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Qualtät von eisernen (Edel) Hobeln

Verfasst: Do 29. Dez 2005, 13:02
von Friedrich Kollenrott

aus gegebenem Anlass......

Wir haben im Forum schon einige Diskussionen hinter uns, was die Qualität von Hobeln angeht. Während es bei den billigeren eher um die konzeptionell schlechte Qualität (Entfeinerung bis zur Funktionsunfähigkeit) geht, kommen auch bei den teureren immerhin Ausreißer vor. Und zwar mehr, als man vermuten sollte.

Ich will mal aus aktuellem Anlass zusammenschreiben, was ich bei meinen Edelhobeln aus der Neuen Welt im Laufe der letzten drei bis vier Jahre so erlebt habe. Ich muss dazu erläutern: Ich habe immer das selbst importiert, was zum jeweiligen Zeitpunkt in DL selbst noch nicht angeboten wurde, eigentlich bevorzuge ich hiesige Händler! Und: Ich glaube, eigentlich bin ich kein pingeliger (kleinlicher) Mensch.

Lie- Nielsen: großer Simshobel (073), Eigenimport
Mängel: keine

Lie- Nielsen: Bestoßhobel #9, Eigenimport
Mängel:
-Bronzestück, das den hinteren Knopf hält, deutlich schief gefräst, dadurch Knopf schief am Hobel.
Abhilfe:
Selbst nachgefeilt
-Schnitthaltigkeit des Eisens katastrophal schlecht
Abhilfe:
Bei LN reklamiert, wurde sofort ersetzt
-Neues Eisen sehr krumm
Abhilfe:
2 ½ Stunden plangeschliffen

Lie- Nielsen: Flachwinkel- Raubank, Eigenimport
Mängel: keine

Lie- Nielsen: Ersatzeisen für Raubank 7 ½, Eigenimport
Mängel: keine

Lie-Nielsen: A2- Ersatzeisen für Raubank Stanley #8, Eigenimport
Mängel:
Deutlich krumm
Abhilfe: Ich werd versuchen, es zu richten

Veritas: Low angle Smoother, Eigenimport
Mängel:
-Schiebeplatte zur Maulverstellung ungefähr 1mm schief (Hobelmaul ungleich breit)
Abhilfe: selbst nachgefeilt
-Griff sehr schlecht verarbeitet (seitlich teilweise sägerau)
Abhilfe: Selbst nachgeschliffen

Veritas: medium shoulder plane, Eigenimport
Mängel: keine

Veritas: low angle Block plane, Eigenimport
Mängel: keine

Veritas: bevel up jointer, Eigenimport
Mängel: keine

Veritas: Schrupphobel (von: Feinewerkzeuge)
Mängel:
Griff wacklig und schlecht gebohrt, Festziehen nicht möglich
Abhilfe: Telefonat mit Frau Dunken, Ersatzteil wurde zugesagt

Schlussfolgerung: Die „Edelschmieden“ fräsen zwar heute mit modernen NC- Maschinen, sind aber offenbar immer noch manufakturartige Betriebe ohne eine nach industriellen Maßstäben organisierte Qualitätssicherung. Damit kann man leben. Man muss aber als Anwender mit Problemen rechnen. Da hat man es natürlich einfacher, wenn der Verkäufer postalisch einen Tag entfernt ist (anstatt 6 Wochen auf dem Seeweg oder teure Luftfracht). Eigenimporte lohnen sich eigentlich auch kaum oder gar nicht, wenn man die Teile hier bekommen kann. Allerdings gibt es ja auch hierzulande sehr unterschiedlich kalkulierende Händler, aber das weiss jeder, oder?

Friedrich




Re: Qualtät von eisernen (Edel) Hobeln

Verfasst: Do 29. Dez 2005, 13:27
von Christian Aufreiter

Mahlzeit, Friedrich,

danke für diesen interessanten Erfahrungsbericht.

Schlussfolgerung: Die „Edelschmieden“ fräsen zwar heute mit modernen NC- Maschinen, sind aber offenbar immer noch manufakturartige Betriebe ohne eine nach industriellen Maßstäben organisierte Qualitätssicherung.


