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Vorderzangen-Konstruktion

Verfasst: Mi 28. Jun 2006, 21:05
von Dirk Vogel


Hallo noch einmal,

im Zuge meiner Werkbank-Planung stelle ich mir gerade die Frage, wie ich meine Vorderzange möglichst verwindungssteif baue. Gemeint ist, daß es ja ein allgemeines Problem der Vorderzangen zu sein scheint, daß sie sicht festhaken, sobald man ein Werkstück seitlich oder in einiger Entfernung der Spindel einspannt. Die gemeinhin angeführten Lösungen dieses Problems halte ich für problematisch, da sie in der Regel den allergrößten Teil der Spannfläche zunichte machen, die eine Vorderzange anbietet.

Erstes Beispiel (Ansicht von vorn):
 
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Hier ist die Hauptspindel als zentrales Quadrat dargestellt. Rechts und links befinden sich Leithölzer. Mit diesem oder einem ähnlichen Design reduziert sich die Nutzfläche zum Einspannen allerdings auf wenige Zentimeter oben bzw. rechts ! Wie gesagt, ich bin noch ein Neuling und habe mit Hobelbänken noch nicht "wirklich" gearbeitet. Aber ich frage mich, wieso man so einen großen Aufwand betreibt, wenn unterm Strich auch nicht mehr Platz zum Spannen zur Verfügung steht als im nächsten Beispiel ?


Zweites Beispiel:
 
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Hier ist die Zange von vornherein so kurz, daß keine Leithölzer benötigt werden. Daher spannt man sehr nahe der Spindel und muß u. U. ein Holz gleicher Stärke auf der anderen Seite einspannen, um Verkantungen zu vermeiden, oder man nimmt links noch eine kleinere Zweitspindel zur Abstandshaltung dazu. Auch das finde ich nicht sehr praktisch !

Daher frage ich Euch, ob folgende Idee Verkantungen ebenfalls wirksam unterbinden wird.


Drittes Beispiel:
 
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Statt zweier Leitschienen käme hier eine Art T-Träger zum Einsatz, von dem ich mir höhere Stabilität verspreche als von einem quadratischen oder rechteckigen Querschnitt. Daher befindet er sich nur auf der linken Seite der Zange, und rechts bliebe der gesamte Raum zum Spannen frei. Oder ist das pure Phantasie ?


Nehmt mal Stellung :-)

Dirk




Zu 3 ...

Verfasst: Mi 28. Jun 2006, 21:33
von Alexander Schorn

Wie soll die Zange vernünftig Druck auf der linken Seite aufbringen? Das Werkstück würde immer einseitig verquetscht.

Ich tendiere zum Standard: Beispiel 1.
Sorgen wegen verloren gegangener Spannfläche musst du dir doch keine Machen. Willst du hohe Werkstücke spannen, brauchst du sowieso einen Bankknecht. Aber bei langen Werkstücken damit die liegend eingespannt werden hast du die beste Wirkung.




Re: Zu 3 ...

Verfasst: Mi 28. Jun 2006, 22:04
von Dirk Vogel

Das verstehe ich nicht recht. Die Vorderzange soll doch links der Spindel gar keinen Druck aufbauen, weil man da nichts einspannt, sondern nur rechts der Spindel. Die T-Konstruktion im dritten Beispiel links habe ich mir ausgedacht, weil so die Kontaktfläche dieser "Leitschiene" mit dem dafür ausgeschnittenen Loch in der Tischplatte viel größer ist als im Falle von zwei rechteckigen Leitschienen. Ich hatte mir davon versprochen, daß dadurch die Zange nur sehr begrenzt in irgendeine Richtung abdriften kann ...



Re: Zu 3 ...

Verfasst: Mi 28. Jun 2006, 22:42
von Alexander Schorn

> Die Vorderzange soll doch links der Spindel gar keinen Druck aufbauen, weil man da nichts einspannt, sondern nur rechts der Spindel.

Sicher spannst du vor der Bank Türblätter und ähnliches ein, aber wie würdest du z.B. Leisten, kleinere Balken oder Bretter einspannen? Die gehen oft über der Spindel durch und auch über die Bank hinaus (nach link, waagerecht). Es kommt also schon sehr häufig vor, dass du den Druck über die gesamte Länge der Vorderzange aufbauen musst, da ist der Druckpunkt mittig meiner Meinung (und in der Praxis fast ausschließlich verwendet) der Idealfall.

> daß dadurch die Zange nur sehr begrenzt in irgendeine Richtung abdriften kann ...

Abdriften könnte sie doch nur, wenn du asymetrisch spannst, also kein Distanzholz auf der gegenüberliegenden Seite verwendest. Auch da wäre wichtig, alle Führungs- und Spanneinrichtungen möglichst gleichmäßig über die Zange zu verteilen um die Scherkräfte gut verteilt aufzunehmen.
Im dritten beschriebenen Fall würde aber die Zange einfach aufgehen: Die Spindel zieht die links liegende Seite zur Bank, die Seite die eigentlich pressen soll entfernt sich eher vom Werkstück. Aber auch nur meiner persönlichen Einschätzung nach. ;-)



Re: Zu 3 ...

