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Stechbeitel aufarbeiten *MIT BILD*

Verfasst: So 1. Jun 2014, 15:25
von Tobias Kreitel

Hallo,

da ich schon soviel hilfreiche Beiträge in diesem Forum lesen konnte, dachte ich mir, ich mach auch mal eine kleine Dokumentation und stelle sie hier ein.
Hier nun also der erste Teil - Aufarbeitung eines alten Stechbeitels.

Ausgangsmaterial war ein alter Beitel unbekannter Herkunft; ich glaube er war mal Beifang bei einem Geschäft auf dem online-Flohmarkt. Schmutzig, rostig, mit Scharten in der Schneide und ein hässlicher ramponierter Kunststoffgriff. Ich gebe dem Eisen deshalb eine Chance, weil die Spiegelseite ganz leicht konkav ist und somit das Abrichten sehr vereinfacht wird.







Zunächst muss der Griff runter.









Als nächstes reinige bzw. entroste ich das Eisen in einer Essig-Lösung. Das Eisen kommt ca. 2-3 Stunden (bei hartnäckigen Kandidaten auch über Nacht) in ganz normale 25%ige Essigessenz. Nach dem Einwirken wird das Eisen mit grobem Schleifflies und etwas Seifenwasser gereinigt und gleich eingeölt.







Nun schleife ich die Fase auf einem Doppelschleifbock mit der One-Way-Werkzeugauflage neu. Erst wird die Schneidkante rechtwinklig zum Stein begradigt und die Scharten ausgeschiffen. Dann erst wird die Auflage für den Fasenwinkel eingestellt und die eigentliche Fase geschliffen. Dabei muss natürlich ein Überhitzen vermieden werden - also langsam und mit wenig Druck schleifen und eventuell mit Wasser kühlen.







Nun wende ich ich der Spiegelseite zu. Zunächst wird der 1000er Shapton auf einer Diamant-Platte abgerichtet. Dann schleife ich die Spiegelseite auf dem 1000er um zu sehen wieviel Abtrag nötig ist. Für den Fall, dass viel Material abgetragen werden muss, gehe ich dann zurück zu einem King Schruppstein. Allerdings war das wegen der leicht konkaven Spiegelseite bei diesem Eisen nicht nötig. Nach wenigen Zügen war die Speigelseite im Bereich der Schneide plan.







An dieser Stelle gebe ich mich mit dem Eisen zufrieden. Das Schärfen folgt erst nach Monatge des Griffes. Ich drechsle den Griff und melde mich dann mit Bildern dazu zurück.

Schöne Grüße,

Tobias




Re: Stechbeitel aufarbeiten

Verfasst: So 1. Jun 2014, 20:58
von Konrad Holzkopp

guude,

Ein schöner Bericht mit einem überzeugenden Ergebnis!
Bei mir existieren einige zugelaufene Eisen mit Heften des gleichen Aussehens,
keine Spitzenklasse aber gut schärfbar und ordentlich schnitthaltig.

Wer es wissen möchte, das Teil zum anfassen heißt in der Fachsprache
„Heft".
So ist auch der Sinnspruch "das Heft in der Hand behalten" zu erklären,
mit einem Heft aus Papier wäre kaum Sinn darin zu finden.

Gut Holz! J.


Re: Stechbeitel aufarbeiten

Verfasst: So 1. Jun 2014, 22:57
von Friedrich Kollenrott

Hallo Tobias,

Sehr schön, das kann was werden.

Es kommt noch ein kleines Problem auf Dich zu: Stecheisen, die in ein hölzernes Heft mit Zwinge eingeschlagen werden (nach Vorbohren, selbstverständlich), haben eine spitze, meist vierkantige Angel, wie eine sehr spitze Pyramide. Dieses hat eine mehrkantige Angel von durchgehend gleicher Dicke, sowas habe ich bei Sandvik- Eisen mit Plastikheft auch schon gehabt. Die bekommst Du in einem Holzheft am ehesten durch Kleben fest, das würde ich aber nicht machen. Es empfiehlt sich, sie in einen spitzen Vierkant umzufeilen.

