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Wie kann man einen Absaugarm verwindungssteif real *MIT BILD*

Verfasst: Fr 26. Feb 2016, 12:04
von arnd

Liebes Forum,

Nach ein paar Jahren habe ich mir nochmals Zeit genommen um ein Projekt für die Werkstatt zu realisieren. Doch bevor ich euch den Absaugturm vorstellen kann, benötige ich Hilfe.

Ich möchte einen Absaugarm realisieren, der ähnlich wie der Festool ASA1200 Strom und Schlauch direkt über dem Arbeitsbereich zur Verfügung stellt.

Vorbilder in Netz:

https://www.festool.de/Produkte/Pages/Produktdetailansicht.aspx?pid=583856
http://festoolownersgroup.com/festool-jigs-tool-enhancements/boom-arm-deluxe/
http://festoolownersgroup.com/festool-jigs-tool-enhancements/workshop-boom-arm/
http://www.kemper.eu/de/produkte/absaugarm-3-gelenke_p10147

So sieht meine Konstruktion bislang aus:


An dem klappbaren Arm oben befestige ich einen Saugschlauch und Kabel. In dem Turm befindet sich der Staubsauger.

Mein Problem:


Der Arm verwindet sich und fällt so ab.

Wenn er gerade ausgerichtet ist, ist alles in der Waage:


Wenn ich den Arm in der Mitte abwinkele, senkt sich der vordere Teil um gute 10cm ab:


Die Ursache ist, dass sich das hintere Brett verwindet:

Baubeschreibung


Der Auslegearm ist aus zwei Lagen 20mm Birke-Multiplex hergestellt. Zwischen den Brettern sind die Scharniere. Zusammengehalten wird alles von den Schlossschrauben, die durch die Scharnierlöcher gehen (M6).
An dem Turm ist der Arm mit zwei stabilen Zaunscharnieren befestigt.

In der Mitte mit zwei je 3cm hohen Scharnieren.


So hat Festool das mittlere Scharnier gebaut:


Was denkt ihr wie ich das Absenken des vorderen Arms verhindern kann?
- Liegt es an dem Verwinden des hinteren Brettes oder an den Scharnieren in der Mitte?
=> ich vermute eher an den Brettern
- Wie kann ich das Verwinden des Hinteren Brettes am besten abstellen?
- 30mm Multiplex statt 20mm (erhöht aber auch das Gewicht)
- nicht nur schrauben, sondern auch leimen und dafür die Scharniere in die Bretter einlassen (viel Fräßarbeit)

Vielen Dank für eurer Durchlesen

Arnd



Re: Wie kann man einen Absaugarm verwindungssteif

Verfasst: Fr 26. Feb 2016, 12:17
von manfred (mwr)

Hallo Arnd,

schau doch mal in die Holzwerken 55 "Eine Armlänge voraus, 4 Seiten" Artikel von Marc Koch, vielleicht hilft es Dir ein bisschen weiter.

Herzliche Grüße
Manfred


Re: Wie kann man einen Absaugarm verwindungssteif

Verfasst: Fr 26. Feb 2016, 14:11
von Dietrich

Hallo,

der Arm kann zu wenig Seitenkräfte ab und gibt dort nach wo er schwächelt.

Abhilfe schafft ein Arm aus einem Doppel-T-Profil, und ein größerer Abstand der beiden Scharniere.

Habe selber eine Versuchsreihe unternommen bezügl. einer leichten und dennoch stabilen Montage-Werkbank.
Absolute top-Ergebnisse brachten selbst hergestellte Doppel-T-Profile aus 20mm starker Seekiefer-Sperrholzplatte.
12 cm Senkrechte und 2 st. waagerechte in etwa 8cm breite mit mittiger 5x20mm Nut, wo die senkrechte eingeleimt wurde.
Auf der Hydraulikpresse hielt so ein "Träger" mit 700 von Auflage zu Auflage und mittigem Druckpunkt über 1100 kg, und selbst aus 15mm
starkem OSB brach er erst bei 870kg.
An so ein 120cm langes Stück kann man sich ganz locker dranhängen ohne spürbare Verbiegung.

