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Japanische Holzverbindung, mit Bildern

Verfasst: Fr 28. Mär 2008, 20:21
von Bernhard Loos

Hallo allerseits!

Toshio Odate zeigt in seinem Buch "Shoji - Schiebetüren und Trennwände selbst gemacht" eine Eckverbindung für Rahmen.
Er bezeichnet sie als "auf Gehrung abgesetzte Zapfen-in Zapfen-Verbindung" und genauso kompliziert wie der Name, ist auch die Verbindung selbst!

In einer Schritt-für-Schritt-Anleitung möchte ich Euch die Herstellung einer solchen Holzverbindung zeigen.
Dieser erste Versuch ist keineswegs perfekt geworden - aber doch so, dass ich glaube es hier zeigen zu können und vor allem: aus den Fehlern lernt man am Besten!

Zum besseren Verständnis empfehle ich, sich vorab das Bild 19 anzuschauen.
Links das "innere-Zapfen-Teil", recht das "äußere-Zapfen-Teil" - deswegen Zapfen-in-Zapfen-Verbindung!

Bild 1
Anreissen der Gehrung:



Bild 2
Anrisse gekerbt, zur Führung der Säge. Ebenfalls zu sehen, die Risse für den inneren Zapfen und das innere Zapfenloch (gleiche Streichmaßeinstellung):



Bild 3
Sägen der Gehrung am "Inneren-Zapfen-Teil":



Bild 4
Sägen der Zapfenwange am inneren Zapfen:



Bild 5
Anreissen der Zapfenhöhe:



Bild 6
Sägen der Zapfenhöhe:



Bild 7
Gehrung sägen hinter dem inneren Zapfen:



Bild 8
Kürzen des inneren Zapfens. Das sollte man aber erst machen, nachden man die Zapfenhöhe auf das Gegenstück übertragen hat:



Bild 9
Anreissen des äußeren Zapfens:



Bild 10
Mit gleicher Streichmaßeinstellung wird das Zapfenloch für den äußeren Zapfen angerissen. Dieses Zapfenloch umschließt den inneren Zapfen:



Bild 11
Hier wird der Freiraum hinter dem inneren Zapfen angerissen:



Bild 12
Mit gleicher Einstellung wird die Zapfenhöhe des äußeren Zapfens angerissen
Die Zapfenwange des äußeren Zapfens ist hier bereits gesägt:



Bild 13
Anrisse für äußeres und inneres Zapfenloch.
Auf dem Holz links im Bild, ist der Anriß für die Zapfenhöhe nur schwer zu erkennen - ich hab' vergessen ihn mit Bleistift nachzuziehen:



Bild 14
Prüfen der Zapfenlochtiefe. Hier lieber nicht zu viel riskieren, sonst ist man schnell durch. Ich wollte den inneren Zapfen möglichst lang machen und hab' prompt durchgestemmt:



Bild 15
Der äußere Zapfen wird auf Höhe gesägt:



Bild 16
Fertigstellen der Gehrung:



Bild 17
Hinter dem inneren Zapfen wird mit dem Bohrer vorgearbeitet:



Bild 18
Das Zapfenloch für den äußeren Zapfen wird ausgeräumt:



Bild 19
Hier ist die fertige Holzverbindung zu sehen:



Bild 20
Probepassen:



Bild 21
Probepassen:



Bild 22
Unverleimt zusammengesteckt - links das "durchgestemmte" Zapfenloch:



Fazit:

Der große Vorteil dieser Holzverbindung liegt meiner Meinung nach darin, dass man hier ohne Zwingen und Spanngurte auskommt - die Verbindung wird mit dem Hammer zusammengeklopft!
Allerdings erkauft man sich diesen Vorteil durch eine mühselige (so kam es mir jedenfalls vor) Arbeit, die sehr hohe Anforderungen an die Ausführung stellt.
Wenn ich bedenke, dass ich es hier nur mit einer Verbindung zu tun hatte!
Einen kompletten, in jeder Hinsicht passgenauen, Rahmen zu bauen, stell' ich mir schon sehr schwierig vor - da bekommt man Respekt vor den alten Handwerkern!

Gruß, Bernhard




Re: Japanische Holzverbindung, mit Bildern

Verfasst: Sa 29. Mär 2008, 08:45
von Marc Waldbillig

Hallo Bernhard,

Eine tolle Dokumentation - wie gewohnt :-) Die Verbindung ist wirklich nicht einfach herzustellen im Zeitalter von Duodüblern und Lamellofräsen. So scheint es auf jeden Fall. Hier bei mir steht ein alter Eicheschrank, für Kleider, er wurde auf 17. Jahrhundert geschätzt. Er ist halt alt. Sein Schreiner hat damals die Rahmenteile für die Türen auf ähnliche Weise verbunden. Nur die Schulter für die Zapfen bildet die Gehrung, nicht eine senkrecht eingearbeitete Schulter samt Zapfenloch. Wenn man sowas jeden Tag macht, jeden Tag am Riss sägt, entwickelt man schnell eine hohe Präzision bei der Handarbeit und weiß, wo es am meisten auf exaktes Arbeiten ankommt. Dann schrumpft der zeitliche Aufwand, weil man nicht mehr nachstechen muss, jeder Handgriff sitzt und man ein konkretes Bild von dem hat, was man will. Die Lernkurve wird flacher und spielt sich auf einer höheren Stufe ab. Auf jeden Fall ist das eine schöne und anspruchsvolle Verbindung, die du uns da zeigst. Ich würde - entgegen der japanischen Tradition - die Zapfen durchstemmen, damit man nachher wenigstens einen Hinweis hat, dass die Verbindung nicht mit Lamellos zusammengesetzt wurde.

