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Truhe restaurieren *MIT BILD*

Verfasst: Fr 2. Feb 2018, 10:42
von Carsten Rink

Hallo Zusammen,

aus einem Nachlass ist mir die alte "Marburger Truhe" aus Eiche in die Hände gefallen.
Diese wurde ca. 1960 nach Wurmbefall restauriert und gewachst. Leider stand die Truhe in einem "Messi-Haus" und war mit Zigarettenkippen bedeckt. Nach einer ersten Reinigung stellte sich heraus, dass diverse Flüssigkeiten, mit und ohne Alkohol, das Wachs zum Teil aufgelöst haben.
Ich will mir das gute Stück jetzt wieder herrichten.
Zum Entfernen der Wachsschicht benötige ich ein paar Tipps von Euch.
Sicherlich kann man die glatten Flächen mit einer Ziehklinge abziehen, jedoch die Schnitzereien stellen mich dabei vor Probleme, da ich diese durch "mechanische Bearbeitung" nicht zerstören will.
Hat hierzu jemand Tipps oder Ratschläge? Mit Verdünnung o.ä. abwaschen?

Wenn jemand genauere Angaben zum ungefähren Alter der Truhe machen kann, wäre das auch sehr hilfreich - ist aber Nebensache.

Ich danke schon jetzt für Eure Mithilfe!
Viele Grüße
Carsten






Re: Krebsmühle

Verfasst: Fr 2. Feb 2018, 18:46
von Rolf Richard

Hallo Carsten,

ein ähnliche Problem hatten wir mal mit einer alten böhmischen Aussteuertruhe.

Wir haben sie damals bei der Krebsmühle in Oberursel ablaugen lassen, waren mit Ergebnis und Preis sehr zufrieden. Das war eine ausgesprochen gute Lösung. Bleibt die Frage, ob das für Dich räumlich in Frage kommt?

http://www.krebsmuehle.de/

Gruss
Rolf


Re: Truhe restaurieren

Verfasst: Fr 2. Feb 2018, 19:26
von Amadeus

Moin!

Ich glaube diese Truhe würde ich einmal komplett zerlegen. Und dazu gehört ein heißes Wasserbad. Ich gehe davon aus, dass sie noch mit Nägeln und/oder Glutinleim zusammengehalten wird. Aber selbst heißes Wasser wird wohl nicht reichen, um das Wachs zu entfernen. Ich lege mir hierzu immer sehr saugfreudige Tücher auf die Oberfläche und bügel diese. Mechanisch würde ich mich auch nicht trauen viel nachbearbeiten zu wollen. Leider gibt es kein Lösemittel für wachse, die ich guten Gewissens wegen der Gefahren empfehlen würde. Selbst mit Nitril Handschuhen wird das nichts, da diese nur als Spritzschutz gelten und sofort gewechselt gehören, wenn etwas darauf tropft. Vielleicht hast du Glück und das Wachs stellt sich als Hartöl heraus. Da würde Orangenöl als Lösemittel sicherlich Wunder wirken. Aber Achtung! Orangenöl mag zwar 100% bio und natürlich sein, ist dennoch äußerst gesundheitsgefährlich. Das sollte man tunlichst mit Handschuhen verarbeiten und den Raum dabei sehr gut lüften. Das gilt übrigens für fast alle ätherische Öle.

Ich würde aber nach der Herrichtung aber kein Wachs/Hartöl mehr aufbringen. Ich finde die Truhe schreit geradezu nach einer feinen Schellackpolitur.

Zu diesem Thema gefällt mir sehr der YouTube Kanal "Tischlerarbeiten, Handwerk, Restaurierungen, Antiquitäten". Er ist ein bisschen dröge beim Erzählen, aber alles ist sehr spannend in meinen Augen was er tut und wenn man sowas noch nie gemacht hat sehr hilfreich.

Schicken Gruß,
Amadeus


Re: Truhe restaurieren

Verfasst: Fr 2. Feb 2018, 20:54
von Michael Formanek
[In Antwort auf #88170]
Hallo Carsten,

als Restaurator würde ich von ablaugen, zerlegen oder mit der Ziehklinge abziehen abraten. Wenn nur die Wachsoberfläche beschädigt ist, brauchst du nichts mit einer Ziehklinge abziehen, sondern nur die Wachsoberfläche mit zB Testbenzin oder Shellsol T abnehmen und Wasserflecken ggf. reduzieren. Danach kannst du wieder Wachsen oder ggf. zuerst ölen und dann wachsen. Wenn du sicher sein willst, dass das Ergebnis passt, lass es einen Restaurator machen - Ferndiagnosen sind bei sowas immer eher unzureichend, weil jedes Möbel anders bearbeitet wurde und man immer mit anderen Materialien und Schäden zu tun hat. Eine Schellackpolitur fände ich übrigens sehr unpassend, da so eine Truhe sich nie politiert wurde es absolut nicht zum Typ des Möbels passt. Aber da kannst du mit deiner Truhe natürlich machen was du willst.

