Hobeltest 2010 (lang, viele Bilder)
Verfasst: Di 30. Nov 2010, 20:53
Großer Hobeltest 2010

Am Samstag, den 27.11.2010 habe ich mit den Forenmitgliedern Gerhard Wollbold (unser Admin), Marc Waldbillig und Marc Zimmer einen kleinen Hobeltest gemacht. Dieter stellte uns einige Hobel zur Verfügung, andere brachten wir aus unseren eigenen Beständen mit. Kernpunkt des Tests war es, die verschiedenen Hobel aus Dieters Programm gegeneinander und auch gegen die Lie Nielsen von Marc zu vergleichen. Es wurde natürlich kein Test nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten, sondern einer aus Anwendersicht. Es findet keinerlei Gewichtung statt, das muss jeder für sich machen, nachdem er den folgenden Text gelesen hat. Was wir natürlich auch nicht ermitteln konnten, war die Standzeit der Eisen.
Neben der Testerei war es auch noch ein schöner Nachmittag bzw. Abend, den wir in Marcs Werkstatt und seinem Haus verbrachten. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Marc. Mir hat es auf jeden Fall sehr viel Spaß gemacht.
Eigentlich wollten wir Hobel vom Typ No.5 miteinander vergleichen. Da Marc aber keinen No.5 von LN hat, stellte und Dieter einen No.6 von Juuma bereit, um ihn mit dem No.6 von Marc zu vergleichen. Ansonsten traten Hobel der Größe No.5 gegeneinander an.
Wir hatten also folgende Hobel zum direkten Vergleichen:
- Clifton No.5
- Juuma No.5
- Juuna No.6
- Kunz Plus No.5
- Lie Nielsen No.6
Eher informativ und für uns selbst zum Spass gesellten sich noch folgende Hinzu:
- Record No.5
- Kunz Plus No.4
- Juuma Einhandhobel
- Lie Nielsen Einhandhobel
- Anant Einhandhobel
- Anant No. 51/2 von mir aufgearbeitet.
- Stanley No.5
Als besonderes Bonbon stellte uns Friedrich Kollenrott auch noch seinen alten Stanley No.5 zur Verfügung
Marcs Hobelbank war also sehr schnell prall Gefüllt mit den unterschiedlichsten Hobeln, der unterschiedlichsten Preisklassen.
Der Clifton, der Juuma No.6 und der Kunz Plus No.5 waren noch originalverpackt. Diese Hobel wurden also erst einmal im Lieferzustand getestet. Mehr dazu aber später.
Nach der ersten Begutachtung musste erste einmal die Hobelbank frei gemacht werden. Die Hobel wurden auf einer Bierzeltgarnitur sicher geparkt.
Die Hobelsohle:
Als erstes wurde die Hobelsohle mit einem Haarlineal geprüft.
Hier erst einmal die Ergebnisse der drei originalverpackten Hobel:
Juuma No.6: leicht konkav, der Bereich vor dem Hobelmaul liegt nicht auf.
Kunz No. 5: leicht konkav, der Bereich vor dem Hobelmaul liegt nicht auf.
Clifton No.5: die Sohle ist nahezu plan, zwar auch leicht konkav, aber vor und hinter dem Hobelmaul liegt das Lineal auf.
Bei den neuen, aber bereits geschärften Hobeln zeigte sich folgendes Bild:
Juuma No.5: leicht konkav, der Bereich vor dem Hobelmaul liegt nicht auf.
Kunz No. 5: leicht konkav, der Bereich vor dem Hobelmaul liegt nicht auf.
Die LN von Marc sind natürlich schon nach dem Kauf von ihm geplant worden, da er sehr hohe Ansprüche hat.
Danach haben wir uns die Rechtwinkligkeit der Sohle gegenüber den Seiten angesehen. Hier war ebenfalls der Clifton der Beste, bei den anderen gab es minimale Abweichungen, die sich aber in der Praxis kaum negativ auswirken dürften. Alles in allem sollten alle neuen Hobel, die wir testeten für die Stoßlade geeignet sein. Die alten Stanley und den Record haben wir dahingehend nicht überprüft. Der Anant ist definitiv nicht rechtwinklig. Diese Hobel sollten aber auch nicht in den Vergleich aufgenommen werden.
Probehobeln:

Nun ging es an den ersten Span. Die neuen, noch nicht geschärften Hobel sollten zeigen, was sie "out of the Box" können.
Juuma No.6:
Mit ihm kann man zwar hobeln, aber so richtig Spaß macht das noch nicht. Dicke Späne sind möglich, der Hobel läuft aber rauh.
Kunz Plus No.5:
Das Eisen ist nicht gerade, in der Mitte nimmt das Hobeleisen nichts ab.
Clifton No.5:
Mit ihm kann man zwar Hobeln, aber so richtig Spaß kommt nicht auf. Richtig feine Späne erzeugt auch er nicht. Warum dem so ist, erfahrt ihr später ebenso, wie den Grund, warum er bei diesem Test dennoch als Bester abgeschnitten hat.

