Union A1 pillar drill - altes Eisen wiederbelebt *MIT BILD*
Verfasst: Do 27. Nov 2014, 18:32
Servus,
altem Eisen kann ich schlecht widerstehen -- und ich musste einfach in der Bucht zuschlagen, als in GB eine manuelle Standbohrmaschine angeboten wurde. Es ist eine Union A1, hergestellt in der ersten Hälfte des 20. Jh. von T.S. Harrison & Sons in Heckmondwike, Yorkshire, der sie so anpries:

In der Bucht war sie so abgebildet:



Ich habe sie für 35 Pfund bekommen und die Abholung und der Transport nach Stuttgart durch einen Kurier kosteten rund 30 Euro -- nicht viel, wenn man bedenkt, dass die Maschine 18 kg wiegt.
Drei Tage später war sie da. Sie war gar nicht so rostig, wie sie auf den Bildern der Anbieters gewirkt hatte, sondern hauptsächlich von einer dicken konservierenden Schicht aus altem Fett, Öl und Staub bedeckt. Ich zerlegte sie gleich komplett:




Dabei zeigte sich, dass das Antriebshandrad einen Schlag hatte, weil die Achse etwas schief stand -- vielleicht ein Transportschaden oder in den Jahrzehnten zuvor geschehen. Das war natürlich weniger schön, aber nach einigem Grübeln entschloss ich mich zu einem Versuch, die Achse selbst zu richten, ist ja schließlich nur totes Eisen ...
Mit der Flamme meines Hartlötbrenners, der aus einer 5-kg-Propan-Flasche gespeist wird, habe ich die Achse und die Nabe (dabei lag das Rad auf einem festen Gartengrill) rotglühend erhitzt und die Achse dann mit gezielten Hammerschlägen gerichtet. Nach dem Abkühlen an der Luft und einigem Befeilen, um die Hammerspuren zu entfernen, war das Werk vollbracht: kein Schlag mehr:

Nach einem längeren Aufenthalt der Einzelteile in Zitronensäure, meinem bewährten Mittel der Wahl, kamen verschiedene Drahtbürsten, eingespannt in der Drechselbank oder im Winkelschleifer zum Einsatz, dass der Dreck nur so wegflog. Ballistol, das Allzwecköl, tat ein Übriges und nun sah es so aus:


Der Zusammenbau war eine rechte Fummelei, denn zwei Zahnräder sind mit Passfedern mit der Bohrwelle verbunden und dazu kam noch ein kleines Kugellager. Doch schließlich war alles wieder beisammen:


Die Union hat einen zuschaltbaren automatischen Vorschub -- schön ausgeklügelt. Er funktioniert so: Im Antriebshandrad befindet sich eine Nocke (direkt unter dem Zahnrad rechts zu sehen), die einen mittig gelagerten Hebel bewegt, der an seinem oberen Ende mit den Vogelschnabel die waagerechte gezahnte Scheibe dreht, die wiederum die Bohrwelle gaaaanz langsam, aber mit sehr viel Druck nach unten schraubt:


Hier sieht man das untere Ende des Vorschubhebels, der an der Nocke läuft, und außerdem, wie die zwei Geschwindigkeiten ermöglicht sind. Man kann die Achse des Antriebshandrades entweder in das Lager unter dem Zahnrad stecken, dann treibt der innere Zahnkranz des Antriebshandrads über das Zahnrad und die zwei Kegelräder die Bohrwelle mit ca. 1:3. Oder man steckt die Achse direkt in das Zahnrad und dreht so 1:1:

Als ersten Test bohrte ich ein 6-mm-Loch durch eine 15 mm dicke Eisenstange. Es funktionierte tadellos und ohne Lärm, so wie ich es schätze, nur etwas Geduld ist nötig:

Es geht halt nix über altes Eisen, das gilt nicht nur für Bohrmaschinen, sondern natürlich auch Hobel, Beitel, Streichmaße, Sägen ...
Freundlich grüßt aus dem Neandertal
Claus Keller