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Geometrie von Wangenwiderlagern

Verfasst: Do 21. Jun 2007, 15:25
von Christoph Schmitz

Hallo,

ich plane, einen Holzhobel mit Wangenwiderlager zu bauen, ungefähr nach der Methode von Steve Knight (also mit verleimten Seiten, nicht aus dem Vollen gestemmt).

Dabei ist mir Folgendes aufgefallen: bei manchen Hobeln mit Wangenwiderlager wird die Nut in der Seite nach unten hin flacher (vielmehr, die Wandstärke nimmt nach oben hin zu), so daß das Eisen unten vor der Spitze des Keils (fast) frei steht, während oben die Nut recht tief ist. Das ist auch logisch: dadurch kann unten nichts verstopfen.

Bei Steve Knights Hobeln scheint mir jedoch die Wangennut bis unten einfach gerade durchzugehen; dadurch müßte sich meines Erachtens vor der Keilspitze in der Nut ein Hohlraum ergeben, wo Späne verstopfen könnten.

Weiß jemand, ob das bei Knights Hobeln ein Problem ist?

Danke und viele Grüße,

Christoph




Re: Geometrie von Wangenwiderlagern

Verfasst: Do 21. Jun 2007, 21:39
von Andreas Winkler

Hallo Christoh,

habe zwar noch nie einen in echt gesehen, aber ich denke nicht, daß bei einem Knight-Hobel die Nutwangen einfach gerade (=parallel ?) durcheghen. Denn dann wäre der Keil gar kein Keil, sondern nur ein Holzstückchen mit parallelen Seiten und könnte das Eisen nicht festhalten.
Abgesehen davon dürfte es vom Verstopfen her keine Probleme geben, da die Keil"stege" an den Enden abgeschrägt sind und somit als Abweiser der Späne dienen. Verstopfen dürfte also bei korrekter Arbeit nichts. Nur das Eisen bekommt man halt nicht fest.

Welches Holz willst Du denn verwenden ?

Gruß, Andreas




Re: Geometrie von Wangenwiderlagern

Verfasst: Do 21. Jun 2007, 23:31
von Christoph Schmitz

Hallo Andreas,

ich glaube, ich hab mich da mißverständlich ausgedrückt. In der Richtung, wo der Keil klemmen soll, müssen die Nuten natürlich spitz zulaufen. Was ich meinte, kann man vielleicht in der Beschreibung von Andreas Meisels Rauhbank sehen (Link unten): bei dieser Bauart stehen die beiden in Hobelrichtung vorderen Kanten der linken und rechten Nuten am oberen Ende näher beisammen als das Hobelmaul breit ist; unten beim Hobelmaul "verschwinden" die Nuten also praktisch nach außen (so sehe ich das vierte Foto von unten). Dagegen scheinen mir die Nuten von Steve Knights Hobeln überall gleich tief zu sein.

Dein Argument mit den abgeschrägten Spitzen des Keils gilt aber wohl trotzdem -- vielleicht reicht das schon aus.

Als Holz hab ich mir von einem Drechselbedarf ein Stück Birnbaum organisiert. Für die Sohle werde ich wahrscheinlich ein hartes Tropenholz nehmen, Ipe, Cumaru oder Massaranduba hat der örtliche Händler von Terrassendielen auf der Liste. Eigentlich hatte mir Weißbuche für den Hobel vorgeschwebt, aber die hab ich auf Anhieb nicht auftreiben können.

Viele Grüße,
Christoph




Re: Geometrie von Wangenwiderlagern

Verfasst: Fr 22. Jun 2007, 08:19
von Wolfgang Jordan

Hallo Christoph,

ich habe zwar auch keinen Knight-Hobel, aber ich glaube, daß deine Beobachtung stimmt. Auf Steves Seite gibt es eine 'Plane Tour' (unter 'How I Make Planes', s. Link), wo man sehen kann, wie er seine Hobel herstellt. Die Bilder sind zwar sehr klein, aber ich meine doch sehen zu können, daß die Nut für den Keil überall gleich tief ist (Step 14 und folgende). Man sieht aber auch, daß (im Gegensatz zu deutschen Hobeln) der Keil breiter ist als das Eisen, und deshalb auf den Wangen keine Vorsprünge sein müssen. Wenn die seitlichen Spitzen des Keils jetzt bis genau auf die Sohle durchgehen, dann ist dort kein Hohlraum. Wenn nicht, also wenn der Keil kürzer oder gar länger ist, dann gibt es Probleme. Dazu sollte jemand etwas sagen, der so einen Hobel besitzt.

Hast du eine Anleitung für den Bau deines Hobels? Ich kann das Buch von John Whelan (Making Traditional Wooden Planes) empfehlen. Dort wird auch detailliert auf die Geometrie der Keilnut eingegangen, wie sie in klassischen Holzhobeln zu finden ist.

Gruß, Wolfgang




Re: Geometrie von Wangenwiderlagern

Verfasst: Fr 22. Jun 2007, 09:37
von Christoph Schmitz

Hallo Wolfgang,

danke für das Feedback. Hier gibt es die Anleitung von Steve Knight nochmal in groß.

Wenn ich Dich richtig verstehe, dann meinst Du, daß das Eisen nicht bis in die Wangen hineinragt? Ich bin mir bei Bild 14 nicht sicher, ob da ein Absatz zwischen der hinteren Rampe und der Nut ist (wenn da keiner wäre, wäre das Eisen ohne seitliche Führung, wenn es schmaler ist als der Keil?), oder man da nur die Leimfuge sieht. Hm, leider gibt es kein Bild, wo man den Hobel von unten mit eingesetztem Eisen sieht.

