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Grundsatzfrage

Verfasst: Di 28. Jul 2015, 14:29
von Malte T.

Moin,
freut mich hier meinen ersten Beitrag zu schreiben. Bisher war ich im Forum immer nur passiv unterwegs. Aber da das hier ja inzwischen so eine Art Institution der Werkzeugwelt ist möchte ich auch aktiv teilnehmen.
Soviel also dazu.
Was mich schon lange beschäftigt ist eine Frage, die wie ich glaube, häufig die Gemüter spaltet. Es geht um den Einsatz von Schleifpapier. Rein technisch gesehen fällt das doch unter Handarbeit. Wenn man jetzt mal von Schleifmaschinen absieht. Trotzdem haftet dem doch immer etwas Negatives an. Irgendwie scheint es gegen die Ehre des Handwerkers zu sein, wenn er sich zu sehr aufs Schleifen verlässt. Nicht um sonst geht es hier ja bei der Oberflächenbearbeitung häufig ums Hobeln. Die Rede ist ja auch von "traditioneller Holzbearbeitung". Klar da gehört Schleifpapier nicht zu. Aber andererseits sind doch Metallhobel ebenso ein Produkt der Industrialisierung wie Schleifpapier. Versteht mich nicht Falsch. Ich bin auch begeistert von gehobelten Oberflächen und hasse Schleifstaub in der Werkstatt aber irgendwie bin ich mir meiner eigenen Philosophie in dem Punkt nicht sicher. Gehört es nicht auch zur Ehre des Handwerkers das Beste aus dem zur Verfügung stehenden Material zu machen? Speziell beim Bau von Werkzeugen und Werkzeuggriffen find ich es oft schwierig auf Schleifpapier zu verzichten. Man denke auch an all die tollen selbstgemachten Griffe von Zinkensägen die hier so auftauchen. Das macht ihr doch auch nicht mit der Ziehklinge oder?
Ich weiß, die Frage ist sehr philosophisch aber mich würden die Meinungen dazu echt mal interessieren.

Beste Grüße
Malte T.


Re: Grundsatzfrage

Verfasst: Di 28. Jul 2015, 14:47
von Rafael

Hallo,

ich mache es kurz: manchmal kommt man um das Schleifen nicht herum, schleifen ist keine Schande, aber hobeln ist sooo viel schöner. Deswegen vermeide ich das Teufelszeug, wann immer es geht.

Gruß,
Rafael


Re: Grundsatzfrage

Verfasst: Di 28. Jul 2015, 20:34
von Georg Pfab

Hallo,
Tatsache ist, dass selbst im Handwerk 99,9% und wahrscheinlich noch mehr; aller sichtbaren Oberflächen geschliffen sind. Ob jetzt der Handwerker, der mit seiner Arbeit Geld verdienen muss, seine Flächen lieber mit Handhobeln bearbeiten würde bezweifle ich sehr. Flächen von Hand zu hobeln mag eine befriedigende Arbeit sein, aber meiner Ansicht nach auch nicht mehr.
Gruß Georg


Re: Grundsatzfrage

Verfasst: Di 28. Jul 2015, 20:48
von Mariano

Ich dachte es wäre eh so, dass man eine gehobelte Fläche nachher nochmal mit Schleipapier anrauht, damit das Finish sich besser verbindet?


Re: Grundsatzfrage

Verfasst: Di 28. Jul 2015, 22:59
von Uwe.Adler
[In Antwort auf #141931]
Hallo Malte,

ohne Schleifpapier komme ich in meiner Werkstatt nicht aus. Dabei habe ich von Schleifpapier über Hobel, Ziehklinge bis Schachtelhalm, japanische Bürste bis zur Haifischhaut schon vieles ausprobiert. Aber an eine gehobelte Fläche kommen alle anderen Oberflächenbearbeitungen nicht heran. Leider ist diese nach dem ersten Finishauftrag dann auch wieder rauh und muss weiter bearbeitet werden. Dazu nehme ich dann Stahlwolle um die Fasern zu ebnen und weiter den Ballen um die nächsten Stoffe aufzutragen. Wenn es schnell gehen muss, dann wird mit Abranet geschliffen, bis 400 - 600er. Aber am liebsten ist mir die gehobelte Fläche.

Es ist eine persönliche Entscheidung, wie man zu einem Ergebnis gelangt und wo man mit dem Erreichten dann zufrieden endet. Der Hobel (hier für die spanabnehmende Varianten) wie auch die Schleifmedien haben ihre Berechtigung. Nur sollte nach meiner Erfahrung, jeder seine Anwendung erarbeiten und nicht einfach eine andere Meinung adaptieren und diese als die innovative Neuerung verwenden. Versuch macht kluch!, auch wenn damit gegen arrivierte Meinungen angegangen wird.

Herzliche Grüße

Uwe



Re: Grundsatzfrage

Verfasst: Di 28. Jul 2015, 23:24
von Malte T.

Das sind ja alles sehr pragmatische Antworten. Danke schon mal. Die Einschätzungen stimmen eigentlich auch mit meinen Erfahrungen überein. Ich denke das Schleifpapier hat irgendwo seine Berechtigung. Vielleicht bin ich zu sehr durch Roy Underhill beeinflusst. Aber selbst der sagt ja beim drechseln seiner exzentrischen Locheisengriffe, Schleifpapier wäre ideal für die finale Oberflächenbearbeitung. Ansonsten ist der ja strikt gegens Schleifen.

