Schlitz und Zapfenverbindung auf der TKS

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
Stefan
Beiträge: 178
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Schlitz und Zapfenverbindung auf der TKS

Beitrag von Stefan »


Hallo zusammen,

ich würde gerne einmal meine Arbeitsweise zu Erstellung einer Schlitz und Zapfenverbindung zur Diskussion stellen.

Da es meiner Meinung nach nicht viel Literatur bezüglich Möbelbau in Deutschland gibt (ausgenomen ein paar Standardwerke wie den Spannagel), habe ich mittlerweile eine grosse Ansammlung amerikanischer Literatur.

Hier wird zur Erstellung einer Schlitz und Zapfenverbindung gerne auf einen Jig zurückgegriffen.

Bei diesem Jig wird der Rahmenteil, der geschlizt werden soll, hochkannt auf der Tischkreissäge gesägt. Ich denke viele kennen solche Konstruktionen.

Jetzt habe ih schon von einigen Leuten (hier im Forum aber auch in "live") gehört, dass man besser die Tischfräse hierfür benutzen sollte.

Nun stellen sich mir natürlich ein paar Fragen, wo ich hoffentlich ein bisschen Erleuchtung von Euch erlangen kann :

1.) Wieso ist es auf der Tischfräse sicherer ?? (Angenommen man baut einen soliden Jig, der auf dem Schibetisch befestigt wird)
2.) Kann man auf der Fräse mit einem speziellen Fräser auch Zapfen mit unterschiedlichen Brüstungen sägen, da meine Rahmen meistens auch eine Falz haben ???
3.) Bei diversen Herstellern werden extra Sägeblätter zum Nuten und auch zum Erstellen einer Schlitz und Zapfenverbindung angeboten (z.B. Felder und Guhdo).
Ist das Geschäftemacherei auf Kosten der Sicherheit des Kunden ???

4.) Eher eine Bitte. Gibt es jemanden im Grossraum Köln, der mich an einer Tischfräse praktisch einweisen könnte ? Nur mit Theorie dauert es erfahrungsgemäss länger.

Vielen Dank schon einmal für Eure Mühe

Stefan


Jockel
Beiträge: 484
Registriert: So 7. Aug 2016, 10:50

Schlitz und Zapfenverbindung nur auf der TF !

Beitrag von Jockel »

[In Antwort auf #34377]
Hallo Stefan
Bei dem sicheren Umgang mit Maschinen sind die amerikaner nicht gerade Weltberühmt. Die HolzBG hierzulande betreibt Forschung auf diesem Gebiet, und veröffentlicht die daraus entstandenen Sicherheits- Anwendungsregeln.
Alle frei verfügaren Artikel sind hier zu finden:
www.holzbg.de
Ich habe noch in keinem Buch (schon gar keinem englischsprachigem) so ausführliche Informationen zum sicheren Umgang mit Maschinen gefunden.
Die Holzbg hat einen ca 100 Seiten langes PDF auf ihrer Seite in dem der sichrere Umgang mit Holzbearbeitungsmaschinen beschrieben wird.
http://www.holzbg.de/download/HolzBG_TSM_M_12_06.pdf

Desweiteren gibt es auch ein Dokument über die sichere Herstellung von Schlitz und Zapfen, das dürfte auch deine Fragen beantworten:
http://www.holzbg.de/pages/aktuell/theme/profi01-04.htm

Allzeit unfallfreies Arbeiten wünscht
Jockel



Georg
Beiträge: 1254
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Schlitz und Zapfenverbindung auf der TKS

Beitrag von Georg »


ZU 1:Der Vorteil einer Tischfräse beim Schlitzen ist, daß hier das Werkstück flach auf dem (Schiebe)-tisch liegt, während es bei der Kreissäge aufrecht steht. Dabei wird so mancher Holzwerker mit der Decke in Konflikt kommen, insbesondere, wenn es sich dabei um Rahmen für einen Kleiderschrank o.ä. handelt. Ich denke deshalb, das hat weniger mit Sicherheit zu tun als mit den räumlichen Möglichkeiten hier die Tischfräse zu bevorzugen. Allerdings stelle ich mir so ein Jig, in dem ein 2m langes Werkstück aufrecht steht schon etwas instabil vor.
ZU 2: Das müßte an der Tischfräse funktionieren, wenn du zwei Nutfräser mit dem entsprechenden Durchmesser auf die Frässpindel setzt und dazwischen mit Distanzringen die Dicke des Zapfens einstellst.
ZU 3: Zu diesen speziellen Schlitzsägen kann ich dir leider nichts sagen. Für den Profi haben sie sicher ihre Daseinsberechtigung, ob sie für den Hobbyschreiner notwendig sind muß jeder selbst entscheiden. Beim Schneiden von tiefen Schlitzen kann ich mir vorstellen, daß sie auf Grund des dicken Stammblattes weniger verlaufen als normale Sägeblätter.
Ich selbst habe mir für meine CS70 ein Jig gebaut, daß am Längsanschlag fixiert wird. Zum Sägen benutze ich dann die Zugfunkion der CS70, so daß das Werkstück nicht bewegt werden muß.



