Sitzbank, Heizkörperbank - [BILDER]
Verfasst: Mo 5. Dez 2011, 11:05
Bekanntlich frieren Frauen immer. Daher erwuchs schon vor Jahren in uns der Gedanke ,über den einen Heizkörper im Wohnzimmer eine Bank zu setzen, auf der man/frau sich der wohlig warmen aufsteigenden Luft hingeben könne. Auch die zu dieser Fensterfront hereinflutende Sonne sollte für den Banksitzer nutzbar sein.
Die Anforderungen/Einschränkungen an den Bau ergaben sich aus dieser der Sitzbank zugedachten Nutzung und dem Standort:
- offene Sitzfläche, damit die Heizung in ihrem Wirken nicht zu stark behindert werden würde;
- Höhe mit Abstand zur Oberkante Heizkörper ergibt eine etwas größere Höhe als für gewöhnliche Sitzmöbel;
- Beine mußten um den Heizkörper herumgreifen, d.h. stollige Beine waren aus Platzgründen nicht möglich;
In meinem Kopf hatte ich alsbald die Vorstellung einer Bank mit im Querschnitt L-förmigen Beinen und mit einem insgesamt eher leicht anmutenden Gestell, das mit einem Flechtwerk bespannt werden sollte, aufgebaut. Beine und Traversen sollten mit leichten Schweifungen versehen werden.
Mit meinem Kirschholzvorrat, der mir schon so manches Möbelchen ermöglicht hat, gings frisch ans Werk, und wie immer bei mir ohne echten Plan, SketchUp- oder gar CAD-Entwurf.
Zuerst wurden die Hölzer für alle benötigten Teile per Hand auf Dicke gehobelt und zur Seite gestellt.
Dann wurden die Zapfenlöcher mit dem Lochbeitel in die Beinteile geschlagen, anschließend der unrechte Winkel mit Hilfe einer Schablone angezeichnet und an der Stoßlade ebenfalls mit Schablone geputzt.
Bei den Beinen wollte ich einer Konstruktion auf Gehrung auf voller Beinlänge aus dem Weg gehen, ebenso konnte ich die Beine nicht aus dem Vollen machen . Daher wurden die L-förmigen Beine aus jeweils drei Teilen hergestellt, zwei geschweiften Beinseiten, die mit einem Vierkantholz in Brettdicke über Eck verleimt wurden. So mit waren 8 geschweifte Beinteile herzustellen. Um hier rationeller und gleichförmiger zu arbeiten und auch um mich ein wenig mehr mit meiner kleinen Hobby-Oberfräse und meinem selbstgebauten Frästisch für Arme auseinander zu setzen, kam hier die Oberfräse zum Einsatz (zu Beginn noch ohne Frästisch). Eine Schablone der Beinseiten wurde freihändig gezeichnet, aus Sperrholz ausgesägt und mit dem Schweifhobel geglättet. Diese Schablone wurde mit den auf dem Stichsägetisch (meine Bandsäge für Arme) schon möglichst genau ausgesägt und mit den Beinteilen an noch bestehenden Überständen verschraubt. Ein Bündigfräser mit Anlaufring erledigte die endgültige Schweifung schnell und recht sauber. Die geringe Fräserlänge erforderte zwei Durchgänge.
Zum vorläufigen Schluß wurden jeweils zwei Beinteile mit einem Vierkant verleimt.
Für die Schweifung der Kurztraversen fertigte ich ebenfalls eine Schablone, für die Langtraversen eine Halbschablone, die gespiegelt wurde. Auch hier kam der Bündigfräser zum Einsatz. Die Herstellung der Verzapfung erfolgte klassisch von Hand.
Leider waren trotz dem Versuch, sauber zu arbeiten, die Passung von zwei Zapfen nicht vollends zufriedenstellend, so daß ich hier nochmals mit einem Furnier aufstocken mußte.
Der Sitzrahmen ist auf Gehrung mit Zapfen und Zapfenloch händisch hergestellt. Wichtig ist hier natürlich, die Zapfenlöcher vor dem Schneiden der Gehrungen zu schlagen, denn ansonsten bricht die Lochwandung in Richtung Gehrungsspitze beim Aushebeln der Späne immer wieder aus.
Alle Teile sollten aus Gründen der Ästhetik (ich mag schöne Fasen!) und des Kinderaufprallschutzes recht stark angefast werden, was ich angesichts der Schweifungen und meinen stets durchwachsenen Erfahrungen mit Schweifhobeln auch mit der Fräse erledigen wollte. Ein Billig-Fasenfräser in meinem Frästisch leistete hier sehr gute Arbeit, in nur kurzer Zeit waren alle Teile am Anlaufring vorbeigezogen und angefast. Um ein schöneres Oberflächenbild zu erhalten, wurde stellenweise noch ein wenig per Hand nachgehobelt. An den Schweifungen leider kam ich nicht ganz ohne Schleifpapier aus, was ich grundsätzlich als Niederlage einstufe .
Nach dem Verleimen, dem Ölen und dem Wachsen gings an die Bespannung. Nach reichlichem Überlegen hatte ich mich für eine Bespannung aus Gurtband entschieden. Die Zweifarbigkeit ist einem äshetischen Dilemma geschuldet: zum Kirschholz paßte besonders gut dunkelblaues oder weinrotes Gurtband. Nur Blau allein hätte jedoch vielleicht ein zu dunkles Möbel ergeben, nur Bordeaux hätte sich mit den anderen Rottönen im Wohnzimmer (Teppich, Sofa) gebissen. Da Dunkelblau und Bordeaux aber miteinander gut harmonieren, entschied ich mich für den Versuch mit diesen beiden Farben gleichzeitig. Das ergibt jetzt in Kombination mit der dritten Farbe des Holzes ein etwas unruhiges Bild, aber ich merke, daß ich mich schnell daran gewöhne und es mir mittlerweile sogar gut gefällt. Wenn es auf Dauer stören sollte, wird eine Farbe wieder abgenommen, und die Bespannung in einer Farbe durchgeführt.
Die Bänder wurden mit Hilfe eines Hebels unter die benötigte hohe Spannung gesetzt und festgetackert. Der Hebel ist an seinem Kopf mit einem Rundholzabschnitt und am seinem Ende mit drei kleinen Nägelchen versehen.
Über das Rundprofil läßt er sich gut umlegen, und die Nägelchen halten dabei das Gurtband fest. Soweit zumindest die Theorie. In der Praxis hielten die Nägelchen den großen Spannungen nicht stand, sondern wurden langsam verbogen und herausgehebelt. Daher klemmte ich das Band noch mit einer Feststellzange fest, was erstaunlich gut funktionierte und den Hebel noch verlängerte.

