Schwalbenschwanzzinken

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Götz Seehaus
Beiträge: 10
Registriert: Fr 4. Jan 2013, 18:56

Schwalbenschwanzzinken

Beitrag von Götz Seehaus »


Hallo,

auch auf die Gefahr, daß es schon ein paar Threads zum Thema gibt:
Wie macht ihr Schwalbenschwanzzinken auf dem Frästisch?

Ich habe mich jetzt zum ersten Mal damit beschäftigt, weil die Schublade an der billig erworbenen alten Hobelbank ersetzt werden muß.
Die hat natürlich Schwalbenschwänze, vorne verdeckt und so soll es auch wieder werden.

Als erstes habe ich mir dafür den Incra Jig (metrisch!) gekauft. Da sieht das alles so schön quick&easy aus.
Es hat eine Weile gedauert, bis ich begriffen hatte, wieso die mit einem 12,7 mm Schwalbenschwanzfräser unbedingt eine Frästiefe von 6,3 mm brauchen
und eine Rapportweite von 22 mm haben. Und wie das mit der eingestellten Fräserhöhe zusammenhängt...
Mein Fräser hat allerdings einen max. Durchmesser von 14,3 mm, d. h. um das exakte mm-Raster des Jigs benutzen zu können, muß ich eine andere Frästiefe
und eine andere Rapportweite ausrechnen (Geometrie...rechne....rechne ...jetzt habe ich es in Excel).
Einfacher wird es natürlich, wenn der Fräser selbst einen Max.-Durchmesser von x,00 mm, am besten sogar geradzahlig hat.
Aber ich bin mit dem Jig eben immer an Maße in genauen, ganzen mm gebunden. Die Wiederholgenauigkeit ist dann wirklich gut.

Gibt es irgendwelche Tricks oder Vorrichtungen, mit denen man dieses ganze mm-Gezirkel einfach gar nicht braucht?



reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Schwalbenschwanzzinken

Beitrag von reinhold »


hallo Götz,

warum machst Du die Schwalbenschänze nicht so, wie sie jahrtausende lang gemacht wurden: von Hand.

Da gibt es nichts zu messen und zu rechnen. Du brauchst keine teuren Jigs, an Werkzeugen reichen 1 Feinsäge, 2 Stechbeitel und ein Hammer. Hilfreich sind noch ein Stechzirkel, ein Streichmass, eine selbstgemachte Winkellehre.

Wie man gute Schwalbenschwanzverbindungen macht, findest Du leicht im Internet.

Okay, die ersten zwei sehen nicht profimässig aus, wahrscheinlich halt nur mässig. Aber dann wird jede Verbindung besser. Und wenn Du es 10 mal gemacht hast, wunderst Du Dich, warum Du es früher mit einer Maschine versucht hast.

viel Erfolg!
reinhold

Wolf. Melloh
Beiträge: 165
Registriert: Di 26. Jan 2021, 09:33

Re: Schwalbenschwanzzinken

Beitrag von Wolf. Melloh »


Hallo Götz Seehaus,
wenn Du zinken möchtest, hier eine Anleitung wie man das macht:

Das Anreißen der offenen Schwalbenschwanzzinkung nach Wolf. Melloh
Beschreibung des Anreißverfahrens :
1. Hölzer mit Winkelzeichen und Tischlerzeichen (- dies legt fest welches Stück die Zinken und welches die Schwalben erhält, denn aufrechtes Holz geht durch- ) kennzeichnen.
2. Im Hirnholz des Zinkenbrettes wird nun die halbe Brettdicke mit dem Streichmaß angerissen.
3. Merke: Auf der halben Brettdicke ( dem Riß ) gemessen, sind die Schwalben sind doppelt so breit wie die Zinken.
4. Merke: Auf der halben Brettdicke ( dem Riß ) gemessen, soll ein Schwalbe gleichbreit der Brettdicke sein.

Merke: Wir nennen im folgenden je einen Zinken und einen Schwalben eine Einheit.
5. Die Brettbreite durch die 1,5 fache Brettdicke teilen, ergibt die Anzahl der Einheiten.
6. Die Anzahl der Einheiten mal drei ( gleichbreite ) Teile + 1 Teil = Teilung
( 2 Teile für den Schwalben + 1 Teile für den Zinken = 3 Teile ).
8. Brettbreite geteilt durch die ermittelte Teilung = Zinkenbreite
9. Auf der Brettmittellinie die ermittelte Zinkenbreite aufreißen.
10. Auf einem zweiten Brett die doppelte Holzdicke anreißen ( Hilfslinie )und als
Anreißhilfe zur Ermittlung der Zinkenschräge anlegen.
11. Nun wird jeweils in der Mitte eines Schwalben der angezeichnete
Punkt auf die Hilfslinie herübergewinkelt.
12. Von der Hilfslinie aus wird die Schräge der Zinken angezeichnet.
13. Zuerst werden die Zinken ausgesägt und ausgestemmt, dann werden
die Schwalben durch Aufsetzen der ausgearbeiteten Zinken auf das Brett
angerissen, ausgesägt und ausgestemmt.