Gruß ;-)

Marc




Tolle Anleitung

Verfasst: Sa 29. Mär 2008, 11:18
von Pedder

Hallo Bernhard,

das ist eine super Anleitung. Die Verbindung erscheint mir etwas over the top, aber man kann sich auch für einfachere Verbindungen was absehen.

Liebe Grüße
Pedder



Re: Japanische Holzverbindung, mit Bildern

Verfasst: Sa 29. Mär 2008, 20:07
von Roland Heilmann
[In Antwort auf #120335]
Hallo Benhard,

danke für die wieder mal sehr ausführliche Anleitung. Ich bewundere deine Geduld. Du benutzt da ein mir bisher nicht bekanntes Anreissmesser. Ich muss gestehen, dass ich bisher immer nur mit einem messerförmig angeschnitzten Bleistift anreisse.

Beste Grüße

Roland




Anreissmesser

Verfasst: Sa 29. Mär 2008, 20:32
von Bernhard Loos

Hallo Roland,

Anreissmesser findest Du hier beim Hausherrn:

http://www.feinewerkzeuge.de/markier.htm

Ich hab' mich für das Veritas-Messer entschieden. Alle Anreissmesser haben einen einseitigen Anschliff. Besonders vorteilhaft sind diese Anrisse, wenn man einen Beitel in den Riss setzt und den Anriss dann vertieft und kerbt. Dazu einen möglichst breiten Beitel mit kleinem Keilwinkel verwenden um die Keilwirkung (Wegdrücken vom eigentlichen Anriss) gering zu halten.
Ich möchte das Messer nicht mehr missen!

Gruß, Bernhard




Re: Anreissmesser

Verfasst: So 30. Mär 2008, 12:00
von Rolf Richard

Das Veritas-Messer war auch meine Wahl. Bin sehr zufrieden damit.

Gruss

Rolf



Re: Japanische Holzverbindung, mit Bildern

Verfasst: So 30. Mär 2008, 23:58
von Hans Bos
[In Antwort auf #120335]
Es erscheint mir eine sehr starke verbinding zu sein die Gehrungen in schlankes Holz gut zusammen halten mochte und auch gegen Verdrehungen (Torsion) gut sichert. Nimmt zwar viel Zeit aber macht auch Spass. David Charlesworth beschreibt in seinem Buch "Furniture making Techniques" noch eine Art Japanische Schwalbenschwanz Verbindung wobei die Zunge auf beiden Brettern schief verlaufen und die man nur unter 45 grad zusammenschieben kann. Auch das Buch "The complete Japanese Joinery" (Hideo Sato und Yasua Nakahara) gibt viele tolle Verbindungen wie sie in Japanischen Haus- und Tempelbau verwendet werden (wurden). Ohne Leim, meistens mit Pennen gesichert. Konnte man also wieder demontieren.
Schone Grusse,
Hans Bos



Re: Japanische Holzverbindung, mit Bildern

Verfasst: Mo 31. Mär 2008, 17:15
von Chris Scholz
[In Antwort auf #120335]
Ausgezeichnet Bernhard!
Sieht sehr anhlich wie eine traditionelle Chinesischen Holzverbindungen aus. Vielen Dank fur die Anleitung.

Chris
Atlanta, GA




Anreißen und Kerben

Verfasst: So 6. Apr 2008, 14:37
von Thomas Schuermann
[In Antwort auf #120335]
Hallo Bernhard,
nach ein paar Stunden in der Werkstatt ein herzliches Dankeschön an Dich. Es mag dem ein oder anderen Holzwerker selbstverständlich sein, so vorzugehen, für mich war das Anreißen mit Kerben neu.

Gestern war ich in der Werkstatt und mußte ein paar Stücke ablängen, an ein paar Zapfen sägen.

Ich muß sagen, die Kombination Anreißen mit Messer und anschließendem Kerben mit Stechbeitel funktioniert um ein Vielfaches besser, als nur nach dem Riß zu sägen.

Wobei ich dringend ein gutes Anreißmesser benötige, im Moment reiße ich noch mit dem Cutter an, der eine beidseitig geschliffe Klinge hat. Was sehr gut klappt, ist dann das Sägen am Riß - da bleibt auf der Kopfseite dann nicht mehr viel zu tun.

Bei breiten Werkstücken werde ich mir (Rechtshänder) auf der rißzugewandten Seite noch eine Sägebegrenzung aufspannen, mir ist es jetzt (vermutlich aus Eile) zweimal passiert, dass die Säge gesprungen ist - das sind dann ärgerliche Macken.

Es war für mich jedenfalls eine wertvolle Idee, die ich direkt in die Tat umsetzen konnte. Danke!

Gruß aus Wuppertal

Thomas