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Alte Hobel *MIT BILD*
Verfasst: Mo 11. Mai 2015, 19:16
von Bernd Zimmermann
Hallo Holzwerker,
heute keine Projektvorstellung, sondern zwei alte Hobel, die den Weg in meine Werkstatt gefunden haben. Nicht vom Flohmarkt, sondern von einem langjährigen Kollegen, der sich selbst als Bauschreiner bezeichnet. Im Gegenzug soll ich ihm 4 Stemmeisen schärfen und ihm erklären, wie ich das mache (ich werde ihm selbstverständlich Friedrichs Schärfanleitung, nach der auch ich arbeite, ans Herz legen).

Hobel 1 habe ich im ersten Moment einem Küfer zugeordnet, im Netz aber einen Ähnlichen gefunden, der als Schiffshobel deklariert ist. Hobellänge ca. 150 mm, Eisenbreite ca. 41mm. Bei dem Eisen bin ich mir aber nicht sicher, ob es tatsächlich noch ein Original ist, da es gerade mal eben ins Spanloch passt. Ohne Spanbrecher scheint zu stimmen, da der Keil so einwandfrei sitzt.



Hobel 2 ist ähnlich einem (Schubladen-)Nuthobel mit festem Anschlag, aber mit rundem Eisen.
Auf Hobel 1 ist weder auf dem Hobelkörper, noch auf den Eisen irgendeine Plakette, Stempel oder Gravur zu sehen. Lediglich der Profilhobel (?) ist mit ML gestempelt.
Vielleicht kann mir der eine oder andere Antiquitätenfachmann was zu diesen Hobeln sagen. Ich will diese Hobel nicht meistbietend losschlagen, ist nur reine Neugier. Im ersten Moment werden sie sowieso in der Schublade, in der noch mehrere andere alte Hobel lagern, verschwinden, um zu gegebener Zeit wieder zum Leben erweckt zu werden.
Vielen Dank schon mal im Voraus und allseits viel Spaß beim Schauen und Lesen.
Bernd
Re: Alte Hobel
Verfasst: Mo 11. Mai 2015, 21:32
von Carsten Rödiger
Hallo Bernd,
alte Hobel ohne Markierungen...
Es war einmal, vor langer Zeit, 9 Jahre ist das jetzt her, da lebte ich noch in Kiel und hatte meine "Werkstatt" im hinterletzten Raum eines Antiquitätenlagers.
Keine Heizung, undichtes Dach, eine (!!) Lichtstromsteckdose, aber 35qm und einen Kran (!!).
Die letzten 2 Jahre war jeden Freitag Lagerverkauf, da habe ich ab und zu auch ein bißchen was gekauft, unter anderem auch 6 Hobel;
-einen Simmshobel, der eigentlich nur noch Schrottwert hat,
-einen festen Falzhobel (25mm),
-einen Federhobel (ohne dazugehörigen Nuthobel),
-einen Hohlkehlhobel, 25mm, skew,
-2 Hohlkehlhobel, ca 4 und 6mm.
Jetzt erst habe ich die beiden letzteren saubergemacht, da ich mir "The anarchists toolchest" zugelegt habe und diese Hobel eigentlich unbenutzt aussahen, nur furchtbar verstaubt.
Außer einer 6, und auf dem anderen eine 9 (oder 8, die Schlagzahl ist hier zweimal eingeschlagen), hatte ich keine Markierungen erkannt.
Ich habe also die Hobel auseinandergenommen (die Keile sitzen wunderbar), und sie mit feiner Stahlwolle und, in Ermangelung von Leinöl (ich habe nur Firnis), mit OSMO-Color Klarwachs saubergemacht.
Zu meinem Erstaunen habe ich dann 2 Dinge gefunden:
Zum Einen sind die Hobel aus Eiche, wahrscheinlich "deutsche" Eiche.
Zum Anderen habe ich doch Markierungen gefunden, und zwar oben auf den Hobeln drauf (eine steht auf dem Kopf...).
Einen Reichsadler über einem Kreis mit einem verbotenen Symbol, darunter ein M.
Das wird kein Bordwerkzeug eines Kriegsfischkutters gewesen sein, eher Wekzeug einer der vielen Werften, vielleicht auch von einer aus dem Osten geflüchteten Werft.
