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Haarwinkel als Tischlerwerkzeug *MIT BILD*

Verfasst: Di 17. Jan 2006, 20:03
von Friedrich Kollenrott

Ich habe eine interessante Beobachtung gemacht.

Ich stelle die Rechtwinkligkeit von Holzteilen ausschließlich mit der Raubank her. Also: Eisen mit bogenförmiger Schneide. Mit Anschlagwinkel prüfen, gezielt an einer Seite abhobel, wieder prüfen usw. Inzwischen bin ich dabei schnell und genau, glaube ich.

Bei Teilen mit kleinem Querschnitt wird das Prüfen mit dem Winkel mühsam, weil die Schenkel des Winkels länger sind als das Teil hoch ist, man kann es also nicht auf der Hobelbank liegend prüfen sondern muss es ggf. ausspannen, hochnehmen, mit dem Winkel vors Licht halten usw. Mein kleinster Winkel hat eine Länge der Zunge von 50 mm. Einen kleineren konnte ich nicht finden, abschneiden wollte ich ihn auch nicht, er tat mir leid.

Also habe ich mir aus den Tiefen des Internets einen winzigen Haarwinkel besorgt. 40 x 50 mm, das sind aber die Außenmaße. Der Schenkel mit den Haarkanten ist gegenüber dem Anschlag nur 37 mm lang.

Ich habe ihn ausprobiert. Überraschung: Die angefaste geschliffene Kante wirkt offenbar wie ein Lichtsammler, Abweichungen vom rechten Winkel erscheinen viel, viel deutlicher als mit einem Winkel, dessen Zunge aus einem Blechstreifen mit rechteckigem Querschnitt besteht. Ein wirklich krasser Unterschied!

Damit kein Mißverständnis entsteht: Die Genauigkeit eines solchen Winkels ist im Holzbereich wirklich nicht nötig, das weiss ich. Aber das, was man sehen will, ist wirklich viel deutlicher zu erkennen.

Ich empfehle gelegentliches Ausprobieren (das Teil ist nicht kostspielig!).

Bild unten: beide besprochenen Winkel auf einer Leiste 30 x 40 mm

Friedrich




Re: Haarwinkel als Tischlerwerkzeug

Verfasst: Di 17. Jan 2006, 22:12
von Marc Waldbillig

Hallo Friedrich,

Mir zaubert eine rechtwinklige Kante am Brett immer noch ein kleines zufriedenes Lächeln ins Gesicht. Würd ich mir jetzt so einen Winkel zulegen, nein, .... ich glaub nicht. Das Lächeln vergrößert sich zu einem Grinsen, falls der Winkel ohne Schattenfuge, die ganze Kantlänge hinaufwandert. Die Freude will ich mir nicht nehmen lassen. Aber jetz mal im Ernst, wie könntest du eine Unebenheit, wie sie auf dem Foto zu erkennen ist, ausbügeln? Würde ein Handhobel das können?

Noch was anderes: Wie groß ist der Bogen an deinem Raubankeisen? Ich hatte bisher eine gerade Schneide an der Raubank und denke über eine Rundung nach, also nur die Ecken gerundet.

Und: Was bringt eine bogenförmige Schneide an der Raubank? Ich muss dazu ergänzen, dass ich eine #6 (Metallkurzraubank) habe und die mit solch einer bogenförmigen Schneide versehen habe. Ich nehme sie zum Fügen und zum Schlichten. Den Radius kann ich nicht angeben, aber von der Ecke bis zur Mitte gibt's einen Millimeter Differenz. Es könnte also sein, dass wir das gleiche Ziel hier verfolgen. Nämlich mit der Mitte des Eisens rechtwinklig abzunehmen, mit der linken Seite mehr an der rechten Kante und mit der rechten Seite mehr an der linken Brettkante. Ist das so?

Gruß, Marc




Re: Haarwinkel als Tischlerwerkzeug

Verfasst: Di 17. Jan 2006, 22:35
von Friedrich Kollenrott

Hallo Marc,

ja, genauso ist das: mit einer bogenförmigen Schneide nimmt man bei mittiger Position der Raubank (auf einer Brettkante, die z.B. eine Leimfuge werden soll) einen gleichmäßig dicken Span ab. Schiebt man sie nach links, dann nimmt man links mehr ab, und nach rechts entsprechend.

Wieviel Korrektur am Eisen? Ich weiss es nicht, man sieht es dem Eisen eigentlich nicht an. Bei einer Flachwinkelraubank müsste die Rücknahme der Ecken etwa das fünffache der Spandicke (die bei genauer Arbeit sicher nicht mehr als, sagen wir mal, 5 Hundertstel mm beträgt) sein, bei einem Hobel mit 45°- Bett das Anderthalbfache.

Ob man die auf dem Bild zu ahnende Abweichung von der Rechtwinkligkeit so beseitigen kann? Aber sicher, und auch noch viel kleinere. (Zumal mit der neuen Raubank. Ein Genuss, sage ich Dir!)Man kann es ohne Probleme deutlich weiter treiben als es eigentlich sinnvoll ist.

Aber nochmal: Es geht gar nicht darum, noch genauer zu werden. Es geht einfach darum, dass man viel besser sehen kann, ob eine Abweichung da ist. Man hat ja nicht immer bestes Licht, und besser werden die Augen auch nicht. Da kommst Du auch noch hin.

Irgendwann machen wir mal Vergleichshobeln, ja? Du mit Deinem #8, ich mit dem BUJ. Hinterher einen Rotwein, den suchst Du aus.