Es zeigt sich also, dass diese Hobel erst geschärft werden müssen. Das Schärfen erfolgt auf einem 8000er Stein, mit einer Veritas MK2, damit wir an alle Eisen den gleichen Winkel anschleifen und so ein Ergebnis erhalten, das vergleichbar ist. Lediglich beim Juuma Eisen greifen wir zu einer Diamantplatte für die Vorarbeit und das Planen der Spiegelseite. Alle Eisen erhalten neben der Microfase noch eine Rückenfase. Da ich bereits einige Tage zuvor das Eisen des Kunz Plus No.4 fertig gemacht habe, entschließen wir uns, das des No.4 für diesen Test in den No.5 einzusetzen.

Beim Ausbau der Eisen des Clifton staunte Marc nicht schlecht, als er erkannte, warum der Hobel so schlecht lief. Der Spanbrecher, der bei diesem Hobel zweiteilig ist, ist nicht montiert. Mir ist zwar beim Auspacken aufgefallen, dass dort ein Spanbrecher in der Kiste lag, aber ich dachte mir nichts dabei, wunderte mich nur, warum man bei CLifton einen Spanbrecher zur Reserve beilegt. So kanns gehen :-)

Der zweiteilige Spanbrecher hat den Vorteil, dass dieser beim Schärfen nicht mühsam demontiert werden muss. Er wird einfach abgenommen und nach dem Schärfen wieder aufgesteckt.
Also wurde der erste Test wiederholt und siehe da, der Clifton lieferte ein sehr beeindruckendes Ergebnis, ohne dass wir das Eisen auf dem Stein hatten.

Nun ging es aber doch ans Schärfen der Eisen. Das des Juuma musste auf der Rückseite plangeschliffen werden. Das ging aber sehr schnell, das Eisen war allgemien in einem recht guten Zustand. Das Eisen des Kunz, das ich bereits vor einigen Tagen zuhause für den No.4 fertig gemacht habe, brauchte nur wenig Nacharbeit. Die Speigelseite war fast plan und die Fase war bereits abgezogen. Ich habe lediglich eine Rückenfase angezogen. Für den Test haben wir allerdings die Microfase nachgeschliffen, um sicherzugehen, dass alle Eisen den gleichen Winkel haben. Das Eisen des Clifton brauchte kaum Nacharbeit. Alles in allem waren die drei Eisen ab Werk bereits in einem ordentlichen Zustand.
Spandickentest
Nun kam der Härtetest . Wie fein kann man mit den Hobeln arbeiten.

Um dies herauszufinden, gibt es eigentlich nur eine Möglichkeit. Man ermittelt die Dicke des erzeugten Spanes mit einer Messschraube. Dies haben wir also getan und kamen auf folgende Ergebnisse:
Juuma No.6 = 0,07mm
Lie Nielsen No. 6 = 0,035
Kunz Plus No.5 = 0,04
Clifton No.5 = 0,04

Das ist aber alles nur theoretisch und in der Praxis kaum relevant. Wichtig ist, dass die erzeugte Fläche den eigenen Ansprüchen genügt. Je nach ausgeführter Tätigkeit ist ein dicker Span ohne Ausrisse sinnvoller. Die Werte zeigen den Grenzbereich auf, mehr nicht. Mit allen vier Hobeln kann man sehr fein arbeiten. Wenn man an dieser Stelle Kritik übt, ist das bereits eine Kritik auf sehr hohem Niveau. Ein Nacharbeiten der Hobelsohlen würde beim Juuma noch mehr möglich machen und würde auch nicht sehr viel Arbeit bedeuten.

