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Meine Woche beim Orgelbauer

Verfasst: Sa 10. Mai 2014, 00:11
von daniel s

Hallo Zusammen,

Endlich ist es soweit, mit der neuen Kamera im Gepäck hab mich mich auf die Lauer gelegt und mich beim Arbeiten ausspioniert um auch mal einen schönen Beitrag in dieser Runde zu leisten :)

Ich hatte vor ein paar Wochen ein kurzes Vorstellungsgespräch bei der Firma Mühleisen in Leonberg um einen genaueren Überblick über die Ausbildung zu gewinnen. Etwas erschrocken über die geringe Ausbildungsvergütung und das obligatorische Jahr Tischlereifachschule, haben wir uns doch geeinigt eine Woche zu finden in der man sich gegenseitig kennen lernen könnte.

Am ersten Tag durfte ich ein Fichtenbrett aushobeln und eine Überblattung fertigen. Um mir das anpassen der Flächen zu erleichtern, hab ich mich an einem Tipp gehalten, den Paul Sellers mal angeführt hat. Poor Man's Router (Der Grundhobel des armen Mannes) hat er es genannt. Es war eigentlich nur ein abgerichtetes Holzbrett schräg durchbohrt. In der Bohrung war ein Stemmeisen geklemmt und hat für einen sehr gleichmäßigen Grund der Überblattung gesorgt.
Die Schultern habe ich mir einem Stanley 93, einem kleinen metallenen Simshobel, bearbeitet. Ein sehr feines Teil, werde ich mir auch mal selbst zulegen. Das Hirnholz, vorher etwas mit Wasser benetzt, ließ sich so sehr gut bearbeiten. Davon habe ich leider keine Fotos gemacht.

Die nächste Aufgabe waren dann Schwalbenschwänze. Ich hatte vorgeschlagen einen Rahmen für eine Säge zu bauen. Dabei habe ich mir jeweils zwei durchgehende und zwei halbverdeckte Schwalbenschwänze vorgenommen. Mit dem Ergebnis bin ich einigermaßen unzufrieden, aber der Weg ist ja das Ziel ;)

Wirklich spannend wurde es dann die letzten zwei Tage. Jetzt durfte ich mich an den Bau einer Holzpfeife ranmachen.


Hier mal eine vorgefertigte Pfeife, deutlich größer als die c1 Pfeife die ich bauen würde.

Meine Pfeife besteht zum Schluss aus:
Einem Boden und zwei Seiten aus Eiche, dem Kern, dem Vorschlag und dem Deckel aus Ahorn. Unten Steckt noch ein hohler gedrechselter Fuß, und oben ein mit leder beklebter Stöpsel

Vor der Fotodokumentation ein kurzer Arbeitsablaufsplan:
(Ich habe den grad frei ausm Kopf zusammengestellt, da ich leider nicht alles fotographiert habe fehlen manche Teile in der Dokumentation)

1.Boden, Deckel, Seiten werden ausgehobelt. Ein Vierkant Ahorn aus dem der Kern und der Falschkern (der als Verleimhilfe dient) gesägt wird, wird ebenso ausgehobelt.
2. Die Seiten werden mit dem Kern und dem Falschkern verleimt.
3. Das Labium wird in den Deckel gestochen
4. Die Einheit Kern, Falschkern und Seiten werden nochmals abgerichtet
5. Deckel und Boden werden mit den Seiten verleimt. Der Deckel liegt dort an wo der Kern aufhört.
6. Die Kern wird längs und Quer von der Deckelseite aus durchbohrt.
7. Die Kernspalte wird ausgearbeitet, diese verbindet die Längsbohrung mit dem Labium.
8. Der Vorschlag, ein kleines Stück Ahorn, wird an die Stelle über der Kernspalte vor den Deckel geschraubt
9. Der Fuß wird in die Längsbohrung angepasst.
10. Und fertig ist der Lack. ;)


Angefangen hats mit diesen zwei Eichenbrettchen die später die Seiten werden würden.