Viel Erfolg!

Friedrich


Re: Stechbeitel aufarbeiten

Verfasst: Mo 2. Jun 2014, 14:49
von Jens Peter Pauly
[In Antwort auf #138572]
Halöo alle miteinander!
Ja das sieht ganz passabel aus.Ich muß dem Friedrich aber recht geben du solltest die Angel umfeilen.
Grundsätzlich lohnt es sich immer auf dem Flohmarkt etwas genauer hinzuschauen. Seht oft wird da wirklich
Wertvolles Werkzeug in sehr heruntergekommnem Zustand verkauft. Oft lohnt es sich beispielsweise solche
Stecheisen zu kaufen und aufzuarbeiten. Mehr als 3-4 € würde ich aber nicht dafür ausgeben.


Drechseln des Heftes mit der Wippdrehbank (I) *MIT BILD*

Verfasst: Di 3. Jun 2014, 13:41
von Tobias Kreitel
[In Antwort auf #138572]
Hallo,

ich melde mich zurück mit dem Stechbeitel-Projekt.

Als erstes möchte ich einige Bilder meiner Wippdrehbank zeigen. Sie ist aus einer alten Transmissions-Drechselbank umgebaut worden. Als Rückholfeder dient ein unter der Decke befestigtes Gummiseil. Die Spitzen sind aus einfachen Schrauben gefeilt worden.





Ich fertige immer jeweils zwei Hefte gleichzeitig, da es so einfacher ist den Platz für die gewickelte Schnur bereitzustellen. Sonst müssten die Rohlinge mit recht viel Überlänge (die nach dem Drechseln als Abfall endet) zugeschnitten werden. Ich drechsle die Rohlinge aus saftfrischem gespaltenem Holz vor und lasse sie durchtrocknen ehe ich das eigentliche Heft drechsle. Für diesen Beitel (und ein Schnitzeisen) verwende ich Esche.



Nun bereite ich den Rohling für das Bohren des Loches für die Angel vor. Dazu bohre ich mit einem Schlangenbohrer gerade soweit in das Hirnholz, sodass eine flache Vertiefung entsteht, die den Rohling auf der Bohreinrichtung (siehe unten) zentriert.





Zum eigentlichen Bohren: Die verwendete Methode habe ich aus einem Buch von Roy Underhill. Die Schwierigkeit bei Werkzeug-Heften liegt ja darin ein genau mittiges, achsial fluchtendes Loch zu erzielen, was mit handgeführten Bohrern nur schwer möglich ist. Auf einer "normalen" Drehbank ist dieses Problem leicht zu überwinden in dem man im Reitstock einen Bohrer einspannt und dann ein genaues Loch bohrt. Dies funktioniert bei der Wippdrehbank nicht ohne weiteres. Ich habe einen weiteren Reitstock gebaut der statt einer Spitze ein Stück Rohr zur Aufnahme des Werkstückes aufweist. Durch eine Bohrung kann dann ein Bohrer per Hand in das sich drehende Werkstück vorgeschoben werden.

Der Bohr-Reitstock:


Die Aufnahme aus einem Stück Kupferrohr mit der durchgehenden Bohrung:


Das eingespannte Werkstück


Da die Wippdrehbank in beide Richtungen rotiert, empfielt es sich nicht Bohrer mit einer Schraubspitze zu verwenden. Daher benutze ich diese schlanken Löffelbohrer (im englischen genauer shell bits oder nose auger).





Sie werden mit einem Windeisen gehalten und dann durch die Öffnung eingeführt.



Und so sieht dann das fertige Loch aus.



Ich bohre die Löcher entsprechend den Angeln konisch, bzw. gestuft mit mehreren Durchmessern (meistens 3). Bei diesem Beitel habe ich eine zylindrische Bohrung hergestellt. Das Einpassen der Angel erfolgt dann später per Hand.

