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Gleiten Sphärogusshobel schlechter?

Verfasst: Do 18. Mär 2010, 13:34
von Friedrich Kollenrott

Ihr Lieben,

mich beschäftigt eine Sache wo ich gern wüsste ob Andere das auch beobachten oder wahrnehmen.

Ich habe in der letzte Zeit Einiges in der Werkstatt gemacht, auch viel gehobelt. Meine Hobel sind aus Eisen.

Einige Hobel (alle von Veritas oder Lie- Nielsen) sind aus Sphäroguss, das ist die "bessere" Gusseisenvariante mit kugelförmigen Graphitausscheidungen. Sphäroguss kann ähnlich wie weicher Stahl gebogen werden, ist also nicht so bruchgefährdet wie einfacher "Grauguss". Außerdem ist er maßbeständiger, neigt also nicht so stark zum Verzug, leider aber zu häßlichen Korrosionserscheinungen.

Andere Hobel (die alten Stanley- Schätzchen, der neue Kunz, die alten Grundhobel, Falzhobel, Nuthobel) sind aus dem traditionellen Grauguss ("Gusseisen"). Unter den aktuellen Herstellern setzt auch Clifton auf diesen Werkstoff.

Ein grundsätzlicher Mangel der eisernen Hobel ist ihr schlechtes Gleiten auf dem Holz. Ich habe einige Mittelchen ausprobiert (u. A. Silbergleit) und bin dann bei einer einfachen Stearinkerze geblieben, mit der ich die Sohlen der Hobel ab und zu einreibe, dann ist es so OK (aber nie wirklich gut!)

Jetzt zum Punkt: Ich habe den starken Eindruck, dass die gusseisernene Hobel generell besser gleiten (deutlich spürbar besser!) als die aus Sphäroguss. Bei denen bin ich ständig dabei, die Sohlen mit der Kerze einzureiben, weil ich sie als stumpf empfinde, bei den gusseisernen eigentlich so gut wie garnicht.

Weil ich aber nie den direkten Vergleich habe (das wären zwei bis auf den Gusswerkstoff identische Hobel bei der gleichen Arbeit) erstmal die Frage in die Runde: Nimmt irgendjemand das auch so wahr? Könnte ja auch sein, dass ich mir das einbilde..

Friedrich




Sicherlich haben andere das Problem auch,

Verfasst: Do 18. Mär 2010, 18:05
von Bernhard

Friedrich,

meine eingesetzten Hobel kennst Du. Aber ich habe auch schon ältere Modelle aufgearbeitet. Bei allen Hobel hat folgendes geholfen.

1. Schleifen der Hobelsohle mit 120 oder 180 Körnung, je nach Zustand. Schleifpapier auf Granit geklebt und dann mit dem Hobel drüber. Zuerst habe ich Baumarktschleifpapier genommen. Heute nehme ich Schleifpapier von der Rolle. Bilder meiner Vorrichtung sind bestimmt auf meinem Blog.

2.) Dann gehe ich auf 400 er Körnung. Vielleicht erlebst Du auch ein großes AHA wenn Du bemerkst, wie die Kratzer verschwinden. Glatt wie ein Kinderpopo.

3.) Anschließend poliere ich den Hobel mit Metallpolitur, also das Zeug, was früher an die Chromteile des Autos kam.

Punkt 3 mache ich immer nach dem Schärfen.
Punkt 1 und 2 mache ich bei Neukauf und dann nach jedem 3 bis 5 Schärfen. Seit dem habe ich nie mehr Kerzen oder ähnliches nötig gehabt.

Rob Cosman, auf dessen DVD Du auch Zugriff hast, setzt immer eine Paraffinkerze ein. Ich finde, dies ist lästig. Bei den echten Möbelbauern, wie Garrett Hack und Christian Becksvoort habe ich Kerzen und ähnliches nie gesehen. Das hat mich stutzig gemacht und so bin ich auf die Idee gekommen. Übrigens, unser Pedder benutzt das auch für Sägen und das funktioniert ausgezeichnet.