Stefan
Beiträge: 178
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Schlitz und Zapfenverbindung auf der TKS

Beitrag von Stefan »


Hallo Georg,

da hast Du schon recht mit der Begrenzung durch die Zimmerdecke.
Bei mir dreht es sich meistens aber auch nur um Leisten von 40-70cm Länge.
Bis vor kurzem habe ich auch noch eine CS70 besessen und habe diese Arbeiten genau wie Du mit der Zugfunktion gemacht.
Allerdings nicht nach Anleitung von Festool mit irgendwelchen wackeligen Konstruktionen.

Bis dann

Stefan


Johannes Müllerheim

Re: Schlitz und Zapfenverbindung auf der TKS

Beitrag von Johannes Müllerheim »

[In Antwort auf #34377]
Hallo Stefan,
besitzt Du schon eine Fräse? Wenn ja, könnte ich bei Gelegenheit mal vorbeikommen und wir könnten die Einweisung auf Deiner Maschine machen.
Ich bin fast jeden Monat mal in Köln. Melde Dich einfach mal bei mir.

Gruß Johannes



MaxS
Beiträge: 1620
Registriert: Sa 21. Jun 2014, 02:52

Re: Schlitz und Zapfenverbindung auf der TKS

Beitrag von MaxS »

[In Antwort auf #34377]
Stefan,

zu 1): Wenn deine Vorrichtung (ich hasse Anglizismen...) solide und präzise gebaut und befesttigt ist, dann sehe ich was die Sicherheit betrifft keinen Unterschied.

Den großen Vorteil der Tischfräse sehe ich eher in anderen Punkten. Das beginnt mit der Schnelligkeit: Mit entsprechend ausgespannten Fräsern kann ich den Zapfen / Schlitz in einem Arbeitsgang komplett fertigen. Auch dürfte die Präzision hier eher höher sein, als wenn man mehrere Male durchs Sägeblatt fahren muss. Und, was man auch nicht vergessen sollte, die bearbeitbaren Dimensionen sind wesentlich größer.

Max


Walter Heil
Beiträge: 1425
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Schlitz und Zapfenverbindung auf der TKS

Beitrag von Walter Heil »

[In Antwort auf #34377]
Hallo Stefan,

das Schiff, das so um 1920 rum eine Ladung Tischfräsen und Schiebeschlitten von Europa nach Amerika bringen sollte, ist im Sturm auf dem Nordatlantik gesunken. Von diesem Schlag hat sich das amerikanische Schreinerhandwerk bis heute nicht erholt. Weil die Versicherung damals nicht gezahlt hat, wurde auch keine Wiederholung des Transports versucht. Daher werden alle Arbeiten, die bei uns auf Tischfräsen gemacht werden, drüben mit Tischsägen oder Oberfräsen und den zugehörigen, teilweise ausgefuchsten, teilweise auch abenteuerlichen Vorrichtungen und Verfahren, durchgeführt. Selbst ansonsten anerkannte Meister ihres Fachs wie Tage Frid, konnten sich diesen Gepflogenheiten nicht entziehen.

Zu 1. Es ist nur sicherer, wenn es richtig gemacht wird. Es gibt zwei Methoden.

a) Vorsatzbrett oder Fräsbrücke anwenden, so dass der Fries (das Fries?) nicht in den Fräskorb hineingezogen werden kann. Mit einem Schiebeholz, das für das Werkstück gleichzeitig Anschlag ist und deswegen auch groß genug sein muss, den Fries am Fräser vorbeischieben. Die Frästiefe muss vorher eingestellt sein, ebenso wie die Fräshöhe, versteht sich.

b) Mit Schiebeschlitten Fries an den Ablänganschlag drücken, dann mit einem Niederhalter fest fixieren. Noch besser ist es, mit einem weiteren Spannelement, nämlich einem Exzenterhebel, den Fries an den Ablänganschlag so zu drücken, dass bei einer Bewegung des Werkstücks in Richtung Fräser, der Exzenter den Drück erhöht. Frästiefe und -Höhe muss vorher eingestellt sein. Auf keinen Fall das Werkstück nur mit den Fingern fixieren!! Das endet mit Sicherheit im GAU!