Meiner Ansicht nach sollte in diesen Firmen dennoch - oder gerade deshalb (weil es sich um "manufakturartige Betriebe" handelt) - eine sorgfältige Endkontrolle möglich sein. Einige der Mängel, die du geschildert hast (z. B. den wackligen Griff und den schiefen Knopf), hätte ein geschultes Auge doch auf Anhieb erkennen müssen. Mit den Herstellungsprozessen bei LN und LV bin ich nicht vertraut und mir ist bewusst, dass es ein relativ kostenintensives Unterfangen ist, jeden einzelnen Hobel kurz von einem versierten Mitarbeiter testen zu lassen. Aber letztlich meine ich, dass diese Art von Kontrolle zweckmäßiger und, sofern sie gut ausgeführt wird, effizienter ist als auf 1/1000 mm genaues Nachmessen und sonstiger technischer Firlefanz.

Herzliche Grüße

Christian




Re: Qualtät von eisernen (Edel) Hobeln

Verfasst: Do 29. Dez 2005, 14:25
von Marc Waldbillig

Hallo Friedrich,

Ich hab jetzt nicht schlecht gestaunt, als ich deinen Beitrag gelesen hab. Ich hab nämlich bis jetzt gedacht, LN hätte eine sehr gute Qualitätskontrolle. Das hab ich auch so schon gelesen bei G. Hack (The Hanplane Book). Bei der Menge, die ich bis jetzt bestellt habe, deutlich über ein Dutzend, fiel mir zunächst nichts ein und dann doch: Es gab einmal einen Kratzer auf einem Holzknopf, er wurde anstandslos ersetzt. Und dann ... ja, da fällt mir nichts mehr ein! Doch ich hab mal meinen 60 1/2 vom Balkon geschmissen, war gerade bei der Anpassung der Gehrung am Geländerhandlauf und mir wurde kostenlos eine Festellschraube geschickt. Gehört also nicht hierher.

Deshalb bin ich vielleicht ein so glücklicher und treuer Kunde der Marke. Über Veritas möchte ich nicht schreiben, ich hab nur einen Blockhobel, auch der funktioniert problemlos.

Und ja, ich bin ein pingeliger Kunde, aber das wisst ihr.

Gruß, Marc




Re: Qualtät von eisernen (Edel) Hobeln

Verfasst: Do 29. Dez 2005, 14:36
von Bernhard
[In Antwort auf #110107]
Hallo Friedrich,

vielen Dank für Deine Aufstellung. Sie gibt auch eine schöne Übersicht über Deine Hobel. Erschreckend ist allerdings die Mängelliste. Insbesondere, da es sich um echte Edelwerkzeuge handelt und da sollten diese Fehler gar nicht auftreten. Bekannterweise bin ich erst Anfänger im Handhobeln, habe allerdings auch schon einige unangenehme Erfahrungen machen müssen. Zugegebernermaßen wären mir einige dieser Fehler ohne das Forum erst gar nicht aufgefallen.

Z.B. Griffe bei Clifton #4 und #5. Nur mit einer Schraube befestigt. Resultat nicht gekauft, sonder die #4 1/2 und #5 1/2 die mit zwei Schrauben befestigt sind. Das sind ordentlich verarbeitete Hobel im Gegensatz zu Clifton #7. Sohle war ungerade, in Eigenarbeit auf dem Bandschleifer und in Handarbeit gerichtet. Zeit ca. 60 Minuten. Meine LN Blockplane, #4 Bronze, Low Angle Jack, Schrupphobel, Veritas Blockplane, Clifton 3110 und Veritas #4 1/2 waren in Ordnung.

Für mich ergibt sich jetzt folgendes Fazit, man muß die Hobel kontrollieren. Da insbesondere in den amerikanischen Foren immer öfter von tuning gesprochen wird, scheinen "kleine" Fehler doch recht häufig vorzukommen.

Allerdings kann man auch in allen Foren von einer vorbildlichen Reklamationshaltung sowohl von LV, LN als auch Clifton lesen. In England schaltete sich Rob Lee direkt im Forum ein.

Wenn Christian von einer versagenden Endkontrolle spricht, trifft er den Nagel auf dem Kopf. Ok, zuerst kostet Sie - aber wenn sie funktioniert, erspart sie Rückporto, Nacharbeit und Ersatz. Last but not least, der Ruf wird auch nicht in Mitleidenschaft gezogen. Als Beispiel darf Porsche dienen. Durch funktionierende Endkontrolle wurde in den 90er die Wende geschafft.

Generell kaufe ich auch lieber bei einem ortsansässigen Händler, bei dem man die Ware auch noch besichten kann. Doch es ist eine alte Jacke, daß diese Händler immer weniger werden und durch Internethändler ersetzt werden. Und jetzt spielt es für mich keine Rolle, ob der Hobel per Post aus München, Berlin, Wien, New York oder Moskau kommt. Bei Preisunterschieden bis zu 30 % kann ich nicht lange überlegen, denn wer jemals ein Hobelsortiment erstanden hat, weiß genau, andere kaufen dafür einen Kleinwagen.

