Grathobel *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Michael Formanek
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Grathobel *MIT BILD*

Beitrag von Michael Formanek »


Hallo alle Zusammen.

Ich hab einen alten Grathobel ersteigert (wurde zwar als Falzhobel angeboten, stört aber nicht weiter).
Auf dem Eisen habe ich nach der vorsichtigen Entfernung einer stellenweise sehr dicken Rostschicht die Beschriftung: (Joh) WEISS SOHN

D FLIR WERTHEIM
gefunden.

Auf dem Vorschneider war, wie auf dem Bild zu sehen, die Schraubzwinge und der Doppeladler (wenn man weiß, dass es einer sein muss, dann sieht man es). Jetzt würde mich nur interssieren, ob jemand weiß wie alt das Teil denn ungefähr ist.

Danke und Gruß aus Wien

Michael



Wolfgang Jordan
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Re: Grathobel

Beitrag von Wolfgang Jordan »


Hallo Michael,

die Firma D. Flir (vorm. Franz Wertheim) wurde von Joh. Weiss im Jahr 1911 übernommen, also wurde dein Hobel sicher nach dieser Zeit gebaut. Genauere Erkenntnisse über die zeitliche Abhängigkeit der Weiss'schen Hobel und Warenzeichen habe ich derzeit nicht. Nachdem alte Weiss-Kataloge in letzter Zeit offensichtlich völlig überirdische Preise erzielen und auch Dick gutes Geld dafür haben will, wird sich das wohl nicht so bald ändern.

Ist auf dem Grathobel auch ein Stempel oder nur auf den Eisen? Mir gefallen diese österreichischen Hobel sehr gut mit ihren aufwendigen Holzanschlägen und Holzgewinden. Im Gegensatz zu anderen Firmen hatte Weiss wohl nicht unter einer Knappheit an Weißbuche zu leiden.

Gruß, Wolfgang



Michael Formanek
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Re: Grathobel

Beitrag von Michael Formanek »


Hallo Wolfgang,

danke für die Antwort. Auf dem Hobel ist leider nur ein, kaum mehr sichtbarer, Stempel auf der Stirnseite. Es sind nicht mal einzelne Buchstaben zu entziffern.

Was mich noch interessieren würde ist, ob die Hobel unbehandelt (kein Oberflächenschutz) verkauft wurden. Ich frage vor allem deshalb, weil alle Hobel (Falz-, Nut-, Grathobel etc.) dunkelbraun sind. Ist das, wie ich bei meinem Hobel annehme, auf die jahrzehnte lange Benützung zurückzuführen, oder hatte die schon immer einen braunen Überzug.

Danke

Gruß Michael


Wolfgang Jordan
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Re: Grathobel

Beitrag von Wolfgang Jordan »


Hallo Michael,

ich denke, daß die alten Hobel mehr oder weniger unbehandelt waren. Das geht auch aus dem Artikel in unten stehendem Link hervor. Die Laupheimer Werkzeugfabrik hat dann in den Zwanziger Jahren damit angefangen, ihre Hobel mit einer Schutzpolitur zu versehen und sogar eine Marke ('Schupo') daraus zu machen. Bei Baldauf hieß das 'Gepo' (geölt, poliert). Leider hat man irgendwann mit dem Lackieren der Hobel angefangen, und seitdem sind die Hobel nicht mehr so schön, finde ich.

Gruß, Wolfgang



Michael Formanek
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Re: Grathobel

Beitrag von Michael Formanek »


Hallo Wolfgang,

ich finde die lackieren Hobel auch nicht so schön. Mir gefallen vor allem Holzhobel die schon abgegriffen sind und denen man ansieht, dass damit gearbeitet wurde.
Zum Glück gibt es im Netz immer wieder Leute die "Dachbodenfunde" als Trödel verkaufen. Das führt mich gleich zu einer weiteren Frage:

Ich habe heute eine Rauhbank bekommen mit einem Eisen von Peugeot Freres. Hab schon ein wenig auf deiner Internetseite geschmökert (leider kann ich nicht Französisch).

Meine Frage zielt eigentlich nur auf das verwendete Holz ab. Die Rauhbank ist leider braun gestrichen und ich kann daher die Hirnholzseiten nicht sehen. Es ist nur Stellenweise an der Seite das Holz zu sehen. Ich bin mir daher nicht sicher ob ich die Holzart richtig erkannt habe. Meiner Meinung nach wäre es Nussholz, was für Frankreich ja nicht ungewöhnlich wäre. Die Frage ist nur, ob das auch für Hobel verwendet wurde.

Fals es dich interessiert noch ein Paar Infos zum Hobel selbst [wenn nicht einfach drüberlesen ;-)]

Es ist eine 47,5cm lange Rauhbank (hat an der Strinseite 48 eingestanzt, hat das mit der Länge zu tun oder doch eher mit der Hobeleisenbreite?) mit einem 46,5 mm breiten Eisen mit Klappe (Stanzung: PEUGEOT FRERES / der Löwe auf dem Pfeil / A GARANTIE --> sieht man unten http://hw.roesch.de/ ). Der Hobelkörper ist braun gestrichen der Griff in Sandfarben. Der Griff dürfte eingezapft sein und an der Vorderseite ist er mit einer Schraube fixiert.
Das Hobeleisen liegt in einem 48°-Winkel im Hobelkörper. Das Teil wiegt ca. 2,15 Kg und liegt recht gut in der Hand.

