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In Antwort auf #128091]
Servus Michael,
hier ist der von Dir angeregte Bericht über diesen besonderen japanischen Hobel Yari Kanna oder Yariganna. Ich hatte nun bereits einige Tage Gelegenheit, ihn auszuprobieren, denn ich habe ihn geschenkt bekommen (es gab Anlass für so ein Geschenk). Es handelt sich um die kleine, kurze Form (ca. 25 cm lang), das entsprach durchaus meinem Wunsch.
Das Werkzeug war bereits im Lieferzustand einigermaßen scharf. Da ich nicht gerade unbegabt und unerfahren im Schärfen bin, habe ich es mit Begeisterung sofort in Höchstform gebracht. Das übrigens ist nicht übermäßig schwierig, wenn man mit handgeführten Formsteinen umgehen kann. Mit denen bearbeitet man die Fase, also die Oberseite des Eisens. Die Spiegelseite (wenn man das so nennen kann, denn die Unterseite des Eisens ist ja zum größten Teil hohl) zieht man dann am besten mit sozusagen schaukelnden Bewegungen am planen, liegenden Stein ab.
Um das Urteil zusammengefasst gleich vorwegzunehmen: Es ist ein Genuss, mit diesem Werkzeug zu arbeiten natürlich nur für den, der die Handarbeit am Holz ohnehin liebt (versteht sich hier in diesem Kreis wohl von selbst). Als Mitteleuropäer, der den Umgang mit normalem europäischem Werkzeug gewohnt ist, würde ich mir natürlich nicht zutrauen, eine wirklich große Fläche mit diesem Hobel zufriedenstellend zu bearbeiten. Aber im Kleinen herrlich! Der Hobel zieht feine, spiralig gedrehte Späne ab, wie kleine Locken! Und das funktioniert im weichen wie im harten Holz - wenns sein soll, auch quer zur Faser!
Handhabung: Für erste Versuche ist es am besten, wenn man das Eisen ganz flach auf das Werkstück auflegt, also so, dass sowohl die vordere (einem zugewandte) Schneide, als auch die hintere das Holz berühren. Man arbeitet sinnvollerweise ziehend, und man kann diese kleine Variante sowohl einhändig als auch zweihändig benützen das ergibt sich bei der Arbeit wie von selbst. Wie breit der Span sein soll, das hängt davon ab, ob man die Klinge mehr im breiten oder mehr im schmalen, spitzen Teil verwendet.
Erst, wenn man meint, der Span könnte etwas dicker sein, kippt man das Werkzeug sehr (!) vorsichtig in die Richtung der schneidenden Seite. Vorsicht! Hier macht sich ein Zuviel sofort sehr unangenehm bemerkbar!
Was man wunderbar damit machen kann: Ich habe oft kleinere Restaurierungen zu erledigen (nein, ich bin wirklich kein richtiger Restaurator!), Ausbesserungsarbeiten an verschiedenen Holzgegenständen usw. Unebenheiten lassen sich wunderbar beseitigen, man kommt mit dem Hobel bis in die feinsten Ecken weil ja die Schneide gerundet ist und spitz zuläuft. Natürlich kann man oft Derartiges auch mit einem passenden Stecheisen erledigen, hat man ja auch immer getan. Aber so sensibel ... das geht mit dem Yari Kanna besser!
Für größere Arbeiten also Möbel, Türen, Fenster ist das Werkzeug zumindest in der traditionell europäischen Schreinerei wohl überflüssig.
Ich glaube, man liest es zwischen den Zeilen: Ich bin begeistert! Hat nicht gerade einer geschrieben, er könne sich nicht mehr vorstellen, was er vorher, ohne dieses Werkzeug gemacht hat? Genauso gehts mir mit diesem Hobel!
Grüße an Dich und an alle anderen!
Josef