Schöne Grüße,

Michael


Re: Truhe restaurieren

Verfasst: Fr 2. Feb 2018, 21:02
von Amadeus

Moin Michael!

Spannend zu hören. Gibt es einen Grund, weswegen du vom Zerlegen abrätst? Für mich gehört das komplette Zerglegen bei einer Überholung oder Restauration einfach dazu.

Testbenzin ist nicht in der Lage alle Paraffine/Wachse zu lösen. Da bin ich schon einmal darauf reingefallen. Shellsol T kenne ich nicht, scheint aber auch wieder nicht ungiftig zu sein.

Schicken Gruß,
Amadeus


Re: Krebsmühle

Verfasst: Fr 2. Feb 2018, 22:13
von Wolfgang Kueter
[In Antwort auf #88172]
Hallo,

Wir haben sie damals [...] ablaugen lassen


Ablaugen funktioniert zwar oft gut zur Entfernung von allen möglichen Oberflächenbehandlungsmitteln, ist aber eine reine Tortur für Holz. Besser nicht machen!

Wolfgang


Re: Truhe restaurieren

Verfasst: Sa 3. Feb 2018, 03:42
von Wolfgang Kueter
[In Antwort auf #88174]
Hallo,

Ich finde die Truhe schreit geradezu nach einer feinen Schellackpolitur.


Eine feine Schellackpolitur für eine solche Truhe ist so ziemlich die unpassensde Oberflächenbehandlung für eine solche Truhe, die sich denken lässt. Sie passt überhaupt nicht zum Stil und Material dieses Möbels.

Grüße
Wolfgang


Re: Truhe restaurieren

Verfasst: Sa 3. Feb 2018, 11:07
von Michael Formanek
[In Antwort auf #88177]
Hallo Amadeus,

Shellsol ist im Gegenteil eine sehr reine Form Testbenzin ganz ohne Aromatenanteil und daher eher weniger schädlich. Was im konkreten Fall die Wachsoberfläche löst weiß ich aus der Ferne auch nicht. Grundsätzlich kann man aber mal Testbenzin versuchen, weil es oft wirkt. Da müsste man halt Lösungsmitteltests machen.
Zu deiner Frage mit dem Zerlegen: würdest du dein Auto zerlegen, alles neu ölen und verschrauben, wenn nur Kratzer im Lack sind. Es war keine Rede von konstruktiven Schäden also wofür zerlegen. Da macht man eher was kaputt dabei ohne wirklich etwas zu gewinnen. Eine Hauptprämisse in der Restaurierung sollte sein so wenig wie möglich und nur so viel wie nötig zu machen.
Ich weiß schon, dass das ein Hobbyforum ist und mein Ansatz ein sehr akademischer ist, aber vielleicht hilft es andere Möglichkeiten jenseits des abschleifens und neu lackierens aufzuzeigen. Es ist leider schon so viel durch gut gemeinte Maßnahmen zerstört worden.

Schöne Grüße,
Michael


Re: Truhe restaurieren

Verfasst: Sa 3. Feb 2018, 14:01
von Amadeus

Danke Wolfgang!

Ich merke schon, dass ich mich aufgrund der Nachrichten die bei mir eintrudeln mit diesem Kommentar in die Nesseln gesetzt habe. Ich dachte mir nur bei einem solchen Schmuckstück, dass ich sie mir zumindest irgendwo als Blickfang hingestellt hätte. Für mich dürfte die dann auch glänzen. Original ist das dann nicht mehr, ja.

Schicken Gruß,
Amadeus


Re: Krebsmühle - Lauge???

Verfasst: Sa 3. Feb 2018, 15:47
von Rolf Richard
[In Antwort auf #88181]
Unsere Erfahrungen damit sind auch nach 15? Jahren sehr gut, eine Holzschädigung ist nirgenwo zu erkennen.

Allerdings muss ich zugeben, dass der Begriff "Ablaugen" von mir recht frei gewählt wurde. Welche genaue Methode zur Lackentfernung zur Anwendung kam weiss ich nicht, weil wir uns ganz auf die Kenntnisse vor Ort verlassen haben.

Gruss
Rolf