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Uhr restaurieren - Holz? Lack ?

Verfasst: Mo 6. Okt 2008, 20:26
von Michael Hoffmann

Hallo Holzwürmer,

ein Bekannter hat mich gebeten mal nach der alten Uhr seines Urgroßvaters zu schauen es fehlen ein paar Holzteile.
Die Herstellung der fehlenden Leisten (vermutlich Kratzstock - da kein passender Oberfräser vorhanden)
sowie zweier kleiner Drechselteile sollten keine allzugroßen Probleme machen (so hoffe ich).

Unsicher bin ich noch um welches Holz es sich handelt?
Das Grundbrett ist vermutlich Tanne furniert.
Die "Anbauteile" sind aus einem anderen Holz. Ich tippe Nussbaum bin aber nicht sicher.
Was meint ihr?

Leider ist alles lackiert, und das ist meine nächste Frage:
Wie treffe ich den Farbton?

(irgendwas Braun - antik) - was soll ich da nehmen?
Für mich sieht das aus wie brauner Tischlerlack.

Für jeden Tipp der mitlesenden Restaurationsprofis bin ich sehr dankbar.

Danke und Grüße aus Heidelberg - Michael

Hier die Bilder:

So sieht die ganze Uhr aus:


Das Teil wie es ist:


So soll es werden:
(drechel Zapadeus natürlich beidseitig - eine stimmige Form muss ich selber erfinden da beide abhanden)


Nahaufnahme Grundbrett (Deswegen meine Vermutung Furnier Nuss?)


Die "Bordüre" und die Drechselstücke sind Massiv - Nuss ????
leider kaum zu erkennen



Da muss die fehlende Bordüre drauf:





Re: Uhr restaurieren - Holz? Lack ?

Verfasst: Mo 6. Okt 2008, 23:15
von Ottmar

Hallo Michael,

Die Zierteile fuer die Uhren wurden aus Buche oder Nussbaumholz gefertigt und mit gefarbtem Schellack, spaeter Nitolack gefinisht.

Beim Aufsatz fehlt in der Mitte ein Frauenkopf im Grichischen Stil, gibt es vermutlich bei http://www.lbb-antik.de/. oder http://www.selvatime.com/default.php

Das Profil laesst sich leicht mit einem Hohlkehlfraesser gleichen Radius anfertigen. Geringe Radiusunterschiede fallen nicht auf.

Die fehlenden Uernchen, wuerde ich in Anlehnung an die Form der auf dem Aufsatz befindlichen Halbuernchen, waehlen.

Beim Ergaenzen von fehlenden Stuecken, waehle ich den Holzfarbton im hellsten Farbton des umgebenden Holze, dies setzt in manchen Faellen ein Bleichen des Holzes voraus. Schellack faerbe ich mit Clou Spiritusbeize und durch Auftragen von mehreren lasierenden Lagen blende ich die neuen Teile farblich ein.

Als Gedankenanstoss

mfg

Ottmar




Re: Uhr restaurieren - Holz? Lack ?

Verfasst: Di 7. Okt 2008, 09:47
von Heid Kurt Günter
[In Antwort auf #122053]
Hallo Michael
Da ich schon mehere Uhren gefertigt und rep. habe kann ich Die die Fa Selva wirlich empfehlen. Auch deren Bücher.
Gruß
Kurt



Re: Uhr restaurieren - Holz? Lack ?

Verfasst: Di 7. Okt 2008, 11:29
von Gero Meyhoefer

Hallo Michael,

ich bin mir nicht 100%ig sicher, aber meine Mutter hat eine Uhr die der abgebildeten sehr ähnlich sieht.

Leider habe ich kein Foto greifbar und bin auch demnächst nicht bei ihr. Wenn es Dir hilft könnte ich Sie aber bitten, mir mal ein Foto zu mailen. Das wird Dir nicht in Bezug auf die Holzart helfen, aber evtl. in Bezug auf die fehlenden Elemente.

Beste Grüße

Gero



Re: Uhr restaurieren - Holz? Lack ?