Der Vollständigkeit halber, ich bin mit der Methode bei Eiche, Kirsche, Nußbaum, einigen Exoten und auch Nadelhölzer erfolgreich.

Vielleicht hilft es Dir

Grüße
Bernhard




Hmmmmm....

Verfasst: Do 18. Mär 2010, 21:51
von Friedrich Kollenrott

Hallo Bernhard,

polieren tu ich meine Hobelsohlen nicht, zumindestens bis jetzt.

Kann ich Deiner Darstellung entnehmen, dass Du jedenfalls keinen Unterscheid zwischen Gußeisen- und Sphäroguss- Hobeln bemerkst, sondern als Ursache der zu hohen Reibung nur die Beschaffenheit der Sohle (mehr oder weniger rau)? Und Polieren hat bei Dir in jedem Fall geholfen?

Dann muss ich da wohl mal ran. Hab jetzt Zeit, bin Jungrentner. Jedenfalls erstmal vielen Dank für die klare Aussage, das hilft mir wirklich weiter.

Friedrich

ps. Für meine neue Werkstatt mit Blick in den Garten erfolgt in diesen Tagen der erste Spatenstich. Ich freu mich drauf.




Wenn Du es sagst, glaub ich das sofort.

Verfasst: Do 18. Mär 2010, 23:03
von Pedder

Bernhard, denn es hat wohl sonst niemand soviele Cliftons und Lie-Nielsens nebeneinander bzw. hintereinander verwendet.

Mit den Sägeblättern stimmt das schon. Wenn ich alte Blätter aufgemöbelt habe, habe ich die poliert. Meine neuen Blätter kommen schon poliert, da habe ich bisher nichts gemacht. Ist aber eine Idee, die ich mal aufgreifen werde. Es geht ja immer noch etwas besser.

Liebe Grüße
Pedder



Re: Hmmmmm....

Verfasst: Fr 19. Mär 2010, 06:41
von Marc Waldbillig

Hallo Leute,

Letztens habe ich eine Hobelsohle nur poliert (handelsübliche Autopolitur), das Eisen nicht frisch geschärft. Es ist genau wie Bernhard schreibt, die Reibung der Sohle kann ein stumpfes Eisen vortäuschen.

Aufgefallen sind mir bisher keine Unterschiede zwischen Sphäroguss und Gusseisen. Aber ich werde mal drauf achten.

Gruss ;-)

Marc




Habe den selben Eindruck, Friedrich!

Verfasst: Fr 19. Mär 2010, 08:37
von Philipp

Hallo Friedrich,

interessatenm Frage, die mir auch schon auf den Nägeln brannte, die ich aber nicht gewagt hatte, zu stellen ("spinnt der?").

Ich habe den gleichen Eindruck wie Du: besitze aus der "normalen" Gußeisenfraktion u.a. Stanley No. 7 und seit kurzem auch eine No. 8 (geiles Teil!) und aus dem Sphärogußbereich eine ganze Reihe Veritas-Hobel, u.a. auch den Flachbettbankhobel.

Und mein Eindruck ist ebenfalls der, daß alle Veritas-Hobel schlechter gleiten, als die alten Stanleys. Und dabei sind jene ja nahezu poliert, während die Stanleys eine rauhe und riefige Oberfläche haben!
Auch ich wachse den Veritas-Bankhobel regelmäßig, bei den alten Stanleys kann ich mir das weitgehend sparen.

(Nachdem ich vorgestern in einer hektischen Sekunde unter dauerhaftem akutem Platzmangel meinen Veritas Bankhobel vom Tisch gefegt hatte, war ich aber äußerst dankbar dafür, daß er aus Sphäroguß ist...:-) ).

Was das Gleiten angeht, sind halt Holzhobel unübertroffen.

Viele Grüße, Philipp



Re: Habe den selben Eindruck, Friedrich!