Gruß
Bernhard




Das ist Kundendienst! Bsp. Lee Valley

Verfasst: Do 29. Dez 2005, 15:09
von Philipp

Hallo Friedrich und andere,

ein interessanter Beitrag, wie ich finde. Mein Erfahrungsschatz mit Edelhobeln ist sehr gering, sei aber dennoch kurz erwähnt:

(Alle u.g. LV-Hobel waren Mitbringsel aus Kanada und dort beim "reichen Onkel aus Amerika" bestellt, ehe es sie in D zu kaufen gab.

LV Mittlerer Simshobel: perfekt! Ein Traumwerkzeug!
LV Flachwinkelschweifhobel: perfekt von der Verarbeitung her. Über das eine oder andere Konstruktionsmerkmal kann man streiten, hat aber nichts mit Qualität zu tun.
LV Flachwinkelbankhobel: dieses Beispiel will ich nutzen, um die Diskussion auch auf den Kundendienst von hochwertigen Herstellern zu lenken.

Nachdem ich einiges mit diesem Hobel gearbeitet hatte, befiel mich der Eindruck, daß seine Sohle nicht "vollkommen" (was heißt das schon?), sondern leicht konkav war. Damit griff der Hobel besonders am Anfang und am Ende eines Hobelzuges und leicht Konvexität war das Resultat. Diese Thematik hatte ich hier im Forum (s. mein Beitrag v. 01.12.05) bekanntgegeben und auch einiges an Rückmeldung erhalten. Auch im englischsprachigen Forum fragte ich um Rat.
Und nun kommt's: der engl. Forumsadmin nahm sich die Freiheit, meinen Beitrag direkt an Rob Lee zu schicken. Nach ca. 10 (in Worten: zehn!) Minuten hatte dieser sich eingeschaltet und mich um Kontaktaufnahme gebeten (darauf bezieht sich wohl auch Bernhards Erwähnung weiter oben: "Allerdings kann man auch in allen Foren von einer vorbildlichen Reklamationshaltung sowohl von LV, LN als auch Clifton lesen. In England schaltete sich Rob Lee direkt im Forum ein").

Da war ich zunächst mal baff. Außerdem hatte Rob Lee CONGER per Epost gebeten, mich zu kontaktieren und mir Robs Unterstützung zuzusichern (vielleicht glaubte er, daß ich kein gutes Englisch und daher deutsche Hilfestellung gebrauchen könne).

Mir war die Sache zunächst einmal peinlich, weil ich weder meinen Verdacht auf unplane Hobelsohle nicht einwandfrei bestätigen konnte, noch LVs Fertigungstoleranzen kannte, die schließlich der Maßstab zur Reklamationsanerkennung/-ablehnung sind.

Rob, also der Chef persönlich, schrieb mich mehrmals an und ließ mir nahezu keine andere Wahl, als einen neuen Hobel zugeschickt zu bekommen ("don't care about costs!"). Der kan dann auch prompt, begleitet von einem ausführlichen Schreiben, das die Ergebnisse der CMM-Vermessung dieses Hobels beinhaltete. Meinen alten schickte ich auf LVs Kosten zurück und bekam versprochen, über die Nachmessung informiert zu werden.
Später fragte Rob nochmals nach, ob alles ok sei, und ich mit dem neuen Hobel zufrieden wäre.

Ich glaube, ich habe fast jedem von diesem Erlebnis von Kundenorientierung erzählt, schlicht, weil ich so überrascht und nahezu peinlich berührt war. So etwas hatte ich vormals noch nicht erlebt!

Langer Rede kurzer Sinn: solange die Edelhersteller ihre hochpreisigen Produkte mit einem solchen Kundendienst begleiten, darf ihnen in meinen Augen auch mal ein Ausrutscher passieren. Nach dieser Erfahrung würde ich immer wieder blind zu einem Lee Valley-Hobel greifen.

Viele Grüße
Philipp (der immer noch rote Ohren bekommt, wenn er an Lee Valleys Besorgtheit um meine Zufriedenheit denkt)




Re: Qualtät von eisernen (Edel) Hobeln

Verfasst: Do 29. Dez 2005, 15:33
von Gerhard
[In Antwort auf #110107]
Hallo,

ich hatte ja beim Bericht über meinen LV BUS leichte optische Mängel erwähnt. Ich möchte da nochmal ganz ausdrücklich das Wort "leicht" betonen. Der Hobel arbeitet perfekt und da es sich nicht um ein Ausstellungsstück sondern um Werkzeug handelt wird er früher oder später eh ein paar Kratzer abbekommen.
Die drei übrigen Veritas Hobel waren technisch und optisch einwandfrei.