Es folgt eine Musterrechnung Holzbreite 130mm , Holzdicke 20mm :
( 5.) 130 minus 10 = 120 Restmaß
( 6.) Restmaß 120 : 30 = 4 Einheiten
( 7.) 4 E x 3 gleiche Teile plus 1 Teil = 13 Teile
( 8.) 130 Holzbreite : 13 Teile = 10 mm je Zinken auf der Brettmitte
1 Schwalben = 20mm ( 10 x 2 )

Mit etwas Übung wird es schnell besser. Tipp: Mit scharfem Bleistift anreißen und den "halben" Strich stehen lassen.
Wenn Du die Anleitung für halbverdeckte Zinken auch haben möchtest, dann sende ich sie gern. Dafür sollte man aber schon ein paar Kästen gezinkt haben...
Mit freundlichen Grüßen
Wolf. Melloh

Christoph M.
Beiträge: 188
Registriert: Mo 12. Aug 2013, 10:39

Re: Schwalbenschwanzzinken *LINK*

Beitrag von Christoph M. »


Hallo,

mir hat die Seite www.schreiner-seiten.de ganz gut weiter geholfen, da der Ablauf zusätzlich etwas bebildert ist. Die Ausführung ist im Prinzip deckungsgleich zu der von Wolf.
Den Link zur Zinkung habe ich unten angefügt.

Grüße
Christoph

PS: Das wird aber dem TO nicht weiterhelfen, wenn er nach Lösungen auf dem Frästisch sucht.

Jens
Beiträge: 22
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16
Kontaktdaten:

Re: Schwalbenschwanzzinken

Beitrag von Jens »

[In Antwort auf #71664]
Schau Dir doch mal das Video an. Dort wird beschrieben wie man Zinken einteilt: https://www.youtube.com/watch?v=SVOs6EQ6KKE
Fast genau so habe ich es mal gelernt

O.K. Das hat jetzt nichts mit einem Incra-Jig zu tun


reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Schwalbenschwanzzinken

Beitrag von reinhold »


hallo ,

die Anleitungen sind okay und funktionieren.
Und okay, bei der Gesellenprüfung, wo die Schwalben nachgemessen werden, kann man es ja auch so machen.
Nur hätte ein Schreiner vor 1900 das nicht so gemacht, denn erstens war er schwach im Kopfrechnen (aber immer noch besser als heute die meisten Leute) und zweitens dauert das alles viel zu lange. Und seien wir mal ehrlich, diese Schwalben sind viel zu gleichmässig und langweilig. Sie sehen aus, wie mit der Maschine gemacht.

Die Methode, bei der die Zinken zuerst angerissen werden :
Zuerst wird mit dem Streichmass die Stärke des Brettes angerissen + ein Muckaseckele.
Auf beiden Seiten des Zinkenbrettes wird nach Augenmass ein halber Zink angerissen, dabei achtet man darauf, dass die grösste Breite des Zinken unter der Stärke des Brettes bleibt. Das genaue Mass richtet sich nach dem ästhetischen Empfinden des Schreiners. Ich nehme zum Anreissen des Winkels (1:6) eine selbstgefertigte Schablone. Die Fachleute früher konnten das freihand.
Dann halbiert man die Brettbreite (nach Augenmass), das gibt die Mitte des nächsten Zinken. Anreisen nach Augenmass. Dann halbiert man auf jeder Seite den Abstand zwischen dem mittleren Zinken und dem halben Zinken, das gibt wieder die Mittellinie der nächsten Zinken, die freihand angerissen werden.
Das war's. Der Rest ist sägen und dann die Schwalben auf das andere Brett übertragen. Das gibt eine schöne und haltbare Verbindung mit 5 Zinken (die halben ganz gerechnet) und 4 Schwalben.

Ich weiss, dass es eine "Schwalben-Zuerst-Fraktion" gibt. Aber so rum, ist es für mich schneller und einfacher.

viel Spass beim Ausprobieren.
reinhold

p.s. ich krieche wieder ins Bett, die Grippe muss auskuriert werden. Zum Glück kann sich keiner beim Lesen der Mail anstecken.



Pedder
Beiträge: 5686
Registriert: So 8. Dez 2019, 14:41
Kontaktdaten:

Ich verstehe das nicht.

