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Zapfenloch mit Handwerkzeugen

Verfasst: Di 7. Nov 2006, 19:26
von Marc Waldbillig

Hallo liebe Leute,

Zum Zapfen wollt ich noch folgendes Bild nachschießen. Der Kombinationswinkel zeigt am Zapfen ganz schön, ob alles senkrecht ist. Wenn nicht können einige Hobelstöße das leicht korrigieren. Übrigens sieht man hier eine ausgerissene Fase an der oberen Vorderkante.



Das Zapfenloch beginnt natürlich wieder mit dem korrekten Anreißen. Diesmal hab ich das Zapfenstreichmaß genommen und es auf die Breite des Lochbeitels eingestellt. Ein wenig Überstand ist erlaubt. Die Nadeln sind original so lang und weil nicht viel benutzt, werden sie auch länger bleiben, ansonsten mag ich Spitzen an Streichmaßen unter einem Millimeter Länge. Nein, Friedrich, es ist kein Pigsticker, sondern ein ganz normaler trapezförmiger R. Sorby, mit 30° Grundfase und nochmal 5° Mikrofase, weil er viel ausbrach.



Das Stemmen kann beginnen, wenn das Werkstück eingespannt ist. Es soll auf der Bank aufliegen und nicht auf der Zange. Der erste Stich erfolgt am nahen Ende des zukünftigen Zapfenlochs, etwa 2 bis 3 mm bis zum Endriss sollten bleiben, damit durch das Aushebeln, das Ende nicht beschädigt wird. Der Lochbeitel sollte so rechtwinklig wie möglich gehalten werden, ein Tischlerwinkel hilft beim Fluchten. Im Foto ist der Beitel leicht verrutscht. Wichtig bei dieser Methode ist, den Spiegel des Beitels zu mir zu drehen.



Nach dem ersten Stich sieht das so aus:



Danach wird der Beitel mit kleinen Schritten weiter gearbeitet.



Am Ende angekommen, wird der Beitel gedreht, Fase zu mir. Allerdings bleibt wieder ein Reststück stehen.



Die Späne werden mit dem Beitel ausgehebelt, indem die Schneide über den Lochboden zu mir geführt wird.



Anschließend wird eine Lage nach der anderen abgestochen bis die Endtiefe erreicht ist. Ich nehm meinen Messchieber, er hat eine Tiefenmessfunktion und führe ihn über den ganzen Bodenbereich. Notfalls wird nachgebessert. Einen Millimeter Luft lass ich, damit der überschüssige Leim sich darin sammeln kann.

Die stehen gelassenen Reststücke steche ich senkrecht ab. Hier sieht man sehr gut, dass ich nicht genug hab stehen lassen. Da ich die Schulter abgesetzt hab wird's später nicht sichtbar sein.



Die Wände stech ich mit einem breiten Stechbeitel nach, bis sie senkrecht sind. Oft hält man den Lochbeitel ein wenig schräg, dann kommt's zu einem konischen Zapfenloch, ist meines Erachtens aber nicht dramatisch. Aussehen sollte das Zapfenloch im Idealfall so:



Bevor ich mir den Luxus vom Kombinationswinkel geleistet hab, behalf ich mir mit einem selbst gemachten kleinen T-Winkel mit 2 verschiedenen Längen, so konnte ich die Senkrechte der Wände kontrollieren. Das eingeführte Teil muss halt dünner sein als das Zapfenloch breit. Zum Lochboden, ich versuche im Ansatz eine Ebene zu erreichen mit je nach Bedarf leichten oder festeren Schlägen bei der letzten abgehobenen Lage, schrupp den Beitel ordentlich durch und gut ist.

Gruß und noch einen schönen Abend,

Marc




aha!

Verfasst: Di 7. Nov 2006, 21:21
von Friedrich Kollenrott

Hallo Marc,

so also, kein Pigsticker. Schöne Arbeit, schöne Fotos. Und die abgebildeten kleinen Unperfektionen sind auch tröstlich, dafür besonderen Dank!