Um ein Werkstück senkrecht auf der Tischsäge sauber zu führen, wird eine ziemlich unhandliche Vorrichtung benötigt; das geht auf der Fräse einfacher.

Zu 2. Mit EINEM speziellen Fräser wüsste ich nicht; aber mit zwei Schlitzscheiben unterschiedlichen Durchmessers (Durchmesserdifferenz gleich Falztiefe) und Zwischenringen geht das oder eben in zwei Arbeitsgängen.

Zu 3. Diese Nutfräser sind etwas breiter (ab 4mm) als Sägeblätter. Sägeblätter mit Flachzahnung gehen zur Not auch, wenn diese im Fräsdorn mit entsprechendem Flansch betrieben werden.

Der erste Abschnitt ist möglicherweise historisch nicht ganz korrekt.

Gruß, Walter



Georg
Beiträge: 1254
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Nachtrag zu meiner ersten Antwort

Beitrag von Georg »

[In Antwort auf #34377]
Zu deinem Punkt 2 ist mir noch folgendes eingefallen: Es gibt von verschiedenen Herstellern/Händlern, aktuell fallen mir Felder und Brück ein, Spezielle Fräser für Tür- und Fensterprofile. Dort könntest du vielleicht einen geeigneten Fräser finden, da die Fenster- bzw. Türrahmen ja auch mit Schlitz und Zapfen verbunden werden und diese ja auch über mindestens einen Falz verfügen.
PS Walter: es muß heißen Radius- (nicht Durchmesser-´)differenz gleich Falztiefe.


Matthias Fischer
Beiträge: 128
Registriert: Fr 17. Aug 2018, 16:48

Re: Schlitz und Zapfenverbindung auf der TKS

Beitrag von Matthias Fischer »

[In Antwort auf #34377]
Hallo,

beim Bau von gestemmten Eingangs- oder auch Zimmertüren sind die aufrechten Rahmenfriese nicht selten 15 cm breit.
Dementsprechend werden die Zapfen dann ja auch so lang. Auf einer Kreissäge hat man wohl kaum eine ausreichende Schitttiefe um das hinzukriegen. Ausserdem kann eine Blendrahmenfries mit Oberlicht locker 2,80 m lang sein, da kann man nur auf der Tischfräse schlitzen (zu zweit). In meiner Lehrzeit hatten wir tatsächlich solche Sägeblätter speziell zum schlitzen. Wenn ich mich recht erinnere, waren die nicht (oder kaum) geschränkt aber im Querschnitt an den Zähnen dicker als zur Mitte hin. Ich hoffe Ihr versteht was ich meine ;-)
Das Schlitzen auf der Tischfräse war aber immer so eine Sache, bei der ich Schweissperlen auf der Stirn hatte :-)

Grüsse!
Matthias



Heiko Rech
Beiträge: 2715
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Schlitz und Zapfenverbindung auf der TKS

Beitrag von Heiko Rech »

[In Antwort auf #34377]
Hallo Stefan,

es wurde ja schon viel geschrieben, besonders die Ausführungen von Walter finde ich sehr gut.

Du solltest wirklich nicht alles, was die Amerikaner so machen als Ideallösung betrachten. Ich finde es schade, dass der Blick immer zuerst nach Amerika geht. Dort wird viel Unsinn gemacht und mit der Sicherheit nimmt man es nicht immer so genau. Tischfräsen scheinen dort wenn überhaupt nur bei Profis eingesetzt zu werden.

Ansonsten ist dem bereits geschriebenen nicht mehr viel hinzuzufügen.

Einige Dinge fallen mir aber dennoch ein:
Die Verwendung von Sägeblättern auf der Fräse ist von der BG nicht erlaubt. Das sollte auch dem Privatanwender, der sich nicht an diese Vorschriften halten muss, zu denken geben. Wenn man es dennoch macht, bitte nicht mit der Drehzahl übertreiben.

Mit der Anschaffung von teuren Spezialfräsern würde ich als Anfänger lieber noch warten. Mit einem Falzkopf, einem Verstellnuter und einem Profilmesserkopf hast du schon viele Möglichkeiten und auch schon einige Kosten an der Backe.

Lass die Finger von gebrauchten Fräsern, ohne BG-Zulassung und gleichwertige Prüfsiegel. Bei E*** wird sowas oft verramscht.

Ansonsten würde ich sagen, nimm as Angebot von Johannes an und lass dir einiges direkt an deiner Maschine zeigen.

Viel Spass mit der neuen Maschine.

Gruß

Heiko



Antworten