Beitrag von Pedder »


Warum bekommt Götz (herzlich Willkommen übrigens!) auf seine Frage nach Jig und Hilfsmitteln zum Fräsen von Schwalbenschwanzverbindungen ausschließlich hinweise zum stromlosen Zinken???? Das hier ist das laute Forum.

Liebe Grüße
Pedder

Götz Seehaus
Beiträge: 10
Registriert: Fr 4. Jan 2013, 18:56

Danke...

Beitrag von Götz Seehaus »


Pedder, du hast meine Frage richtig verstanden.
Danke natürlich auch an die anderen, die sich die Mühe gemacht haben das Zinken von Hand noch einmal aufzuschreiben. Aber die schönen Videos aus aller Welt auf youtube, die diversen Anleitungen, vor allem die klasse Seiten von Heiko Rech hatte ich ja schon selbst gefunden.
Und ja, es ist toll und wirklich erstrebenswert das so von Hand zu können.
Aber ich kann ca. 500-1000 mal besser rechnen (auch im Kopf) und Maschinen 50 mal genauer einstellen als freihändig arbeiten. Mit Feile/Sandpapier habe ich noch jede Kante vermurkst bekommen, jeden Sägeschnitt kann ich locker verziehen und mit einem Hobel mache ich ebene Flächen eher uneben als umgekehrt :-(((
Das einzige, was mir also bleibt sind ordentliche Maschinen. Was ich damit bisher gemacht habe, kann sich absolut sehen lassen (z. B. Altbau-Jalousiekasten neu gebaut: Rahmen, Rahmendeckel mit Füllung und Einreibern passen mm-genau und sind dicht. Tischler dafür wäre wahrscheinlich unbezahlbar).
Deshalb mein Ansatz auch Schwalbenschwänze auf die Art hinzukriegen. Aber da ist eben wirklich rechnen angesagt, wenn man durch ein Tool wie den Incra Jig auf ein mm-Raster festgelegt ist.
Da würde mich schon interessieren, wer das auch schon mal gemacht hat und zu was für Tricks er dabei gekommen ist.

Zu der Schublade: Die soll ca. 20 cm hoch werden, sind in jeder Ecke 5 Schwalben, 5 Zinkenzwischenräume = 20 Schwalben + 20 Zwischenräume insgesamt. Mmmh, ich brauche eine Schublade, keine Beschäftigungstherapie (auch wenn die ja ganz nett ist).

Marc Waldbillig
Beiträge: 1247
Registriert: So 6. Okt 2013, 21:41

Ich verstehe das schon.

Beitrag von Marc Waldbillig »


Pedder, Götz,

die Erklärung ist ganz einfach. Es gibt hier niemanden, der Schwalbenschwanzzinken fräst, deshalb kommt keine Antwort auf die Frage. Außerdem schränkt das Incra-Tool die Zahl derer, die diese Verbindung fräsen, weiter ein. Weiter verbreitet sind die Schablonen von Bosch, Leigh etc. Auf der anderen Seite gibt es viele Leute, die Schwalbenschwanzverbindungen auf der Hand herstellen - wie man an der Anzahl der Antworten ablesen kann.

Vielleicht liegt es daran, dass diese Verbindung eine traditionell handwerkliche ist und das Fräsen ursprünglich industriell. Auf der Kreuzung treffen sich nicht mehr viele Leute.

Gruß,

Marc



Christoph M.
Beiträge: 188
Registriert: Mo 12. Aug 2013, 10:39

Handbuch Oberfräse, Kapiel 5

Beitrag von Christoph M. »


Hallo Götz,

ganz genaue Tipps kann ich dir Mangels Frästisch nicht geben. Zum Fräsen von Schwalbenschwanzverbindungen kommen Frässchablonen zum Einsatz, diese Schablonen gibt es von unterschiedlichen Herstellern, kosten aber auch schnell viel Geld.

In dem Handbuch Oberfräse (ab Seite 117) beschreibt Guido Henn die Möglichkeit eine Schablone selbst herzustellen. Hilfe ist hierbei eine Kunststoffschablone "dovetail template master". Auf den Seiten vorher wird auch das Arbeiten mit unterschiedlichen Frässchablonen (Wolfcraft, IGM, Festool, Akeda und Leigh) erklärt.

Dann hier noch ein Link zu Holzwerken TV. Auch wieder Guido an der Multiwerkbank, ab 7:10 min wird die Arbeit mit dem Incra System gezeigt, dort werden Fingerzinken gefräst.
http://www.holzwerken.net/HolzWerkenTV/Maschinen/Was-diese-Bank-so-alles-kann

Und hier noch ein Link zu Festool, dort wird die Frässchablone vorgestellt.
http://www.youtube.com/watch?v=jKf3ElcW8f0

Hoffe das hilft dir etwas weiter.

Grüße
Christoph



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