Hier noch ein Zitat zum Thema aus Fritz Spannagels "Der junge Schreiner", Otto Maier Verlag Ravensburg, (1947). :"Dazu ist es allerdings nötig, daß man es versteht, das Eisen des Putzhobels außerordentlich gut zu schärfen und abzuziehen. Leider hat das bequeme Bearbeiten mit Glaspapier solche handwerklichen Fähigkeiten vergessen und aus der Übung kommen lassen.".

Anscheinend auch damals schon ein Thema.


Re: Grundsatzfrage

Verfasst: Mi 29. Jul 2015, 06:17
von Juergen H.
[In Antwort auf #141931]
Hallo,

Eine geputzte oberfläche ist klasse. Leider sind mir die Flächen beim Ölen fleckig geworden. Das passiert bei geschliffenen Flächen nicht. Deshalb hobel ich nur bis die Oberfläche im Maß und ohne Ausrisse ist. Danach schleife ich, wenn die Oberfläche geölt werden soll.
Kleine Gegenstände mit einer Oberfläche, die nicht strapaziert wird, putze ich und behandle sie mit Schellackmattierung.

Jürgen


Re: Grundsatzfrage

Verfasst: Mi 29. Jul 2015, 10:47
von Friedrich Kollenrott
[In Antwort auf #141931]
Hallo Malte,

Dein Spannagel- Zitat trifft es schon sehr gut, denke ich. Und seitdem (das war 1947) haben die Schreiner ja auch noch Maschinen bekommen, mit denen sie noch viel besser schleifen können. An den Handhobeln hat sich dagegen nicht viel geändert. Es ist wohl so: Wer mit der Tischlerei sein Brot verdienen muss, ist aufs Schleifen angewiesen.

Auch ich komme nicht ganz ohne Schleifpapier aus. Du hast ja schon Werkstücke genannt (Werkzeuggriffe und Ähnliches) wo es kaum anders geht.. Aber ich versuche, möglichst nur mit Hobel und Ziehklinge zu arbeiten, und meistens gelingt mir das auch. Lackschichten, beispielsweise, kann man auch an gewölbten Flächen sehr gut mit der Ziehklinge entfernen. Die ungleichmäßige Ölaufnahme gehobelter Flächen, die gibt es ja wirklich, umgehe ich durch Nachreiben mit Stahlwolle. Ich schleife übrigens, wenn, dann ausschließlich von Hand, mit Korkklotz oder ähnlich.

Warum ich den Hobel und die Ziehklinge vorziehe, wo es geht? Sie stauben nicht. Sie machen keinen Lärm. Und es macht einfach mehr Freude, damit zu arbeiten. Und die Oberfläche sieht schöner aus und fühlt sich besser an, wobei der Unterschied gegenüber feinem Schleifen wirklich minimal und manchmal auch fragwürdig ist. Und ich mache da etwas, das kann nicht jeder Depp, das gefällt mir auch. Und es hat auch etwas mit Nachhaltigkeit zu tun. Schleifpapier ist ein Verbrauchsartikel der laufend in den Müll wandert. Ein Hobeleisen lebt bei mir mindestens zehn Jahre, manche lebenslang, und das Meiste davon wird danach wieder eingeschmolzen.

Grüße

Friedrich


Re: Grundsatzfrage

Verfasst: Mi 29. Jul 2015, 11:39
von Konrad Holzkopp

Guude,

da der Tischler nicht sooo gerne 150 m² furnierte Flächen mit 0,6mm Furnierstärke putzhobelt,
oder 45 Treppenstufen plus Wangen plus Geländer, und die Stufen dabei noch genau kalibriert benötigt,
verwendet er eine Breit- oder Langbandschleifmaschine.

Historisch ist zu beachten, dass das angesprochene spannagelsche "Glaspapier" fast nichts mit modernen Schleifpapieren
und Schleifgittern gemein hat.
Müsste ich heute noch Glaspapier zum schleifen verwenden,
würde ich evtl. auch noch zu Putzhobel, Stahlwolle, Ziehklinge etc. greifen.

Gut Holz! J.


Re: Grundsatzfrage

Verfasst: Mi 29. Jul 2015, 16:48
von Christoph Meyer

...Und die Oberfläche sieht schöner aus und fühlt sich besser an, wobei der Unterschied gegenüber feinem Schleifen wirklich minimal und manchmal auch fragwürdig ist.


Hallo Friedrich,

ist es wirklich so, dass sich eine gehobelte Oberfläche besser anfühlt? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass eine geschliffene Fläche sich irgendwie samtiger, weicher anfühlt als eine gut geputzte Oberfläche. Genau erklären kann ich das nicht, es ist mein subjektiver Eindruck. Diese Wahrnehmung gilt für mich zumindest bei Buche, Eiche und Esche. Das sind die letzten Harthölzer bei denen mir das aufgefallen ist.

Leider sieht und fühlt man nach der Oberflächenbehandlung meistens nicht mehr den Unterschied zwischen fein gehobelter oder geschliffener Oberfläche.

Viele Grüße
Christoph