Aus dem Stück Ahorn hab ich dann Kern und Falschkern ausgesägt. den Kern noch mit 30mm Übermaß


Damit der Kern längs beim Leimen nicht verrutscht habe ich ihn mit kleinen Nägeln fixiert.


Hier sieht man wie die Seiten mit dem Kern und dem Falschkern verleimt werden.


Das Labium selber soll nicht ganz spitz zulaufen, deswegen wird an der Innenseite eine Wandstärke vom Hirnholz entfernt 2mm tief eingestochen.


Auf der Außenseite reißt man die Wandstärke+Holzbreite an.


Von da aus sticht man bis zur Kante schräg entlang. Das äußerste Stück wird zum Schluss einfach rausfallen, da ja 2mm tief eingestochen wurde.


So siehts dann auf dem Weg aus


Das Labium wird mit einem schleifklotz noch etwas abgerichtet


Hier eine Skizze von Oben auf den Kern gesehen. Unten kommt der hohle Fuß in die Längsbohrung, Geradezu sieht man die Bohrung aus der später die, schräg eingedeutete Kernspalte wird. Daneben liegt der Vorschlag noch ohne Löcher. Diese Löcher sind dann auf der Rückseite größer aufgebohrt damit der Vorschlag noch leicht bewegt werden kann. Dies dient dann auch der Intonation(Klangbildung)


Von der Seite sieht eine Kernspalte so aus, wichtig sind die 35° die erst ab 2mm von der Kante entfernt gemessen werden.


Das Ausstechen hat echt spaß gemacht, an der Pfeifenseite hatte ich mir die 35° mit einem Bleistifft angezeichnet um den Winkel leichter zu treffen.


So sah es dann zum Schluss aus. Ich habe danach noch mit einer Feile entlang der Schräge des Labiums die übriggebliebenen 2mm runtergefeilt bis die Pfeife anfing zu klingen. Erstaunlich was da schon für verschiedene Klänge rauskamen. Das Intonieren ist auch ein wahnsinnig spannender Teil des Orgelbaus.


Den Stöpsel, noch ohne Leder, habe ich grob auf Maß gespalten


Danach habe ich ihn an einer kleinen Stoßlade abgerichtet, leider war das Eisen wohl nicht gerade zum Hobel, so dass der Stöpsel danach nochmal an die Bandschleifmaschine musste ;(


Den Vorschlag hatte ich vorher schon gefertigt, mit ihm über der Kernspalte ist die Flöte auch schon fertig!




Hier nochmal ein Blick auf den Fuß, links im Bild. Span(n)end auf der Ahorn/Eichenspan. Da der Faserverlauf sehr ungünstig war durche ich die Pfeife durch die Finiermaschine laufen lassen. Das ist eine Maschine die ungeachtet der Faserrichtung eine perfekt gehobelte Oberfläche bringt.

Um der Flöte einen sicheren Stand zu geben, bevor ich sie in einer kleinen Truhenorgel verwenden kann, habe ich ihr einen kleinen Halter gebaut


Der bestand aus diesen zwei Eichenbrettern


Einen Schwalbenschwanz ausgesägt, leider ohne Fotos, und auf den Fuß übertragen.


Kurz vor dem Riss das Holz weggestemmt, am Brettende etwas stehen gelassen, damit es beim ausstemmen auf der Rückseite nicht federt.


Mit einem Ahornklotz als Führung den Grund ausgearbeitet.


Um die Pfeife etwas von der Halterung abzuheben, habe ich mich entschlossen darunter ein kleines Leistchen zu Leimen


Oben habe ich zwei kleine Klötzchen aus Fichte geklebt, die die Pfeife einklemmen. Dafür habe ich Sekundenkleber benutzt. Auf der einen Seite hatte ich zuwenig Sekundenkleber verwendet und der Klotz hielt nicht recht. Als ich es danach mit etwas mehr versuchte, dauerte es ewig bis der Kleber aushärtete. Ich denke das war weil die Hirnholzfläche bereits versiegelt war.


Und so wird sie jetzt in meinem Zimmer stehen und auf ihren großen Einsatz warten.

