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Zuerst Leimen oder Oberfläche

Verfasst: Mi 12. Feb 2020, 23:31
von Johannes F

Liebe Forumsgemeinde,

ich baue im Moment ein Stockbett für meine Kinder aus Massivholz in Ahorn und etwas Zwetschge. Als Oberfläche wollte ich eine Schellackmattierung probieren. Es ist eine einfache Konstruktion in Stollenbauweise mit verkeilten Stegzapfen der Seitenteile - für die Zerlegbarkeit. Die Bretter des Kopf- und Fußendes sind eingezapft und sollen verleimt werden. Jetzt stellt sich für mich die Frage erst leimen und dann Schellack oder anders herum. Im ersteren Fall käme ich mit dem Ballen nicht mehr gut in die Eckkanten. Im zweiten Fall könnte ich Probleme mit austretendem Leim bekommen. ob Weißleim überhaupt auf Schellack haftet, dazu habe ich im Netz keine Infos gefunden. Wie würdet ihr es machen?

Vielen Dank und viele Grüße

Johannes


Re: Zuerst Leimen oder Oberfläche

Verfasst: Do 13. Feb 2020, 07:21
von reinhold

hallo Johannes,

ich restauriere öfters alte Möbel.
Wenn man sie zerlegen muss, dann stellt man fest, dass die Oberflächenbearbeitung VOR dem Verleimen durchgeführt wurde.

Natürlich muss man dabei darauf achten, dass die eigentlichen Leimflächen vor versehentlichem Auftrag von Lack geschützt werden, zum Beispiel durch Abkleben. Früher nahm man dazu Papierreste, die mit Tapetenleim (Stärkekleister) aufgeklebt wurden, heute haben wir eine große Auswahl an Klebestreifen. Ich nehme die gelben oder blauen, die sehr gute Kanten ergeben und sich leicht lösen lassen.

Austretender Leim darf unter keinen Umständen abgewischt werden. Man lässt die Leimschnur erhärten und kann sie danach rückstandsfrei von Schellack-Oberflächen ablösen.

viele Grüße
reinhold




Re: Zuerst Leimen oder Oberfläche

Verfasst: Do 13. Feb 2020, 11:04
von David

Ich weiß nicht, ob ich bei einem Stockbett den Aufwand einer Schellack-Politur betreiben würde, das ist nach meinem Verständnis eher für Tische, Kommoden, Klaviere etc. angebracht. Schellack lässt sich sehr schön streichen, 3-4 Schichten bist du gut dabei und mit Sicherheit schneller fertig als das zu polieren. Mit dem Pinsel kommt man dann auch in die Ecken. Ggf. Wachspolitur mit sehr feiner Stahlwolle aufreiben zum glätten und mattieren.

Gruß,
David


Re: Zuerst Leimen oder Oberfläche

Verfasst: Do 13. Feb 2020, 12:35
von Konrad Holzkopp

Guuden,

zumindest grundiere und zwischenschleife ich immer vor dem Verleimen,
so ist schon einmal die Saugfähigkeit des Holzes reduziert,
weiters Oberflächenmaterial dringt nicht ganz so schnell ein
und die Ecken haben bereits die Endfarbe.
Feuchte Finger u.A. schmutzen auch nicht mehr so stark.

Bei unproblematischen Verleimungen arbeite ich auch mit fertigen Oberflächen.

Gut Holz! Justus.


Re: Zuerst Leimen oder Oberfläche

Verfasst: Do 13. Feb 2020, 14:23
von Andreas Ranogajec

Hallo,...
bei deiner Konstruktion bietet es sich geradezu an, zuerst das Finish zu machen und dann zu verleimen.
Da du nur die Zapfen im Fuß- bzw Kopfteil des Bettes verleimst, muß du auch nur die Zapfen wie bereits
beschrieben abkleben und hast, weil dein Bett auch zerlegbar ist, alle Teile ohne Nacharbeiten zusammen-
zufügen bzw. zu verleimen,...und fertisch :-)!
Ich persönlich verfahre immer so, weil mir das Putzen, Schleifen und Nacharbeiten in den Stößen und Ecken
auf die Nerven geht. Das Beizen z.B. ist problemlos und schnell erledigt, wenn man die Einzelteile vor
sich liegen hat, so kann man Fehler und Unstimmigkeite auch schnell registrieren.
Die Zapfenlöcher für die Keilzapfen würde ich nicht allzu straff dimensionieren, denn der Auf- und Abbau
sollte ja leicht von der Hand gehen. Was ich nicht mehr machen würde (plaudere jetzt aus dem Nähkästchen...),
ich würde die Verleistung für den Lattenroste nicht verleimen, eine Verschraubung langt völlig.
Grüße...und hau rein...
Andreas



Re: Zuerst Leimen oder Oberfläche

Verfasst: So 16. Feb 2020, 21:40
von Johannes F
[In Antwort auf #152827]
Hallo,

vielen Dank für die Antworten, die ja eigentlich ziemlich eindeutig waren. In die Richtung ging auch mein Gefühl.

