Seite 1 von 1
Keilwinkel bei Stemmeisen?
Verfasst: Mi 16. Jan 2008, 18:55
von Bernhard Loos
Hallo allerseits,
vor einiger Zeit habe ich die Keilwinkel meiner Beitel verändert und zwar von 28°-30° auf 22°-23°. Die Eisen greifen so viel besser, weil größerer Freiwinkel und sie schneiden hervorragend, wenn man sie mit der Hand führt. Die Schneiden halten jedoch schlagender Beanspruchung beim Stemmen nicht stand!
Was habt ihr für Erfahrungen gemacht: Keilwinkel, jap. Stemmeisen, HSS etc.?
Gruß, Bernhard
Re: Keilwinkel bei Stemmeisen?
Verfasst: Mi 16. Jan 2008, 20:09
von Marc Waldbillig
Hallo Bernhard,
Unter 25° musst du oft an die Schleifsteine. Das ist gut für Schälbeitel. Normalerweise behalte ich eine 25° Fase, an die ich aber eine 30° Fase anbringe. Dieses Setup benutze ich für normale Stecheisen (bench chisels). Das sind bei mir die laminierten Japaner. Dann die Lochbeitel (A2), die schon mit 30° kommen und die normalerweise, da ich viel Hartholz bearbeite noch eine zusätzliche Mikrofase von weiteren 5° bekommen. Trotz des 35°-Winkels brechen die Schneiden aus. Demnächst versuche ich 40°...
Gruß,
Marc
Re: Keilwinkel bei Stemmeisen?
Verfasst: Mi 16. Jan 2008, 20:35
von Friedrich Kollenrott
Hallo Bernhard,
vorweg: Freiwinkel an Stemmeisen? das gibts eigentlich nicht, da musst Du was anderes meinen. Freiwinkel ist am Hobeleisen.
Zum Keilwinkel: Ich mache an meinen "leichten" Eisen, das sind die normalen Stemmeisen (zum Draufhauen mit dem Klüpfel) und den Eisen die ich nur von Hand führe, also ohne Hammer, einen Keilwinkel von 30°. Den stelle ich her indem ich 25° schleife und dann eine Mikrofase mit 30° abziehe.
Die Lochbeitel bekommen 35° (30° schleifen, 35° abziehen).
30° ergibt schön leicht schneidende Eisen, die auch leichte Stemmarbeiten aushalten (Zapfenlöcher in günstigem Holz). Dabei ist günstiges Holz nicht etwa "Weichholz" im Sinne von Nadelholz, sondern solches mit gleichmäßiger Struktur, also die üblichen Laubhölzer, auch die härteren. Viel strapazierender sind beim Stemmen die Nadelhölzer, deren Jahresringe (von Ästen gar nicht zu reden)sind manchmal erschreckend hart. Da biegt sich eine 30°- Schneide schon mal um. In dem Falle bekommen die Eisen zur 25°- Fase eine 35°- Mikrofase, dann halten sie, und beim nächsten Schärfen wieder zurück auf 30°, das erfordert kein Umschleifen und macht überhaupt keine zusätzliche Arbeit.
Jetzt kommt natürlich die Frage nach den europäischen und den japanischen Eisen. Ich arbeite normalerweise mit Kirschen- Eisen, die mag ich lieber als meine japanischen (Iyoroi), die eigentlich schon ausgemustert sind. Dann hatte ich im vergangenen Jahr Probleme beim Nacharbeiten des Schlitzgrundes (also Stechen quer zur Faser)in Lärche (jedenfalls sah das Holz wie Lärche aus). Mit 30°: Katastrophe, mit 35°: OK. Da meinte ich dann: Das ist endlich mal was für die Japaner, da sind sie sicher besser! War aber nicht so. Mit 30° versagte auch ein Iyoroi (wenn überhaupt Unterschiede zu den Kirschen, dann minimale), und mit 35° hielt es auch. Ich hatte mir einen deutlichen Unterschied vorgestellt.
Die Lochbeitel sind mit 35° OK.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Keilwinkel deutlich unter 30° vernünftig ist. Müsste eine sehr empfindliche Schneide geben, höchstens sinnvoll für feine Arbeiten speziell an entsprechenden Hölzern. Ich mach aber alles mit einem Satz Eisen.
HSS- Eisen hab ich nicht.
Friedrich
Re: Keilwinkel bei Stemmeisen?
Verfasst: Mi 16. Jan 2008, 21:14
von Jürgen zur Horst
[
In Antwort auf #119353]
Hallo Bernhard,
ich habe ein 12mm Eisen mit einem sehr kleinen Keilwinkel. Den genauen Winkel kann ich Dir nicht nennen. Mit diesem Stecheisen arbeite ich nur von Hand. Da schlage ich nicht mal mit der Faust drauf. Die Schneide ist sehr empfindlich. Einmal falsch benutzt und die Schneide ist hin. Weil das Eisen so schnell verdorben ist, habe ich es außer Reichweite deponiert. Seitdem liegt es da sicher und trocken und ich arbeite mit den normalen Eisen, weil die griffbereit sind.
Tschüß Jürgen
Re: Keilwinkel bei Stemmeisen?
Verfasst: Mi 16. Jan 2008, 23:28
von Bernhard Loos
Hallo Friedrich,
Du schreibst: " Freiwinkel an Stemmeisen? das gibts eigentlich nicht,...."
