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Rohrblattbau (Zahnhobel) *MIT BILD*

Verfasst: Do 30. Jun 2016, 17:36
von Reinhold

hallo Leute,

etwas ausserhalb des mainstreams.
Vor einiger Zeit bat mich ein Forumsmitglied um ein paar Fotos über die Anwendung des Zahnhobels. Hier sind sie.

Es geht darum, die schwingenden Zungen für einen Dudelsack herzustellen und als erstes eine Scheibe Buxbaumholz von ca 3 mm (gesägt) auf 0,9 mm Fertigmass zu bringen. Die Zungen müssen auf beiden Seiten möglichst glatt und gleichmässig sein. Und wer schon mal Buxbaumholz gehobelt hat, der kennt die Herausforderung. Das Zeug reisst und bricht wie verrückt.


Das erste Bild zeigt die Ausgangssituation. Die Anschläge sind festgeleimt (Knochenleim), sie werden zusammen mit dem Rohstück abgehobelt. Der erste Hobel ist ein Record No.5. Er bringt den Rohling von 3 mm auf ca 1,5 mm Stärke.


Hier war der Zahnhobel im Einsatz, die Oberfläche ist gleichmässig aufgerauht und deutlich in der Dicke reduziert.


Als nächstes wird die Oberfläche geglättet - mit der Ziehklinge. Ganz links sieht man noch ein paar Hobelspäne - der Rest sind Ziehklingenspäne.


Der Rohling hat jetzt 0,9 mm und wird in 8 mm breite Streifen aufgetrennt. Die Kanten werden auf dem eingespannten Hobel glatt gezogen.


Hier sind bereits die Verstärkungen aufgeleimt (Knochenleim) und die Zunge wird zwischen den Klötzchen auf 6 mm Breite abgehobelt. Wehe, man schneidet einmal gegen den Strich.


Aus dem Rohling habe ich 4 Zungen herausholen können. Deutlich sieht man die Verstärkungen. Ganz rechts das "Kehlchen" aus Messing.


Das fertige und bereits eingespielte Rohrblatt. Nur eine Zunge von 4 war brauchbar. Das ist sehr gut, 1 von 10 gelten allgemein als üblich.
Leider weiss man erst ganz am Schluss, ob ein Rohrblatt gut ist.

viele Grüsse
reinhold




Re: Rohrblattbau (Zahnhobel)

Verfasst: Do 30. Jun 2016, 18:33
von Klaus Kretschmar

Spannende Geschichte, Reinhold. Und auch schön, etwas Einblick in den Dudelsackbau zu bekommen. Das ist ja wahrlich nichts Alltägliches und beinhaltet offensichtlich sehr spezielle Herausforderungen. Vielen Dank.

Klaus


Re: Rohrblattbau (Zahnhobel)

Verfasst: Do 30. Jun 2016, 18:57
von Rolf Richard

Hallo Reinhold,

gut, mal so etwas nicht alltägliches zu sehen!

Frage? Welche speziellen Eigenschaften hat Buxbaum so dass er das Holz der Wahl ist?

Gruss
Rolf


Re: Rohrblattbau (Zahnhobel)

Verfasst: Do 30. Jun 2016, 20:25
von Reinhold

hallo Rolf,

es gibt mehrere geeignete Hölzer. Sehr verbreitet ist ein Schilfrohr (Arundo donax) und mehrere Kunststoffkonstruktionen. . Ich möchte aber einen ganz bestimmten Klang erreichen und da ist es ein Weg, die Zungen aus Bux zu machen. Bux ist sehr dicht und hat praktisch keine Poren, leider aber oft eine wilde Maserung. Es ist hart, formstabil, kann sehr kleinteilig bearbeitet werden. Und es ist elastisch, schwingt also gut. Es ist ein wunderbares Holz zum Drechseln, das beste, das ich kenne. Aber ganz schwer zum Hobeln.

viele Grüsse
reinhold



Re: Rohrblattbau (Zahnhobel)

Verfasst: Do 30. Jun 2016, 20:49
von Uwe.Adler
[In Antwort auf #144432]
Hallo Reinhold,

vielen Dank für einen Einblick in Dein musikalisches Handwerk. Es ist manchmal an ein Wunder grenzend, dass aus Holz ein Ton entstehen kann. Die Bearbeitung beinhaltet das Geheimnis und so ist es interessant einmal einen Herstellungsablauf zu erfahren. Verblüfft hat mich die hohe Rate der Misserfolge. Bei solch einer Arbeitsintensität ist wohl viel Geduld gefragt. Wie länge hält ein solches Blatt, da Holz ja bekanntlich auf Feuchtigkeit reagiert und die Atemluft nach dem Luftsack komprimiert durch das Blatt gedrückt wird?

Herzliche Grüße und immer eine 4:1 Rate

Uwe




Re: Rohrblattbau (Zahnhobel)

Verfasst: Do 30. Jun 2016, 21:48
von Reinhold

hallo Uwe,

die vorgestellten Blätter sind für einen Dudelsack, der mit Blasebalg, also trocken, geblasen wird: einen Böhmischen Bock (so heisst der wirklich). Die Haltbarkeit der Rohrblätter ist daher theoretisch unendlich.Ich habe ihn ungefähr 1985 gebaut und spiele ihn seither mit dem ersten Satz Blätter. Ich mache nur deshalb neue Blätter, weil ich inzwischen etwas anspruchsvoller geworden bin, was die Tonqualität angeht. Im Übrigen ist das mit dem Aufwand nicht so schlimm, ich denke, dass im Schnitt pro Blatt ungefähr eine halbe Stunde Arbeit anzusetzen ist, die sich dann auch noch auf mehrere Tage verteilt.
Aber ich bin tatsächlich mal bei einem bekannten schottischen Reed-Maker in der Werkstatt gewesen und da sass die Sekretärin und hatte einen grossen Karton mit Dutzenden Rohrblättern vor sich. Sie wickelte die Wicklungen ab, warf die Schilfblätter in eine Kiste und den Faden in eine andere. Die Röhrchen legte sie sorgfältig in eine Schachtel. Auf meine Frage erklärte sie mir, das sei Ausschuss und die Blätter und der Faden würden verbrannt, während die Röhrchen wieder verwendet würden. Schotten sind sparsam....

gruss
reinhold


Re: Danke für die Erklärung! *NM - Ohne Text*

Verfasst: Fr 1. Jul 2016, 13:46
von Rolf Richard

Re: Rohrblattbau (Zahnhobel)

Verfasst: So 3. Jul 2016, 09:58
von Volker Hennemann
[In Antwort auf #144432]
Hallo Reinhold,

vielen Dank für die Bilder und Beschreibung.
Sehr interessant!!!

Viele Grüße
Volker


Danke für die erklärende Antwort *NM - Ohne Text*

Verfasst: So 3. Jul 2016, 17:51
von Uwe.Adler