre Berechtigung - auch gleichzeitig nebeneinander.

Dort wo ich mal eben schnell ein grades Brett brauche, ein Kantholz abrichten muss oder einen Spanplatten-Korpus zur vorhanden Kücheinrichtung ergänzen will, ziehe ich die Maschinen vor. Das gilt auch für "Massenarbeiten", wie das Verlegen von Fertigparkett oder Holzpanele.

Eigentlich lieber arbeite ich mit den Handwerkszeugen: sie sind leise, staubarm, risikoarm und meines Erachtens enstehen damit die "schöneren" Sachen. Und es gibt eine Reihe klassischer Konstruktionen, wo die Maschinen, zumindest bei Einzelstücken, im Nachteil sind (z. B. bei offenen Grat-Zinken, Zinken mit angepasster Teilung, Gratleisten, Einpassen auf strammen Sitz).

Gruß!
Jörg


Re: persönliche Gegebenheiten

Verfasst: Do 3. Okt 2002, 19:19
von Christian Otto
[In Antwort auf #93611]
Hallo zusammen!

Ich möchte mich den meisten der hier gemachten Äußerungen anschließen, aber das man dieses besondere Gefühl ausschließlich bei Hand- und nicht bei Elektrowerkzeugen haben kann, muss ich zurückweisen:

Folgendes ereignete sich beim Einsatz meiner neuen Oberfräse:

Nach sorgfältigem Einstellen der Frästiefe und des schweren, 40 cm langen Parallelanschlages schloss ich die Staubabsaugung an. Ein kurzes Starten der Oberfräse verriet mir das perfekte Zusammenspiel von Fräse und Absaugung. Ohne die Hände von den wohlgeformten Griffen zu nehmen startete ich die Maschine und drang mit satten 1200 Watt an der Stelle in die massive Lärche-Bohle ein, an der noch nie ein Mensch zuvor gefräst hatte, die Späne rasten mit Krawall durch den Absaugstutzen,..........und so weiter!

So, dass sollte reichen. Nicht zu ernst nehmen, auch ich liebe Handwerkzszeug und besonders das Pfeifen eines scharfen japanischen Hobels auf massivem Holz.

Schönes Forum hier übrigens,

chris



Re: persönliche Gegebenheiten

Verfasst: Mo 7. Okt 2002, 18:45
von Thomas Paulke

Hallo Christian !

Kannste bloß kein Radio hören oder den Essensruf von Deiner Frau. Mußte eben auf Mittag verzichten.
Na ja die Amateure haben eben Zeit und vielleicht auch Geld.

Thomas !