Friedrich




Re: Haarwinkel als Tischlerwerkzeug

Verfasst: Mi 18. Jan 2006, 09:29
von Philipp
[In Antwort auf #110516]
Hallo Friedrich,

danke für diese Info! So ein Haarwinkel klingt nach "haben will!". Wie du aber selber schreibst: die erzielbare Genauigkeit ist im Holzbau wohl eher unnötig.
Bei meinem "Reklamationsfall" bzgl. eines Hobels von Veritas (dazu an anderer Stelle mehr) habe ich mal wieder gelernt, wie stark man Lichtspalte überschätzt (bzw. wie genau die Lichtspaltmethode ist). Ist man sich darüber nicht im Klaren, hobelt man eine Kante vielleicht Tage, bis man so weit ist, daß der Spalt überall komplett geschlossen ist (zumindest ginge es mir so).

Könntest du die "Tiefen des Weltnetzes" in diesem Falle noch ein bißchen ausleuchten?

Danke und Gruß
Philipp



Re: Haarwinkel als Tischlerwerkzeug

Verfasst: Mi 18. Jan 2006, 14:47
von Jürgen z.H.
[In Antwort auf #110516]
Ich habe ein Präzionshaarlineal -keinen Winkel- mit dem kann man nach Herstellerangaben auf Flächen Unebenheiten im Bereich von wenigen tausendstel Millimentern sichtbar machen. Das verwende ich natürlich bei Metallarbeiten. Ich nutze das Lineal aber zur Kontrolle bei Maschinentischen oder Hobelsohlen.

Das ist ein schicker Winkel, den du da aufgetan hast. Ich kippe meinen Winkel immer um den Haarwinkeleffekt mit der Kante zu erzeugen. Mit deiner Erwerbung geht es natürlich besser. Kannst Du den Preis ungefähr angeben? Mein Haarlineal war sehr teuer.

Tschüß Jürgen



Re: Haarwinkel als Tischlerwerkzeug

Verfasst: Mi 18. Jan 2006, 15:09
von Dirk Boehmer

Hallo,

in einem Katalog habe ich sowas fuer 20,- Euro gefunden.
Schenkellaenge 50x40mm, Querschnitt 14x4mm, Praezisionshaarwinkel
DIN 875/00, Form C, aus gehaertetem rostfreiem Stahl, Hochkanten und
Haarmesskanten fein geschliffen und geläppt, flache Ausfüehrung.

Katalog siehe Link.

--
Dirk




Re: Haarwinkel als Tischlerwerkzeug

Verfasst: Mi 18. Jan 2006, 15:45
von uli schiekofer
[In Antwort auf #110516]
hallo,
wunderbare hobelarbeit. aber ich glaube, wenn ich mir so einen winkel zulegen wuerde, wuerde ich dauernd laut schreiend in meiner werkstatt herumhuepfen* weil ich, bis es endlich wirklích so rechtwinklig und eben ist wie das von dir gezeigte werkstueck, es hobeln muesste bis nichts mehr davon uebrig ist. und dann ist es letztendlich absolut rechtwinklig ;-().
*oder auch vielleicht ein bisschen den kopf an die wand donnern? oder wenigstens auf die werkbank schlagen?
aber ich habe seit mehreren jahren den kleinen winkel von starrett, den es jetzt auch beim hausherrn gibt. da kann man die zungenlaenge durch verschieben anpassen, und muss deshalb auch bei kleinen werkstuecken nicht dauernd ausspannen. und wenn man ihn schraeg auflegt ist auch der lichtspalt ganz gut. und genauer moechte (eigentlich sollte ich sagen kann aber das tue ich nur in frustrierten momenten an der werkbank) ich es nicht haben. siehe oben.
herzliche gruesse
uli



Re: Haarwinkel als Tischlerwerkzeug

Verfasst: Mi 18. Jan 2006, 16:36
von Jürgen z.H.

Den kannte ich noch nicht. Danke!

Jürgen



Re: Haarwinkel als Tischlerwerkzeug

Verfasst: Mi 18. Jan 2006, 16:37
von Edi Kottmair
[In Antwort auf #110526]
Habe die Ehre,

den gibt es auch bei Dick, Genauigkeitsklasse 00, ca. 20 Euro.

Viele Grüße von
Edi



Re: Haarwinkel als Tischlerwerkzeug

Verfasst: Mi 18. Jan 2006, 21:08
von Marc Waldbillig
[In Antwort auf #110520]
Hallo Friedrich,

Ja, das wär was, einmal zusammen hobeln und den Elektronen hier im Netz entfliehen. Den Roten hätt ich schon im Keller liegen.

Die bogenförmige Schneide an der Raubank hab ich noch nicht. Ich denke, wenn ich zwei Bretter zum Leimen füge, dann wäre eine breite gerade Schneide doch von Vorteil, zumal wenn die Brettkanten breiter sind und fast die ganze Schneide aufliegt. Ich hab mir allerdings erst eben deine Schneide angeschaut, der Bogen ist wirklich gering.

Dass ich das nicht hinbekommen könnt, so eine Genauigkeit beim Hobeln, ist mir gestern Abend aufgefallen. Die Raubank hat immer erst einen Span abgenommen, als die Spitze der Sohle über das Brettende war. Die Sohle war krumm. Die vom #4 1/2 ebenso. Arbeitet Sphäroguss nach? Ich war in dem Glauben, einmal plan, immer plan.

Gruß, Marc