Verfasst: Fr 19. Mär 2010, 09:24
von Robert

Hallo Friedrich und alle anderen,
meine Erfahrungen decken sich mit deinen, Friedrich. Meine Stanleys und Records scheinen besser auf den Holz zu gleiten als die Veritas oder Lie-Nielsens, obwohl die "älteren" Modelle sicher nicht annähernd die Oberfläche haben wie ein Hobel von Lie Nielsen.
Ich habe zum Thema feines Schleifen oder Polieren der Hobelsohlen bei meinen Stanley-Hobeln nicht den hohen Anspruch. Ich gehe beim Schleifen bis 320 und das wars dann auch. Ich hab das Schleifen der Sohle eines Eisenhobels bisher auch immer als "Einmalaktion" betrachtet. Auf die Idee, das in regelmäßigen Abständen zu wiederholen, bin ich noch nicht gekommen.
Zum "Schmieren" verwende ich einen mit Nähmaschienenöl getränkten Lappen, den ich in eine Flache Dose gestopft habe. Diese Dose steht immer offen auf der Hobelbank, wenn ich arbeite. Alle paar Hobelstrich mit den Hobel einmal über die Dose gerutscht und weiter gehts. Die "Gleitschicht" hält zwar nicht sehr lang, macht aber zum Aufbringen viel weniger Aufwand als das Einreiben mit einer Kerze (hab ich auch schon probiert, war mir zu umständlich).
Nach dem Arbeiten gehts nochmal mit den benutzten Werkzeugen über die Dose, dann hat sich das Rost-Thema auch gleich erledigt.

Gruß
Robert




Re: Gleiten Sphärogusshobel schlechter?

Verfasst: Fr 19. Mär 2010, 10:48
von Heid K.G.
[In Antwort auf #126525]
Hallo
Um genau festzustellen wie die Hobel gleiten, würde ich folgenden Versuch starten.
1. Mit der Federwaage an den Hobeln ziehen.
2. Gleiches Holz für alle Versuche.
3. Alles ohne Hb- Eisen.
4. Mit und ohne Politur den Versuch machen.
Danach kann man anhand der Daten sehen welcher "besser gleitet"
Gruß Kurt



Re: Gleiten Sphärogusshobel schlechter?

Verfasst: Fr 19. Mär 2010, 11:33
von reinhold

hallo,
diese Versuche würden nur für die direkt untersuchten Hobel gelten, aber keinerlei Rückschlüsse auf Eisenhobel allgemein zulassen.

Meiner Meinung nach gleiten alte, eingearbeitete Hobel besser als neue. Mein 50 Jahre alter Stanley "flutscht" nur so übers Holz.

Ich bin bisher davon ausgegangen, dass durch den langjährigen Gebrauch so eine Art "Abnutzungspolitur" stattfindet. Man beobachtet das ja auch bei Stechbeiteln, die immer besser werden, je öfter sie genutzt werden.

Zum Thema, ob das Material des Gusses eine Rolle spielt, kann ich nichts sagen. Da wäre es auch noch interessant zu hören, was die "Bronce-Leute" für Erfahrungn haben.

Gruss
und frohes Schaffen - das Wochenende naht!
reinhold



Re: Gleiten Sphärogusshobel schlechter?

Verfasst: Fr 19. Mär 2010, 12:53
von Florian Witt
[In Antwort auf #126525]
Hallo Friedrich,

eine echter Vergleichsversuch würde mich auch interessieren. Auf Materialebene fallen mir folgende mögliche Effekte ein:
- Porosität. Viele Poren, eigentlich ein Zeichen schlechterer Gussqualität, könnten beim Hobel helfen, indem sie Gleitmittel speichern oder die Oberfläche verringern. Anant hat doch mal Hobel mit genuteter Sohle angeboten, hat das geholfen?
- Kohlenstoffgehalt. Graphit wirkt schmierend, vielleicht haben die alten Hobel einen höheren Kohlenstoffgehalt?

Wir brauchen einen Hausmetallurgen.

Gruß,
Florian