Die Eisen sind durch lange Lagerung an wenigen Stellen angerostet, haben aber noch viele cm nutzbare Länge. Geschliffen habe ich sie noch nicht, sie sind noch nicht ganz stumpf...
Das Klarwachs macht schön glatte Oberflächen (benutze ich auch für Schubladen und so), die Hobel gleiten sehr gut.
Also Augen auf, wenn Du Deine Hobel aufarbeitest, manchmal findet man doch ungewöhnliches...
Gruß,
Carsten
Re: Alte Hobel
Verfasst: Mo 11. Mai 2015, 23:35
von Wolfgang Jordan
Hallo Bernd,
das ist doch ein guter Tausch, und beide haben etwas davon. Der erste Hobel ist wohl ein Gärbhobel, also tatsächlich ein Küferhobel, wie von dir vermutet. Schiffhobel ist aber auch nicht ganz falsch, wie man bei Karmarsch nachlesen kann:
https://books.google.de/books?id=gY9QAAAAcAAJ&pg=PA134Der Hobel sieht industriell gefertigt aus, aber das Horn scheint mir nachgerüstet worden zu sein.
Dein zweiter Hobel ist ein Fensterhobel. In Katalogen habe ich dafür die Namen "Blendhobel" und "Wassernuthobel" gefunden, z. B. bei Friedrich Ott:
http://www.holzwerken.de/museum/hersteller/kataloge/ott2_21.phtml(die Nr. 179)
Die Initialen ML sind wohl eine Besitzerkennzeichnung, aber es würde mich wundern, wenn auf dem Hobel keine Herstellerkennung zu finden wäre. Die ist im allgemeinen auf der Rückseite, leider oft durch die Hammerschläge beim Einstellen des Eisens mehr oder weniger unkenntlich geworden.
Gruß, Wolfgang
Re: Alte Hobel
Verfasst: Di 12. Mai 2015, 05:40
von Andreas Winkler
Hallo Bernd,
zum ersten Hobel kann ich nicht viel sagen, der zweite ist, wie es Wolfgang schon geschrieben hat, definitv ein Wassernuthobel.
Der wurde benötigt, um an Wetterschenkeln von Fenstern & Außentüren und an sonstigem waagrechten, außenliegenden und ausragenden Bauteilen eine Nut anzuhobeln, an der abfließendes Regenwasser abtropfen konnte. Ohne diese Nut kann Wasser auch waagrecht dahin ziehen, wo man es nicht oder gar unter keinen Umständen haben will. Mit dieser Nut schafft man einen Stelle, wo es "gewollt" abtropfen kann (vgl. Wassernase an Blechen).
Die Nut ist deswegen nicht rechteckig, damit der Wetterschenkel an seiner Außenkannte nicht unnötig geschwächt wird (durch die Rundung im oberen Bereich bleibt etwas "mehr" Fleisch stehen).
Schöner Hobel, er hat fest definierte Anschläge in der Tiefe der Nut und im Abstand der Nut von der Vorderkante des Werkstückes.
Gruß, Andras
Re: Alte Hobel
Verfasst: Di 12. Mai 2015, 08:08
von Frank Zimmermann
Hallo Andreas,
das ist so nicht ganz richtig. Die Wassernut oder Wasserhohle von einfach verglasten Fenstern wurde in eine etwa 4cm breite und 2,5cm starke Leiste geschlagen (zu meiner Ausbildungszeit wurden diese schon maschinell hergestellt). Diese Leiste wurde dann in einer Nut am unteren Rahmenquerstück INNEN eingelassen. In der Mitte der Wasserhohle wurde, nach der Montage am Rahmen, eine 10mm Bohrung nach außen durchgeführt, in die dann ein Bleiröhrchen eingeführt wurde. Dieses wurde dann mit einem zweckentfremdeten Körner oder einem anderen konischen, passenden Gegenstand aufgebördelt, mit dem Funierhammer platt geschlagen und beigeschliffen.
Die Wasserhohle diente dazu, dass das an einfach verglasten Fenstern, innen entstehende Kondenzwasser (z.B. Eisblumen im Winter) nach außen durch das Bleiröhrchen abgeführt wurde, wo es unter dem Wasserschenkel des Flügels, auf die meistens mit Zinkblech beschlagene, etwas schräggestellte Außenfensterbank tropfte.