Gruß Dietrich



Re: Wie kann man einen Absaugarm verwindungssteif

Verfasst: Fr 26. Feb 2016, 21:30
von Wolfgang L.
[In Antwort auf #83039]
Hallo Arnd,

dein Tragarm braucht mehr Torsionssteifigkeit. Das geht am besten über ein I-Profil oder noch besser über ein Kastenprofil.
Rein vom Gefühl her sind die Scharniere aber auch zu wenig Steif.


Re: Wie kann man einen Absaugarm verwindungssteif *MIT BILD*

Verfasst: Fr 26. Feb 2016, 22:37
von Horst Entenmann
[In Antwort auf #83039]
Hallo Arnd,

Du siehst wie Festo das Gelenk gebaut hat. Zwei Rohre und oben und unten Verstärkungsplatten und dann eine Achse senkrecht durch.

Du hast zwei Probleme: Die Scharniere und die Verwindung des Arms.

Die Scharniere die du in der Mitte einsetzt sind schon mal nicht das wahre weil sie Spiel haben (jedes für sich) und das addiert sich.
Da die Scharniere auch dicht zusammen sind, ergibt sich daraus bereits ein erheblicher Drehwinkel.
Rechenbeispiel:
Armlänge 1m, Abstand der Scharniere 50mm, Spiel 1mm => Armlänge zu Abstand der Scharniere = Faktor 20 => Arm hängt 20mm runter.
Du hast 2 Scharniere: 2 mal Spiel = Arm hängt 40mm runter.
Du erhöhst den Abstand zwischen den Scharnieren: 100mm => Armlänge zu Abstand der Scharniere = Faktor 10 => Arm hängt 20mm runter.
Du nimmst ein größeres Scharnier mit nur 1mm Spiel => Arm hängt 10mm runter.

Das andere Problem ist die Biegesteifigkeit deines Arms oder eigentlich ist es ja die Torsionsteifigkeit.
Grundsätzlich gilt: Ein Rohr mit dem gleichen Gewicht eines Rundstahls ist wesentlich steifer als der Rundstahl. Das gilt auch für Vierkantrohre und Vierkantstahl.
Ähnlich funktioniert das auch mit Brettern. Zwei Bretter aufeinandergelegt haben doppelte Biegesteifigtkeit, drei Stück dreifache. Wenn man das mittlere Brett hochkant stellt (also einen I-Träger baut) erhält man etwas das gar nicht vergleichbar ist. Die Biegesteifigkeit vervielfacht sich!
Aber ganz wichtig dabei: Oberes, mittleres und unteres Brett müssen gut miteinander verbunden sein! Das mittlere Brett wird zwar weiterhin viel Steifigkeit bringen, aber die Konstruktion versagt viel früher weil das mittlere Brett zum Beispiel seitlich ausknickt und das obere und untere Brett keinen Teil der Last tragen.

In deinem Fall würde ich mir überlegen, entweder ein Vierkantrohr zu bauen (dann kann man Leitungen innen drin verlegen) oder wie bereits von anderer Seite vorgeschlagen einen I-Träger.
Zum Gelenk selber würde ich mich am Original orientieren oder versuchen den Abstand zwischen den Scharnieren zu vergrößern.





Re: Wie kann man einen Absaugarm verwindungssteif *MIT BILD*

Verfasst: Sa 27. Feb 2016, 14:18
von Martin Möseneder

Hallo

Das Beste das du machen kannst ist ein Hohlkastenträger.
Die Antworten von Dietrich beziehen sich aber leider nur auf die Beanspruchung auf Biegung.
Bei Torsion ist ein I-Träger nicht viel besser wie deine Profile...

Sie dir mal die Abbildungen auf Seite 33 und 35 an:
http://www.christiani.de/pdf/85812_probe.pdf

Mfg Martin



Re: Wie kann man einen Absaugarm verwindungssteif

Verfasst: So 28. Feb 2016, 17:27
von Konrad Holzkopp

Guuden,

bei aller Begeisterung für Mechanik aus Holz,
ich würde einen Knickarm eines Haartrockners
oder einer Markise verwenden.