Die Griffe:
Ein wichtiger Punkt bei einem Hobel sind die Griffe. Oft sind diese zu klein und man legt den Zeigefinger ans Hobeleisen. Bei den Griffen der Lie Nielsen Hobel ist dies nicht erforderlich, sie sind groß genug für die ganze Hand. Die Griffe der Juuma Hobel sind deutlich kleiner, aber nicht so klein, wie beispielsweise die Griffe bei Anant. Beim Clifton kann man ebenfalls mit der ganzen Hand greifen. Der Kunz liegt irgendwo dazwischen. Ich kann beispielsweise mit der ganzen Hand den Griff des Kunz greifen. Ein Eisen zum anlegen des Zeigefingers ist darüber hinaus nicht in dieser Position vorhanden.
Die Qualität der Griffe ist bei Juuma und Clifton tadellos. Auch die Lie Nielsen Griffe sind erwartungsgemäß von sehr guter Verarbeitung. Ein wenig enttäuscht waren wir von den Griffen des Kunz. Beim No.5 waren diese im Lieferzustand recht grob geschliffen und schlecht geölt. Ich habe diese reklamiert und bekam einen Satz neue. Diese sind zwar besser, wie auch die des No.4, kommen aber nicht an die der anderen Testkandidaten heran. Die Griffe könnten feiner geschliffen sein und auch das Finish könnte besser ausgeführt werden. Die Ergonomie ist hingegen kaum zu bewerten, da dies jeder für sich selbst ermitteln muss. Der Kunz hat, im Unterschied zu den anderen Hobeln, einen größeren Knopf, der auch tiefer ist.
Da sich der Juuuma No.6 und der Lie Nielson extrem ähneln, haben wir bei diesen Beiden mal die Griffpositionen verglichen:

Die Griffe des Jumma sind weiter auseinander, als beim LN. Beim LN kann man ohne die Hand vom Griff zu nehmen die Tiefe des Eisens verstellen. Beim Juuma gelingt dies nicht.
Die Optik:
Der Juuma ist in der Optik an die Hobel von Lie Nielson angelehnt. Das ist ein sehr gefälliges und edel wirkendes Design. Der Clifton ist ein klassischer Engländer mit schön polierten Kanten. Der Kunz ist eigenständig. Man hat das Grün beibehalten, aber ein sehr viel angenehmeres Grün gewählt. Im Gegensatz zu den anderen Hobeln, die lackiert sind, hat der Kunz eine pulverbeschichtete Oberfläche. Die Seiten des Hobelkörpers sind bei Juuma. Clifton und LN sehr schön gearbeitet und leicht aufpoliert, beim Kunz wirken sie eher matt und Stumpf. Während Juuma, Clifton und Lie Nielsen sich eher klasisch geben, wirkt der Kunz eigenständig und eher modern. Hier muss jeder für sich entscheiden, was gefällt und was nicht. Und vor allem, wie wichtig einem die Optik bei einem Werkzeug überhaupt ist.

Die Mechanik:
Juuma:
Bei den Juuma Hobeln hat die Einstellung der Spandicke beim No.5 ca.0,7 Umdrehungen toten Gang, beim No.6 ist es eine ganze Umdrehung. Der Spannhebel der Klappe rastet bei den Juuma Hobeln zwar ein, wirkt aber ein wenig schwammig. Die Froschverstellung hat ca. 0,5 - 0,7mm Spiel. Beim No.5 musste ich den Hebel für die Lateraleinstellung ein wenig nach unten biegen, da er am Eisen anschlug. Beim No.6 war dies nicht der Fall. Die Lateraleinstellung als solches funktioniert gut.

Clifton
Der Clifton hat ca. eine viertel Umdrehung toten Gang in der Spandickeneinstellung. Der Spannhebel der Klappe rastet satt ein, die Verstellung des Frosches bzw. des Hobelmaules hat kaum Spiel. Die Lateraleinstellung arbeitet sauber.

Lie Nilesen:
Der tote Gang bei der Tiefeneinstellung beträgt eine knappe Viertelumdrehung, so um die 0,2. Die Lateralverstellung arbeitet sehr direkt. Wichtig ist es, das Eisen nicht fest anzuknallen. Die Bedrock-Bauweise ist sehr sauber ausgeführt, die Passungen von Haus aus sehr genau.
Kunz Plus:
Die Mechanik des Kunz weicht von den anderen ab. Es handelt sich nicht um eine klassische Bedrock Mechanik, sondern um eine eigene Variante, die ein wenig an die Verstellung der Veritas Hobel erinnert, aber doch nicht mit dieser identisch ist. Lateraleinstellung und Spandickeneinstellung befinden sich an einem Bedienelement. Auffallend ist der doch sehr große tote Gang. Dieser ist jedoch Systembedingt, da mit einem Differentialgewinde gearbeitet wird. Die eigentliche Einstellung der Spandicke ist sehr feinfühlig möglich. Auch die Verstellung des Hobelmaules, weicht vom bekannten Bedrock System ab. Der Frosch ist seitlich so präzise geführt, dass eine Stellschraube ausreicht. Der Frosch selbst wird nicht so fest angezogen wie beim herkömmlichen Bedrock System. Das Verstellen des Hobelmaules ist beim Kunz ein Kinderspiel und ohne jegliche Demontage möglich. Auf der Produktseite ist das alles gut erklärt. Zu finden im Shop des Forumsbetreibers. (siehe Link am Ende des Beitrages)

