Bau eines Innenfensters Teil 1 *MIT BILD*
Verfasst: Mo 20. Mär 2017, 13:57
Die Motivation und das Sägen
Liebe Holzwerker!
Man muss nicht verrückt sein, um ausschliesslich mit Handwerkzeugen ein Fenster, in diesem Fall ein Innenfenster mit zwei Flügeln, zu bauen. Es ist eher eine Frage der Einstellung.
Das folgende Zitat des englischen Bootskonstrukteurs Uffa Fox beschrieb schon vor langer Zeit einen weitgehend verloren gegangenen Zustand:
Wie sehr muss dieser Handwerker seine Arbeit geliebt haben, und die Stunden, die er ihr widmete, kann man nur erahnen, denn unsere Zeit mit ihrer Vorliebe für Dinge, die zu tausenden von Maschinen ausgespuckt werden, hat eine der größten Freuden des Lebens aufgegeben - die Zufriedenheit, in Ruhe allein mit seinen Händen und dem Geist zu arbeiten.
Diese Zufriedenheit ist für mich die Motivation, ohne Maschinen zu arbeiten. Das Fenster ist nicht mein erstes stromloses Projekt und hoffentlich auch nicht mein letztes!
Meistens lese ich hier nur mit und dokumentiere meine Arbeit nicht. Doch möchte ich von der Herstellung meines Fensters erzählen. Der mehrteilige Bericht ist nicht immer chronologisch. Ich fasse ihn in Arbeitsschritten zusammen, weil er mir so übersichtlicher erscheint. Die Maßangaben mache ich meist in mm, ich kann's nicht ändern. Maschinenbauer...
Im Februar '17 kaufe ich zwei schöne Kiefernbohlen, 63mm stark, jeweils knapp vier Meter lang und etwa 350mm breit.

Aabeit zieht Aabeit nach sich! (Werner) und das schon am Anfang.
Da mir ein großer Absetzfuchsschwanz fehlt, bezahne ich zunächst eine 700er Gestellsäge aus meinem Reservefundus frisch auf Querschnitt (Teilung 5mm, rake: ja, fleam: auch), um damit abzulängen. Sie sägt wie Teufel.

Dann folgt der schweisstreibende Teil: das Fausten. Ich säge aus der ersten Bohle alle Teile des Rahmens, aus der anderen die Stücke für die beiden Flügel. Gestellsäge 700mm, 5mm Teilung, Längsschnitt. Die Mittelstrebe der Säge muss etwas versetzt werden, um die breiten Teile sägen zu können. Auf dem sägerauhen Holz ist alles mit Bleistift angezeichnet. Das sieht man besser als Risse und ist für den Zweck genau genug.

Solche langen Schnitte (1900mm) in dieser Holzstärke habe ich zuvor nicht gemacht. Die ersten laufen noch deutlich aus dem Ruder.

Um eine bessere Führung des Sägeblattes zu erreichen, schlitze ich bei einigen Schnitten mit der an einem Brett geführten Gratsäge von oben und unten vor. Der Führungsschlitz ist ca. 6mm tief. Der Erfolg ist nicht sehr groß, der Zeitaufwand für das Vorschlitzen schon. Ich lasse es wieder sein. Besser man übt einfach, auch in dickem Holz gerade zu sägen.
Das Fenster bekommt einen dem Aussenfenstersturz entsprechenden Stichbogen, den ich mittels Pappschablone direkt vom Sturz abnehme und übertrage. Den Bogen säge ich beim Fensterrahmen mit der Schweifsäge, die eigentlich für engere Radien gedacht ist und entsprechend leicht verläuft.

Die beiden Bogenteile der Flügel mache ich lieber mit der normalen Schlitzsäge. Einen solchen großen Radius gibt die Schränkung her. Es geht deutlich besser.
Die beiden Flügelrahmen werden 35mm stark. Deren lange Rahmenhölzer säge ich zunächst auf doppelte Breite (daraus werden also später zwei der aufrechten Flügelteile) und dann auf Dicke. Dadurch erhalte ich als Abfall relativ breite Bretter, die später für andere Dinge Verwendung finden können. Mein Holzhändler hatte keine brauchbare Kiefer in 40mm Dicke, sonst hätte ich mir die Arbeit gespart.
Anmerkung zum Bild: Man sieht im Hintergrund an die Säule gelehnt bereits den provisorisch zusammen gesteckten Fensterrahmen. Wie gesagt, ist der Bericht nicht immer chronologisch.

Am Ende der Sägerei habe ich fünf Rahmenteile. Warum nicht vier? Ein Teil läuft unter der Fensterbank durch, ein weiteres liegt auf der Fensterbank und ist herausnehmbar. Man kann so die Flügel im Sommer aushängen, das Rahmenteil herausnehmen und erhält eine ebene Fensterbank. Gewieft, oder?

Desweiteren habe ich sieben Flügelteile. Das untere Querteil wird erst nach dem Falzen in zwei Teile gesägt. Auf dem Bild sind die langen Flügelrahmenteile noch nicht längs in zwei Teile gesägt, es gibt aber kein passendes Photo.
Links die Flügelteile, rechts der nutzbare Abfall.

Fazit Teil 1:
Sägerei ist produktiver Sport!
Ich bin sehr zufrieden, obwohl ich Blasen an den Händen habe. Die Ergonomie einer Gestellsäge lässt sich speziell beim beidhändigen Arbeiten kaum verschlechtern.
Mein menschliches Umfeld hält mich für verrückt.
In Teil 2 geht's ums Hobeln
So long,
J.Daniel