Gut Holz! J.


Re: Wie kann man einen Absaugarm verwindungssteif

Verfasst: So 28. Feb 2016, 18:22
von Heinz Kremers

Hallo,

ich würde einen Knickarm eines Haartrockners
oder einer Markise verwenden

und die liegen gebraucht bei den Markisenhändlern im Schrott in allen möglichen Varianten.

Gruß
Heinz


Re: Wie kann man einen Absaugarm verwindungssteif

Verfasst: Mo 29. Feb 2016, 06:58
von arnd
[In Antwort auf #83039]
Liebes Forum,

vielen Dank für eure super Antworten! Sie haben mir sehr weitergeholfen.
Schön dass auch eine kleine Diskussion aufkommt.

Also, ich habe wieder eine Menge gelernt. Als Nicht-Techniker stoße ich konstruktiv dann doch immer wieder an meine Grenzen. Und so ein PDF mit den konstruktiven Grundlagen wie von Martin weitet dann den Horizont.
Mir geht es so, dass ich bei Projekten an einer gewissen Stelle einfach fertig werden will und wenn dann etwas nicht so funktioniert wie gedacht, dann bekomme ich in dem Frust auch auf keine guten Ideen mehr. Da hilft so ein Forumsbeitrag ungemein weiter.

Was habe ich für den Bau eines freitragenden knickbaren Auslegers gelernt?
1. Der Baukörper, der zwischen Wand und vorderem Arm liegt muss starke Verwindungskräfte aushalten. Der vordere Arm muss nur gegen Durchbiegen gesichert werden.
2. Um mit geringem Gewicht eine große Verwindungssteifheit herzustellen muss man einen Kasten oder eine Torsionsbox bauen.
3. Die Wahl der Scharniere ist entscheidend. Sie müssen spielfrei und Stabil sein.
Durchgehende Bolzen wie bei Festool sind relativ einfach und günstig zu realisieren. Hochwertige Türbeschläge ohne Spiel gehen auch.
4. Bei der Befestigung an der Wand ist auf einen ausreichenden Abstand zwischen oberem und unterem Haltepunkt zu achten, denn hier treten insbesondere auch die Verwindungskräfte auf.

Konkret:
- Zwei Bretter nebeneinander, die nicht verleimt, sondern nur mit M-Schrauben durch die Scharnierlöcher aneinander gepresst werden, verwinden sich fast so stark wie ein einiges Brett, denn es gibt noch zu viel Bewegungsfreiraum für jedes Brett.
Diese müssen entweder verleimt oder besser noch oben und unten beplankt werden.
- Zaun und Kastenscharniere aus dem Baumarkt sind ungeeignet.
- Ich schätze, dass das ganze Vorhaben mit Metall-Vierkant-Rohren (40x40mm dürfe schon ausreichen) am einfachsten zu realisieren ist, wenn die Bauhöhe des Arms eine Rolle spielt.

Ich selber habe meine Konstruktion jetzt zunächst nur etwas ausgesteift aber die Scharniere noch nicht gewechselt. Mir ist ein funktionierender Arm, der sich leider etwas zu stark absenkt und bei dem ich aufpassen muss dass die mittleren Scharniere nicht verbiegen, lieber ist als noch gar kein Absaug-Arm. :-) Aber der Neubau des Arms steht auf der Werkstatt-Projekt-Liste.

Sobald mein Absaugturm fertig ist, zeige ich euch das Ergebnis. (Kann aber noch etwas dauern)

Liebe Grüße

Arnd



Re: Wie kann man einen Absaugarm verwindungssteif *MIT BILD*

Verfasst: Mo 29. Feb 2016, 10:18
von arnd

Hallo,

hier noch Bilder von der 1. Verbesserung.



So ist das Verwinden spürbar reduziert, - aber natürlich noch deutlich da.

Liebe Grüße

Arnd