Schöne Grüße,

Tobias


Drechseln des Heftes mit der Wippdrehbank (II) *MIT BILD*

Verfasst: Di 3. Jun 2014, 13:46
von Tobias Kreitel
[In Antwort auf #138572]
Weiter geht es mit dem Heft.

Nun gleichen die Arbeitsschritte wieder dem Arbeiten auf einer normalen Drechselbank. Als erstes fertige und montiere ich die Zwinge aus Messingrohr.




Ein passgenauer Zapfen wird abgedreht und die Zwinge dann mit dem Hammer aufgetrieben.





Nun forme ich das Heft grob und nach Augenmaß entsprechend einiger alter Hefte, die gut in der Hand liegen.



Anschließend glätte ich die Oberfläche mit dem schrägen Meissel. Ich versuche ein möglichst feines Finish aus den schneidenden Werkzeugen herauszuholen und verzichte in der Regel auf anschließendes Schleifen. Lieber gebe ich mich mit einigen feinen Werkzeugspuren zufrieden. Mit einer Hand voll Späne lässt sich Eschenholz sehr schön polieren.





Beide Hefte fertig gedrechselt.



Damit sind die Drechselarbeiten abgeschlossen. Als nächstes montiere ich das Heft.

Schöne Grüße,

Tobias


fehlendes Bild *MIT BILD*

Verfasst: Di 3. Jun 2014, 13:48
von Tobias Kreitel




habs an der passenden Stelle eingefügt *NM - Ohne Text*

Verfasst: Di 3. Jun 2014, 13:55
von Pedder

Montage *MIT BILD*

Verfasst: Di 3. Jun 2014, 14:13
von Tobias Kreitel
[In Antwort auf #138572]
Als erstes werden die einzelnen Hefte eines Rohlings mit der Feinsäge voneinander getrennt.



Der Überstand an der Zwinge wird abgesägt und beigefeilt.




Es wurden ja schon Bedenken zu der nicht-konischen Angel geäußert. Normalerweise bohre ich wie gesagt ein gestuftes Loch für die Angel. Zum weiteren Einpassen benutze ich eine konische Reibahle, sowie einige Nagelbohrer, die sehr gut schälend im Hirnholz arbeiten. Es bietet sich auch an, die Angel selbst als Reibahle zu verwenden. Je nach verwendetem Holz muss man unterschiedlich nahe an die Form der Angel herankommen. Ich versuche die Angel bei Heften aus Esche soweit einzupassen, dass noch ca. 8-5mm Platz bis zur Schulter(?) des Beitels (Ich meine das, was man im englischen bolster nennt) bleiben. Dann treibe ich das Heft mit dem Hammer ein. Dabei spanne ich das Eisen im Schraubstock ein.
Bei diesem Beitel habe ich es prinzipiell genauso gemacht. Allerdings ist die Bohrung eher zylindrisch geworden, wenn auch am unteren Ende etwas enger als am Zwingenende der Bohrung. Auch habe ich mich ziemlich nahe an die Schulter herangearbeitet um ein Aufplatzen des Heftes zu vermeiden.

Die Werkzeuge:


Etwa bis zur Hälfte eingepasst.


Und schließlich der fertige Beitel:



Als letztes habe ich den Beitel fertig geschärft und an einem Stück Fichte-Hirnholz ausprobiert. Zur Schnitthaltigkeit kann ich jetzt noch nichts sagen.



Ich hoffe, ich konnte den einen oder anderen mit dieser Doku etwas unterhalten.

Mit besten Grüßen,

Tobias




sehr gut gemacht!

Verfasst: Di 3. Jun 2014, 14:48
von Christoph Meyer

Hallo Tobias,

danke für den Beitrag. Du hast dem Beitel neues Leben eingehaucht, schön zu sehen was daraus geworden ist. Vielen Dank auch für die Einblicke in deine Werkstatt, die Wippdrechselbank finde ich klasse!

Viele Grüße
Christoph