Fragen zum Vorgang (kurz, weil ich heute abend nicht länger mag):

a) Womit klopfst Du?

b) Was tust Du, damit Du mit dem Locheisen senkrecht runterkommst? (Du weißt ja, hinterher messen ist gut, vorher gerade stechen ist besser) Ich lege einen kleinen Spiegel vor das Eisen, zumindestens bis zu einer Tiefe von ungefähr 20 mm oder auch etwas mehr, anschließend führt das vorhandene Loch.

c) wie konisch wird das Zapfenloch bei Dir? (Bei mir: Ein 40mm tiefes Loch knapp einen halben mm, entsteht wahrscheinlich durch das Schaben des Eisens an den Lochflanken)

d) musst Du den Zapfen hinterher an diese konische Lochform und / oder ggf. eine leichte Schieflage des Zapfenloches anpassen, und wie machst Du das?

Musst Du nicht alles sofort ausführlich beantworten, wart mal, was sonst noch so kommt. Ich wünsche einen schönen Abend!

Friedrich




oh, ich übersah-

Verfasst: Di 7. Nov 2006, 21:24
von Friedrich Kollenrott

dass Du schon zeigst, wie Du das Eisen gerade hältst, mit dem daneben gestellten Winkel. Tschuldigung! Friedrich



Re: Zapfenloch mit Handwerkzeugen

Verfasst: Mi 8. Nov 2006, 23:22
von Waldemar Leibel
[In Antwort auf #113588]
Hallo Marc,
mal wieder ein riesen Dankeschön für den tollen Beitrag. Gerade für mich als Anfänger sind solche Anleitungen samt Bilder goldwert.

Eine Sache beschäftigt mich noch. Ich hatte mir gleich zu Anfang meiner "Holzwerkerkarriere" das Beitelset von Kirschen in geschliffener Version beim Hausherrn zugelegt. Lochbeitel sind bisher zur Sammlung (noch) nicht dazugekommen.

Was kann denn der Lochbeitel besser oder anders gegenüber dem Steckbeitel? Oder anders gefragt...ist der Stechbeitel für das Ausarbeiten des Zapfenloches sogar das falsche Werkzeug? Sorry, wenn ich mit solchen Anfängerfragen aufwarte, aber dazu konnte ich bisher nicht finden.

Danke
Waldemar




Re: Zapfenloch mit Handwerkzeugen

Verfasst: Do 9. Nov 2006, 09:41
von Gero Meyhoefer

Hallo Waldemar,

der Stechbeitel hat ja angefaste Flanken, mit diesen kann man beim Ausarbeiten des Zapfenloches schnell im Holz verkanten und/oder steckenbleiben. Der Lochbeitel mit seinen rechtwinklig zur Spiegelfläche ausgearbeiteten Flanken ist hier weniger problematisch.

Korrigiert mich, wenn ich das falsch verstanden habe.

Beste Grüße

Gero




so isses! *MIT BILD*

Verfasst: Do 9. Nov 2006, 10:32
von Friedrich Kollenrott

und ausserdem ist ein Lochbeitel viel dicker und steifer, da kann man kräftiger draufhauen und die Schläge kommen viel direkter zum Holz durch. Der Unterschied ist eindrucksvoll.

Das Bild unten ist ein 12er Lochbeitel.

Aber: Das heißt nun nicht, dass man nicht auch mit ganz normalen "leichten" Stecheisen Zapfenlöcher stemmen könnte. Hab ich jahrelang gemacht, dann habe ich mir den Luxus spezieller Eisen geleistet. Waldemar, Du machst nichts falsch, wenn Du mit den Eisen anfängst, die Du hast!

Friedrich




Re: so isses!

Verfasst: Do 9. Nov 2006, 12:40
von Waldemar Leibel
[In Antwort auf #113632]
Danke euch zwei für die Erklärung!

...und auf die nächste Bestellung kommt dann nun doch ein ensprechender Lochbeitel.

Friedrich, irre ich mich, oder ist das ein "riesen" Spass den Lochbeitel auf Schleifsteinen abzurichten? Für die Neuanschaffung hoffe ich mal, dass die Spiegelseite relativ plan ist.