Verfasst: Mi 28. Jun 2006, 22:56
von Dirk Vogel

Danke für Deine Erklärungen. Ich hatte nicht bedacht, daß man auf die Idee kommen könnte, Leisten oder Bretter mittig in eine Vorderzange am Rand der Werkbank einzuspannen, so daß sie dann links über die Bank hinausragen. Ich hatte für solche Fälle eine zweite, längs der Werkbankkante verschiebbare Vorderzange vorgesehen, die das andere Ende des entsprechenden Werkstücks aufnehmen würde. Deshalb dachte ich, die Vorderzange am linken Ende der Bank müßte nur nach rechts spannen, während meine zweite Vorderzange spiegelbildlich nur links spannen können müßte :-)

Dein Gedanke, bei meinem dritten Beispiel würde die Spindel eher links als rechts Druck aufbauen, beunruhigt mich allerdings. Falls diese Möglichkeit ernsthaft besteht, werde ich natürlich auch zum klassischen Desigen des ersten Beispiels greifen ...



Re: Vorderzangen-Konstruktion

Verfasst: Do 29. Jun 2006, 06:43
von Edi Kottmair
[In Antwort auf #23985]
Hallo Dirk,

als Vorderzangenkonstruktion kommt noch diejenige in Frage, die Tage Frid in seinem Buch Möbelbau vorstellt. Die finde ich eigentlich viel besser als die gängigen Konstruktionen. Man braucht nur eine Spindel und keine Führungsstäbe. Die Spindel sitzt nicht unter der Bank und zieht die Zange zur Bank, sondern die Spindel befindet sich in einem L-förmigen Anbau und drückt die Zange gegen die Bank. Das hat den Nachteil, dass ein größerer Anbau an der Bank ist, aber ansonsten sehe ich nur Vorteile. Das Problem des Verwindens ist beseitigt. Ganz im Gegenteil: man kann auch konische oder geschwungene Werkstücke einspannen. Der größte Nachteil der üblichen Vorderzangen ist die Spindel und die Führungsstangen, die dauernd im Weg sind, wenn man etwas Größeres einspannen will. Das fällt bei der Frid-Konstruktion (die sicher nicht er erfunden hat, aber ich kenne sie aus seinem Buch) komplett weg. Dort kann man auch bis zum Boden reichende Werkstücke bequem einspannen.

Leider habe ich im Internet keine Bilder gefunden, aber vielleicht kann jemand anderes aushelfen.

Viele Grüße von
Edi




Re: Vorderzangen-Konstruktion

Verfasst: Do 29. Jun 2006, 08:35
von reinhold

hallo,
Edi hat recht, das ist eine Konstruktion mit vielen Vorteilen.
Es ist auch in der Tat nicht die Erfindung von Tage Frid, sondern die normale süddeutsche (?) Form der Vorderzange.

Sie ist etwas aufwendiger zu bauen, nimmt etwas mehr Platz weg und ist vielleicht etwas anfälliger als die französische Vorderzange (das ist diejenige Form, die heute allgemein gebaut wird, weil der Bankhersteller damit eine Menge Arbeit einspart).

Meine erste Hobelbank (19.Jahrhundert) hatte diese Vorderzange mit einer hölzernen Spindel. Ich musste sie aus Platzgründen leider weggeben und sie steht heute in einem Museum. Nebenbei : diese Hobelbank ist komplett aus Holz gefertigt, ohne ein einziges Metallteil aufzuweisen. Auch beide Spindeln sind aus Holz (Weissbuche). Lediglich die Bankhaken sind aus Metall.

Dirk, wenn es Dich interessiert, ich kann Dir die Zeichnungen von T.Frid schicken.

viele Grüsse
reinhold



Re: Vorderzangen-Konstruktion

Verfasst: Do 29. Jun 2006, 10:19
von Edi Kottmair

Jetzt habe ich wenigstens ein Bild gefunden, wenn auch ein mäßiges:
http://www.dhm.de/ausstellungen/lebensstationen/bilder_750/1_73.gif

Viele Grüße von
Edi



Re: Vorderzangen-Konstruktion

Verfasst: Do 29. Jun 2006, 10:20
von Bernd Stegen

@reinhold,
schüchterne Frage. Geht das mit den Zeichnungen auch hier im Forum?

Gruß Bernd




Re: Vorderzangen-Konstruktion

Verfasst: Do 29. Jun 2006, 11:27
von Andreas Winkler
[In Antwort auf #24004]
Hallo Edi,

die von Tage Frid beschriebene Varinate der Vorderzange heißt ganz allgemein "Deutsche Vorderzange". Bänke mit dieser Variante waren früher billiger als die heute verbreiteten Bänke mit französischer Vorderzange. Wahrscheinlich, weil sie damals einfacher herzustellen waren - man sparte sich die Führung und konnte eine kürzere Spindel verwenden.
Heute gibt es meines Wissens nur noch einen Hersteller, der Bänke mit deutscher Vorderzange herstellt:

http://www.hobelbaenke.com/tb_20_33.htm

An Dirk:
zu Deiner 3. Variante: bedenke, daß der „Träger“ eine ganze Menge Platz unter der Bank benötigt. Außerdem sollte ja die Führung der Zange nicht nur über die von Dir beschriebene „Kontaktfläche im Loch in der Tischplatte“ geschehen, sondern über eine Führungskonstruktion unter der Platte. Schau´ Dir am besten mal eine fertige Vorderzange auf Dieter Schmids Seite an:

http://www.feinewerkzeuge.de/spindel.htm

Eine solche Variante läßt sich auch aus Holz (also Fürung aus Holz und Spindel aus Metall – Holzspindel ist wohl unbezahlbar ???) verwirklichen. Natürlich ist das dann nicht so verwindungssteif. Aber warum soll eine Zwinge immer absolut parallel spannen ? Die Hauptsache ist doch, daß sie das Werkstück richtig fest spannt.

Gruß, Andreas