@Reinhold: Danke, so werde ich es machen. Ist das farbige Klebeband besser und günstiger als Kreppband? Ich könnte mir vorstellen, dass bei einem leicht angefeuchteten Ballen letzteres ausreicht, wenn man es nur im Ausnahmefall streift - aber das frage ich hauptsächlich, weil ich das eine im Haus habe, das andere nicht. Wie hat man bei der traditionellen Methode den Kleister wieder abgelöst?

@David: Vielleicht habe ich mich unglücklich ausgedrückt. Ich werde natürlich keine Hochglänzende Schellackpolitur mit Grundieren, Deck- und Auspolieren machen - erstens wäre das vermutlich für ein Kinderbett nicht beanspruchungsgerecht, zweitens gibt das meine Oberflächengüte auch nicht her, drittens habe ich nie so etwas gemacht. Ich möchte daher einfach etwas Schellack auftragen, für leichten Schutz und Seidenglanz (ich dachte man nennt das Mattierung). Dafür wollte ich den Ballen verwenden, das habe ich auch schon mal gemacht. Ich trage auch Öl meistens lieber mit einem Küchenschwamm als mit einem Pinsel auf - ich finde das geht sehr gut. Insgesamt möchte ich einfach weiter Erfahrung mit Schellack und dem Ballen sammeln, und habe am Stockbett genügend Übungsfläche - mit kleinen Imperfektionen kann ich leben und größere muss man halt wenn man besser geworden ist, nochmal angehen.

@Justus: Sind meine Verleimungen problematisch bzw. was heißt das? ... aber auch eine Idee, die Oberfläche sozusagen fast fertig zu machen.

@Andreas: Ja Deine Ausführungen sind sehr nachvollziehbar und decken sich ungefähr mit meinen Erfahrungen. Bezüglich der Passung der Zapfenlöcher für die Stegzapfen: Ja, die wollte ich sehr straff machen, weil ich dachte, dass da zu große Fugenmaße ziemlich hässlich werden. Jetzt arbeite ich aber ziemlich langsam, und die Längsteile, die ich im Sommer abgerichtet habe, scheinen jetzt nicht mehr so zu passen. Jedenfalls hat sich mindestens eins etwas geworfen, sodass es letzte Woche beim Probeaufbau nicht ganz durchgehen wollte. Viel ist es nicht, vielleicht würde schon etwas Seife oder Wachs im Zapfenloch ausreichen, aber wahrscheinlich arbeite ich jetzt vorher nochmal nach, denn es kostet Überwindung ständig auf die aufwendig bearbeiteten Teile mit dem (Schon-)Hammer zu hauen.
Das mit den Leisten, auf denen später die Lattenroste aufliegen, habe ich mir auch gedacht (dass eine Verschraubung reicht). Allerdings widerspricht dies meinem (vielleicht unsinnigen?) Vorhaben, auf Schrauben möglichst zu verzichten. Ich sehe das aber nicht dogmatisch und ggf. kommt die geschraubte Lösung zur Anwendung.

In einigen Wochen, nach Fertigstellung werde ich das Projekt auch hier vorstellen. Bis dahin

Gut Holz Johannes


Re: Zuerst Leimen oder Oberfläche

Verfasst: Mo 17. Feb 2020, 06:59
von reinhold

hallo Johannes,

Wie hat man bei der traditionellen Methode den Kleister wieder abgelöst?


Kleister ist wasserlöslich und lässt sich mit einem feuchten Lappen abwischen.
Der damals verwendete Heissleim (Haut&Knochen-Leim) ist ebenfalls wasserlöslich.
Ich habe es nicht ausprobiert, aber Heissleim müsste auf einer Fläche, die mit Kleister "verunreinigt" ist, einwandfrei halten.

viele Grüße
reinhold