Gruß
Waldemar




Lochbeitel - Stecheisen

Verfasst: Do 9. Nov 2006, 14:26
von Philipp

Hallo Waldemar,

Friedrich hat's ja schon gesagt. Was ich bei den "Lochbeitelern" allerdings nicht verstehe, ist, weshalb die die Zapfenlöcher nicht vorher so weit es geht ausbohren. Dann braucht's nämlich kaum einen Lochbeitel mehr, sondern es reichen i.d.R. Stechbeitel zum ausstechen der Brücken zwischen den Löchern und er Ecken.

Gruß, Philipp



Re: aha!

Verfasst: Do 9. Nov 2006, 14:39
von Marc Waldbillig
[In Antwort auf #113593]
Hallo Friedrich,

Der Pigsticker ist unterwegs, seit Wochen schon ist er über dem Kanal mit dem Tretboot unendlich bemüht zum Kontinent zu schwimmen.

Ernsthaft zu deinen Fragen jetzt:

Ich klopfe die westlichen Eisen mit einem Ulmia vor Insolvenz Klüpfel (mallet)

Nein, ich stell keinen Tischlerwinkel hin, er würd eh nach dem ersten Schlag umfallen. Kirby empfiehlt ein Brettchen an die Seite des Werkstücks zu zwingen. Ich mach keins von beiden, sondern versuche mich vernünftig hinzustellen und den Beitel senkrecht zu halten.

In der Regel komm ich mit deinen Erfahrungswerten hin. Die Übung macht hier den Meister.

Ich passe den Zapfen nur an die senkrechten Maße an, will sagen, ich würd nie einen Zapfen schräg ansägen oder hobeln, damit er zum Loch passt. Da bin ich stur.

Gruß, Marc




Lochbeitel *MIT BILD*

Verfasst: Do 9. Nov 2006, 15:00
von Marc Waldbillig
[In Antwort auf #113625]
Hallo Waldemar,

Was der Lochbeitel besser kann? Nun, zuerst ist er schneller, weil er ein dickeres Eisen hat. Gegenüber einem normalen Eisen sticht er 2 bis 3mal soviel Holz weg. Dann wie schon vorher erwähnt, helfen die Seitenwangen des Eisens den Beitel auf Kurs zu halten. Deshalb ist ein ovalförmiger oder wie der von Friedrich abgeflachte Griff ergonomisch dem runden vorzuziehen. Ein solcher Griff gibt nochmals mehr Stabilität. Durch die gefasten Kanten des Bankbeitels bietet der keinen Halt und die Arbeit ist ein wenig aufwendiger.

Ein weiterer Unterschied besteht im Anschliffwinkel. Meine japanischen Stechbeitel kamen mit einer 25° Fase, der japanische Lochbeitel mit 35°. Du kannst also damit rechnen, dass deine Bankeisen schneller ausbrechen, falls sie einen flachen Winkel haben. Eine Mikrofase, die das Ganze auf 35° anhebt wär bei Hartholz schon anzuraten. Nimmst du die Bankeisen um ohne Hammer oder Klüpfel abzustechen, dann wären 25° wieder besser. Du siehst, es gibt schon Gründe, sich 2 Sätze anzuschaffen, allerdings zwingend ist es nicht.

Im Bild rechts die japanische Ausführung: Ganz rechts das normale Schreiner-Stecheisen und links daneben der Lochbeitel in identischer Größe. Das normale Eisen ist weitaus filigraner gearbeitet.

Auf der westlichen Seite ein neues LN-Eisen (da hab ich noch nicht viel Erfahrung) und mittig in dieser Gruppe das Eisen, das ich bisher beansprucht habe, ein Robert Sorby Eisen, durchwegs eine gute Qualität. Ganz links ein westlicher Stechbeitel, zum Vergleich, noch nie benutzt, weil der Griff mich stört und das Ding nicht in meine Hand will.

Der Querschnitt ist auch noch ein Punkt. Die meisten Lochbeitel haben heute wohl einen trapezförmigen Querschnitt, die wenigsten einen rechteckigen. Es ist Gewöhnungssache, denk ich.

Gruß, Marc