Unter Freiwinkel versteh' ich den (variablen) Winkel zwischen Fase oder Spiegel (je nach Haltung des Beitels) und dem Werkstück in Arbeitshaltung. Schneidet man mit "Fase unten", wird der Freiwinkel durch eine schlanke Schneide, bei ansonsten gleicher Haltung, vergrößert!
So eine schlanke Schneide schneidet schon wie Gift, gerade wenn mit fast aufgelegter Spiegelseite minimal Holz wegnehmen möchte (Zapfen verputzen, Hirnholz wegnehmen).
Eure Zuschriften, wie auch die Erfahrung die ich gemacht habe, zeigen mir, dass so eine schlanke Schneide keine Stemmarbeiten verträgt.
Ich werde die Eisen nach und nach wieder zurückschleifen, bis auf einige, die ich für leichte Schnitte mit der Hand benutze.
Mit dem 25° (23° hab' ich gemessen) Eisen meines Veritas LAJP hab' ich übrigens die gleichen Erfahrungen gemacht wie Du. Da wo das Eisen eigentlich prädestiniert sein sollte, nämlich beim Hobel von Hirnholz, zeigt es schon nach wenigen Hobelstößen, je nach Holzart, Schneidenausbrüche.
Welches Material könnte, Deiner Meinung nach, standhalten?
Gruß, Bernhard
Re: Freiwinkel bei Stemmeisen?
Verfasst: Do 17. Jan 2008, 00:11
von Jörg Ed. Hartge
Ich muss Friedrich recht geben. Beim Stemmeisen gibt es keinen Freiwinkel. Der Freiwinkel heißt so, weil in diesem Winkel das Werkzeug "frei" liegt, also Luft hat. Das ist beim geschobenen Hobel oder an einer Bohrerschneide jeweils an der Rückseite der Fall. Beim Stemmeisen dagegen nicht, da die Schlagkraft in Richtung Werkzeugachse geht. Das Holz liegt beim Eindringen des Stemmeisens also in gleichem Maße vor wie hinter der Schneide am Werkzeug an.
Grüße
Jörg
Re: Freiwinkel bei Stemmeisen?
Verfasst: Do 17. Jan 2008, 08:16
von Bernhard Loos
Hallo Jörg,
Du beschreibst die Winkel beim Stemmen, also der Arbeit mit dem Hammer - da geb' ich Dir natürlich Recht!.
Ich habe von Freiwinkel geschrieben beim handgeführten Eisen, also beim Schälen, Schnitzen etc.
Gruß, Bernhard
Freiwinkel
Verfasst: Do 17. Jan 2008, 11:03
von Friedrich Kollenrott
[
In Antwort auf #119362]
Hallo Bernhard,
wemm Du ein Stecheisen ansetzt, kannst Du natürlich einen keilförmigen Spalt zwischen der Schneide und dem Werkstück haben. Wenn Du dann aber schneidest, gleitet (bei Fase unten) die Fase, bei Fase oben die Spiegelseite auf der frisch geschnittenen Fläche, da ist kein Freiwinkel zwischen. Vergleiche das mal mit dem (durch die Sohle geführten) Hobeleisen, dann siehst Du den Unterschied. Um bei einem Stecheisen mit Freiwinkel schneiden zu können, müsstest Du es tatsächlich freihändig wie ein Hobeleinen halten- das kann nicht einmal ein Bär.
Friedrich
. .
Re: Freiwinkel, mit Bild
Verfasst: Do 17. Jan 2008, 11:38
von Bernhard Loos
Hallo Friedrich,
das was Du als "keilförmigen Spalt" zwischen Schneide und Werkstück bezeichnest, bezeichne ich als Freiwinkel. Wie sonst soll eine Schneide in den Werkstoff eindringen können?
Selbstverständlich ist der Freiwinkel nicht konstant wie beim Hobeln, sondern er variiert ja nach Haltung des Werkzeuges.
Das Bild macht klar, dass ein Freiwinkel vorhanden sein muß um zu schneiden. Ansonsten würde die flache Fase nur über's Holz rutschen.

Ja, das wäre tatsächlich ein Freiwinkel,
Verfasst: Do 17. Jan 2008, 17:24
von Friedrich Kollenrott
wenn Du tatsächlich in dieser Haltung einen gleichmäßig dicken Span schneiden kannst. Sozusagen als menschlicher Grundhobel.
Bernhard, ist das da ein Balsabrettchen? Dann kann das wohl gehen. Aber bei normalem Holz würde sich das Eisen ganz sicher in das Holz bohren. Und die übliche Schneidtechnik bei Stecheisen ist doch auch, dass es entweder auf der Spiegelseite oder auf der Fase gleitet- wobei man "auf der Fase" die Schnitttiefe durch ganz leichtes Verkippen (auf Schneide oder Hinterkante der Fase) steuert.
Letzte Möglichkeit: Dein Eisen hat eine Mikrofase (die auf dem Bild waagerecht, also in Schnittrichtung) liegt. Dann wäre das doch kein Freiwinkel, sondern sieht nur so aus.
Wenn Du jetzt darauf beharrst, dass Du immer so arbeitest und dass Du so schneiden kannst, dann ziehe ich mich in den Keller zurück und probiere es selbst aus.
Friedrich