Viele Grüße,
Gerhard



Re: Das ist Kundendienst! Bsp. Lee Valley

Verfasst: Do 29. Dez 2005, 16:15
von Bernhard

Hallo Philipp,

genau dieser Bericht ist mir auch hängen geblieben, ebenso wie der Bericht in diesem Forum über den Clifton Hobel. Aber genau das waren auch die Punkte, die mich zum Nachmessen meiner Hobel bewegt haben. Sonst hätte ich das niemals gemacht. Leider war der Längste bei mir der Krumme.... (Murphys Law).

Allerdings finde ich die Ausfallserie bei Friedrich doch extrem.

Gruß
Bernhard



Re: Qualtät von eisernen (Edel) Hobeln

Verfasst: Do 29. Dez 2005, 18:10
von Jürgen z.H.
[In Antwort auf #110107]
Ich besitze 4 Veritas, die ich über Verwandte in Kanada gekauft habe, kurz bevor Dieter die Hobel aufgenommen hat. Der Eigenimport lohnt nicht.

Putzhobel 4 1/2 (selten benutzt weil ich den FW nutze)
FW Putzhobel (mein Lieblingshobel)
Ziehklingenhobel (aus Neugier gekauft und nach Anfangsschwierigkeiten begeistert)
Einhand FW Standard (immer zur Hand)

Alle 4 waren plan und ohne Mängel. Weil hier über unebene Sohlen diskutiert wurde, habe ich alle Hobel nach Erhalt mit dem Haarlineal geprüft. Bei den Hobel, die für die Nutzung in einer Stoßlade geeignet sind, habe ich außerdem die Rechtwinklingkeit der Seiten geprüft. Was mich stört ist die Rostanfälligkeit. Ich habe die Hobel in einer alten Entwicklerschale aus dem Photolabor liegen. In der Schale sind getränkte Lappen mit Ballistol.
Lunker oder Kratzer habe ich nicht festgestellt.
Ich werde sicher nicht zum kompletten Neandertaler, aber die Hobel haben mein Arbeiten verändert und ich werde den Weg zu mehr Handarbeit weiter gehen.

Ich wünsche dem ganzen Forum einen Guten Rutsch

Jürgen
Einen Guten Rutsch



Re: Qualtät von eisernen (Edel) Hobeln

Verfasst: Do 29. Dez 2005, 18:22
von Gerhard

Hallo Bernhard,

die Rostanfälligkeit stört mich ebenfalls. Das ist aber kein Mangel, sondern das Ergebnis eines letztendlich besseren Werkstoffs. Für die Hobel von LV und LN wird "moderner" Guß verwendet, also GGG. Dieser Werkstoff ist prinzipiell besser, nämlich alterungsbeständiger und wesentlich weniger spröde ("duktil").
Der unangenehme Nebeneffekt ist die höhere Rostneigung. Man kann halt nicht alles haben.

Die positive Seite (Achtung Geständnis): Mir ist mein Veritas Falzhobel aus dem Werkzeugschrank auf den Fliesenboden gefallen. Außer einer leicht herauszuschleifenden Macke vorne an der Sohle ist nix passiert. Ein Hobelkörper aus traditionellem Grauguß wäre möglicherweise gebrochen.

Ich öle mitlerweile die Hobel nach jedem Gebrauch etwas ein und habe einen Luftentfeuchter im Werkzeugschrank. Trotzdem muß ich ab und zu noch mit Metallpolitur ran.

Viele Grüße,
Gerhard




Re: Qualtät von eisernen (Edel) Hobeln

Verfasst: Do 29. Dez 2005, 19:07
von Bernhard

Hallo Gerhard,

ich glaube, Du hast eigentlich Jürgen gemeint, der sich über den Rost beschwert hat. Das mit dem besseren Werkstoff wird genauestens bei LN beschrieben und ist sicherlich richtig. Ich benutze auch Ballistol.
Auch sollen die neuen Cliftons in besseren Gußformen gebaut werden, deshalb hätte ich nie daran gedacht, die Planheit zu überprüfen.

@Jürgen

geht mir ähnlich, man arbeitet bedächtiger und ruhiger. Aber wenn man mal einen halben Kubikmeter Holz abrichten muß, bin ich froh die ADH zu haben.

Gruß
Bernhard