Beste Grüße
Frank
Wasserschenkel/Wassernut
Verfasst: Di 12. Mai 2015, 09:15
von Johannes M
Hallo Frank,
die von Dir richtig beschrieben Wassernut, hat nichts mit dem außen an Fenstern und Türen früher üblichen Wasserschenkeln zu tun. Wasserschenkel sind außen angebrachte Leisten von oft 4 x 4cm Querschnitt, welche die Aufgabe haben herablaufendes Regenwasser von der unteren Fuge weg zu leiten, oben abgeschrägt, unten mit der Abtropfkante. Daher ist Andreas Beschreibung schon richtig.
Es grüßt Johannes
Re: Wasserschenkel/Wassernut *MIT BILD*
Verfasst: Di 12. Mai 2015, 10:34
von Frank Zimmermann
Hallo Johannes,
der Wasser- oder Wetterschenkel liegt definitiv außen. Wenn mit Wassernut die kleine Dehnungsnut an der Unterseite (ca. 5-6mm breit), deren nach außen gerichtete Wange gleichzeitig die innere Flanke der Tropfkante des Wasserschenkels bildet, gemeint ist, dann habe ich mal wieder was gelernt.
Nachdem ich mir das Foto von dem Wassernuthobel noch einmal genauer angesehen habe, bin ich auch der Meinung das er zu der Wassernut passt und für die Wasserhole vom Radius zu unterdimensioniert ist...
Ich versuche mal Fotos von der "Wassernut" und von der Wasserhole zu laden.
Liebe Grüße
Frank
Hier erst einmal die "Wassernut"

Re: Wasserschenkel/Wassernut *MIT BILD*
Verfasst: Di 12. Mai 2015, 10:40
von Frank Zimmermann
...und hier die Wasserhole.

Re: Wasserschenkel/Wassernut
Verfasst: Di 12. Mai 2015, 19:41
von Konrad Holzkopp
Guude,
diese schönen alten Fensterdetails sind der "Wetterschenkel", die "Wassernase" und die "Wasserrinne".
Es gab dazu die DIN 18052, leider habe ich sie nicht im WWW gefunden.
Wer es möchte kann die Zeichnungen von mir bekommen.
Gut Holz! J.
Re: Alte Hobel
Verfasst: Di 12. Mai 2015, 20:06
von Bernd Zimmermann
[
In Antwort auf #141280]
Hallo alle zusammen,
wusste ich´s doch, dass ich hier qualifizierte Antworten auf meine Fragen bekomme. Vielen Dank an alle, die geantwortet haben. Ich habe wieder jede Menge dazugelernt.
@Wolfgang: Ich habe nochmals ganz intensiv mit einer Lupe (nachdem ich vorsichtig mit 000-Stahlwolle die gröbste Dreck- und Fettschicht entfernt hatte) nach Firmenlogos gesucht, aber leider nichts entdeckt. Der Wassernuthobel ist an Vorder- und Rückseite heftig malträtiert worden, so dass nur die vier ML-Stempel "überlebt" haben.
Das Hörnchen beim Gärbhobel könnte tatsächlich nachgerüstet sein, da es ein anderes Holz ist, als der Hobelkörper
@Carsten: Der Gärbhobel scheint mir auch aus Eiche zu sein, mit Ausnahme des Hörnchens.
@Andreas und Frank: Vielen Dank für die Erklärung der "Wassernut". Ich hatte im ersten Moment so meine Schwierigkeiten Lage und Ausrichtung der Wassernut zu verstehen aber Franks Bild hat dann die große Erleuchtung gebracht. Ich habe versucht mich daran zu erinnern, ob die alten Holzfenster in unserem alten Haus (sind zwischenzeitlich durch moderne Fenster ersetzt) auch so was hatten, konnte mich aber beim besten Willen nicht erinnern. Muß bei Gelegenheit mal meine alten "Baustellenbilder" (alles noch "analog") sichten.
Allen nochmals vielen Dank und weiterhin frohes Schaffen
Viele Grüße
Bernd