Gruß Michael

Ps.: Wie beseitigst oder minimierst du den Rost an den Eisen?



martin

Schupo

Beitrag von martin »


Hallo,
wo das Stichwort "Schupo" fällt, ich habe hier einen kleinen Schrupphobel, auf dessen Rückseite "33" und "Schupo" eingeschlagen ist.
Was mich hier wundert, ist, daß auf dem Eisen unter einer 33 das Logo von J.P.Arns gemeinsam mit dem Logo der Laupheimer Werkzeugfabrig eingestanzt ist.
Schön zu erfahren, daß es sich nicht um einen Schutzpolizeihobel, sondern um einen Hobel mit
Schutzpolitur handelt ;-)
Gruß
Martin



Andreas Winkler
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Doppeladler

Beitrag von Andreas Winkler »

[In Antwort auf #110616]
Hallo Michael,

der Doppeladler könnte einen zur Vermutung bringen, daß Dein Hobel vor 1918 oder zwischen 1934 und 1938 hergestellt wurde. Zu dieser Zeit war der Doppeladler auch österreichisches Wappentier.

Gruß, Andreas



Andreas Winkler
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Re: Grathobel

Beitrag von Andreas Winkler »

[In Antwort auf #110619]
Hallo Michael & Wolfgang,

ich denke, daß die meisten Hobel, sofern sie nicht schon ab Werk behandelt wurden, von ihren Besitzern eingeölt wurden. Im täglischen Umgang in einer Schreinerei hat man schnell mal Leim oder Farbe o.ä. an den Fingern. Faßt man dann einen Hobel an, der nicht behandelt ist, kriegt man derlei Flecken nur schwierig wieder weg.
Aus dem gleichen Grund sin m.E. auch Hobelbänke behandelt.

Gruß, Andreas


Wolfgang Jordan
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Re: Grathobel

Beitrag von Wolfgang Jordan »

[In Antwort auf #110621]
Hallo Michael,

mit Holzarten kenne ich mich nicht gut aus. Nach dem, was ich so gehört habe, waren Speierling (cormier) oder Steineiche (chêne-vert) gern benutzte Hölzer für den Hobelbau in Frankreich. Ob Nußbaum auch dazugehört, kann ich nicht sagen.

Die '48' bezieht sich auf die Eisenbreite.

Ein so stark verrostetes Eisen würde ich mit Elektrolyse reinigen. Anschließend gut trocknen und einölen. Bei leichtem Rost tut es sicher auch Stahlwolle mit Terpentinersatz.

Gruß, Wolfgang



Wolfgang Jordan
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Re: Schupo

Beitrag von Wolfgang Jordan »

[In Antwort auf #110625]
Hallo Martin,

ich habe auch einen Schupo-Hobel, einen Zahnhobel. Bei meinem ist das Laupheimer Logo zusammen mit dem von Jacob Busch auf dem Eisen zu sehen. Auf der Seite im Link unten habe ich einiges zu Steiner-Hobeln geschrieben. Da steht auch, daß Arns, Busch und Goldenberg zu den Lieferanten der Eisen gehören. Das paßt ja dann ganz gut zu unseren Hobeln.

Zur Schutzpolitur ist in einem Katalog von 1937 zu lesen:
'Polierten Werkzeugen wird heute selbstverständlich überall der Vorzug gegeben, nachdem der Preisunterschied durch die von der Laupheimer Werkzeugfabrik zuerst erfolgte Herstellung und Einführung der Original Schupo-Politur ganz gering geworden ist und kaum noch ins Gewicht fällt. Das gesetzlich geschützte Wort "Schupo" ist die Abkürzung von Schutzpolitur.

Diese Bezeichnung ist im Laufe der Jahre zu einem Merkmal für Qualität geworden. Rohe, ungeschützte Holzwerkzeuge werden selbst bei sorgfältigster Lagerung schon in den Gestellen des Händlers unansehnlich, durch häufiges Anfassen grau und schmutzig und neigen wie alles Holz bei geringen Temperaturveränderungen zum Reißen und Verziehen. Die Original Schupo-Politur ist ein wirksamer Schutz dagegen.

Die Widerstandsfähigkeit des Holzes wird durch die porenfüllende Bearbeitung der Oberfläche und die sorgfältig aufgetragene Politur erhöht, das Holz ist imprägniert und gegen Aufnahme von Schmutz und Feuchtigkeit präserviert.

Alle Hobel werden für einen geringen Mehrpreis mit der Original-Schupo-Schutzpolitur versehen.'

Ich hatte diese Politur eigentlich so verstanden, daß die Hobel geölt wurden. Mein Zahnhobel sieht aber lackiert aus und damit schon ziemlich modern.

Gruß, Wolfgang



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