Zu dem Buch von Whelan: ich glaube, ich muß mir das besorgen. Ich hab das Buch von David Finck ("Making and Mastering Wood Planes"), aber da wird nur die Krenov-Bauart mit Querstift beschrieben.

Viele Grüße,
Christoph




Re: Geometrie von Wangenwiderlagern

Verfasst: Fr 22. Jun 2007, 10:16
von Wolfgang Jordan

Hallo Christoph,

hier sind Bilder mit Ansicht von unten, und ich bin leicht schockiert:
http://www.knight-toolworks.com/graphics/tuned-mouth.jpg
http://www.knight-toolworks.com/graphics/mouthblock.jpg
Wenn man bedenkt, daß diese seitlichen Öffnungen von oben durch den Keil verschlossen sind, dann müssen die doch bald verstopfen, oder? Ich habe aber über Knight-Hobel immer nur Lobgesänge gehört. Ich würde einen Hobel auf jeden Fall nicht so bauen, sondern mich an den historischen Vorbildern orientieren.

Whelan beschreibt auch Krenov-Hobel, aber eben auch viele andere Bauformen und vor allem auch andere Hobelarten wie Profilhobel, Plattbank, Nuthobel mit Holzschrauben und Anschlag usw. Das Buch lohnt sich auf jeden Fall.

Gruß, Wolfgang




Re: Geometrie von Wangenwiderlagern

Verfasst: Fr 22. Jun 2007, 10:23
von Christoph Schmitz

Hoppla. Ich werde mir auf jeden Fall nochmal Hobel europäischer Bauart (Ulmia, Goldenberg oder sowas) anschauen, bevor ich loslege. Und das Buch von Whelan ist bestellt :-)

Danke für die Tips,

Christoph



Re: Geometrie von Wangenwiderlagern

Verfasst: Fr 22. Jun 2007, 11:08
von Andreas Winkler

Hallo Christoph,

hoppla, da hab´ ich wohl was falsch erstanden.
Schwer zu sagen, ob Knight-Hobel nach dem Verleimen nicht noch entsprechend nachgearbeitet werden (also wie Du beschrieben hast, daß die Seiten des Hobels im Bereich Richtung Schneidkante etwas "verdünnert" werden).
Habe mir jetzt nochmal ein paar alte Hobel angeschaut und weiß jetzt, was Du meinst. Nach unten hin verjüngte Seiten erleichtern den Spanaustritt natürlich beträchtlich. Die wichtigste Maßnahme gegen das Stopfen erscheint mir aber, daß sich der Span nirgens fangen kann, d.h. lieber ein etwas engers "Hobelinnenleben" ohne Kanten, Ecken, Fugen u.ä. als ein großzügiges Innenleben mit Möglichkeiten, wo der Span hängen bleiben kann.
Ideal natürlich ein sinnvoll großer Weg für den Span (der Keil braucht aber auch eine gewisse Fläche, wo er den Druck noch verteilen kann, sonst reißen die Wangen ruckzuck ein), der sehr sauber und sorgfältig gearbeitet ist.
Wie Wolfgang schon geschrieben hat, würde ich mich auch an alten Vorbildern orientieren, die haben schon viele Hundert Jahre bewiesen, daß sie funktionieren.
Steve Knights Ausführung mit dem schmalen Eisen gefällt mir persönlich nicht so gut, dürfte aber auch einen guten Spanaustritt ermöglichen. Überhaupt erscheint Steve Knight etwas "eigenwillig" in der Konstruktion, z.B auch mit seinem dreieckigen Keilausschnitt.

Gruß, Andreas



Re: Geometrie von Wangenwiderlagern

Verfasst: Fr 22. Jun 2007, 12:30
von Philipp

Ich habe eine Raubank von Steve Knight und kann die einfache Geometrie seines Wangenwiderlagers bestätigen. Warum macht er das wohl so? Weil's viel einfacher herzustellen ist, als ein Wangenwiderlager nach historischem Vorbild aus einem Block zu stemmen. Dieses erfordert wesentlich mehr räumliches Vorstellungsvermögen, Können und wohl auch Zeit. Für mein Verständnis sind die geleimten Hobel wie bei Krenov oder auch SN einfache Lösungen, mit denen die anspruchsvollere "traditionelle" Bauart mit Wangenwiederlager umgangen werden soll.

Da ich mit meiner SN-Rauhbank aber nur sehr feine Späne abhebe, hatte ich bislang auch noch kein Problem mit Verstopfen. Vielleicht ist hier auch wichtig zu beachten, daß SN seine Eisen an den Ecken sehr stark anfast, d.h. in meinem Fall verliert das Eisen an jeder Seite ca. 4 mm an Schneidenbreite, was in meinen Augen unnachvollziehbarer Bl**sinn ist. Dadurch wird aber auch verhindert, daß im Bereich der nach unten offenen Keilnut, die verstopfen könnte, überhaupt erst Späne entstehen.

Gruß

Philipp



Re: Geometrie von Wangenwiderlagern

Verfasst: Sa 23. Jun 2007, 23:04
von Christoph Schmitz
[In Antwort auf #116345]
Hallo allerseits,

vielen Dank nochmal für die Diskussion. Mittlerweile ist das Hobelprojekt in Arbeit ;-)

Ich habe mir nochmal einen alten Goldenberg-Hobel mit Wangenwiderlager vom Flohmarkt angeschaut und werde versuchen, dessen Form nachzuahmen, ohne das Spanloch aus dem Vollen zu stemmen. Dazu werde ich wohl die Wangen und den Keil am unteren Ende der Nut abschrägen sowie die Lücken in der Sohle, die durch die durchgehenden Nuten enstehen, mit einem Einsatz in der Sohle verschließen.

Viele Grüße,
Christoph