Die richtige Hebelspannung, also den passenden Ansatzwinkel, ermittelte ich empirisch und hielt ihn dann immer wieder ungefähr ein.

Nach dem Tackern sollte das Band beim Anzupfen schon fast ein wenig klingen und nicht mit labberigem Händedruck aufwarten. Damit steht der Rahmen unter ganz erheblicher Spannung, was während des Baus Spreizhilfen auf der Rahmeninnenseite erforderlich machte. Bis zum endgültigen Anbringen einer Querverstrebung (m.E. unbedingt notwendig, ansonsten könnte der Rahmen kollabieren) muß immer eine Spreizhilfe nahe der Mitte des Rahmens eingesetzt bleiben. Die endgültige Querstrebe liegt unter dem Rahmen, damit sie sich nicht unter Belastung der Bespannung durch diese durchpaust. Die kleinen Klötzchen wurden zunächstaufgeklebt und dann mit jeweils 3 8-mm-Dübeln verdübelt, um dem Druck des Rahmens standzuhalten.

Die Sitzfläche ist nach Augenmaß auf den Rahmen gelegt und mittels Querstreben auf Passung mit diesem verschraubt (sicher ist sicher bei Kindern im Haus).

Funktioniert :-):


Und noch ein paar Bilder von der Bank. Leider ist es mir nicht gegeben, ästhetisch ansprechende Bilder von meinen Möbeln zu machen. Dazu kommt mir die Digitalkamera zu wenig entgegen (Kontraste mag die gar nicht), habe ich keine Zeit, mich um aufwendige Ausleuchtung zu kümmern. Und dann ist da noch dieser unsägliche Teppichboden! Ganz zu schweigen von dem Kinderkrempel, mit dem die Bank direkt nach Übergabe an den Verkehr belegt wurde


Vielen Dank für's Gucken...und ich erwarte eine spezifische Frage zur Ausführung dieses Möbels... ;-)
Grüße, Philipp