Verfasst: Di 7. Okt 2008, 12:27
von Michael Hoffmann
[In Antwort auf #122053]
Hallo Ottmar,

vielen Dank schon mal für die schnelle Hilfe. (Da dachte ich kann darf was drechseln und dann gibt es diese Teile für 2,80€ fertig - zu dem Preis schaffe ich das nicht)
Nur was ist ein: "Frauenkopf im Griechischen Stil" sagt mir leider nix. Hast du vielleicht ein Foto davon für mich?
Vielleicht bei: http://www.selva.de/default.php?cPath=UhrWerk&sPath=Holzzierteile&&page=3

Der Link / Tipp war sehr gut, bei lbb-antik müsste ich erst mal für 10€ ein Katalog bestellen um was zu sehen. Ich bin überrascht das diese Aufsätze sich doch recht ähneln und einfach fertig vorhanden sind.

Das Profilstück ist eher "Hyperbel förmig" ausgeschnitten - deswegen dachte ich kein Hohlkehlfräser - oder meinst du das dies trotzdem nicht auffällt?
Vermutlich nehme ich einfach Buche das habe ich da, gerade das Profil scheint mir eher aus Buche als aus Nuss ...

Gero - klar schick mal wenns nicht zu sehr Umstände macht.

Danke - Michael

( PS: Ottmar - wie alt schätzt du den das gut Stück? Lässt die Verwendung von Furnier doch eher auf ein "billiges" Massenstück schließen? )




Re: Uhr restaurieren - Holz? Lack ?

Verfasst: Di 7. Okt 2008, 21:47
von Ottmar

Hallo Michael,

bezueglich LBB, die Firma faehrt regelmaessig Fachverbraucher wie Restaurierungsbetriebe Antiquitaetengeschaefte usw an. Die gaengigsten Teile sind in dem Lieferwagen vorhanden. Ist fuer dich nebensaechlich, mehr als Selva haben die auch nicht.

Zu der Uhr selbst mochte ich folgendes anmerken, es ist ein Massenprodukt der Zeit zwischen 1880-1914. Das Uhrwerk ist von sehr guter Qualitaet, das einzige was sich abnutzt ist das Lager des Ankers, auf der Seite wo der Perpendikel eingehaengt ist.

Furnieren sagt nichts ueber eine geringere Qualitaet aus, ich moechte das Gegenteil sagen, das Holz unter dem Furnier kann nach Konstruktionsbedingungen ausgewaehlt werden und das Furnier nach dem besten Eindruck. Die Zierleisten und Uernchen waren bei diesen Uhren aus Buche. gefertigt.

Ich hab nochmals darueber nachdedacht, bei den Freischwingern, war kein Frauenkopf in der Mitte des Aufsatzes, mehr ein Kopf wie von Selva angeboten
Ø 33 x 10 mm 083-508-300 Buche EUR 3.20

Bei der Zierleistenform, genuegt es wenn die Hohlkehle zo ungefaehr stimmt, Das Teil ist vorne lins und rechts auf Gehrung verleimt.

Die Uhr kostete um 1900 7.--Mark, es gab schon Wanduhren fuer 3.-- Mark, ich besitze(besass) eine Katalog von der 1800/1900 Jahrhundertwende.
Um das in Werte unserer Zeit umzusetzen, ein Mass Bier kostete neun Pfennig, der Pferdeknecht meines Grossvater verdiente 5.--Mark, ein Kleinknecht 2.-- bis 3.-- Mark im Monat.

mfg

Ottmar




Re: Uhr restaurieren - Holz? Lack ?

Verfasst: Di 7. Okt 2008, 22:05
von Jürgen zur Horst
[In Antwort auf #122053]
Hallo Michael,

zu Deinem Restaurationsvorhaben hast Du schon die perfekten Tipps bekommen. Vielleicht kann ich etwas zum Alter und Wert der Uhr beitragen. Diese Art Uhren gibt es großer Menge. Der Preis hängt nicht zuletzt auch vom Zustand des Werks ab. Wenn am Werk keine großen Reparaturen fällig sind, werden diese Uhren für wenige hundert Euro gehandelt. Meistens entspricht der Wert dem Preis einer Generalüberholung beim Uhrmacher.