Vielen Dank fürs Lesen, oder einfach nur Bildchen gucken. Tuuut Tuuuuuut!


Re: Meine Woche beim Orgelbauer

Verfasst: Sa 10. Mai 2014, 09:05
von reinhold

hallo Daniel,

ein sehr schöner und informativer Bericht! Vielen Dank.

Und?
Bleibt's beim Orgelbau?

viele Grüsse
und alles gute für die berufliche Zukunft

reinhold


Re: Meine Woche beim Orgelbauer

Verfasst: Sa 10. Mai 2014, 10:08
von Pedder

Hallo Daniel,

vielen Dank für den Bericht. Mich wundert, dass die Nachbearbeitung mit eine recht groben Schleifklotz erfolgt, statt mit einem Falzhobel.

Ich glaube, Orgelbauer hat die Chance sehr lange Handwerklich zu bleiben. Wenn man das will, sicher sinnvoller als Tischler zu lernen.

Liebe Grüße
Pedder


Re: Meine Woche beim Orgelbauer

Verfasst: Sa 10. Mai 2014, 22:19
von daniel s
[In Antwort auf #138343]
Hi,

freut mich dasses euch gefallen hat.

Wenn ich nicht die Stelle bei dem Lehm und Stroh Zimmermann bekomme ist der Orgelbauer auf jedenfall die engere Wahl. Ein Argument dazu ist auch, dass der Werkstattleiter meinte, ich könne mir das Jahr (unbezahlte) Tischlereifachschule schenken. Hat mich scho a weng Stolz gemacht ;)

Was das ausarbeiten des Labiums mit nem Falzhobel betrifft, das ist aufjedenfall ne gute Idee. In der Praxis siehts allerdings nicht so rosig mit dem händischen Handwerk aus. Die Pfeifen werden eingekauft, und auch wenn mal eine selbst gefertigt wird, passiert z.B. das ausarbeiten des Labiums mit der Oberfräse. Die Kernspalte wird vor dem Verleimen der Seiten mit einem Scheifsägeblatt an der Bandsäge gleich in den Kern geschnitten.
Vor ein paar hundert Jahren wurde da natürlich Alles selbst und per Hand gemacht. Auch wenn du noch alles selbst machst, und dazu auf Maschinen zurückgreifst, zahlen dir das die wenigsten Kunden noch.

Aber ja, besser als Einbauküchen allemal. Gibt ja aber auch noch anständige Tischlerbetriebe

Schönen Gruß
Daniel


Re: Meine Woche beim Orgelbauer

Verfasst: Mo 12. Mai 2014, 09:14
von Philipp

Hei Daniel,

vielen Dank für Deinen Bericht! Orgenbau ist eine feine Sache, hochinteressant, vielseitig und im Ergebnis doch jedem Möbelstück weit überlegen.

Orgelbau oder Bau von historischen Tasteninstrumenten wollte ich seinerzeit auch lernen, drei Jahre auf einen Ausbildungesplatz konnte ich damals aber nicht warten. Aber zum Orgelspielen bin ich immerhin gekommen ;-).

Wir würden uns freuen, wenn Du hier in Zukunft ab und zu aus Deinem Umfeld berichten würdest. Es brächte eine willkommene Abwechslung zu den üblichen Themen.

Viel Erfolg und viel Freude am Handwerk wünscht mit Tutti
Philipp


Re: Meine Woche beim Orgelbauer

Verfasst: Mi 21. Mai 2014, 13:43
von Jens Peter Pauly

Schöner Bericht!
Leider ist das kein Beruf mit Zukunftsperspektiven. Dazu ist der Markt zu klein. Einen Beruf zu erlernen der einem andschleßend die Arbeitslosigkeit beschert ist wohl nicht das wahre. Eine Lehre als Zimmermann oder Tischler uist da die bessere Wahl glaube ich. Ich kann mich natürlich täuschen aber so viele freie Stellen als Orgelbauer gibt es nicht. Der Bericht hat mir sehr gefallen. Da habe ich richtig lust bekommen mal etwas anders zu machen. Allein der Realist in mir hält mich von solchen Experimenten ab.