Verarbeitung:
Alle getesteten Hobel sind sauber verarbeitet. Große Unterschiede sind nicht festzustellen. Vieles ist jedoch Geschmackssache, wie z.B. die polierten Kanten des Clifton, oder die Farbgebung des Kunz. Die einzigen beiden Dinge, die wirklich ins Aug fallen, sind die Griffe des Kunz Plus und die scharfen Kanten am Clifton Hobel.
Die alten Schätzchen
Natürlich haben wir auch mit den Klassikern gehobelt, das aber nur so aus Spass. Das hatte nichts mit dem Test zu tun. Der Stanley von Friedrich war sehr gut, auch der Record von Marc Z hat prima Späne gemacht. Einige Einhandhobel hat auch noch jeder ausprobiert. Alles in allem haben wir doch eine ganze Menge Späne gemacht.
Mein persönliches Fazit :
Meiner Meinung nach war kein wirklich schlechter Hobel dabei. Die Juuma Hobel haben vermutlich das beste Preis- Leistungsverhältnis aller getesteten Hobel. Der Clifton und die Lie Nielsen sind wohl die Hobel für diejenigen, die auf Nummer sicher gehen wollen. solide Werkzeuge, die ohne Nacharbeit einsatzbereit sind, aber dennoch nachgearbeitet werden können, um auch noch das letzte herauszuholen. Der Kunz hinterlässt bei mir einen gemischten Eindruck. Sicherlich weil er nicht so ganz in das übrige Testfeld passt. Mit Sicherheit ist es ein guter Hobel, aber die Griffe und die leicht hohle Sohle trüben das Bild. In den letzten paar Tagen habe ich allerdings immer wieder mal mit meinem Kunz Plus No.4 gearbeitet und finde ihn nach einer gewissen Eingewöhnungszeit doch sehr gut. Die Griffe habe ich jedoch ein wenig nachbearbeitet und die Sohle noch minimal nachgeplant.
Juuma Hobel habe ich mittlerweile drei Stück. Einen Einhandhobel, einen No.5 und den No.6 aus dem Test habe ich gleich gekauft. Da kann man eigentlich nicht viel falsch machen. Bei Gelegenheit werde ich aber auch hier die Sohlen planen. Den Clifton finde ich klassisch schön, ein solides Werkzeug, ohne Überraschungen (Bis auf den Spanbrecher :-)). Lie Nielsen wäre mir persönlich einfach zu teuer. Aber man muss neidlos zugeben, dass sie auch entsprechend verarbeitet sind. Dass sie nicht nur schön sind, sondern auch für richtige Arbeit taugen hat Marc zur Genüge bewiesen. Letztenendes muss jeder für sich das passende Werkzeug finden. Daher findet an dieser Stelle auch keine echte Bewertung statt.
Hier noch ein persönliches Fazit von Marc Zimmer:
Der LN ist top, liegt aber jenseits meiner Schmerzgrenze.Der
Clifton ist in meinen Augen der schönste Hobel, der Juuma ist gut
Verarbeiter und hat mir gut gefallen.Der Kunz sieht nicht
uninteressant aus, ich stehe aber eher auf den ''Klassischen
Metallhobel ''. Mein alter Record 5 wird seinen Platz im
Werkzeugschrank behalten.
Ich durfte mit Heiko's Blockhobel ( Juuma ) rumspielen, und habe in
sogar auf meine Wunschliste gesetzt.
Zu erwähnen wäre noch den Test von Heiko's Käsekuchen der sehr
lecker war ( hiermit bitte ich Dich offiziell um das Rezept ;-)
sowie einen schottichen Single Malt - JURA 16y. - der ebenfalls
schmackhaft war.
Der Nachmittag war toll und einer Wiederholung werde ich mich nicht
entziehen.
Und hier noch ein paar weiterführende Links:
Beschreibung der Juuma Hobel:
http://www.feinewerkzeuge.de/juuma-hobel.html
Mein Erfahrungsbericht zum Juuma No.5
http://www.heiko-rech.de/werkstatt/juuma.php
Beschreibung des Kunz Plus:
http://www.feinewerkzeuge.de/kunz-plus.html
Beschreibung der Clifton Hobel
http://www.feinewerkzeuge.de/G303774.htm