Zum Alter der Uhr könnte ich etwas beitragen, wenn Du ein Bild des Werks einstellst und mir eventuell vorhandene Bezeichnungen auf der Werkplatine mitteilst.

Tschüß Jürgen



Nussbaum - Buche - Fichte

Verfasst: Mi 8. Okt 2008, 08:46
von Michael Hoffmann

Hallo Ottmar,

ich danke dir für die Zeit die du die nimmst. Das hat mir schon sehr geholfen.
Ja das Profil ist auf Gehrung geschniten. Ich habe mal hinten etwas angeschliffen.
Mir scheint die haben einfach alles an Holz verwendet was sie gerade hatten.
Ich erkenne da Fichte Nuss und Buche. (siehe Bild)



Ich hoffe ich nerve dich nicht wenn ich trotz deiner Ausführlichen Erklärung immer noch was fragen muss?
Ich würde die beiden fehlenden Drechselteile schon selber machen und möchte sie natürlich stilecht nachempfinden.
Da bin ich als totaler Laie aber auf deinen fachmännischen Rat angewiesen. (Die anderen Foren-Experten können natürlich auch)
Mich wundert das dort einfach ein "flacher Knopf" gewesen sein soll. Wie im Selva (083-508-300) Bild:

Ich hätte da (in meiner totalen Unkenntnis) versucht ein "Knubbel" angelehnt an die Form der Halbsäule daneben ähnlich diesen hier zu machen:

(Selva 088-030-900 oder 083-173-700)

Liege ich damit so verkehrt? Aber wenn du sagst: "das gehört so / war so" - dann mache ich das natürlich.
(Der Flache Knopf aus Querholz drechselt sich auch noch einfacher)

Grüße und Danke aus Heidelberg - Michael




Alter Uhrwerk

Verfasst: Mi 8. Okt 2008, 08:53
von Michael Hoffmann

Hallo Jürgen,

danke für das Angebot - das ist nett. Ich komme vielleicht darauf zurück.
Ich habe nur das Holzteil bekommen an dem ich "basteln" soll.

(In einer Weinschachtel ohne Wein drin - den haben sie behalten, wie den Rest der Uhr - da muss ich noch reklamieren ;-) Eventuell reiche ich dir ein Bild nach.

Danke vielmals - Michael




Re: Uhr restaurieren - Holz? Lack ?

Verfasst: Mi 8. Okt 2008, 17:58
von Jürgen zur Horst
[In Antwort auf #122059]
Hallo Ottmar,

ich möchte Deiner Aussage zum Werk vorsichtig widersprechen. Zum einen finden sich in diesen Gehäusen Werke unterschiedlicher Qualität. Deshalb würde ich Deine Formulierung mit einem Fragezeichen versehen. Das Gehäuse läßt aber zumindest auf gutes Werk schließen.
Der Aussage zu den verschlissenen Lagern möchte ich mit fester Stimme und meiner Erfahrung als gelernter Uhrmacher widersprechen. Bei fast jedem mechanischen Großuhrwerk sind die Lager des ersten Rades nach dem Federhaus mit dem meisten Verschleiß gesegnet. Das gilt für das Gehwerk genauso wie für das Schlagwerk. Grundsätzlich ist ein Lagerschaden umso warscheinlicher, je näher das Rad am Federhaus sitzt, weil dort größere Kräfte wirken. Das kann im Einzelfall durch mangelhafte Schmierung eines Lagers oder konstruktive Besonderheitenn anders sein. Man versucht durch die Verwendung größerer Radzapfen und bei guten Uhren durch die Verwendung dicker Platinen diesem Effekt entgegenzuwirken, das gelingt aber nur eingeschränkt. Nicht umsonst verwendet der beste Großuhrhersteller, die Firma Sattler, bei diesen Lagern ein Kugellager.

Tschüß Jürgen